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WEG – Kostenteilungsregelung für Fenstersanierung

AG Berlin-Mitte, Az.: 29 C 53/15, Urteil vom 09.06.2016

1. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 2 der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 03.11.2015 über die Aussprache und Beschlussfassung über die Bezahlung der Rechnung des sog. Atelierfensters im Dachgeschoss Vorderhaus aus der Rücklage wird für ungültig zu erklärt.

2. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 3 der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 03.11.2015 über die Genehmigung der Einzelwohngeldabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2014 wird für ungültig erklärt, soweit die Kosten aus der Rechnung der … … GmbH vom 23.12.2013 über die Reparatur bzw. den Austausch von Fenstern im Dachgeschoss des Vorderhauses aus der Rücklage entnommen und nicht dem betreffenden Sondereigentum zugeordnet wurden.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … in Berlin. Bezüglich des Inhalts der Teilungserklärung wird auf Bl. 52 ff. d.A. verwiesen. Mit Schreiben vom 09.10.2015, bezüglich dessen Inhalts auf Bl. 43 f. d.A. Bezug genommen wird, wurde zur außerordentlichen Eigentümerversammlung am 03.11.2015 eingeladen. In dieser Eigentümerversammlung wurden zu TOP 2 und 3 Beschlüsse gefasst, bezüglich deren Inhalts auf Bl. 11 d.A. verwiesen wird.

WEG - Kostenteilungsregelung für Fenstersanierung
Symbolfoto: evStudio / Shutterstock.com

Der Kläger behauptet, die Beschlüsse würden in mehrfacher Hinsicht unter Mängeln leiden. Es hätten bereits die Voraussetzungen für die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung nicht vorgelegen, insbesondere hätte keine ausreichende Zahl übereinstimmender Begehren in Schriftform gemäß § 24 Abs. 2 WEG und keine Dringlichkeit vorgelegen, was voraussetze, dass die nächste ordentliche Versammlung nicht abgewartet werden konnte. Darüber hinaus hätten Ladungsmängel vorgelegen, weil die Ladung den Eigentümer H nicht erreicht habe, weil entgegen dem anderslautenden Beschluss zu TOP 10 der Eigentümerversammlung vom 22.09.2015 im Einladungsschreiben die Vollmachten im Original angefordert wurden, was erst zu Beginn der Versammlung korrigiert worden sei, weshalb der Kläger den Eigentümer P nicht habe vertreten können, weil in der Einladung der Beschlussgegenstand zu TOP 2 nicht hinreichend konkret benannt worden sei und weil gemäß der Einladung über eine geänderte Einzelwohngeldabrechnung abgestimmt werden sollte, mit der Einladung aber auch eine geänderte Gesamtabrechnung vorgelegt wurde. Schließlich sei das Protokoll fehlerhaft, weil es nur 2 Nein-Stimmen ausweist, obwohl der Kläger 3 Nein-Stimmen abgegeben habe. In der Sache selbst müsse der Eigentümer der WE12 und nicht die Gemeinschaft die Kosten aus der Rechnung vom 23.12.2013, bezüglich deren Inhalts auf Bl. 47 f. d.A. verwiesen wird, tragen, da die Unterhaltung und ggf. Erneuerung der Fenster gemäß V. der Teilungserklärung dem jeweiligen Sondereigentümer oblägen. Zudem würden sich die Dachfenster in einem Bereich der betreffenden Wohnung befinden, der nach der Teilungserklärung als Wintergarten zu nutzen sei und dem Sondereigentum angehöre. Die Einbeziehung dieses Bereichs in die Wohnung sei ohne einen entsprechenden Beschluss der Eigentümergemeinschaft erfolgt.

