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WEG – Instandsetzungspflicht des Sondereigentümers durch Gemeinschaftsordnung

AG Spandau, Az.: 70 C 56/17, Urteil vom 12.12.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger und die Beklagten bilden die Wohnungseigentumsgemeinschaft …, die von der … als bestellter Wohnungseigentumsverwalterin verwaltet wird. Die aus über 200 Wohnungen bestehende Anlage wurde im Jahre 1964 errichtet. Die Begründung von Wohnungseigentum erfolgte auf der Grundlage der Teilungserklärung vom 10.05.1994 vor dem Notar … zur Urkundenrollennummer … (vgl. Anlage K 4 Bl. 34-41). In der Gemeinschaftsordnung heißt es in § 8

Die Instandhaltung und Instandsetzung der Wohnungsabschlusstüren obliegt den jeweiligen Wohnungseigentümern auf ihre Kosten. …

Die Wohnungseigentümer dürfen im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Teile des Gebäudes nicht verändern. Dies gilt auch für den Außenanstrich des Gebäudes, der Fenster, Loggien, Balkone, Abschlusstüren, …. Über die Änderung der Farbe des Anstriches entscheidet die Eigentümerversammlung.

Die Kläger sind Eigentümer der Wohnungen Nr. 95 und 96, die Klägerin zu 1) darüber hinaus Eigentümerin der Wohnung Nr. 85. Im Jahre 2013 wandten sich die Kläger an die Verwalterin, da sie einen Austausch der Wohnungsabschlusstüren vornehmen lassen wollten (Anlage K 6 Bl. 43). Die Verwalterin teilte daraufhin mit, dass die Instandhaltungspflichten den jeweiligen Wohnungseigentümer träfen und die Kläger auch einen Austausch selbst vornehmen lassen müssten, wobei jedoch darauf zu achten sei, dass die äußere Ansicht unverändert bleiben müsse (Anlage K 7 Bl. 44). Die Kläger ließen in der Folge die alten Wohnungsabschlusstüren entfernen und gegen moderne Sicherheits-Wohnungseingangstüren austauschen. Hierfür entstanden ihnen ausweislich der Rechnung der Firma … vom 08.06.2015 Kosten in Höhe von insgesamt 6.326,39 € (Anlage K 7 Bl. 46-46).

Auf der Eigentümerversammlung vom 09.03.2017 wurde die Gemeinschaft erstmalig mit dem Thema befasst. Sie lehnte unter TOP 5 gemäß Protokoll (vgl. Anlage K 10 Bl. 52R) eine Beschlussfassung dahingehend mehrheitlich ab, den Klägern die Kosten für den Austausch der Wohnungseingangstüren seitens der Gemeinschaft zu erstatten.

Die Kläger sind der Meinung, ihnen stehe gegen die Gemeinschaft ein Anspruch auf Erstattung der Kosten – vermindert um ihren Miteigentumsanteil – zu. Der Austausch der Türen sei Sache der Gemeinschaft gewesen, da es sich dabei nicht mehr um dem Sondereigentümer zugewiesene Instandsetzungspflichten handele. Die Türen hätten ausgetauscht werden müssen, da es sich um alte Sperrholztüren gehandelt habe, die den Anforderungen an einen dem heutigen Standard entsprechenden Einbruchsschutz nicht genügt hätten. Im Übrigen seien die Türen verzogen und undicht gewesen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung dahingehend gerichtlich nach § 21 Abs. 8 WEG zu ersetzen, dass den Klägern die Aufwendungen für den Austausch der Wohnungsabschlusstüren in Höhe von 6.240,29 € aus Gemeinschaftsmitteln erstattet werden.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie halten die verklagten Eigentümer für nicht passiv legitimiert. Nach der Gemeinschaftsordnung sei es zudem allein Sache der Kläger gewesen, die Türen auf eigene Kosten instand zu setzen, wozu auch der komplette Austausch zähle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitig bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Antrag ist nach §§ 43 Nr. 1 WEG vor dem Amtsgericht Spandau als zuständigem Gericht für Wohnungseigentumssachen zulässig.

Die übrigen Wohnungseigentümer sind vorliegend auch passiv legitimiert. Der Antrag nach § 21 Abs. 8 WEG richtet sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer, nicht gegen den Verband als eigenes Rechtssubjekt. Im Übrigen geht es vorliegend auch nicht um einen Erstattungsanspruch gemäß § 14 Nr. 4 WEG. Der Erstattungsanspruch in einem derartigen Fall, in dem es um die Erstattung von Aufwendungen eines Einzelnen am Gemeinschaftseigentum geht, ist gegen die übrigen Eigentümer zu richten, wenn diese über die Maßnahme grundsätzlich hätten beschließen müssen (vgl. BGH NZM 2016, 169). Zudem verfolgen die Kläger hier einen Antrag auf eine gerichtliche Beschlussersetzung. Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben.

