Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- WEG-Beschluss zur Heizungssanierung: Ungültig wegen fehlender Vergleichsangebote (AG Hamburg-St. Georg)
- Ausgangssituation: Geplante Heizungsreparatur in Hamburger Wohnanlage
- Der umstrittene Beschluss: Beauftragung einer Firma für ca. 19.000 Euro (TOP 7)
- Anfechtungsklage des Miteigentümers: Fehlende Alternativangebote als Verstoß gegen ordnungsmäßige Verwaltung
- Verteidigung der Wohnungseigentümergemeinschaft: Bemühungen um Angebote und finanzielle Überschaubarkeit
- Kritik des Eigentümers an der Angebotssuche: Nur im Umkreis der Verwaltung gesucht?
- Gerichtsurteil: Beschluss zur Heizungssanierung für ungültig erklärt
- Begründung des Gerichts: Verstoß gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung bestätigt
- Kostenentscheidung: Gemeinschaft trägt die Verfahrenskosten
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet ordnungsmäßige Verwaltung im Zusammenhang mit WEG-Beschlüssen?
- Wann ist die Einholung von Vergleichsangeboten bei Reparaturarbeiten in einer WEG erforderlich?
- Wie wirkt sich das Fehlen von Vergleichsangeboten auf die Gültigkeit eines WEG-Beschlusses aus?
- Welche Fristen sind bei der Anfechtung eines WEG-Beschlusses zu beachten?
- Welche Rechte habe ich als Wohnungseigentümer, wenn ich mit einem WEG-Beschluss nicht einverstanden bin?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 980b C 26/24 WEG | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Hamburg-St. Georg
- Datum: 04.04.2025
- Aktenzeichen: 980b C 26/24 WEG
- Verfahrensart: Anfechtungsklage (Wohnungseigentumsrecht)
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht (WEG)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Wohnungseigentümer, der Mitglied der beklagten Gemeinschaft ist. Er beantragte die Ungültigerklärung eines Beschlusses, weil er meinte, dieser verstoße gegen die Regeln einer ordnungsgemäßen Verwaltung (es fehlten Vergleichsangebote).
- Beklagte: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, deren Beschluss vom Kläger angefochten wurde.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Auf einer Eigentümerversammlung am 29.05.2024 wurde mehrheitlich beschlossen (Tagesordnungspunkt 7), Erhaltungsmaßnahmen an der Heizungsanlage für etwa 19.000 € durch die Firma H. durchführen zu lassen. Die Kosten sollten aus der gemeinschaftlichen Erhaltungsrücklage bezahlt werden. Bei der Abstimmung lag den Eigentümern nur das Angebot der Firma H. vor. Der Kläger hat diesen Beschluss fristgerecht gerichtlich angefochten.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob der Beschluss über die Beauftragung der Heizungsfirma gültig ist, obwohl nur ein einziges Angebot eingeholt und vorgelegt wurde. Der Kläger sah darin einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht hat den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 29.05.2024 zum Tagesordnungspunkt 7 für ungültig erklärt.
- Folgen: Die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden (d.h. der Kläger könnte z.B. die Kostenerstattung fordern). Die Beklagte kann diese Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung abwenden, es sei denn, der Kläger leistet seinerseits vorher Sicherheit.
Der Fall vor Gericht
WEG-Beschluss zur Heizungssanierung: Ungültig wegen fehlender Vergleichsangebote (AG Hamburg-St. Georg)
Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg hat in einem Urteil vom 04.04.2025 (Az.: 980b C 26/24 WEG) einen Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für ungültig erklärt.

Der Grund: Vor der Abstimmung über eine teure Erhaltungsmaßnahme an der Heizungsanlage wurde den Eigentümern nur ein einziges Angebot vorgelegt. Dies verstößt nach Ansicht des Gerichts gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung.
Ausgangssituation: Geplante Heizungsreparatur in Hamburger Wohnanlage
Der Fall betrifft eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Hamburg, deren Anlage aus 18 Wohnungen, einer Teileigentumseinheit (z.B. ein Laden oder Büro) und einer Garage besteht. Einer der Miteigentümer war mit einem Beschluss unzufrieden, der auf der Eigentümerversammlung am 29.05.2024 gefasst wurde, und zog deshalb vor Gericht.
