AG Hamburg-St.Georg – Az.: 980a C 46/19 WEG – Urteil vom 24.09.2021
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Installation von zwei Klimageräten auf den Balkonen des Klägers.
Der Kläger und die Beklagten sind Mitglieder der WEG. Die Wohnanlage besteht aus 52 Wohnungen, verteilt auf vier Häuser. In § 5 Nr. 6) b) der zwischen ihnen geltenden notariellen Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung heißt es (vgl. Anlage K6): „Jeder Wohnungseigentümer ist ohne Zustimmung der anderen Eigentümer berechtigt, auf seine Kosten (…) sein Sondereigentumsrecht nach seinen Wünschen und auf seine Kosten um- oder auszubauen, und zwar auch dann, wenn dadurch das Gemeinschaftseigentum berührt wird, allerdings nur, wenn dadurch die übrigen Eigentümer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. (…) Klimaanlagen im Dachgeschoss sind zulässig, soweit sie den üblichen Standards entsprechen.“ Der Kläger ist seit dem Jahr 2013 Eigentümer der im viergeschossigen Haus Nr. 3a, dort im 2. OG, belegenen Wohnung (vgl. Grundriss gemäß Anlage K2). Er beabsichtigt, auf dem Balkon am Wohnzimmer sowie am Balkon am Schlafzimmer je ein Klimagerät („Panasonic-Splitklimagerät“) gemäß dem Angebot der ### vom 26.06.2019 gemäß Anlage K3 errichten zu lassen.
In der Eigentümerversammlung vom 18.10.2018 wurde zu TOP 8 (s. Protokoll, Anlage K4) mehrheitlich und bestandskräftig beschlossen, der Miteigentümerin die Installation eines Klimagerätes auf dem Dach des Hauses zu genehmigen mit der Maßgabe, dass das Gerät von der Straße und den Gehwegen aus nicht sichtbar ist. In der Eigentümerversammlung vom 06.11.2019 wurde zu TOP 6 wie folgt Beschluss gefasst (vgl. Protokoll, Anlage K5):
„Diskussion und Beschluss zu dem Antrag des Wohnungseigentümers, eine Klimaanlage für seine Wohnung zu installieren. Der Eigentümer beantragt jeweils ein Außengerät der Split-Anlage auf dem Balkon am Wohnzimmer sowie am Balkon zum Schlafzimmer seiner Wohnung zu installieren/zu stellen und so zu platzieren, dass diese von unten, der Straße und den Gehwegen, nicht sichtbar sind. Hierfür ist jeweils eine Bohrung durch die Außenwand vorzunehmen. Der Eigentümer hat sämtliche mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie mögliche Folgekosten zu tragen. Die Gemeinschaft ist von sämtlichen mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten freizuhalten.
Beschlussantrag:
Die Eigentümer genehmigen, dass er jeweils ein Außengerät der Split-Anlage auf dem Balkon am Wohnzimmer sowie am Balkon zum Schlafzimmer seiner Wohnung installieren/zu stellen und so zu platzieren, dass diese von unten, der Straße und den Gehwegen, nicht sichtbar sind. Hierfür ist jeweils eine Bohrung durch die Außenwand vorzunehmen. Der Eigentümer hat sämtliche mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie mögliche Folgekosten zu tragen. Die Gemeinschaft ist von samtlichen mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten freizuhalten.
