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WEG: Haftung des Wohnungseigentumsverwalters für verzögerte Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum

AG Hamburg, Az.: 102d C 74/12

Urteil vom 18.06.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, Eigentümerin in der WEG …, begehrt von der Beklagten, der Verwalterin der WEG, Schadensersatz wegen eines Vermögensschadens aufgrund zögerlicher Bearbeitung eines Sanierungsfalles.

WEG: Haftung des Wohnungseigentumsverwalters für verzögerte Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum
Foto: Pixabay

Die Klägerin war Eigentümerin einer Wohnung, die sie an die Zeugin … vermietet hatte. Mittlerweile hat diese die Wohnung von der Klägerin erworben. Vermietet wurde die Wohnung an die Zeugin … ab 1.6.2011 für einen Mietzins von 1.500,– Euro zzgl. Nebenkosten in Höhe von 100,– Euro. Wegen Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung minderte die Mieterin für die Monate September 2011 bis Januar 2012. Mit Schreiben vom 14.6.11 hat die Klägerin der Beklagte mitgeteilt, dass großflächige Schäden infolge eines Unwetters und Wassereinschlag durch den Kamin an den Wänden entstanden seien. Es sei dringend geboten, nach der Schadensursache zu suchen und eine Beseitigung vorzunehmen und eine Sachverständigenbegutachtung vorzunehmen (K 1 (8 f)). Ein erneutes Schreiben erfolgte am 27.6.11 (K 2 (10 f)). Ein Sachverständiger wurde am 26.8.11 beauftragt und hat am 29.8.11 das Objekt besichtigt. Der SV erstellte ein Gutachten unter dem 9.9.11 (K 5 (16 ff)), das Sanierungsbedarf auswies. Am 14.11.11 fand eine Eigentümerversammlung statt, auf der die Vergabe der Sanierungsarbeiten an die Firma … beschlossen wurde. Anschließend wurden die Sanierungsarbeiten durchgeführt.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte hätte die erforderliche Sanierung frühzeitiger veranlassen müssen. Sie gesteht der Beklagten eine Bearbeitungszeit von 1,5 Monaten zu und ist der Ansicht, dass die Sanierung aufgrund pflichtwidrig zögerlicher Bearbeitung durch die Beklagte 3,5 Monate zu spät erfolgt sei. Von der Schadensmeldung am 14.6.11 bis zur Entscheidung der Gemeinschaft am 14.11.11 habe es fünf Monate gedauert. Es hätte nach Ansicht der Klägerin bei pflichtgemäßer Bearbeitung nur 1,5 Monate dauern dürfen. Sie begehrt daher für die letzten 3,5 Monate der von der Mieterin vorgenommenen Mietminderung Schadensersatz für den Mietausfall. Die Mietminderung in Höhe von 100 % sei auch berechtigt gewesen angesichts der Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung der Zeugen ….

Zu den zahlreichen weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die von ihren Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.600,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 19.4.12 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verneint eine nicht pflichtgemäße Bearbeitung der Schädigung des Gemeinschaftseigentums in der Wohnung der Klägerin. Sie hält zunächst die Berechnung der Klägerin bezüglich der Dauer einer angemessenen Bearbeitung für unzutreffend. Eine pflichtgemäße Bearbeitung sei unmöglich binnen 1,5 Monaten machbar gewesen. Die zeitlichen Vorstellungen der Klägerin seien völlig überzogen. Die von der der Beklagten vorgenommene Bearbeitung sei nicht zögerlich erfolgt. Eine schulhaft zögerliche Bearbeitung seitens der Beklagten sei nicht feststellbar. Unzutreffend sei es u. a. auch, dass sich ein sanierungsbedürftiger Zustand bereits am 14.6.11 gezeigt habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten die von der Klägerin für diesen Zeitpunkt geltend gemachten und später vom SV festgestellten Schäden noch nicht vorgelegen. Die Beklagte sei mit der Erfüllung ihrer Pflichten auch nicht in Verzug geraten oder zuvor gesetzt worden. Außerdem nimmt die Beklagte Bezug auf § 6 des Verwaltervertrages (58), der eine Haftung bei Sachschäden auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz reduziert. Grobe Fahrlässigkeit habe keinesfalls vorgelegen.

Zu den zahlreichen weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die von ihrem Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB steht der Klägerin gegenüber der Beklagten nicht zu.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht erwiesen, dass die Beklagte eine pflichtwidrig zögerliche Bearbeitung eines sanierungsbedürftigen Zustandes des Gemeinschaftseigentums zu verantworten hat, aus der sich der geltend gemachte Vermögensschaden in Höhe von 5.600,– Euro, und zwar durch einen Mietausfallschaden im Hinblick auf ihre Mieterin, die Zeugin …, ergeben hat.