Der umstrittene Beschluss: Beauftragung einer Firma für ca. 19.000 Euro (TOP 7)
Im Mittelpunkt des Streits stand der Tagesordnungspunkt (TOP) 7 der Versammlung. Mit Mehrheit beschlossen die Eigentümer Folgendes:
„Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt die Erhaltungsmaßnahmen an der Heizungsanlage gem. dem Angebot der Fa. H. sowie die Ausführung der Arbeiten durch die Fa. H. Die Finanzierung der Kosten in Höhe von ca. 19.000,00 brutto erfolgt aus der Erhaltungsrücklage.“
Das Problem aus Sicht des klagenden Eigentümers: Den Miteigentümern lag bei dieser wichtigen Entscheidung ausschließlich das Angebot der Firma H. vom 12.01.2024 vor. Es gab keine weiteren Angebote von anderen Handwerksbetrieben, die als Vergleich oder Alternative hätten dienen können. Zur Einordnung der Kosten: Der gesamte Wirtschaftsplan der Gemeinschaft für das Jahr 2024 belief sich auf knapp 89.500 Euro. Die beschlossene Maßnahme machte also einen erheblichen Teil davon aus.
Anfechtungsklage des Miteigentümers: Fehlende Alternativangebote als Verstoß gegen ordnungsmäßige Verwaltung
Der unzufriedene Eigentümer reichte fristgerecht eine Anfechtungsklage beim Amtsgericht ein. Sein zentrales Argument war, dass der Beschluss zu TOP 7 den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht. Nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) haben die Eigentümer Anspruch auf eine Verwaltung, die diesen Grundsätzen entspricht.
Der Eigentümer argumentierte, dass eine ordnungsmäßige Verwaltung es erfordert, vor der Vergabe von Aufträgen – insbesondere bei größeren Summen wie den hier veranschlagten 19.000 Euro – mehrere Vergleichsangebote einzuholen. Nur so könnten die Eigentümer eine fundierte Entscheidung treffen und sicherstellen, dass die Maßnahme wirtschaftlich sinnvoll und nicht überteuert ist. Da nur ein einziges Angebot vorlag, sei diese Grundlage für eine informierte Entscheidung nicht gegeben gewesen.
Verteidigung der Wohnungseigentümergemeinschaft: Bemühungen um Angebote und finanzielle Überschaubarkeit
Die verklagte Wohnungseigentümergemeinschaft verteidigte den Beschluss. Sie argumentierte über ihre Verwaltung, dass man sich sehr wohl um Alternativen bemüht habe. Eine Mitarbeiterin der Verwaltung habe im März und April 2024 telefonisch bei insgesamt vier verschiedenen Unternehmen angefragt.
Trotz dieser „intensiven Bemühungen“ sei es jedoch nur gelungen, das eine Angebot der Firma H. zu erhalten, welches dann zur Abstimmung gestellt wurde. Die anderen drei angefragten Firmen hätten abgesagt. Als Grund gaben sie an, zeitlich keine Kapazitäten für die Ausführung der Arbeiten zu haben.
Zusätzlich führte die Gemeinschaft an, dass die Sanierungsmaßnahme finanziell überschaubar gewesen sei, gemessen an der zu erbringenden Leistung. Man hielt die Kosten von rund 19.000 Euro also für angemessen, auch ohne direkten Preisvergleich durch weitere Angebote.
Kritik des Eigentümers an der Angebotssuche: Nur im Umkreis der Verwaltung gesucht?
Der klagende Eigentümer hielt der Argumentation der Gemeinschaft entgegen, dass die Suche der Verwaltung nach Angeboten möglicherweise nicht ausreichend gründlich war. Er bemängelte, dass die Verwaltung offenbar nur im Umkreis ihres eigenen Firmensitzes (in Norderstedt, ca. 20 km entfernt) bzw. in Ammersbek nach Handwerkern gesucht habe. Die betreffende Immobilie der WEG liege jedoch in der erweiterten Hamburger Innenstadt. Es sei versäumt worden, auch Handwerksbetriebe im direkten Umfeld der Wohnanlage anzufragen, wo möglicherweise andere Kapazitäten oder Preise zu finden gewesen wären.
Gerichtsurteil: Beschluss zur Heizungssanierung für ungültig erklärt
Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg folgte der Argumentation des klagenden Eigentümers und gab der Anfechtungsklage statt. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 29.05.2024 zu TOP 7 wurde für ungültig erklärt.
Begründung des Gerichts: Verstoß gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung bestätigt
Die Entscheidungsgründe des Gerichts sind klar: Der angefochtene Beschluss widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nach dem Wohnungseigentumsgesetz.
Der Kernpunkt ist die fehlende Entscheidungsgrundlage für die Eigentümerversammlung. Das Gericht stellte fest, dass für eine ordnungsgemäße Verwaltung und Beschlussfassung über Erhaltungsmaßnahmen – insbesondere bei Kosten in dieser Höhe (ca. 19.000 Euro) – in der Regel die Einholung und Vorlage von mehreren Vergleichsangeboten erforderlich ist.
