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WEG – Instandsetzungspflicht der Gemeinschaft bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum

AG Hamburg-Altona – Az.: 303c C 11/08 – Urteil vom 12.04.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 42.900,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Wohnungen im Haus … . Eine der Wohnungen … grenzt mit je einer Wohnzimmer- und Schlafzimmerwand an die Nordseite des Gebäudes. Beklagte sind einerseits die anderen Wohnungseigentümer (Antrag zu 1.), andererseits die Gemeinschaft selbst (Antrag zu 2.).

Die Klägerin beanstandet seit Jahren eine Schimmelpilzbildung der gesamten Außennordwand der Wohnung Nr. 4.

Unter dem 19.3.08 erstellte das Technische Büro … ein Kurzgutachten (Anlage K5, Bl. 60ff d.A.), das zu dem Ergebnis kam, es seien in der Wohnung der Klägerin Flecken vorhanden, die typisch für Oberflächenkondensat seien. Es lägen geometrische Wärmebrücken vor, in denen mit Schimmelbefall zu rechnen sei. Die niedrigen Wandtemperaturen ließen darauf schließen, dass die Beheizung auf niedrigem Niveau stattfindet. Vorgestellte oder vorgehängte Gegenstände wirkten wie eine Innendämmung; andere Bewohner in gleicher Lage hätten dieses Problem nicht.

In einer Eigentümerversammlung vom 28.3.08, zu der mit Schreiben vom 12.3.08 (Anlage K2, Bl. 10 d.A.) geladen wurde, fassten die Eigentümer unter TOP 5 unter anderem die Beschlüsse,

– eine Giebelsanierung an … mit Wärmedämmung abzulehnen (Beschluss 1/08),

– eine Giebelsanierung an … überhaupt abzulehnen (Beschluss 2/08),

– eine gegebenenfalls notwendige Fassadensanierung ohne Dämmung als Fugensanierung / Hydrophobierung durchzuführen (Beschluss 8/08),

– einen Ausspruch gegen eine Fassadensanierung mit Dämmung der Giebelwandflächen abzulehnen (Beschluss 9/08)

(vgl. Protokoll der Versammlung, Anlage K3, Bl. 11 ff d.A.).

Der Beschluss gegen die Giebelsanierung an … wurde damit begründet, dass die Feuchtigkeitsprobleme selbst verschuldet seien. Anträge auf eine Giebelsanierung mit Wärmedämmung wurden auch hinsichtlich der weiteren in Rede stehenden Häuser … abgelehnt.

Die Klägerin behauptet, die Feststellungen des Kurzgutachtens … seien falsch. Es seien nicht nur einzelne Flecken vorhanden, sondern die gesamte Außennordwand sei dunkel verfärbt. Es seien auch nicht „vorgestellte“ Wandbereiche betroffen. Auch die Messergebnisse seien unzutreffend. Schließlich wiesen auch andere Wohnungen im Haus gleichartige Schäden auf.

Herr … habe dem Ehemann der Klägerin erklärt, dass die 1987 durchgeführte Hydrophobierung unstatthaft gewesen sei.

Auch eine Wärmedämmung stelle eine Instandsetzungsmaßnahme dar, weil die Neuerung die technisch bessere oder wirtschaftlich sinnvollere Leistung darstelle. Sie meint, sie habe einen Anspruch darauf, weil dadurch die Feuchtigkeitsproblematik auf ein Minimum reduziert werden würde.

Eine Innendämmung kommt im Vergleich zu einer Außendämmung nicht in Betracht. Denn hinter den Dämmschichten kondensiere Wasser an der kälteren Außenwand, wodurch der Feuchtetransport behindert werde und das Mauerwerk feucht werde.

Die Klägerin beantragt,

1. die in der Sondereigentümerversammlung der Eigentümergemeinschaft … am 28.3.2008 getroffenen Beschlüsse zu Tagesordnungspunkt 5 – Beschluss Nr. 1/08, Beschluss Nr. 3/08, Beschluss Nr. 8/08 und Beschluss Nr. 9/08 für nichtig, hilfsweise unwirksam zu erklären,

2. die Beklagte zu verpflichten, die nördliche Giebelwand (Nordwand) des Hauses … instand zu setzen, indem auf die Nordwand einschließlich bis zu einem Meter um die Ostecke herum, Richtung Schlafzimmerfenster und ebenso in der Westecke des Balkons, Richtung Balkontür, ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS), bestehend aus drei Hauptschichten (Dämmung, Armierung und Schlussbeschichtung aus Klinker) aufgebracht wird.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie halten den Verpflichtungsantrag für unzulässig, weil die Kompetenz der Wohnungseigentümerversammlung übergangen werde.

Das Gutachten … gehe zutreffend davon aus, dass die Schimmelpilzbildung in der Wohnung der Klägerin auf zu geringe Beheizung zurückzuführen sei. Wärmebrücken seien nicht vorhanden.

Das Problem in den klägerischen Wohnungen könne auf keinen Fall durch Anbringung einer Außenisolierung nebst Wärmedämmung gelöst werden.

Eine Hydrophobierung mit Schlemmverfugung führe zu einer ausreichenden Feuchtigkeitsisolierung.