Beschlussergebnis:
- Ja – Stimmen: 25,3
- Nein – Stimmen: 10,5
- Enthaltungen: 5,8
Damit ist der Antrag abgelehnt.“
Mit seiner am 29.11.2019 bei Gericht eingegangenen, den Beklagten am 21.12.2019 zugestellten und mit weiterem Schriftsatz vom 23.12.2019 – Eingang bei Gericht am selben Tag – begründeten Anfechtungsklage macht der Kläger geltend, dass er habe feststellen müssen, dass sich sein Wohnbereich in den Sommermonaten stark aufheize. Ihm sei daher empfohlen worden, für die betroffenen Wohnräume jeweils ein Klimagerät zu installieren. Die Außeneinheiten könnten sichtneutral auf dem jeweiligen Balkon gestellt werden. Ferner handele es sich um sog. „Flüstergeräte“, die keinerlei störenden Lärm verursachten. Lediglich unmittelbar am Gerät sei ein Geräusch wie ein leichtes Blätterrauschen hörbar; das sei es in einigen Metern Entfernung aber nicht mehr. Zwei sei – was unstreitig ist – jeweils eine Kernbohrung durch das Außenmauerwerk erforderlich, um die Leitungen durchzuführen; das sei aber unproblematisch, weil es dadurch zu keinen statischen Problemen oder Beeinträchtigungen der übrigen Eigentümer komme. Die Geräte würden auch nur – auf Gummimatten zur Vermeidung der Übertragung von Schwingungen und Geräuschen auf das Gebäude – aufgestellt werden; es erfolge keine Montage an der Außenwand oder auf der Balkonplatte. Der Beschluss vom 06.11.2019 zu TOP 6 widerspreche den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Für die beabsichtigte Installation sei gar keine Genehmigung der übrigen Eigentümer nötig, wie sich aus § 5 Nr. 6 TE ergebe. Seine Wohnung werde von den beiden höher gelegenen Geschossen nur teilweise überdeckt, weswegen es sich quasi ebenfalls um eine Dachgeschosswohnung handele. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer im Sinne von § 5 Nr. 6 TE gehe von den Klimageräten nicht aus. Das Aufstellen der Klimageräte sei vergleichbar mit dem genehmigungsfreien Aufstellen von Blumenkübeln, Balkonmöbeln oder Sonnenschirmen. Aus Gründen der Rechtssicherheit begehre er die Feststellung, dass er die beabsichtigte Installation zustimmungsfrei vornehmen dürfe; hilfsweise könne er eine ersetzende gerichtliche Entscheidung verlangen. Bis ins kleinste Detail müsse er seinen Beschlussantrag auch nicht vorformulieren. Und es sei nicht so, dass jede bauliche Veränderung der Zustimmung der Versammlung bedürfe. Er trage jedenfalls alle Kosten und die Folgekosten.
Der Kläger hat seine Anfechtungsklage mit Schriftsatz vom 23.12.2019, Eingang bei Gericht am selben Tag, um einen Hauptantrag (Feststellung der zustimmungsfreien Installation der beiden Klimageräte) und um einen Hilfsantrag (Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung zu seinem entsprechenden Beschlussantrag) erweitert. Den Hilfsantrag hat der Kläger zunächst mit Schriftsatz vom 15.05.2020 modifiziert, beide Anträge sodann mit weiterem Schriftsatz vom 12.04.2021.
Der Kläger beantragt,
1. den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.11.2019 zu TOP 6 für ungültig zu erklären,
2. a) festzustellen, dass er berechtigt ist, ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer im Bereich seiner in belegenen Wohnung auf dem Balkon am Wohnzimmer sowie am Balkon am Schlafzimmer jeweils ein Außengerät der Split-Anlage zu installieren und hierzu jeweils eine Bohrung durch die Außenwand vorzunehmen, sofern die Außengeräte von unten, der Straße und den Gehwegen aus nicht sichtbar sind und sämtliche mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie mögliche Folgekosten von dem jeweiligen Wohnungseigentümer der streitgegenständlichen Wohnung getragen werden und die Gemeinschaft von sämtlichen mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten freigehalten wird;
hilfsweise:
b) durch gerichtliches Gestaltungsurteil (§ 44 Abs. 1 WEG (2020)) anstelle der beklagten Wohnungseigentümer einen Beschluss zu fassen, wonach ihm genehmigt wird, im Bereich seiner in belegenen Wohnung auf dem Balkon am Wohnzimmer sowie am Balkon am Schlafzimmer jeweils ein Außengerät der Split-Anlage entsprechend dem Angebot der Fa. vom 26.06.2019 zu installieren und hierzu jeweils eine Bohrung durch die Außenwand vorzunehmen, sofern die Außengeräte von unten, der Straße und den Gehwegen aus nicht sichtbar sind und sämtliche mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten sowie mögliche Folgekosten von dem jeweiligen Wohnungseigentümer der streitgegenständlichen Wohnung getragen werden und die Gemeinschaft von sämtlichen mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten freigehalten wird.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss und machen ergänzend geltend, dass die Fenster der Wohnungen dreifach isolierverglast seien mit einem U-Wert von kleiner/gleich 0,84. Ferner gebe es eine Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Aufgrund der technischen Gebäudeausstattung mit hochdämmenden Fensterelementen und der Lüftungsanlage komme es in den Sommermonaten nicht zu einer starken Aufheizung der Wohnungen. Die beabsichtigte Installation der Klimageräte wirke sich – schon wegen der Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Kernbohrungen in das Wärmedämmverbundsystem – nachteilig im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG a.F. aus. Es sei auch unklar, wo und wie konkrete diese Bohrungen erfolgen sollen. Die Wohnung des Klägers im 2. OG sei auch keine „Dachgeschosswohnung“, selbst wenn sich oberhalb das Staffelgeschoss und ein Penthouse befänden. Ferner verursache ein Klimagerät, wie es vorliegend in Rede stehe, unzumutbaren Lärm mit einem Pegel von 63 dB(A). Die Installation der Geräte sei zudem nicht mit den Vorgaben des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes vereinbar; die bestimmungsgemäße Nutzung der Wohnung sei ohne diese möglich.