Das Vorlegen von nur einem einzigen Angebot reicht grundsätzlich nicht aus, um den Eigentümern eine sachgerechte Prüfung und Auswahl zu ermöglichen. Die Eigentümer müssen in die Lage versetzt werden, Preise und Leistungen zu vergleichen und die wirtschaftlichste Option für die Gemeinschaft zu wählen.
Die Bemühungen der Verwaltung, weitere Angebote einzuholen, wurden zwar zur Kenntnis genommen. Allerdings war das Ergebnis – nämlich dass der Versammlung nur ein Angebot zur Abstimmung vorlag – entscheidend. Die Tatsache, dass andere Firmen angeblich keine Kapazitäten hatten, entbindet die Verwaltung und die Gemeinschaft nicht von der Pflicht, eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Gegebenenfalls hätte die Suche intensiviert oder auf einen größeren Radius (z.B. im Umfeld der Immobilie selbst) ausgeweitet werden müssen, oder die Beschlussfassung hätte vertagt werden müssen, bis Vergleichsangebote vorliegen.
Das Gericht sah den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Transparenz, der zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört, durch das Vorgehen verletzt. Daher musste der Beschluss für ungültig erklärt werden.
Kostenentscheidung: Gemeinschaft trägt die Verfahrenskosten
Als Konsequenz der Entscheidung muss die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist Vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, der klagende Eigentümer könnte die Kostenerstattung grundsätzlich durchsetzen. Die Gemeinschaft kann diese Vollstreckung jedoch abwenden, indem sie eine Sicherheit (z.B. eine Bürgschaft oder Hinterlegung von Geld) in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet, es sei denn, der klagende Eigentümer leistet seinerseits vor der Vollstreckung eine entsprechende Sicherheit.
Fazit: Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung von Beschlüssen in Wohnungseigentümergemeinschaften. Insbesondere bei finanziell relevanten Maßnahmen wie Instandhaltungen oder Sanierungen müssen grundsätzlich mehrere Vergleichsangebote eingeholt und den Eigentümern vorgelegt werden, um eine rechtsgültige und wirtschaftlich fundierte Entscheidung treffen zu können. Das bloße Bemühen um Angebote reicht nicht aus, wenn das Ergebnis keine echte Auswahlmöglichkeit bietet.
Die Schlüsselerkenntnisse
Bei kostenintensiven Maßnahmen in einer Eigentümergemeinschaft (hier 20% des Wirtschaftsplans) müssen mehrere Vergleichsangebote eingeholt werden, damit die Eigentümer eine fundierte Entscheidung treffen können. Die Verwaltung muss ausreichende Anstrengungen unternehmen, um alternative Angebote zu beschaffen oder zumindest eine fachkundige Einschätzung des einzigen Angebots zu ermöglichen. Die Anfrage bei nur vier Unternehmen aus dem Umfeld der Verwaltung (nicht der Immobilie) wurde als unzureichend bewertet, wodurch der Beschluss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprach und erfolgreich angefochten werden konnte.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet ordnungsmäßige Verwaltung im Zusammenhang mit WEG-Beschlüssen?
Ordnungsmäßige Verwaltung bedeutet, dass alle Entscheidungen und Maßnahmen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, vernünftig, wirtschaftlich sinnvoll und im Interesse aller Wohnungseigentümer getroffen werden müssen. Es geht darum, das gemeinsame Eigentum (wie z.B. Dach, Fassade, Treppenhaus, Heizungsanlage) zu erhalten, zu pflegen und seinen Wert zu sichern, ohne einzelne Eigentümer unangemessen zu benachteiligen oder die Gemeinschaft unnötig finanziell zu belasten.
Die gesetzliche Grundlage einfach erklärt
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt das Zusammenleben in einer Eigentümergemeinschaft. Im § 19 Absatz 2 WEG steht, was zur ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung gehört. Besonders wichtig ist hier die Nr. 2: die Beschlussfassung über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Ein Beschluss entspricht der ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn er:
- Dem gemeinsamen Interesse dient: Die Maßnahme muss für die Gemeinschaft als Ganzes vorteilhaft oder notwendig sein.
- Nach „billigem Ermessen“ erfolgt: Das bedeutet, die Entscheidung muss fair, sachlich begründet und nachvollziehbar sein. Sie darf nicht willkürlich oder offensichtlich unvernünftig sein. Die Interessen aller Eigentümer müssen angemessen berücksichtigt werden.
- Den gesetzlichen Vorschriften und Vereinbarungen entspricht: Beschlüsse dürfen nicht gegen Gesetze oder die in der Gemeinschaft geltende Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung verstoßen.
Was bedeutet das praktisch? Beispiele für ordnungsmäßige Verwaltung
Stellen Sie sich vor, Ihre Eigentümergemeinschaft muss Entscheidungen treffen. Ordnungsmäßige Verwaltung zeigt sich zum Beispiel hier:
- Notwendige Reparaturen: Das undichte Dach wird repariert, um größere Schäden am Gebäude zu verhindern.
