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WEG – Instandsetzungskosten bei einer Fugensanierung im Bereich einer Tiefgarage

AG Erlangen –  Az.: 4 C 2116/12 – Urteil vom 29.10.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 183.499,14 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Übernahme von Instandsetzungskosten für eine Fugensanierung im Bereich der Tiefgarage.

Die Beklagte ist Miteigentümerin der klagenden Eigentümergemeinschaft. Die Beklagte ist Teileigentümerin der Tiefgaragenstellplätze, die sie über einen Betreiber unentgeltlich vermietet. Im Jahr 2012 wurden Fugen saniert, für die Arbeiten wurden der Klägerin bislang 183.499,14 EUR in Rechnung gestellt. Betroffen von der Sanierung war das Gemeinschaftseigentum.

In der Teilungserklärung vom 05.08.1983 finden sich unter VI Gemeinschaftsordnung folgende Regelungen:

§ 4 Abs. 1: Jeder Miteigentümer ist verpflichtet, die seinem Sondereigentum unterliegenden Gebäudeteile und seiner alleinigen Nutzung unterliegenden Grundstücksteile ordnungsgemäß instandzuhalten und instandzusetzen. Die Instandhaltung und die Instandsetzung der Raumabschlusstüren, der Außenfenster und anderer Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand erforderlich sind sowie von Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, obliegen, auch wenn sie sich im Bereich der dem Sondereigentum unterliegenden Räume befinden, dem Miteigentümer insoweit, als sie infolge unsachgemäßer Behandlung durch den Miteigentümer, seiner Angehörigen oder der Personen, denen er die Räume überlassen hat notwendig werden…..

§ 4 Abs. 2: Soweit sich nicht aus Absatz 1 etwas anderes ergibt obliegt die Instandhaltung und Instandsetzung des Gebäudes und des Grundstücks den Miteigentümern gemeinschaftlich; sie ist vom Verwalter durchzuführen.

§ 10 Abs. 1: Jeder Miteigentümer ist verpflichtet, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Beiträge zur Deckung der laufenden Bewirtschaftskosten zu leisten. Die Bewirtschaftskosten bestehen aus a) den Verwaltungskosten, b) den Betriebskosten, wie zum Beispiel den Steuern und den sonstigen laufenden öffentlichen Lasten und Abgaben des Grundstücks samt Gebäude, den Kosten für die nach der Teilungserklärung abzuschließenden Versicherungen, den Kosten der Straßenreinigung, der Müllabfuhr, der Hausreinigung, der Gartenpflege für den der gemeinschaftlichen Nutzung unterliegenden Dachteil, der Entwässerung, der Kaminkehrergebühren, der Wasserversorgung, der Treppenhaus-, Aufzugs- und Außenbeleuchtung und sonstigen Betriebskosten, soweit sie mit der Bewirtschaftung des Grundstücks unmittelbar zusammenhängen und notwendig sind. c) den Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung soweit sie den Miteigentümern gemeinschaftlich obliegen, einschließlich eines Betrages für die Bildung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage, deren Höhe und Zahlungsweise durch Beschluss der Gemeinschaft festgestellt wird.

§ 10 Abs. 2: Der auf die Miteigentümer entfallende Anteil an den vorstehenden näher bezeichneten Kosten wird nach den Miteigentumsanteilen der Miteigentümer ermittelt. Soweit einem Miteigentümer oder mehreren bestimmte Teile des gemeinschaftlichen Eigentums zur Sondernutzung zugewiesen sind, hat der oder die Miteigentümer die Verwaltungs-, Betriebs- und Instandhaltungskosten für diese Teile des gemeinschaftlichen Eigentums alleine zu tragen, soweit sie ausscheidbar sind….

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.11.2011 wurde unter TOP 9 Tiefgarageninstandsetzung ein Beschluss nach § 16 Abs. 4 WEG, mit dem Inhalt, dass die erforderlichen Instandsetzungskosten für die anstehende Instandsetzung der Tiefgarage einschließlich der Fugenprofile von der … als Eigentümer und Nutzer der Tiefgarage zu tragen sind, abgelehnt, die 3/4 Mehrheit nach Köpfen wurde nicht erreicht. Es wurde jedoch mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen, dass die Hausverwaltung beauftragt und ermächtigt wird, die erforderlichen Instandsetzungskosten außergerichtlich und erforderlichenfalls gerichtlich gegen die … als Eigentümer und Nutzer der Tiefgarage durchzusetzen.

