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WEG-Jahresabrechnung – welcher Verwalter muss diese erstellen?

AG Kassel – Az.: 800 C 1850/21 – Urteil vom 11.11.2021

Die Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 50% und die Beklagte 50% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenpartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

Die klagende Wohnungseigentumsgemeinschaft begehrt von der Beklagten, ihrer früheren Verwalterin, die Erstellung einer Jahresabrechnung sowie die Kostenerstattung nach Teilanerkenntnis eines ursprünglichen Begehrens auf Herausgabe von Verwaltungsunterlagen.

Die Beklagte war bis zum 24.04.2021 Verwalterin der klagenden Eigentümergemeinschaft. An jenem Tag fand eine Eigentümerversammlung statt, auf der die Eigentümer beschlossen, die Beklagte mit sofortiger Wirkung abzuberufen; die Verwaltungsunterlagen habe sie an den Miteigentümer A herauszugeben. Die Jahresabrechnung(en) 2020 hatte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch nicht erstellt. Mit Anwaltsschreiben vom 18.05.2021 forderte die Klägerin die Beklagte zur Herausgabe der Verwaltungsunterlagen an die neu bestellte Hausverwaltung sowie zur Erstellung der Jahresabrechnung 2020 auf.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Erstellung der Abrechnung 2020 noch verpflichtet, weil sie das gesamte Kalenderjahr 2020 über und noch bis zum 24.04.2021 als Verwalterin bestellt war. Ferner meint sie, die Beklagte sei zur Erstattung der der Klägerin vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 8000 Euro in Höhe von insgesamt 800,40 Euro verpflichtet.

Ursprünglich hat die Klägerin auch noch beantragt, die Beklagte zur Herausgabe sämtlicher Verwaltungsunterlagen an die Klägerin zu verurteilen. Nach Anerkenntnis dieses Teil-Begehrens hat das erkennende Gericht unter dem 04.08.2021 insoweit Teilanerkenntnisurteil erlassen (auf BI. 29 f. d. A. wird Bezug genommen).

Die Klägerin beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, Rechnung zu legen durch Erstellung und Herausgabe der Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen für die Zeit vom 01.01.2020 Bis zum 31.12.2020 (Jahresabrechnung 2020) sowie 800,40 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.05.2021 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verwahrt sich hinsichtlich ihres Teilanerkenntnisses gegen die Kostenlast, da sie zur Herausgabe der Verwaltungsunterlagen an den Miteigentümer A nicht verpflichtet gewesen sei. Nach ihrer Abberufung mit sofortiger Wirkung durch die Beschlussfassung auf der Eigentümerversammlung vom 24.04.2021 habe ihre Verwaltertätigkeit geendet und sie sei deswegen nicht mehr an der Lage und nicht mehr berechtigt, die Jahresabrechnung zu erstellen.

Wegen der weiteren Einzel eines Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch mehr auf Erstellung der Jahresabrechnung (Einzel und Gesamtabrechnung) für das Kalenderjahr 2020 gegen die Beklagte. Denn die Beklagte ist nicht mehr berechtigt und verpflichtet, diese Abrechnung zu erstellen, nachdem sie in der Eigentümerversammlung vom 24.04.2021 mit sofortiger Wirkung abberufen wurde.