- Wirtschaftliche Entscheidungen: Für eine anstehende Sanierung werden mehrere Vergleichsangebote von verschiedenen Handwerkern eingeholt, bevor die Gemeinschaft den Auftrag vergibt. So wird sichergestellt, dass die Kosten angemessen sind. Fehlen solche Vergleichsangebote bei größeren Ausgaben, kann dies ein Indiz dafür sein, dass der Beschluss nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
- Aufstellung eines Wirtschaftsplans: Jedes Jahr wird geplant, welche Kosten voraussichtlich anfallen (z.B. für Versicherung, Heizung, Hausmeister) und wie viel Geld dafür als Hausgeld von den Eigentümern eingesammelt werden muss.
- Abschluss notwendiger Versicherungen: Das Gebäude wird angemessen versichert (z.B. Gebäudeversicherung, Haftpflichtversicherung).
- Erlass einer Hausordnung: Regeln für das Zusammenleben werden aufgestellt (z.B. Ruhezeiten, Nutzung von Gemeinschaftsräumen).
Wann entspricht ein Beschluss nicht der ordnungsmäßigen Verwaltung?
Ein Beschluss widerspricht der ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn er zum Beispiel:
- Offensichtlich unwirtschaftlich ist: Ein Auftrag wird zu einem überhöhten Preis vergeben, obwohl günstigere und qualitativ gleichwertige Angebote vorlagen und ignoriert wurden.
- Willkürlich ist: Eine Maßnahme wird ohne sachlichen Grund beschlossen oder bevorzugt/benachteiligt einzelne Eigentümer unfair.
- Nicht notwendig oder zweckmäßig ist: Es wird eine Luxussanierung beschlossen, die den finanziellen Rahmen der meisten Eigentümer sprengt und für den Erhalt des Gebäudes nicht erforderlich ist.
- Auf einer unzureichenden Informationsgrundlage getroffen wird: Wie im Fall fehlender Angebote bei teuren Maßnahmen, wenn die Eigentümer die Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit nicht beurteilen können.
Für Sie bedeutet das: Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft müssen stets diesen Grundsätzen der Vernunft, Wirtschaftlichkeit und Fairness folgen. Tun sie das nicht, entsprechen sie nicht der ordnungsmäßigen Verwaltung. Solche fehlerhaften Beschlüsse können in der Regel innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung gerichtlich angefochten und für ungültig erklärt werden.
Wann ist die Einholung von Vergleichsangeboten bei Reparaturarbeiten in einer WEG erforderlich?
Grundsätzlich gehört die Einholung von Vergleichsangeboten zu einer sorgfältigen und wirtschaftlichen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Es gibt jedoch keine feste gesetzliche Euro-Grenze, ab der zwingend mehrere Angebote eingeholt werden müssen. Die Notwendigkeit hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab.
Wann sind Angebote meist erforderlich?
Das Hauptziel beim Einholen von Vergleichsangeboten ist es, sicherzustellen, dass die Gemeinschaft wirtschaftlich sinnvoll handelt und Reparaturarbeiten zu angemessenen Preisen beauftragt werden.
- Bei größeren finanziellen Aufwendungen: Je teurer eine geplante Reparatur oder Instandsetzungsmaßnahme voraussichtlich wird, desto eher ist die Einholung von Vergleichsangeboten geboten. Als Orientierung dient oft die Einholung von drei Angeboten, dies ist aber keine starre Regel und kann je nach Situation variieren. Beispiele für solche Maßnahmen sind Dachsanierungen, Fassadenarbeiten oder der Austausch der Heizanlage.
- Zur Vorbereitung von Beschlüssen: Die Angebote dienen den Wohnungseigentümern als Entscheidungsgrundlage, um in der Eigentümerversammlung über die Vergabe der Arbeiten informiert abstimmen zu können. Ohne einen Überblick über die Marktpreise ist eine wirtschaftlich fundierte Entscheidung oft nicht möglich.
Wann können Angebote entbehrlich sein?
Es gibt Situationen, in denen auf die Einholung mehrerer Angebote verzichtet werden kann, ohne gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu verstoßen:
- Geringfügige Kosten: Bei kleineren Reparaturen mit überschaubarem finanziellem Aufwand (z.B. der Austausch eines defekten Lichtschalters im Treppenhaus) ist die Einholung mehrerer Angebote in der Regel nicht erforderlich und wäre unwirtschaftlich.