Die Klägerin trägt vor, der Sanierungsbedarf sei nur durch die Nutzung als Tiefgarage entstanden. Die Tiefgarage stehe im alleinigen Nutzungsrecht der Beklagten, sie übe dort die alleinige Sachherrschaft aus. Die Bodenfugen seien für den Betrieb der Tiefgarage von erheblicher Bedeutung. Andere Nutzergruppen könnten auch ohne ordnungsgemäß instandgehaltene Bodenfugen auskommen. Mit einem Schreiben vom 17.09.2003 hätten die Beklagte gegenüber der Klägerin die Wartung der Bodenprofile im Parkhaus übernommen.

Die Klägerin beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 183.499,14 EUR und hieraus Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.10.2012 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Sie trägt vor, in der Teilungserklärung sei die Unterhaltslast für die Fuge nicht einem Sondereigentümer zugewiesen worden. Die Beklagte sei nicht einmal alleinige Nutzerin der Tiefgarage, im Grundbuch seien für weitere Grundstücke Geh-, Fahrt- und Benutzungsrechte und ein Kfz-Stellplatz für die Stadt … eingetragen, weiterhin Zugangsrechte für die jeweils anderen Wohnungs- und Teileigentümer und ein Tiefgaragendurchfahrtsrecht für die Eigentümer dreier Grundstücke. Selbst wenn man davon ausginge, dass sie die Tiefgarage alleine nutze, so gelte dies jedoch nicht für die Fugenbereiche. Diese seien für den Bestand des Gesamtgebäudes erforderlich und deshalb keiner alleinigen Nutzung mehr zugänglich. Durch das Schreiben vom 17.09.2003 sei lediglich die Wartung der Bodenprofile im Parkhaus übernommen worden, somit nur Vorsorgeaufwendungen und gerade nicht die Instandhaltung und Instandsetzung.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst dazu übergebene Anlagen und den sonstigen Akteninhalt, weiterhin auf das Protokoll vom 20.03.2013 Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten des Sachverständigen … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom 30.05.2014, Blatt 96 ff. der Akten, verwiesen. Mit Beschluss vom 29.08.2014 wurde mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 angeordnet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin kann die Kosten für die Fugensanierung in der Tiefgarage nicht von der Beklagten verlangen. Insoweit ist abzustellen auf § 4 der Gemeinschaftsordnung, insbesondere auf § 4 Abs. 2. Danach obliegt die Instandhaltung und Instandsetzung des Gebäudes und des Grundstücks den Miteigentümern gemeinschaftlich. Unzweifelhaft und auch unstrittig betreffen die Bodenfugen Gemeinschaftseigentum.

Aus § 4 Abs. 1 ergibt sich nichts anderes. Der Inhalt der Regelung ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei ist auf Wortlaut und Sinn der Eintragungen abzustellen, wie es sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (vergleiche BGH, Z 121, 236, 239 m. w. Nachw.). Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert dabei, dass eine von der gesetzlichen Regelung (hier § 16 Abs. 2 WEG) abweichende Vorschrift klar und eindeutig vom Inhalt nach feststellbar ist. § 16 Abs. 2 WEG regelt, dass die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach den Verhältnissen der Anteile der Wohnungseigentümer bzw. Teileigentümer zu tragen sind.

Die streitigen Kosten für die Tiefgaragenfugensanierung werden von der Regelung in § 4 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung nicht erfasst.

Die Beklagte hat dargelegt, dass die Tiefgarage schon nicht ihrer alleinigen Nutzung unterliegt. So gibt es Geh- und Fahrtrechte, Durchfahrtsrechte und weitere Berechtigungen Dritter, die auch grundbuchrechtlich abgesichert sind. Den diesbezüglichen Sachvortrag hat die Klägerin nicht substantiiert bestritten, nur darauf hingewiesen, dass die Klägerin zum Umfang dieser Rechte nichts vorgetragen hat. Dazu war sie aber auch nicht verpflichtet, solange nicht im Raum steht, dass die Berechtigungen Dritter hier völlig zurücktreten.

