Skip to content
Menü

WEG – Herabwürdigende Kritik – Schmähkritik an WEG-Verwalter

OLG Braunschweig – Az.: 3 U 87/10 – Beschluss vom 05.11.2010

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 28.04.2010 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe

I.

1.

Die Berufung der Kläger hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Den Klägern stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zu. Es liegt weder ein rechtswidriger Eingriff in den durch §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin noch ein solcher in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vor. Auch die Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB in Form einer Beleidigung gemäß § 185 StGB ist nicht gegeben.

a)

Zutreffend hat das Landgericht sämtliche von den Klägern beanstandete Formulierungen in den streitgegenständlichen E-Mails des Beklagten in dem Gesamtzusammenhang beurteilt, in dem sie gefallen sind und diese nicht aus dem thematischen Kontext herausgelöst und rein isoliert betrachtet.

Es ist dabei zu Recht zu der Schlussfolgerung gelangt, dass es sich hierbei um Meinungsäußerungen handelt, die somit dem Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 1 GG unterfallen. Denn an den betreffenden Textstellen steht nicht die Wiedergabe tatsächlicher Vorgänge im Vordergrund, sondern deren subjektive Bewertung durch den Beklagten. Dies wird für den Leser dieser Passagen auch hinreichend deutlich. Denn ihnen gehen jeweils tatsächliche Ausführungen voraus, in denen der Beklagte das vergangene und gegenwärtige Handeln der Kläger als Verwalter der WEG kritisch beleuchtet und in Abrede stellt, dass sich dieses im Einklang mit ihrer satzungsgemäßen Aufgabenstellung befindet.

Am Ende dieser faktischen Überlegungen, die die Arbeit der Kläger beschreiben sollen, kommt der Beklagte dann mit den von den Klaganträgen umfassten Aussprüchen erkennbar zu von ihm persönlich getroffenen Schlussfolgerungen, die eine wertende Zusammenfassung der Tätigkeit der Kläger darstellen, indem er plakative Schlagwörter wie „korrupt“, „verlogen“, „Manipulation“, „Verfälschung“, „arglistige Täuschung“ oder „Vetternwirtschaft“ benutzt. Was die übrigen Aussprüche in ihrem jeweiligen Wortlaut betrifft, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Es handelt sich somit sämtlich um Äußerungen, deren Schwerpunkt auf den Elementen der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens im Sinne der vom Landgericht zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt (vgl. BGH, Urt. v. 5. Dezember 2006 – VI ZR 45/05; Urt. v. 22. April 2008 – VI ZR 83/07; Urt. v. 3. Februar 2009 – VI ZR 36/07; jeweils zitiert nach juris). Sie sind in ihrem tatsächlichen Aussagekern so substanzarm, dass sie sich nicht als eigenständige Tatsachenbehauptungen darstellen, die für den Leser aus sich heraus einen nachvollziehbaren Sachverhalt skizzierten.

Etwas anderes würde lediglich für den Ausspruch gelten, „sie nimmt unzulässige Provisionen entgegen“, wie er im Berufungsantrag der Klägerin unter a) am Ende zitiert wird. Diesbezüglich ist jedoch klarzustellen, dass der Beklagte diese Aussage nicht getroffen hat, sondern es in der E-Mail vom 8. August 2008 stattdessen heißt: „Da drängt sich meiner Meinung nach der Verdacht auf, unzulässige Provisionen entgegenzunehmen.“ Diese Formulierung stellt klar, dass die Behauptung einer Entgegennahme unzulässiger Provisionen gerade nicht aufgestellt wird, sondern lediglich das Agieren der Kläger den subjektiven Anlass für eine solche Spekulation bietet.

b)

Es handelt sich nicht um eine dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogene unzulässige Schmähkritik im Sinne der zu dieser Problematik ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 11. März 2008 – VI ZR 189/06; Urt. v. 11. Dezember 2007 – VI ZR 14/07; Urt. v. 3. Februar 2009 – VI ZR 36/07; jeweils zitiert nach juris). So wären dem Beklagten isoliert in den Raum gestellte Aussprüche, die die Kläger ohne jede Erläuterung als „korrupte Lügner“ darstellen, die „Vetternwirtschaft betreiben“ und „Beschlüsse manipulieren“ als ehrverletzend untersagt. Anders verhält es sich jedoch, wenn diese Vorwürfe wie hier eingebettet sind in längere schriftliche Ausführungen, die sich mit komplexen und im Einzelnen geschilderten Sachverhalten beschäftigen. Denn die Herabsetzung der Kläger, die in den Schreiben des Beklagten unzweifelhaft zum Ausdruck kommt, steht gerade nicht als Selbstzweck im Vordergrund seiner Ausführungen, sondern stellt sich durchweg als ein Mittel zur Durchsetzung der in der Sache von ihm verfolgten Ziele dar.

c)

Der für den Beklagten streitende Grundrechtsschutz der Meinungsfreiheit ist gegenüber dem Ehrschutz der Kläger abzuwägen (vgl. BGH, Urt. v. 11. März 2008 – VI ZR 189/06; Urt. v. 3. Februar 2009 – VI ZR 36/07; jeweils zitiert nach juris).