Ergänzend wird für das Vorbringen der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat gemäß Beschlüssen vom 25.8.2009 (Bl. 91ff d.A.) und 6.1.2010 (Bl. 211ff d.A.) Beweis erhoben durch Einholung zweier Sachverständigengutachten. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gutachten des Sachverständigen … vom 31.5.2009 (Bl. 104ff d.A.) und 17.9.2010 (Bl 226ff d.A.) sowie die Sitzungsniederschriften über die mündlichen Anhörungen des Sachverständigen vom 27.10.2009(Bl. 183ff d.A.) und 1.3.2011 (Bl. 268ff d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Weder sind die angegriffenen Beschlüsse für ungültig zu erklären (I.), noch steht der Klägerin ein Anspruch auf Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems an der nördlichen Giebelwand zu (II.).

I.

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 28.3.2008 zu TOP 5 widersprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Allerdings steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die Giebelwand mangelhaft ist. Denn sie erreicht rechnerisch nicht die Werte, die die DIN 4108 – Wärmeschutz im Hochbau – zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung (1980) vorgeschrieben hat. Dies hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 17.9.2010 festgestellt. Denn ausweislich seiner Zusammenfassung (Seite 8 des Gutachtens, Bl. 233 d.A.) wurden zur Herstellung des Hintermauerwerks normalformatige Kalksandvollsteine der Rohdichteklasse 2.000 kg/m3 vermauert.

Hieraus folgt, dass grundsätzlich eine Verpflichtung der Gemeinschaft besteht, den Anspruch der Klägerin auf ordnungsmäßige Instandsetzung im Wege der erstmaligen Herstellung gemäß § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG zu erfüllen. Die von den Beklagten in den Vordergrund gestellte Frage, ob sich die konkrete Schimmelbildung auf das Nutzerverhalten zurückführen lässt, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos. Denn es geht um die Beseitigung der Wärmebrücke und nicht nur der Schimmelbildung. Der Anspruch nach § 21 Abs. 4 WEG führt dazu, dass jeder Wohnungseigentümer die erstmaligen Herstellung eines dem Aufteilungsplan und den Bauplänen entsprechenden mangelfreien Zustandes von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum unabhängig von der Frage, wie sich der Mangel tatsächlich ausgewirkt hat, verlangen kann (OLG München, B. v. 22.12.2009, ZMR 2009, S. 395, juris).

Das Bestehen dieses Instandsetzungsanspruchs steht der Ordnungsgemäßheit der Beschlüsse jedoch nicht entgegen. Denn der Wohnungseigentümergemeinschaft steht ein Ermessensspielraum zu, soweit es die konkrete Art der Instandsetzung betrifft. Dieses Ermessen ist im vorliegenden Fall nicht derart „auf Null reduziert“, dass nur die nach den Beschlüssen abgelehnten Maßnahmen zur Mangelbeseitigung in Betracht kommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Modernisierungsmaßnahme in Art einer von Außen angebrachten Wärmedämmung aus wirtschaftlichen Gründen nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht geboten ist, zumal konkrete Nachteile für einzelne Wohnungseigentümer mit dem jetzigen Zustand der Giebelwand dann nicht verbunden sind, wenn mit weniger finanziellem Aufwand verbundene Maßnahmen wie etwa das Anbringen von Kalziumsilikatplatten ebenfalls zum Erfolg (der Einhaltung der Werte der DIN 4108) führen. In einem solchen Fall ist die Ausübung des Ermessens dahin, dass kein Wärmedämmverbundsystem angebracht wird, nicht zu beanstanden (vgl. dazu etwa OLG Hamburg, B. v. 20.1.98, WuM 1999, S. 55, juris).

Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang im Termin vom 1.3.2011 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass beispielsweise Kalziumsilikatplatten eine gute Möglichkeit bilden, um Schäden, wie sie in der Wohnung … der Klägerin aufgetreten sind, zu vermeiden. Hierdurch würden die Anforderungen der DIN 4108 erfüllt werden. Sie sind deutlich preiswerter als eine Wärmedämmung, die mit Kosten von ca. € 220,- netto/m2 Fläche zu veranschlagen wäre.

II.

Die Klage ist, auch soweit es den Verpflichtungsantrag betrifft, zulässig. Das Urteil des BGH vom 15.1.2010, auf das sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 8.3.2011 bezieht, ist deshalb nicht einschlägig, weil sich die Eigentümer im vorliegenden Falle, etwa auf der Versammlung vom 28.3.2008, mit der Frage des Wärmedämmverbundsystems befasst haben.

Sie ist jedoch aus den unter I. genannten Gründen unbegründet. Die Klägerin kann nur eine solche Instandsetzung verlangen, die den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht (§ 21 Abs. 4 WEG). Dies bedeutet, dass einerseits technische Lösungen gewählt werden müssen, die geeignet sind, den Baumangel dauerhaft zu beseitigen, dass andererseits aber auch die Wirtschaftlichkeit der in Betracht kommenden Lösungsmöglichkeiten beachtet werden muss (BayObLG, B. v. 31.8.1989, ZMR 1990, S. 29, juris). Dies ist, wie oben ausgeführt, nach den Feststellungen des Sachverständigen auch durch andere Maßnahmen als die Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems, möglich.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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