Entscheidend aber ist, dass die Klägerseite verkennt, dass hier nicht die Tiefgarage saniert wurde, sondern die Fugenprofile betroffen waren. Insoweit hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Schäden an den Fugenprofilen Einfluss auf die Standsicherheit der Tragkonstruktion des gesamten Gebäudes hatten. Die Fugen befinden sich teilweise im Bereich von Konsolauflagen und Fundamenten und gehören damit zur Tragkonstruktion des Gesamtbauwerkes. Es wurden Chloridbelastungen festgestellt. Werden diese nicht instandgesetzt, kann in die Fugen chloridhaltiges Wasser eindringen und bis zur Tragkonstruktion gelangen und auf lange Sicht die Tragfähigkeit der betroffenen Bauteile aufheben sein. Damit ist die Standsicherheit des Gesamtbauwerkes, also der Parkgarage ebenso wie der darüber befindlichen Gebäude gefährdet. Dies gilt nach den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen auch für den Fall, dass die Nutzung als Garage entfiele. Die Stahlbetonbauteile im Fugenbereich sind massiv durch Chloride vorbelastet gewesen, bei ausreichend feuchter Umgebung kommt es dann zur Korrosion der Bewehrung von Stahlbetonbauteilen, wobei nicht ein permanenter „Nachschub von Cloriden“, beispielsweise durch eingeschleppte Tausalze infolge einer Garagennutzung erfordert würde. Für den Fall des Leerstandes der Garage oder einer üblichen anderweitigen Nutzung würde schon die Feuchtigkeit aus der Umgebungsluft oder die Feuchtigkeit des an der Gebäudehülle anstehenden Grundwassers ausreichen, um Korrosionsprozesse aufgrund der bereits im Bauteil vorhanden Chloride in Gang zu halten. Der Sachverständige hat darüber hinaus festgestellt, dass die vorhandene Einteilung der Gebäudefugen in Bezug auf die Statik des Gebäudes sinnvoll ist und die Fugen für den Bestand des Gebäudes erforderlich sind, jedenfalls dann, wenn nicht umfangreiche und zu planende bauliche Veränderungen am Gesamtbauwerk vorgenommen werden.

Damit aber „nutzt“ nicht nur der jeweilige Eigentümer der Tiefgarage die Fugen, sondern jeder einzelne Eigentümer im gesamten Gebäude und es handelt sich um mehr als einen bloßen Reflex. Die Sanierung wirkt weit über den Bereich der Tiefgarage hinaus und erfasst zugleich andere Teile des gemeinschaftlichen Eigentums. Damit sind die Fugen nicht von § 4 Abs. 1 Satz 1 der Gemeinschaftsordnung erfasst.

Auch in Zusammenschau der mit § 4 Abs. 1 Satz 2 kommt man zu keinem anderen Ergebnis. Hier ist eine Regelung getroffen für Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, auch wenn sie sich im Bereich der dem Sondereigentum unterliegenden Räume befinden. Dem jeweiligen Miteigentümer wird aber eine Kostenlast nur soweit überbürdet, als sie infolge unsachgemäßer Behandlung durch den Miteigentümer, seiner Angehörigen, oder Personen denen er die Räume überlassen hat, notwendig werden. Damit handelt es sich um die Regelung eines Schadensersatzanspruches bei Nichtbeachtung der Verpflichtung zur schonenden und pfleglichen Behandlung des Gemeinschaftseigentums. Diese Regelung wäre sinnlos und überflüssig, wenn man zu der weitgehenden Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 1 kommt, die die Klägerseite vornimmt. Die Regelung des § 4 Gemeinschaftsordnung wäre bei einer Auslegung im Sinn der Klägerin insgesamt jedenfalls so unklar, dass damit vom gesetzlichen Grundsatz des § 16 Abs. 2 WEG nicht abgewichen werden könnte.

Die Klägerin kann ihre Ansprüche auch nicht auf das Schreiben vom 17.09.2003 stützen. Dort ist soweit die Fugen betroffen sind, ausschließlich von „Wartung“ die Rede. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden darunter Arbeiten zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit verstanden, die die regelmäßige Abnutzung ausgleichen sollen. Gemeint sind damit letztlich Pflegemaßnahmen, keinesfalls aber die Instandsetzung bei gravierenden Schäden. Dass der Beklagten bei Formulierung des Schreibens dieser Gegensatz auch bewusst war, zeigt der Vergleich zum zweiten Absatz des Schriftstückes, wo festgehalten wird, dass die „Instandhaltungs- und Instandsetzungsverpflichtung“ für die Bodenbeschichtung, obwohl Gemeinschaftseigentum, den Sondereigentümer Sparkasse trifft.

Auf § 10 der Gemeinschaftsordnung kann sich die Klägerin ohnehin nicht berufen. Er bezieht sich ausweislich des eindeutigen Wortlautes nur auf Fälle der Sondernutzung. Zudem ist gefordert, dass die Kosten ausscheidbar sein müssten. Nachdem aber, wie oben ausgeführt, auch die übrigen Eigentümer die Fugen „nutzen“, fehlt es an der Ausscheidbarkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

 

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