Dabei erscheint die Rechtsposition des Beklagten im Ergebnis als vorrangig. Insofern ist zu berücksichtigen, dass sich die Kläger als treuhänderische Verwalter der von den Mitgliedern der WEG aufgebrachten Beiträge einer kritischen Bewertung ihrer Entscheidungen und deren finanziellen Auswirkungen stellen müssen. Sie haben sich darauf einzurichten, dass die von ihnen getroffenen Verwaltungsmaßnahmen hinsichtlich ihrer zugrunde liegenden Motive wie auch ihrer ökonomischen Sinnhaftigkeit auf die Ablehnung einzelner Miteigentümer bzw. deren Bevollmächtigte stoßen können. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei dem herzustellenden Ausgleich zwischen regelmäßig auch gegenläufigen Interessen Diskussionen entstehen können, die inhaltlich und in der Wortwahl drastisch ausfallen können, jedoch nicht per se einer über den Kreis der Miteigentümer hinausgehenden Anzahl von Personen bekannt wird.

Entscheidend für die Zulässigkeit der Äußerungen des Beklagten ist der Umstand, dass seine herabwürdigenden Urteile hinsichtlich des Verhaltens oder der Person der Kläger jeweils einen ganz konkreten Bezugspunkt innerhalb des Sachverhaltes aufweisen, um den es in der Auseinandersetzung der Parteien geht. Solange ein solcher spezifischer Kontext gegeben ist, bilden die Vorwürfe eine textliche Einheit mit den faktischen Ausführungen. Für den Leser wird hierdurch deutlich, dass der Beklagte aus seiner subjektiven Sicht meint, einen tatsächlichen Anlass zu haben, derartige Unwerturteile auszusprechen.

Die vom Beklagten getätigten Äußerungen bewegen sich zwar zum Teil am Rande des Hinnehmbaren, überschreiten die Grenze zu einer nicht mehr vom Schutz der Meinungsfreiheit gedeckten Beleidigung im Ergebnis jedoch nicht. Auch wenn die von ihm geübte Kritik als scharf und schonungslos, mitunter auch als überaus polemisch und abfällig zu bezeichnen ist, löst sie sich jedoch nie von der in der Sache geführten Auseinandersetzung, die sich um die Handhabung der Auftragsvergabe seitens der Kläger sowie die Art und Weise der Herbeiführung von Mehrheitsbeschlüssen auf Eigentümerversammlungen dreht. Sämtliche Aussprüche des Beklagten verfügen über einen solchen tatsächlichen Anknüpfungspunkt und stellen sich somit als auf die Spitze getriebene Abwertung des Verwaltungshandelns der Kläger dar.

So erläutert er seine Einschätzung, dass die Kläger „Beschlüsse manipulieren“ oder „Protokolle verfälschen“ jeweils konkret, indem er den betreffenden tatsächlichen Hintergrund, nämlich das Mitzählen nur vermeintlich vorhandener Vollmachten, erläutert. Gleiches gilt für die Bewertung der Kläger als „verlogen“ und „korrupt“, hinsichtlich derer er ausführt, bei welchen Anlässen die Kläger Unwahrheiten von sich gegeben haben sollen bzw. welche Verbindungen zu ihnen anscheinend nahestehenden Firmen bestehen, die sie bei der Auftragsvergabe bevorzugen.

Der grundgesetzlich gewährleistete Schutz der Meinungsfreiheit würde unzulässig verkürzt, wenn dem Beklagten vor dem Hintergrund der mit den Klägern geführten Auseinandersetzung eine solche durchaus drastische Vorgehensweise verboten würde. Dies gilt jedoch nur solange, wie der Beklagte den tatsächlichen Boden dieses Disputes nicht verlässt. Eine Beschimpfung der Kläger, die sich in einer solchen erschöpft, ist ihm verwehrt.

2.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO).

II.

Den Klägern wird Gelegenheit gegeben, zu I. dieses Beschlusses binnen drei Wochen Stellung zu nehmen oder die Berufung zurückzunehmen.

 

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!