- Dringlichkeit: In Notfällen, bei denen sofortiges Handeln erforderlich ist, um größeren Schaden von der Gemeinschaft abzuwenden (z.B. bei einem Wasserrohrbruch oder einem Sturmschaden am Dach), darf der Verwalter auch ohne vorherige Einholung von Angeboten und ohne Beschluss der Eigentümer einen Auftrag erteilen (Notgeschäftsführung).
- Besondere Umstände: Manchmal gibt es nur einen oder sehr wenige spezialisierte Anbieter für eine bestimmte Leistung. Auch wenn günstige Rahmenverträge mit Handwerkern bestehen, kann die Einholung weiterer Angebote entbehrlich sein.
- Beschluss der Eigentümer: Die Eigentümer können unter bestimmten Voraussetzungen per Beschluss entscheiden, auf die Einholung von Angeboten zu verzichten. Ein solcher Beschluss muss aber selbst den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, was nicht immer der Fall ist, wenn dadurch die Wirtschaftlichkeit vernachlässigt wird.
Was passiert, wenn pflichtwidrig keine Angebote eingeholt wurden?
Wird über eine größere Reparaturmaßnahme ohne die gebotene Einholung von Vergleichsangeboten entschieden, kann dieser Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen. Jeder Wohnungseigentümer hat dann das Recht, diesen Beschluss gerichtlich anzufechten. Stellt das Gericht fest, dass die fehlenden Angebote einen Verstoß darstellen, wird der Beschluss für ungültig erklärt. Das bedeutet, der gefasste Beschluss zur Auftragsvergabe ist dann hinfällig. Ziel dieser Regelung ist der Schutz der Gemeinschaft vor unwirtschaftlichen Entscheidungen.
Wie wirkt sich das Fehlen von Vergleichsangeboten auf die Gültigkeit eines WEG-Beschlusses aus?
Ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), der ohne ausreichende Vergleichsangebote gefasst wurde, kann unter bestimmten Umständen anfechtbar sein. Das bedeutet aber nicht, dass er automatisch ungültig ist.
Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung
Die Wohnungseigentümer und ihr Verwalter sind verpflichtet, die Gemeinschaft nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung zu führen. Dazu gehört in der Regel, vor allem bei größeren Ausgaben oder der Vergabe von Aufträgen (wie z. B. für Sanierungen, Reparaturen oder Dienstleistungsverträge), mindestens drei Vergleichsangebote einzuholen. Dies dient dazu:
- Eine solide Entscheidungsgrundlage zu schaffen.
- Sicherzustellen, dass die Gemeinschaft wirtschaftlich und zweckmäßig handelt.
- Transparenz für alle Eigentümer zu gewährleisten.
Folgen fehlender Angebote: Anfechtbarkeit
Wird ein Beschluss gefasst, ohne dass solche Vergleichsangebote eingeholt und den Eigentümern zur Kenntnis gebracht wurden, kann dies einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung darstellen.
- Anfechtbar, nicht automatisch ungültig: Ein solcher Beschluss ist nicht von vornherein nichtig (ungültig). Er ist jedoch anfechtbar.
- Gerichtliche Überprüfung notwendig: Ein oder mehrere Wohnungseigentümer können diesen Beschluss gerichtlich anfechten. Dies muss in der Regel innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung geschehen (Anfechtungsklage).
- Gerichtsentscheidung: Erst wenn ein Gericht im Rahmen dieser Klage feststellt, dass der Beschluss wegen des Fehlens der Angebote (oder aus anderen Gründen) nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, wird er für ungültig erklärt. Ohne eine erfolgreiche Anfechtungsklage bleibt der Beschluss gültig.
Wann ist das Fehlen von Angeboten besonders relevant?
Die Pflicht zum Einholen von Vergleichsangeboten wiegt umso schwerer, je höher die Kosten der geplanten Maßnahme sind. Bei sehr geringfügigen Ausgaben oder in dringenden Notfällen kann das Einholen von Vergleichsangeboten unter Umständen entbehrlich sein. Die Gerichte prüfen im Einzelfall, ob das Vorgehen der Gemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hat.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Fehlen von Vergleichsangeboten bei Beschlüssen über teurere Maßnahmen ist ein häufiger Grund, warum WEG-Beschlüsse erfolgreich angefochten werden können. Es führt jedoch nicht automatisch zur Ungültigkeit, sondern eröffnet die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung.
Welche Fristen sind bei der Anfechtung eines WEG-Beschlusses zu beachten?
Wenn Sie einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für fehlerhaft halten und gerichtlich dagegen vorgehen möchten, müssen Sie zwei sehr wichtige Fristen beachten, die im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) festgelegt sind.
Die Monatsfrist für die Klageerhebung
Die Anfechtungsklage gegen einen WEG-Beschluss muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung bei dem zuständigen Amtsgericht eingereicht werden.