Eine Haftung der Beklagten als Verwalterin gem. § 280 BGB kam gegenüber der Klägerin als einer der Wohnungseigentümerinnen grundsätzlich in Betracht im Hinblick auf eine Verletzung der Verwalterpflicht der Beklagten, bezüglich aufgetretener Mängel am Gemeinschaftseigentum die erforderlichen Maßnahmen festzustellen, die Wohnungseigentümer hierüber zu unterrichten und deren Entscheidung herbeizuführen und schließlich auszuführen (Vgl. zur Rechtslage Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Auflage, § 27 Rz. 15 sowie die Hinweise vom 18.1.13 mit weiteren Nachweisen (139)). Eine haftungsbegründende pflichtwidrig zögerliche Bearbeitung in diesem Sinne kam allerdings nur in Betracht, soweit die Beklagten den angemessenen Bearbeitungsaufwand pflichtwidrig überschritten und sich aus dieser Überschreitung der geltend gemachte Schaden ergäben hätte (Vgl. die Hinweise vom 18.1.13 zu Ziff. 1.2. (140 ff)). Geltend gemacht hat die Klägerin eine pflichtwidrig zögerliche Bearbeitung seit ihrer Meldung über einen sanierungsbedürftigen Zustand am 14.6.11 bis zur Beschlussfassung der Gemeinschaft am 14.11.11, die zu einer Sanierungsverzögerung von 3,5 Monaten geführt und damit Mietausfälle im Umfang von 3,5 Monaten verursacht habe. Einen Zeitaufwand von 1,5 Monaten zwischen dem Zeitpunkt der Anzeige von Sanierungsbedarf am 14.6.11 und der Beschlussfassung am 14.11.11 gesteht die Klägerin als Zeitraum ordnungsgemäßer Bearbeitung zu. Das Gericht teilt zunächst nicht die Bewertung eines angemessenen Bearbeitungszeitraumes von nur 1,5 Monaten. Vielmehr ergibt sich aus einer Analyse der erforderlichen Teilschritte ordnungsgemäßer Bearbeitung bereits ein Zeitaufwand von 3,5 Monaten, so dass insoweit zunächst nur 1,5 Monate als Zeitraum unnötiger Bearbeitungsdauer wegen pflichtwidrig zögerlicher Bearbeitung verbleiben (Vgl. insoweit die ausführliche Darlegung in den Hinweisen vom 18.1.13 unter Ziff. 1.2. (140 ff, insbes. auch 142)). Da die Mietminderung bis Ende Januar 2012 geltend gemacht wurde, kam also in Betracht eine Verursachung der Mietminderung für die Zeit von Mitte Dezember 2011 bis Ende Januar 2012 durch eine pflichtwidrig zögerliche Bearbeitung, die zu unnötigem Zeitaufwand bis zur Umsetzung des Sanierungsbeschlusses im Umfang von 1,5 Monaten führte.

Eine solche von der Beklagten verursachte Mietminderung in der Zeit von Mitte Dezember 2011 bis Ende Januar 2012 ergab sich allerdings nur unter der Voraussetzung, dass bereits ab dem Zeitpunkt der Anzeige eines sanierungsbedürftigen Zustandes am 14.6.11 Handlungsbedarf bestand, was von der Beklagten streitig gestellt wurde. Sollte Handlungsbedarf erst zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt haben, hätte die Beklagte auch erst ab einem späteren Zeitpunkt tätig werden müssen. Mit jeder Woche späteren Eintritts von Handlungsbedarf reduziert sich damit der Zeitraum der Haftung der Beklagten am Ende der Gesamtzeit bis zum Abschluss der Sanierung Ende Januar 2012.

Die Beweisaufnahme zum Vorliegen eines handlungsbedürftigen Zustandes, also zu großflächigen Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung der Klägerin am 14.6.11, und zwar im Wohnzimmer, Flur und im kleinen Zimmer, zu verformten Parkett bis zu einer Höhe von 15 cm, hat nun die Behauptungen der Klägerin nicht bestätigt und damit keinen Handlungsbedarf für die Verwalterin ab 14.6.11. Vielmehr hat die Beweisaufnahme einen solchen Zustand erst für ein viertel Jahr später bewiesen. Damit ist der Berechnung einer kausalen Zufügung eines Mietminderungsschadens für die Zeit bis Ende Januar der Boden entzogen. Bei einem erst 3 Monate später eintretenden Handlungsbedarf durch deutlich sanierungsbedürftige Zustände in der Wohnung der Klägerin ergibt sich unter Berücksichtigung des Zeitraumes pflichtgemäßer Bearbeitung eines solchen Zustandes bis Ende Januar 2012 kein Zeitraum pflichtwidrig unnötigen Zeitaufwandes. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es letztlich nur noch um eine pflichtwidrig verursachte Verzögerung im Umfang von 1,5 Monaten ging. Wenn aber der Handlungsbedarf erst 3 Monate später einsetzte, dann verbleibt kein Zeitraum pflichtwidriger Verzögerung am Ende des Mietminderungszeitraumes bis Ende 2012.