Dem hält der Kläger entgegen, dass die Fenster kein hohes Maß an Abschirmwirkung aufweisen würden (G-Wert von 0,6). Die Lüftung diene auch nicht der Kühlung, sondern nur der Entlüftung. In seinen Wohnräumen sei es in den vergangenen Sommern nicht auszuhalten gewesen; dieser Effekt werde sich angesichts des Klimawandels in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 25.08.2020 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schalltechnische Gutachten des Sachverständigen vom 17.03.2021 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 25.05.2021.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Die Anfechtung des (Negativ-)Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 06.11.2019 zu TOP 6 hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beschluss widerspricht nach der im Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Rechtslage (vgl. BGH, NZM 2021, 475, 476, Rz. 6 = ZMR 2021, 595) nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Begründetheit der Anfechtungsklage gegen einen Negativbeschluss setzt voraus, dass das Ermessen der Wohnungseigentümer auf null reduziert war, dem abgelehnten Beschlussantrag zuzustimmen, also einzig die positive Beschlussfassung ordnungsgemäß gewesen wäre (BGH, NJW 2016, 473, Rz. 6 ff.; NJW 2015, 3713, Rn. 13; LG Hamburg, ZWE 2018, 285, 287, Rz. 30).
Eine solche Ermessensreduktion war hier aber nicht gegeben. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf die Genehmigung zur Installation der beiden in Rede stehenden Klimageräte auf seinen Balkonen. Bei der Installation solcher Geräte handelt es sich um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG a.F.; dies folgt schon aus den mit der Installation und den Leitungsdurchführungen verbundenen Substanzeingriffen in das gemeinschaftliche Eigentum (siehe LG Hamburg, ZWE 2015, 135, 136 = ZMR 2014, 1009). Darauf allein, also auf die gegenständliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, kommt es aber hier nicht an, sondern auch auf den beabsichtigten Betrieb der Klimageräte. Dieser ist an § 14 Ziff. 1 WEG a.F. zu messen. Der Kläger kann sich insoweit nicht auf die Regelung in § 5 Nr. 6) b) TE berufen, und zwar weder betreffend das dortige Umbaurecht für den Sondereigentümer noch die Errichtung von Klimaanlagen.
Regelungen in einer Vereinbarung sind wie Grundbucheintragungen auszulegen, ausgehend vom Wortlaut und dem nächstliegenden Sinn der Bedeutung ist der Regelungsgehalt also aus unbefangener Sicht im Rahmen einer objektiv-normativen Auslegung „aus sich heraus“ zu ermitteln, ohne dass grundsätzlich Umstände außerhalb der Eintragung herangezogen werden dürfen (vgl. nur BGH, NJW 2020, 1354, Rz. 7 = ZMR 2020, 322). Danach beinhaltet die Regelung in § 5 Nr. 6) b) TE zwar im Ausgangspunkt ein zustimmungsfreies Ausbaurecht für den jeweiligen Eigentümer für sein Sondereigentumsrecht („Jeder Wohnungseigentümer ist ohne Zustimmung der anderen Eigentümer berechtigt, auf seine Kosten (…) sein Sondereigentumsrecht nach seinen Wünschen und auf seine Kosten um- oder auszubauen.“). Die in Rede stehende Installation der Geräte, die jeweils mit einer Kernbohrung durch die Außenwand einhergeht, unterfällt auch diesem Um- und Ausbaurecht; darunter sind bei unbefangener Betrachtung nach dem nächstliegenden Sinn der Bedeutung solche (baulichen) Maßnahmen bzw. Veränderungen zu verstehen, die an oder innerhalb der vorhandenen Gebäudehülle vorgenommen werden (vgl. LG Hamburg, ZMR 2012, 887).