- Beginn der Frist: Diese einmonatige Frist beginnt am Tag nach der Eigentümerversammlung, in der der Beschluss gefasst wurde. Es kommt nicht darauf an, wann Sie das Versammlungsprotokoll erhalten.
- Beispiel: Findet die Eigentümerversammlung am 10. Mai statt, beginnt die Frist am 11. Mai und endet am 10. Juni um 24:00 Uhr. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verschiebt es sich auf den nächsten Werktag.
Die Zweimonatsfrist für die Klagebegründung
Zusätzlich zur rechtzeitigen Einreichung der Klage muss diese auch innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung begründet werden.
- Was bedeutet Begründung? Sie müssen dem Gericht innerhalb dieser Frist schriftlich mitteilen, warum Sie den Beschluss für ungültig halten und welche Gründe dafürsprechen. Auch diese Frist beginnt am Tag nach der Beschlussfassung.
- Verlängerung: Diese Begründungsfrist kann unter bestimmten Umständen vom Gericht verlängert werden, die Klageerhebungsfrist (Monatsfrist) jedoch in der Regel nicht.
Bedeutung der Fristen: Warum sie so wichtig sind
Die strikte Einhaltung dieser beiden Fristen ist entscheidend. Versäumen Sie auch nur eine der Fristen, wird der Beschluss automatisch wirksam und gültig (man spricht von Bestandskraft) – selbst wenn er ursprünglich fehlerhaft war und zum Beispiel gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstieß (wie etwa bei einer Auftragsvergabe ohne ausreichende Vergleichsangebote). Eine spätere Anfechtung ist dann nicht mehr möglich. Der fehlerhafte Beschluss muss dann von allen Eigentümern hingenommen und umgesetzt werden.
Unterschied zur Nichtigkeit: Wenn keine Frist gilt
Es gibt jedoch Beschlüsse, die so schwerwiegende Mängel haben, dass sie als nichtig angesehen werden. Ein nichtiger Beschluss ist von Anfang an rechtlich unwirksam, quasi so, als hätte es ihn nie gegeben. Für die Feststellung der Nichtigkeit gibt es keine Frist.
- Was macht einen Beschluss nichtig? Nichtigkeit liegt nur bei besonders gravierenden Fehlern vor. Beispiele sind Beschlüsse, die gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen, Beschlüsse über Angelegenheiten, für die die WEG gar keine Zuständigkeit hat (z.B. Regelungen, die nur das Sondereigentum eines Einzelnen betreffen), oder Beschlüsse, die aus formellen Gründen völlig unklar sind.
- Feststellung der Nichtigkeit: Auch wenn keine Frist gilt, muss die Nichtigkeit oft durch eine gerichtliche Klage (Nichtigkeitsklage) festgestellt werden, um Klarheit zu schaffen.
Die meisten Fehler bei WEG-Beschlüssen führen jedoch nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit. Das bedeutet: Der Beschluss ist erst einmal gültig und wird nur dann ungültig, wenn er fristgerecht (innerhalb der Monats- und Zweimonatsfrist) erfolgreich angefochten wird.
Welche Rechte habe ich als Wohnungseigentümer, wenn ich mit einem WEG-Beschluss nicht einverstanden bin?
Wenn Sie als Wohnungseigentümer mit einem Beschluss der Eigentümergemeinschaft nicht einverstanden sind, haben Sie verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Es ist wichtig, die zur Verfügung stehenden Optionen und insbesondere die damit verbundenen Fristen zu kennen.
Die Anfechtungsklage: Das wichtigste Mittel
Das zentrale rechtliche Mittel, um gegen einen WEG-Beschluss vorzugehen, ist die Anfechtungsklage.
- Was ist das? Mit einer Anfechtungsklage beantragen Sie bei Gericht, einen Beschluss der Eigentümerversammlung für ungültig erklären zu lassen.
- Wann ist das möglich? Sie können einen Beschluss anfechten, wenn Sie glauben, dass er fehlerhaft ist. Das kann der Fall sein, wenn der Beschluss gegen geltendes Recht (z.B. das Wohnungseigentumsgesetz), die Teilungserklärung, die Gemeinschaftsordnung oder die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Verwaltung verstößt. Ein Beispiel für einen solchen Fehler wäre, wenn für eine teure Sanierungsmaßnahme keine oder nicht ausreichend Vergleichsangebote eingeholt wurden, obwohl dies geboten gewesen wäre.
- Ganz wichtig: Die Fristen! Für die Anfechtungsklage gibt es strenge Fristen, die Sie unbedingt beachten müssen:
- Die Klage muss innerhalb eines Monats nach dem Tag der Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden (§ 45 Wohnungseigentumsgesetz – WEG).
- Die Begründung der Klage, also die genaue Darlegung, warum der Beschluss fehlerhaft sein soll, muss innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung beim Gericht eingehen.