Der Kläger beantragt,

1. den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 2 der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 03.11.2015 über die Aussprache und Beschlussfassung über die Bezahlung der Rechnung des sog. Atelierfensters im Dachgeschoss Vorderhaus aus der Rücklage für ungültig zu erklären, hilfsweise für den Fall, dass der Beschluss nichtig ist, festzustellen, dass der Beschluss vom 03.11.2015 zu Tagesordnungspunkt 2 der Eigentümerversammlung 03.11.2015 nichtig ist,

2. den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 3 der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 03.11.2015 über die Genehmigung der Einzelwohngeldabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2014 für ungültig zu erklären,

3. dem Verwalter die Prozesskosten aufzuerlegen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, die angefochtenen Beschlüsse würden nur vordergründig Fenster, eigentlich aber Teile der Dachhaut betreffen. Die Regelung in V. der Teilungserklärung beziehe sich nur auf die dem jeweiligen Sondereigentum zugehörigen Fenster-(Bestandteile), da das Gebäude mit Doppelkastenfenstern ausgestattet sei, deren innere Flügel sondereigentumsfähig und von dieser Regelung erfasst seien. Eine Abwälzung auf die Sondereigentümer wäre nichtig, da die Pflicht der Eigentümer auf die Beitragszahlung beschränkt sei, nicht aber die Durchführung von Instandhaltungen betreffen könne. Es sei nicht erkennbar, dass Ladungsfehler sich auf die Beschlussfassung ausgewirkt hätten.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat die Anfechtungs- und Klagebegründungsfrist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG) eingehalten.

II.

Die Beschlüsse zu TOP 2 und 3 der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 03.11.2015 waren nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG (teilweise) für ungültig zu erklären, da ein Beschlussfehler vorliegt.

1.

Der Beschluss zu TOP 2 leidet unter einem Mangel.

Es kann offen bleiben, ob bereits die vom Kläger vorgetragenen formellen Mängel bestehen. Denn der Beschluss ist inhaltlich fehlerhaft, da die Kosten gemäß der Rechnung vom 23.12.2013 ausschließlich vom Eigentümer der betroffenen WE 12 zu tragen sind und nicht der Gesamtheit der Eigentümer auferlegt werden durften.

Zwar sind Fenster einschließlich ihrer Innenseiten gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend Gemeinschaftseigentum (BGH GE 2012, 699 juris Rdnr. 7; OLG Karlsruhe NZM 2011, 204 juris Rdnr. 26 ff.), weshalb gemäß §§ 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG bzw. § 22 WEG grundsätzlich die Gemeinschaft für ihre Reparatur bzw. Sanierung zuständig ist und die diesbezüglichen Kosten zu tragen hat (§ 16 Abs. 2 WEG). Jedoch können die Eigentümer durch eine klare und eindeutige Regelung von der Zuordnung der Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung nebst Kostentragung abweichen (BGH GE 2012, 699 juris Rdnr. 9; BGH GE 2014, 258 juris Rdnr. 10). Vorliegend enthält V. der Teilungserklärung eine solche klare und eindeutige Regelung. Danach haben die jeweiligen Eigentümer für die laufende Unterhaltung und ggf. die Erneuerung der Fenster ihrer Wohnungen zu sorgen. Dies beinhaltet erkennbar auch die Kosten dieser Maßnahmen.

Daran ändert nichts, dass die Beklagten – was auch aus dem Beschluss zu TOP 2 hervorgeht – davon ausgehen, dass es sich nicht um Fenster im üblichen Sinne handele, sondern um einen Teil der Dachkonstruktion. Denn Dachfenster sind auch Fenster und die Regelung in V. der Teilungserklärung enthält keine entsprechende Differenzierung, sondern umfasst einschränkungslos Fenster jeglicher Art.

Nicht gefolgt werden kann auch der Ansicht der Beklagten, dass sich die Regelung in V. der Teilungserklärung nur auf die dem jeweiligen Sondereigentum zugehörigen Fenster-(Bestandteile) beziehe, also die inneren Flügel der Doppelkastenfenster des Gebäudes. Denn abgesehen davon, dass der Wortlaut der Regelung eine solche Differenzierung nicht ansatzweise erkennen lässt, würde sich der Grund für eine solche Regelung in diesem Fall nicht erschließen, da sie lediglich eine Selbstverständlichkeit beinhalten würde.

2.