Nicht von diesem Recht erfasst wird hingegen der beabsichtige Betrieb der Geräte, und zwar weder nach dem Wortlaut der Regelung in § 5 Nr. 6) b) TE noch ihrem nächstliegenden Sinn. Damit wird dem Sondereigentümer nur ein – ggfs. zustimmungsfreier – Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum gestattet, nicht aber ein voraussetzungsloser Einsatz der Klimaanlagen. Die Um- und Ausbauermächtigung ist insoweit als teilweise Abbedingung der §§ 22 Abs. 1, 14 Ziff. 1 WEG a.F. eng auszulegen. Auf die weitergehende Regelung in § 5 Nr. 6) b) TE, wonach „Klimaanlagen im Dachgeschoss“ zulässig sind, „soweit sie den üblichen Standards entsprechen“, kann sich der Kläger in diesem Zusammenhang nicht berufen. Der Betrieb von Klimageräten auf den Balkonen seiner Wohnung im 2. Obergeschoss unterfällt nach objektiv-normativer Auslegung dieser vereinbarten Ermächtigung nicht dem Fall einer „Klimaanlage im Dachgeschoss“. Nach dem nächstliegenden Sinn der Bedeutung ist damit das letzte Geschoss des Hauses „unter dem Dach“ gemeint, da dort – wie auch tatsächlich geschehen – Klimageräte auf dem (unmittelbar angrenzenden) Dach aufgestellt und betrieben werden können. Dass die Wohnung des Klägers nur teilweise von anderen, darüber liegenden Wohnungen überdeckt wird, ändert nichts an ihrer Eigenschaft als bloße „Geschosswohnung“. Die Existenz dieser (Sonder-)Regelung für „Klimaanlagen im Dachgeschoss“ bestätigt im Übrigen auch die o.g. Auslegung der Um- und Ausbauregelung. Darauf, dass dieses Um- und Ausbaurecht nach § 5 Nr. 6) b) TE dahingehend eingeschränkt ist, dass durch die Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums „die übrigen Eigentümer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden“ dürfen, kommt es daher im Streitfall nicht weiter an.
Der beabsichtigte Betrieb der beiden in Rede stehenden Klimageräte ist demgemäß an § 14 Ziff. 1 WEG a.F. zu messen. Unter einem „Nachteil“ im Sinne dieser Norm ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen, die konkret und objektiv sein muss; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (vgl. dazu nur BGH, NZM 2014, 245, 246, Rn. 11 = ZMR 2014, 554). Die Schwelle für die Annahme einer Beeinträchtigung im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 2 WEG ist eher niedrig anzusetzen (vgl. nur BVerfG, NZM 2005, 182, 184 = ZMR 2005, 634).