- Diese Fristen können nicht verlängert werden. Versäumen Sie diese Fristen, wird der Beschluss in der Regel bestandskräftig, das heißt, er ist dann gültig und bindend, selbst wenn er ursprünglich fehlerhaft war (eine Ausnahme bilden nur sehr gravierende Fehler, die zur Nichtigkeit führen, was aber selten vorkommt).
- Was passiert dann? Das Gericht prüft, ob der Beschluss tatsächlich fehlerhaft ist. Stellt das Gericht einen relevanten Fehler fest, erklärt es den Beschluss für ungültig.
Andere Handlungsmöglichkeiten
Neben der Anfechtungsklage gibt es weitere Wege, auf einen unerwünschten Beschluss zu reagieren:
- Erneute Diskussion in der Eigentümerversammlung: Sie können beantragen, dass das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung gesetzt wird. Dort haben Sie die Möglichkeit, Ihre Argumente erneut vorzutragen und die anderen Eigentümer davon zu überzeugen, den Beschluss vielleicht zu ändern oder sogar aufzuheben. Dies erfordert Überzeugungsarbeit und in der Regel eine neue Mehrheitsentscheidung.
- Gespräch suchen: Manchmal können Unklarheiten oder Missverständnisse bereits in einem Gespräch mit der Hausverwaltung oder anderen Eigentümern ausgeräumt werden.
Die Bedeutung der Dokumentation
Es ist generell hilfreich, Ihre Bedenken und Einwände gegen einen Beschluss frühzeitig zu äußern, am besten schon während der Eigentümerversammlung. Bitten Sie darum, dass Ihre abweichende Meinung oder Ihr Widerspruch im Protokoll der Versammlung festgehalten wird. Dies kann zwar die Anfechtungsfrist nicht ersetzen oder verlängern, dokumentiert aber Ihre Position und kann im weiteren Verlauf nützlich sein.
Wenn Sie einen Beschluss nicht mittragen möchten, ist es entscheidend, sich über diese Optionen im Klaren zu sein und insbesondere die knappe Monatsfrist für eine Anfechtungsklage im Auge zu behalten. Tun Sie nichts, müssen Sie den Beschluss und seine Folgen (z.B. Kostenbeteiligung) in der Regel akzeptieren.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Beschluss (einer WEG)
Ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist eine formelle Entscheidung, die von den Wohnungseigentümern, meist auf einer Eigentümerversammlung, über Angelegenheiten der Gemeinschaft getroffen wird (§ 23 Abs. 1 WEG). Solche Beschlüsse regeln die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, wie im Text die Beauftragung einer Firma für die Heizungssanierung. Diese Beschlüsse sind grundsätzlich für alle Eigentümer bindend, können aber gerichtlich angefochten und für ungültig erklärt werden, wenn sie fehlerhaft sind – im vorliegenden Fall wegen eines Verstoßes gegen Verwaltungsgrundsätze.
Beispiel: Die WEG beschließt mit Mehrheit, dass das Treppenhaus neu gestrichen wird. Auch Eigentümer, die dagegen gestimmt haben, müssen sich an die Entscheidung halten und die Kosten anteilig tragen, solange der Beschluss gültig ist.
Erhaltungsmaßnahme
Eine Erhaltungsmaßnahme im Wohnungseigentumsrecht bezieht sich auf Arbeiten, die notwendig sind, um den ordnungsgemäßen Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums zu erhalten oder wiederherzustellen (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG). Dazu zählen sowohl die laufende Instandhaltung (Wartung) als auch die Instandsetzung (Reparatur). Im Text handelt es sich bei der Sanierung der Heizungsanlage um eine solche Maßnahme. Über die Durchführung und Finanzierung von Erhaltungsmaßnahmen entscheiden die Eigentümer per Beschluss.
Beispiel: Neben der Heizungssanierung im Text wären auch die Reparatur eines undichten Daches, der Neuanstrich der Fassade oder die Wartung des Aufzugs typische Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum.
Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung sind ein zentraler Rechtsbegriff im Wohnungseigentumsgesetz (§ 19 Abs. 2 WEG), der das Handeln der Eigentümergemeinschaft und ihres Verwalters bestimmt. Sie fordern, dass Entscheidungen und Maßnahmen im Interesse aller Eigentümer vernünftig, objektiv, sachgerecht und insbesondere wirtschaftlich sind. Im Text wurde gegen diesen Grundsatz verstoßen, da vor der Vergabe einer teuren Heizungsreparatur (ca. 19.000 Euro) keine Vergleichsangebote eingeholt wurden, was eine wirtschaftliche Prüfung verhinderte. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze kann dazu führen, dass ein WEG-Beschluss gerichtlich für ungültig erklärt wird.