Seit der zum 01.12.2020 in Kraft getretenen Änderung des WEG ist die Erstellung der Jahresabrechnung nunmehr Aufgabe der Eigentümergemeinschaft selbst, wobei deren Erfüllung durch das durch die Gesetzesänderung neu eingeführte Organ der Eigentümergemeinschaft, der Verwaltung (§§ 9a, 9b WEG), zu bewirken ist. Nach § 28 Abs. 2 WEG ist deswegen der in dem Zeitpunkt vorhandene Verwalter diejenige Person, die insoweit zu handeln hat (Hügel/Elzer, § 28 WEG Rdnr. 106; Bartholome in Hogenschurz, BeckOK WEG, § 28 WEG Rdnr. 50; MüKo/Skauradszun, § 28 WEG Rdnr. 93 unter Hinweis darauf, dass die anderslautende frühere Rechtsprechung des BGH hierzu nicht mehr anwendbar ist). Da die Beklagte mit sofortiger Wirkung mit der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung vom 24.04.2021 als Verwalterin abberufen worden ist, kann sie deswegen für das Kalenderjahr 2020 aus heutiger Sicht die Jahresabrechnung 2020 nicht mehr erstellen, wenn sie bereits aus Rechtsgründen daran gehindert ist. Ein anderer Rechtsgrund, aus denen sich eine Verpflichtung der Beklagten zu Erfüllung des Klagebegehrens insoweit ergeben könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der ihr vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren. Diese Kosten können unter Verzugsschadensersatzgesichtspunkten als Kosten zweckentsprechender Rechtsverfolgung grundsätzlich erstattungsfähig sein. Vorliegend fehlt es jedoch an einem Verzug der Beklagten bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im vorgerichtlichen Verfahrensstadium. Erkennbar wurden die Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits zur Erstellung des Forderungsschreibens vom 18.05.2021 beauftragt. Zu diesem Zeitpunkt lag noch kein Verzug der Beklagten vor. Zwar beschlossen die Eigentümer in der Versammlung vom 24.04.2021 zum TOP 2 u.a., die Verwaltungsunterlagen der WEG sollen an den Miteigentümer A herausgegeben werden. Dieser Beschluss hat jedoch nur eine interne Wirkung, an die die Beklagte wegen ihrer Abberufung am selben Tag nicht mehr gebunden war. Es bedurfte also eines Umsetzungsaktes, um die Beklagte in Verzug zu setzen. Folglich bedurfte es einer Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 S. 1 BGB, weil ein Ausnahmetatbestand nach § 286 Abs. 2 BGB nicht vorliegt. Insbesondere greift die Ausnahmevorschrift des § 286 Abs. 2 Nr. 4 BOB nicht ein, weil besondere Interessen, die einen Verzugseintritt bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind und auch regelmäßig nicht gegeben sind. Die Erstellung der Jahresabrechnung erfolgt regelmäßig im gewöhnlichen Geschäftsgang und bedarf deswegen eines entsprechenden Zeitaufwandes, was dazu führt, dass die Abrechnungen typischerweise im 2. Quartal eines Kalenderjahres erstellt werden. Mithin bestand auch unter Berücksichtigung der Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft noch hinreichend Zeit, die Beklagte durch eine entsprechende Mahnung in Verzug zu setzen. Dies gilt auch dann, wenn die Beklagte bei der Versammlung zugegen war und deswegen von der Beschlussfassung Kenntnis hatte.

Ein anderer Zeitpunkt, zu dem die Beklagte hätte in Verzug geraten können und der vor der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin lag, ist nicht ersichtlich. Folglich ist erst die Fristsetzung im Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 18.05.2021 geeignet, einen Verzug der Beklagten zu begründen. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren bereits entstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits insoweit zu tragen, als sie den ursprünglichen Klageantrag zu Nr. 1 (Herausgabe der Verwaltungsunterlagen) anerkannt und insoweit Teilanerkenntnisurteil ergangen ist. Für eine Anwendung des § 93 ZPO ist kein Raum. Denn die Beklagte hatte Anlass zur Klageerhebung gegeben. Wie bereits oben ausgeführt, geriet die Beklagte mit der Erfüllung des Herausgabeverlangens durch das Anwaltsschreiben vom 18.05.2021 in Verzug. Die kann sie dabei nicht darauf berufen, dass der Beschluss in der Versammlung vom 24.04.2021 möglicherweise mangelhaft war, weil die Entgegennahme der Verwaltungsunterlagen durch lediglich einen gewöhnlichen Eigentümer anstelle der neu bestimmten Verwaltung rechtlichen Bedenken begegnen könnte. Denn maßgeblich ist insbesondere aufgrund der durch die Neufassung des WEG veränderten Konstruktion der Eigentümergemeinschaft, deren Organ die Verwaltung ist, nicht das durch den genannten Beschluss betroffene Innenverhältnis, sondern das Außenverhältnis. Das Anwaltsschreiben vom 18.05.2021 entspricht jedoch der Gesetzeslage, weil das Begehren auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen so formuliert ist, dass diese an die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft in Gestalt ihres Organs (neue Hausverwaltung) erfolgen soll. Damit war für die Beklagte hinreichend deutlich erkennbar, dass sie nunmehr in der Pflicht stand, das Herausgabeverlangen zu erfüllen. Da sie dies nicht fristgerecht vornahm, gab sie Anlass zur Klagerhebung.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt. Hierbei entfallen auf die ursprünglichen Klageanträge zu 1. und 2. jeweils 2.000,00 Euro.

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