Diese – niedrige – Schwelle wird hier überschritten. Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichts nicht bewiesen, dass der Betrieb der Klimageräte, deren Installation er beabsichtigt, störungsfrei für die übrigen Miteigentümer möglich ist. Nach dem Ergebnis des schalltechnischen Gutachtens des Sachverständigen, an dessen Sach- und Fachkunde keine Zweifel bestehen und von den Parteien auch nicht geltend gemacht worden sind, vom 17.03.2021 sowie dessen ergänzender Stellungnahme vom 25.05.2021 steht zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass die von den Klimageräten ausgehenden Geräusche in einigen Metern Entfernung nicht mehr zu hören sind. Ebenso steht nicht fest, dass keiner der Nachbar das Gerät hören werden und jedenfalls der Lärm von der Straße lauter sein werde. Der Sachverständige hat dazu plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, dass – sofern die Geräte keine tonhaltigen Geräusche abstrahlen – vor den Fenstern der benachbarten Wohnungen nachts ein Beurteilungspegel bis zu 26 dB(A) auftreten; die nach der TA Lärm zu fordernde Zusatzbelastung mit einem Immissionsrichtwert von 34 dB(A) werde dadurch deutlich unterschritten und eingehalten. Ob nachts (sonst) Geräusche von 26 dB(A) auftreten, ist abhängig vom allgemeinen Fremdgeräuschpegel. Nachbarn können aber durchaus Geräusche der Klimaanlagen vor ihren Fenstern hören, sofern der vorherrschende Umgebungspegel unter 30 dB(A) sinkt; das kann etwa nachts unter bestimmten Witterungsbedingungen auftreten, während dies tagsüber zwischen 07:00 Uhr und 20:00 Uhr sehr unwahrscheinlich ist. Selbst wenn also die Vorgaben der TA Lärm im Streitfall eingehalten sind, verbleibt für die „Nachbarn“, also die übrigen Eigentümer, ein nicht zu vernachlässigendes Geräuschrisiko, das mit dem Betrieb der Klimageräte verbunden wäre. Wie der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.05.2021 ausgeführt hat, sind die zu erwartenden Geräusche der Geräte etwa vergleichbar mit Schallquellen wie einer tickenden Quarzuhr mit Schrittmotor im Schlafzimmer (22 dB(A)), dem leisen Rauschen einer Heizungsanlage (25 dB(A)), dem deutlichen Rauschen einer Heizungsanlage (30 dB(A)) oder einem brummenden Kühlschrank in einem Abstand von zwei Metern (25-30 dB(A)). Nach Auffassung des erkennenden Gerichts reicht diese Geräuschbelastung bzw. das Risiko, das es nachts zu einer solchen kommen kann, jenseits der Grenzwerte der TA Lärm aus, um einen „Nachteil“ im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG a.F. zu begründen. Ein störungsfreier Betrieb der Geräte für die übrigen Eigentümer ist nicht möglich.
Eine Ermessensreduktion ist auch nicht damit verbunden, dass in der Eigentümerversammlung vom 18.10.2018 zu TOP 8 mehrheitlich beschlossen worden ist, einer Miteigentümerin die Installation eines Klimagerätes auf dem Dach des Hauses A-straße 3b zu genehmigen. Der bei Mehrheitsbeschlüssen zum Tragen kommende Gleichbehandlungsgrundsatz lässt Differenzierungen zwar nur dann zu, wenn dafür ein ausreichender Sachgrund besteht (vgl. dazu nur BGH, NZM 2013, 195, 196, Rn. 19 = ZMR 2013, 288; LG Hamburg ZMR 2018, 358, 359). Allerdings ist dieser Grundsatz hier schon nicht eröffnet, weil es sich bei den in Rede stehenden Installation der Klimageräte auf den beiden Balkonen nicht um denselben Sachverhalt handelt wie bei der genehmigten Installation eines Klimagerätes auf dem Dach. Die unterschiedliche Behandlung der beiden Sachverhalt folgt aus dem jeweiligen Aufstellungsort der Geräte (vgl. auch § 5 Nr. 6) b) TE).
2. Der zulässige Feststellungsantrag ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat aus den oben unter Ziffer 1 genannten Gründen keinen Anspruch gegen die Beklagten auf die Feststellung, dass er berechtigt ist, ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer auf dem Balkon am Wohnzimmer sowie am Balkon am Schlafzimmer jeweils ein „Außengerät der Split-Anlage“ zu installieren.