Der Beschluss zu TOP 3 ist unwirksam, soweit die Kosten aus der Rechnung der … … GmbH vom 23.12.2013 über die Reparatur bzw. den Austausch von Fenstern im Dachgeschoss des Vorderhauses aus der Rücklage entnommen und nicht dem betreffenden Sondereigentum zugeordnet wurden.

a)

Unerheblich ist nach Auffassung des Gerichts, ob die Voraussetzungen für die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung vorlagen. Denn es ist nicht erkennbar, dass das Fehlen dieser Voraussetzungen einen zur Anfechtung begründenden Mangel darstellen würde. Vielmehr bestimmt § 24 WEG nur, wann der Verwalter zur Einberufung verpflichtet ist und dazu gezwungen werden kann (vgl. Niederführ/Kümmel/Vandenhouten, Kommentar zum WEG, 11. Aufl., § 24 Rdnr. 15; Jennißen, Kommentar zum WEG, § 24 Rdnr. 17; Bärman-Merle, Kommentar zum WEG, 12. Aufl., § 24 Rdnr. 22). Dass § 24 WEG zugleich aber das Recht des Verwalters zur Einberufung einer Eigentümerversammlung begrenzen und ein Anfechtungsrecht wegen eines Nichtvorliegens der Einladungsvoraussetzungen begründen würde, ist nicht erkennbar.

b)

Ob ein Ladungsmangel wegen einer unzureichenden Benennung des Beschlussgegenstandes zu TOP 2 vorlag, ist für den Beschluss zu TOP 3 ohne Belang.

Einen zur Anfechtung berechtigenden Mangel kann das Gericht darin, dass die Ladung den Eigentümer H nicht erreichte, nicht erkennen. Denn es bestehen Zweifel am Vorliegen der Kausalität des Ladungsmangels für die angefochtene Entscheidung. Zwar wird die Kausalität vermutet (Niederführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO., § 23 Rdnr. 88), doch müssen die Voraussetzungen für die Kausalitätsvermutung schlüssig vortragen werden, wozu auch zählen dürfte, dass der nicht eingeladene Eigentümer gegen den Beschluss gestimmt hätte und / oder das Abstimmungsverhalten der anderen Teilnehmer hätte beeinflussen können (vgl. Niederführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO., § 23 Rdnr. 89 ff.). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Dass der Eigentümer H den Beschluss nicht angefochten hat, spricht vielmehr dafür, dass das Abstimmungsergebnis seinem Willen entsprach. Entsprechendes gilt für den Eigentümer P, den der Kläger in der Versammlung nicht vertreten konnte und für dessen gewünschtes Abstimmungsverhalten der Kläger nichts vorgetragen hat.

Dass gemäß der Einladung über eine geänderte Einzelwohngeldabrechnung abgestimmt werden sollte, zugleich aber auch eine geänderte Gesamtabrechnung vorgelegt wurde, obwohl es insoweit keinen TOP und keinen Änderungsbeschluss gab, führt nicht zu einem Ladungsmangel. Denn der Beschlussinhalt und der angekündigte Beschlussgegenstand stimmen überein.

Es mag sein, dass das Protokoll der Eigentümerversammlung fehlerhaft ist, weil es nur 2 Nein-Stimmen ausweist, obwohl der Kläger 3 Nein-Stimmen abgab. Auswirkungen auf das Beschlussergebnis sind insoweit aber nicht erkennbar und der Kläger hätte eine Protokollberichtigung durchsetzen können.

c)

Der Mangel des Beschlusses zu TOP 2 führt jedoch dazu, dass auch der Beschluss zu TOP 3 teilweise inhaltlich fehlerhaft ist. Denn die vom Beschluss zu TOP 2 erfassten Kosten der Fensterreparatur sind auf die Eigentümer der betreffenden Wohneinheit umzulegen. Da weitere inhaltliche Mängel der Einzelwohngeldabrechnung nicht vorgetragen wurden, war der Beschluss lediglich teilweise für unwirksam zu erklären.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Das Gericht hat bei seiner Kostenentscheidung berücksichtigt, dass der Kläger den Beschluss zu TOP 3 zwar vollumfassend angefochten hat, in der Sache aber erkennbar lediglich verhindern wollte, dass die Kosten der Fensterreparatur wie beschlossen auf alle Eigentümer umgelegt werden.

Das Gericht hat davon abgesehen, die Prozesskosten gemäß § 49 Abs. 2 WEG der ehemaligen Verwalterin aufzuerlegen. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass die Tätigkeit des Gerichts durch sie veranlasst wurde und dass ihr ein grobes Verschulden vorzuwerfen ist. Jedenfalls ein grobes Verschulden der Verwaltung liegt nicht vor, da die Rechtsauffassung, die Kosten der Fensterreparatur seien von allen Eigentümern zu tragen, nicht völlig fernliegend erscheint.

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