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WEG – Herausgabeanspruch Sondernutzugsberechtigter gegen Miteigentümer

AG Hamburg-Wandsbek – Az.: 751 C 27/12 – Urteil vom 17.12.2012

Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, denjenigen Teil des Grundstücks … Hamburg an die Kläger zur gesamten Hand herauszugeben, der bei gedachter gerader Verlängerung der Trennmauer der Terrassen des Doppelhauses bis zur Zufahrt westlich von dieser gedachten Linie liegt, und zwar unter Beseitigung der auf diesem Grundstücksteil verlaufenden Hecke.

Die Beklagten werden ferner verurteilt, an einer Grenzziehung unter Beachtung des sich aus dem Herausgabetenors ergebenden Grenzverlaufs mitzuwirken.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, und zwar hinsichtlich der Herausgabe in Höhe von 5000 €, hinsichtlich der Mitwirkung in Höhe von 2500 €, im übrigen in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus 6 Sondereigentumseinheiten mit jeweiligen Sondernutzungsbereichen. In der Präambel der Teilungserklärung ist geregelt, dass die jeweiligen Einheiten möglichst so zu behandeln sind, als handele es sich um jeweils nicht nur wirtschaftlich, sondern auch juristisch um vollständig getrennte, selbstständige Eigentumseinheiten. Die Parteien streiten um den Grenzverlauf der beiderseitigen Sondernutzungsbereiche im Garten südlich des Doppelhauses … . Nach § 10 Ziffer 2 der Teilungserklärung werden unter Bezug auf eine Anlage zur Teilungserklärung Sondernutzungsrechte begründet. Der Lageplan in der Anlage weist eine Gerade auf, die das Doppelhaus in der Mitte teilt und in Südrichtung bis zur Zufahrt verläuft. Die tatsächlich verlaufende Grenze wird durch eine Hecke bestimmt, die nicht gerade verläuft, sondern nach Westen abknickt.

Die Kläger beantragen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die die bisherige Grenze zwischen den beiderseitigen Sondernutzungsrechten markierende Hecke, soweit sie auf dem Sondernutzungsrechtsbereich der Kläger verläuft, zu entfernen und an der Grenzziehung bezüglich des Sondernutzungsrechts im rechten Winkel über die Trennmauer beider Terrassen zur Stichstraßen mitzuwirken und den derzeit besetzten Dreiecks streifen an die Kläger zur gesamten Hand herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie machen geltend, nach Fertigstellung der Doppelhäuser und der Zufahrt hätten die Eigentümer die jetzt bestehende abweichende Verteilung der Sondernutzungsbereiche vereinbart. Es gehe nicht an, dass entgegen der Flächengrößenbezeichnung der beiden betroffenen Sondernutzungsbereiche im Lageplan zur Teilungserklärung mit je „ca. 334 m2“ der Sondernutzungsbereich der Beklagten tatsächlich nur 324 m2 groß sei, der Sondernutzungsbereich der Kläger jedoch deutlich größer als 334 m2. Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung und halten den Anspruch für verwirkt.

Für die Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Anspruch auf Herausgabe der okkupierten Grundstücksfläche unter Beseitigung der Hecke insoweit folgt aus § 985 BGB in Verbindung mit dem Sondernutzungsrecht der Kläger.

Einen Miteigentümer, dem ein Sondernutzungsrecht an einer Gemeinschaftsfläche eingeräumt ist, kann von einem anderen Miteigentümer, der die Fläche zu Unrecht benutzt, gemäß § 985 BGB Einräumung von Alleinbesitz verlangen (vgl. LG München I, BeckRS 2010, 14825).

Das Sondernutzungsrecht der Kläger erstreckt sich auf den im Tenor bezeichneten Grundstücksteil.

Nach § 10 Ziffer 2 TE in Verbindung mit der dort bezogenen Anlage verläuft die Grenze zwischen den Sondernutzungsbereichen des Grundstücks 2 (Kläger) und des Grundstücks 1 (Beklagte) unter Verlängerung der Geraden, welche die Doppelhaushälfte schneidet bis zur Zufahrt. Die Größenangaben – beides „ca. 334 m2“ – sind demgegenüber nachrangig. Lässt sich die in einem der Teilungserklärung beigefügten Lageplan eingezeichnete Grenze zwischen zwei Sondernutzungsflächen nicht mit den Größenangaben für diese in Übereinstimmung bringen, ist maßgebend die Darstellung in dem Lageplan (BayObLG NJW-RR 2000, 966).

Die Zuweisung von Sondernutzungsrechten ist nicht mit Wirkung gegen die Kläger geändert worden. Die Vereinbarung, auf welche die Beklagten sich stützen, ist unstreitig nicht in das Grundbuch eingetragen worden. Sie ist daher mit der Änderung im Eigentümerbestand in Fortfall geraten und bindet die Kläger nicht (§ 10 III WEG), vgl. zu der Problematik KG NZM 1999, 568.

Die dolo-agit-Einrede steht den Beklagten gegen die Kläger nicht zu. Das wäre der Fall, wenn die Kläger den an sie herauszugebenden Grundstücksteil alsbald wieder zurückzugeben hätten, weil die Beklagten einen Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung hätten. Einen solchen Anspruch haben die Beklagten nicht. Ein Anspruch auf Änderung der dinglichen Grundlagen der Gemeinschaft kommt nur in seltenen Ausnahmefällen zur Korrektur unerträglicher Ergebnisse in Betracht. Die von den Beklagten behauptete Flächenabweichung um 10 Quadratmeter stellt relativ zur im Lageplan bezeichneten Größe von ca. 334 Quadratmetern eine Abweichung von lediglich 3% dar. Unter 5% wird die Grenze nicht zu ziehen sein.

Der Anspruch ist gemäß § 902 I BGB unverjährbar.

Eine Verwirkung des dinglichen Eigentumsherausgabeanspruchs nach § 242 BGB kann nur in extremen Ausnahmefällen angenommen werden. Denn die Versagung der Herausgabe käme der Enteignung des Eigentümers gleich, und zwar bei Grundstücksrechten entgegen der Grundbuchlage (zutr. LG München I, BeckRS 2010, 14825).

Die Rechtsfolge geht darauf, dass die Beklagten ihren Besitz an dem streitbefangenen Grundstücksteil an die Kläger zu übertragen haben. Die Hecke ist, soweit sie über diesen Grundstücksteil verläuft, zu beseitigen. Denn wegen ihrer Abgrenzungsfunktion hindert sie die Ergreifung der Sachherrschaft durch die Kläger.

II.

Der Anspruch auf Mitwirkung zur Grenzziehung ergibt sich aus § 919 I BGB entsprechend.

Nach der Präambel in § 1 TE sollen die einzelnen Wohnungseigentumseinheiten und Sondernutzungsbereiche untereinander möglichst wie im Falle einer Realteilung behandelt werden. Die Zulässigkeit der Abgrenzung der beiden hier maßgeblichen Sondernutzungsbereiche durch die Hecke stellt im Grunde auch keine der Parteien in Frage.

Wo die Grenze zu ziehen ist, steht wegen des Herausgabetenors fest.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 l, 709 ZPO.

IV.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 21.11.2012 bleibt gemäß § 296a ZPO außer Betracht. Abgesehen davon ist die Hecke als Scheinbestandteil im Sinne von § 95 I 2 BGB zu behandeln.

 

Beschluss: Der Streitwert beträgt 4.000 €.

 

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