3. Letztlich hat auch der Hilfsantrag, gerichtet auf ein „gerichtliches Gestaltungsurteil“, keinen Erfolg. Dieser Antrag, auf den in prozessualer Hinsicht nach § 48 Abs. 5 WEG n.F. ebenfalls das bis zum 30.11.2020 geltende (Verfahrens-)Recht anzuwenden ist, richtet sich nach § 21 Abs. 8 WEG a.F. (so etwa auch LG Hamburg, ZMR 2021, 607, allerdings ohne nähere Begründung) Insoweit ergeben sich die prozessualen Anforderungen nicht aus § 44 Abs. 1 S. 2 WEG n.F. (sog. Beschlussersetzungsklage). Die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 WEG n.F. verweist für die Fortgeltung des Prozessrechts für vor dem 01.12.2020 anhängig gewordene Verfahren – wie hier – auf den „dritten Teil“ des Gesetzes, also die §§ 43 ff. WEG a.F. Die schon nach früherem Recht bekannte Beschlussersetzung durch ein gerichtliches Gestaltungsurteil nach § 21 Abs. 8 WEG a.F. (vgl. dazu BGH, NJW-RR 2018, 522, 523, Tz. 10 = ZMR 2018, 608) unterfiel anerkanntermaßen jedenfalls den Regelungen in § 43 WEG a.F., auch wenn die konkrete Einordnung dieser Klageart und Entscheidungsform dort umstritten war (für eine Anwendung von § 43 Nr. 1 WEG a.F. etwa Roth, in: Bärmann, WEG, 14. Aufl. 2018, § 43, Rn. 73 und 99, für eine Anwendung von § 43 Nr. 4 WEG a.F. auf solche Fälle hingegen etwa Riecke/Schmid, WEG, 5. Aufl. 2019, § 43 WEG, Rn. 24 und Karkmann, in: BeckOGK-WEG, Ed. 1.3.2020, § 43, Rn. 23).
Dem (Klage-)Antrag ist aber der Erfolg versagt, weil die Voraussetzungen für eine gerichtliche Ersetzung der Beschlussfassung nicht vorliegen. Das Gericht soll durch eine Ermessensentscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG a.F. nur im Ausnahmefall – also nicht ohne Grund und nur im Rahmen des Erforderlichen – in das Selbstorganisationsrecht der Eigentümer eingreifen dürfen (vgl. Gericht, ZMR 2020, 598, Riecke/Schmid, a.a.O., § 21, Rn. 312). Es fehlt hier allerdings an einem Ausfall des Selbstbestimmungsrechts der Eigentümer und einer erforderlichen Reduzierung des ihnen zustehenden Ermessens „auf Null“. Insoweit kommt es, anders als im Rahmen der Beschlussanfechtung (s.o.), zwar nicht auf den Zeitpunkt der Willensbildung an (06.11.2019), sondern nach allgemeinen prozessualen Regeln auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung an (s. BGH, NJW 2018, 3238, 3241, Tz. 26 = ZMR 2018, 835; Gericht, Urt. v. 25.06.2021 – 980b C 31/20 WEG; Engelhardt, in: MüKoBGB, Bd. 8, 8. Aufl. 2020, § 21 WEG, Rn. 87). Bestand demnach bei der Abstimmung über einen Beschlussantrag eine Handlungspflicht, haben die Eigentümer nicht ordnungsmäßig gehandelt, wenn sie die Handlung verweigern. Allerdings hat der Kläger – nach wie vor – keinen Anspruch auf die Erteilung einer Genehmigung für die beabsichtigte Installation der Klimageräte bzw. zu deren Betrieb. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 20 Abs. 3 WEG n.F. Danach kann jeder Wohnungseigentümer – unbeschadet von § 20 Abs. 2 WEG n.F., der hier nicht einschlägig ist – verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind. Der damit verbundene Rückgriff auf den Maßstab des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG soll sicherstellen, dass das Recht jedes Wohnungseigentümers, auf Entscheidungen über bauliche Veränderungen durch das Zustimmungserfordernis maßgebend Einfluss zu nehmen, grundsätzlich gewahrt bleibt (vgl. Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 20, Rn. 125). Die Frage, ob eine Beeinträchtigung gemäß § 20 Abs. 3 WEG vorliegt, richtet sich nach denselben Kriterien wie nach altem Recht; heranzuziehen ist also der Maßstab von § 14 Ziff. 1 WEG a.F. (siehe Abramenko, in: Skauradszun/Elzer/Hinz/Riecke, Die WEG-Reform 2020, 2021, § 5, Rn. 9). Gemessen daran erweist sich der Betrieb der Klimageräte hier als „nachteilig“ (s. Ziff 1).
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.