Gescheitert ist der der Klägerin obliegende Beweis eines Handlungspflichten der Beklagten auslösenden Zustandes des Gemeinschaftseigentums ab mindestens 14.6.11 im Einzelnen aus folgenden Gründen: Reduziert hatte die Klägerin ihre Beweisantritte auf die damalige Mieterin und heutige Eigentümerin der Wohnung, die Zeugin … und den Ehemann der Klägerin, den Rechtsanwalt …. Die Zeugin … hat zwar deutlich sanierungsbedürftige Zustände bestätigt, nicht jedoch deren zeitliche Einordnung durch die Klägerin. Auf mehrfache Rückfragen hat die Zeugin überzeugend bekundet, dass die von ihr bestätigten Mangelzustände, also die Wellung des Fußbodens und die beschriebene Feuchtigkeit an den Wänden, noch nicht Mitte Juni vorgelegen hätten, sondern erst später eingetreten seien. Anfang Juni habe sie die Wohnung übernommen und am Anfang der Mietzeit sei eigentlich gar nichts gewesen. Die Wellung sei später gekommen, die Feuchtigkeit sei auch später gekommen. Die Zeugin schätzte den Zeitpunkt des Auftretens solcher Mängel auf ein viertel Jahr später, ein Viertel Jahr nach Mitte Juni. Das alles habe sich erst später gezeigt, sonst hätten sie da gleich etwas gemacht. Ab September sei es dann so gewesen, dass man etwas hätte tun müssen. Die Zeugin bestätigt zwar auch das von der Klägerin geschilderte Unwetter im Juni, bestätigte aber einen dadurch verursachten Wassereinbruch nur für den Innenhof des Gebäudes, nicht ihre Räumlichkeiten (Protokoll vom 26.4.13 S. 3 und 4). Auch der Zeuge … erklärte nach Vorhalt der Aussagen der Zeugin …, es sei „unstreitig“, dass es zu Beginn des Mietverhältnisses im Juni diese Zustände nicht gegeben habe (S. 4 des Protokolls), um sodann in seiner noch ausdrücklich beantragten Vernehmung eine andere zeitliche Einordnung vorzunehmen und zu bekunden, die Feuchtigkeitszustände, die die Mieterin dem September zuordnete, habe es bereits Mitte Juni gegeben (S. 4, 5), worauf ihm die Zeugin … noch einmal ausdrücklich widersprach (S. 6). Dieser Widerspruch veranlasste den Zeugen … wiederum zu erklären, er müsse das alles rekonstruieren und sei ja auch nicht in der Wohnung gewesen (S. 6). Der Umstand, dass der Zeuge … sich an seinen Schriftsätzen orientierte und der Umstand, dass es diese Schriftsätze gab, genügt nicht, um das Gericht davon zu überzeugen, dass entgegen der Darstellung der Mieterin …, die es am Besten wissen muss, bereits im Juni 2011 die erheblichen Mangelzustände eingetreten waren. Dass eine schriftsätzliche anwaltliche Darstellung eher auf Annahmen beruht als auf persönlich überprüften Tatsachen, ist nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Nach alledem ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass ab 14.6.11 oder auch zu einem anderen Zeitpunkt vor dem 31.7.11 ein Zustand in der Wohnung der Klägerin bestanden hat, der geeignet war, Handlungspflichten der Beklagten im Hinblick auf Vorbereitungshandlungen zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums auszulösen. Die Bekundungen des … waren bereits in sich nicht geeignet, eine solche Überzeugung zu begründen, da sie in sich widersprüchlich waren und er offenkundig bestrebt war, seine schriftsätzlichen Äußerungen zu bestätigen, wie eingeräumt, über keine eigenen Wahrnehmungen aus der betreffenden Zeit verfügte. Vor allem aber hat die Zeugin … durch ihre eindringliche, sichere und wiederholte Verneinung der geltend gemachten Zustände im Juni und ihre zeitliche Einordnung in den September 2011 erhebliche Zweifel an der klägerischen Behauptung geweckt, die die von der Klägerin benötigte gerichtliche Überzeugung ausschließt. Es mag sein, dass es doch bereits im August erste deutliche Anzeichen gab, weil im August der SV für Bauschäden … in der Wohnung war. Für die Zeit bis zum 31.7.11 jedenfalls ergab die Beweisaufnahme keinen Handlungsbedarf für die Verwaltung, dem diese pflichtwidrig nicht Rechnung getragen hätte.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nach alledem nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus den §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

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