Den Klägern steht ein Anspruch gegen die Gemeinschaft auf Erstattung eines Teils der Kosten, die sie für den Austausch der Türen in ihren Wohnungen unstreitig aufgewandt haben, nämlich dem Grunde nach nicht zu. Es spricht bereits einiges dafür, dass auch der Austausch der Türen nach der Gemeinschaftsordnung den Klägern als Sondereigentümern überbürdet worden ist. Tatsächlich ist der Inhalt der Regelung in der Gemeinschaftsordnung (dort § 8) mit demjenigen, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.11.2013 (vgl. WuM 2014, 159) zu Grunde lag, nicht gleich. Die dortige Gemeinschaftsordnung sah vor, dass „Veränderungen … der Wohnungsabschlusstüren“ einem qualifizierten Eigentümerbeschluss unterliegen sollten. Die hiesige Gemeinschaftsordnung überbürdet dem Sondereigentümer allgemein die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten hinsichtlich der Wohnungsabschlusstüren. Es ist jedoch kein Beschluss der Eigentümerversammlung vorgesehen, sondern nur der Hinweis enthalten, dass Veränderungen am Gemeinschaftseigentum durch den Sondereigentümer nicht erfolgen dürfen. Damit ist aber lediglich klargestellt, dass eine Veränderung des optischen Erscheinungsbildes durch den instandsetzenden Eigentümer zu unterlassen ist. Die Erforderlichkeit eines Eigentümerbeschlusses wird nur für den Fall der Veränderung des Außenanstrichs explizit genannt. Es spricht daher einiges dafür, dass nach der Gemeinschaftsordnung der Ersatz der Türen unter die genannten Instandsetzungsmaßnahmen zu fassen ist.

Unabhängig davon ist ein Anspruch der Kläger aber auch dann ausgeschlossen, wenn man den Austausch als Angelegenheit der Gemeinschaft ansehen würde. Eine Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch ergibt sich nicht bereits aus § 16 Abs. 2 WEG i. V. m. § 21 Abs. 4 WEG. Die Gemeinschaft hat vorliegend über den Austausch der Türen gerade nicht beschlossen. Dieser ist von den Klägern ohne Einschaltung der Gemeinschaft vorgenommen worden, obwohl sie deren Zuständigkeit nun geltend machen. Es kann aber nun nicht nachträglich eine Legitimation ihres Handelns durch das Gericht im Sinne einer Gestaltung der Rechtslage mit ex ante Wirkung nach § 21 Abs. 8 WEG verlangt werden. Dies geht bereits vor dem Hintergrund nicht, dass die Erforderlichkeit des Austauschs der Tür sich heute überhaupt nicht mehr klären lässt.

Ein Anspruch aus Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 i. V. m. § 670 BGB scheitert daran, dass es sich nicht um einen Fall der Notgeschäftsführung handelt. Dies hätte vorausgesetzt, dass dem Gemeinschaftseigentum ein Schaden gedroht hätte. Davon sind aber auch die Kläger nicht ausgegangen, ist doch in der Sache mit der Verwaltung zuvor korrespondiert worden. Die Türen mögen zwar schadhaft gewesen sein, ein sofortiges Einschreiten war jedoch offensichtlich nicht erforderlich gewesen und ist auch nicht erfolgt.

Ein Anspruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683 BGB steht den Klägern ebenfalls nicht zu. Die Kläger haben ohne Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt. Sie haben nach der erhaltenen Information seitens der Verwalterin den Türenaustausch in eigener Zuständigkeit vorgenommen und sind erst nach einiger Zeit auf die Idee gekommen, dass womöglich der Austausch Sache der Gemeinschaft gewesen sein könne. Dies hat die Klägerin zu 1) im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst so mitgeteilt.

Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus §§ 684 Satz 1, 812 ff. BGB scheidet ebenfalls aus.

Der Anspruch setzt voraus, dass die Gemeinschaft durch eine Maßnahme, die unausweichlich angefallen wäre, eine Bereicherung erfahren hat. Dies wäre jedoch nur dann der Fall, wenn die Türen tatsächlich erneuerungsbedürftig gewesen wären (vgl. HansOLG ZMR 2008, 560, ZMR 2002, 618). Von einer Erneuerungsbedürftigkeit kann hier aber keine Rede sein, denn dafür reicht allein der Umstand, dass die Türen alt waren, nicht aus. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, das Wohnungsabschlusstüren nach 50 Jahren nicht mehr nutzbar sind. Die mitgeteilten Mängel wie Undichtigkeit hätten ohne weiteres durch eine Instandsetzung behoben werden können. Dass die Türen nicht modernem Standard in Sachen Einbruchsschutz und Schallschutz entsprachen, ist ebenfalls unerheblich. Es besteht kein Anspruch eines einzelnen Eigentümers darauf, dass dieser Standard erreicht werden muss. Dies kann allenfalls für den status quo gelten. Dass die begehrte Maßnahme, der Ausbau der Türen und Einbau moderner Türen zwingend geboten war und daher von den Eigentümern hätte beschlossen werden müssen, ist demnach in keiner Weise dargetan (vgl. dazu auch BGH WuM 2016, 111).

Einen bereicherungsrechtlichen Anspruch nach §§ 951 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB können die Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg geltend machen. Zwar ist durch den Einbau der neuen Türen der Gemeinschaft ein Zuwachs derart erwachsen, dass die neuen Türen insgesamt zum Gemeinschaftseigentum gehören. Nach § 946 BGB ist mit deren Einbau Gemeinschaftseigentum entstanden, da die Wohnungsabschlusstüren für den Erhalt des Gebäudes insgesamt zwingend notwendig sind. Diese Bereicherung haben die Kläger den Beklagten jedoch aufgedrängt, so dass ein Ersatzanspruch entfällt. Die eigenmächtige Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums durch die Kläger stellt insofern eine bauliche Veränderung dar, für die ihnen ein Ersatzanspruch nicht gebührt. Auch wenn ein Anspruch der Gemeinschaft auf Beseitigung der Maßnahme nicht bestehen dürfte, lässt dieses Vorgehen etwaige Ersatzansprüche entfallen (vgl. auch KG WuM 2005, 271; HansOLG ZMR 2010, 388). Es ist schließlich eine Angelegenheit der Gemeinschaft, über die Instandsetzung zu entscheiden. Möglicherweise gab es einen Instandsetzungsbedarf, nicht aber eine Notwendigkeit für einen Komplettaustausch. Die Kläger hätten daher zunächst eine Entscheidung der Eigentümer herbeiführen müssen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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