Beispiel: Zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehört es auch, Versicherungen für das Gebäude abzuschließen, eine übersichtliche Jahresabrechnung zu erstellen oder bei größeren Aufträgen wie einer Fassadensanierung mehrere Angebote einzuholen und zu vergleichen.
Erhaltungsrücklage
Die Erhaltungsrücklage (oft auch Instandhaltungsrücklage genannt) ist ein zweckgebundenes gemeinschaftliches Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG). Jeder Eigentümer zahlt regelmäßig, meist als Teil des monatlichen Hausgeldes, einen Beitrag in diese Rücklage ein. Das angesparte Geld dient ausschließlich der Finanzierung zukünftiger, meist größerer Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum, wie im Text für die Heizungssanierung vorgesehen. Sie soll sicherstellen, dass notwendige Reparaturen bezahlt werden können, ohne die Eigentümer plötzlich mit hohen Einmalzahlungen belasten zu müssen.
Beispiel: Wenn nach 25 Jahren das Dach des Hauses neu gedeckt werden muss, kann die WEG die hohen Kosten von z.B. 80.000 Euro idealerweise aus der über Jahre angesparten Erhaltungsrücklage finanzieren.
Anfechtungsklage
Die Anfechtungsklage ist ein spezielles Rechtsmittel im Wohnungseigentumsrecht (§ 44 Abs. 1 WEG), mit dem ein Wohnungseigentümer oder der Verwalter einen Beschluss der Eigentümerversammlung gerichtlich angreifen kann. Ziel ist es, den Beschluss vom Gericht für ungültig erklären zu lassen. Voraussetzung ist, dass der Beschluss fehlerhaft zustande kam oder inhaltlich rechtswidrig ist, wie im Text der Beschluss zur Heizungssanierung wegen Verstoßes gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung (fehlende Vergleichsangebote). Wichtig ist die Einhaltung einer strengen Frist: Die Klage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden.
Beispiel: Fasst eine WEG einen Beschluss, der einen einzelnen Eigentümer ohne sachlichen Grund benachteiligt (z.B. ihm allein die Kosten für die Gartenpflege auferlegt), kann dieser Eigentümer den Beschluss fristgerecht mit einer Anfechtungsklage angreifen.
Vorläufig vollstreckbar
Vorläufig vollstreckbar bedeutet, dass ein Gerichtsurteil sofort durchgesetzt werden kann, auch wenn es noch nicht endgültig rechtskräftig ist (geregelt in §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO). Die Partei, die im Prozess gewonnen hat, kann ihre Ansprüche aus dem Urteil (z.B. die Erstattung der Prozesskosten, wie im Text) bereits zwangsweise durchsetzen, obwohl die Gegenseite theoretisch noch Rechtsmittel (z.B. Berufung) einlegen könnte. Die unterlegene Partei kann diese sofortige Zwangsvollstreckung jedoch meist durch Leistung einer Sicherheit (z.B. Geldhinterlegung oder Bankbürgschaft) abwenden, wie im Text für die WEG beschrieben. Dies dient dem Schutz beider Parteien bis zur endgültigen Klärung.
Beispiel: Wird jemand zur Zahlung von 5.000 Euro verurteilt und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, kann der Gläubiger sofort einen Gerichtsvollzieher beauftragen, auch wenn der Schuldner noch Berufung einlegen kann und will.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung: Diese Grundsätze bilden den Rahmen für jede Entscheidung der Wohnungseigentümergemeinschaft und verlangen ein vernünftiges, nachvollziehbares und dem Interesse der Gemeinschaft dienendes Handeln. Sie konkretisieren die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und sind ein wichtiger Maßstab für die Gültigkeit von Beschlüssen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat entschieden, dass die Beschlussfassung ohne Einholung von Vergleichsangeboten diesen Grundsätzen widerspricht, da den Eigentümern eine informierte Entscheidungsgrundlage fehlte.
- § 18 Abs. 2 Nr. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Diese Vorschrift regelt die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Sie verpflichtet die Gemeinschaft, das Gemeinschaftseigentum in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und notwendige Reparaturen durchzuführen, um dessen Wert und Nutzbarkeit zu bewahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beschluss zu TOP 7 betraf Erhaltungsmaßnahmen an der Heizungsanlage, also eine Maßnahme der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, die grundsätzlich in den Aufgabenbereich der Wohnungseigentümer fällt.
- § 19 Abs. 2 WEG (Beschlussfassung): Dieser Paragraph bestimmt, dass die Wohnungseigentümer durch Beschlussfassung über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums entscheiden. Beschlüsse sind das zentrale Instrument der Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft und bedürfen in der Regel einer Mehrheit, um wirksam zu sein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der angefochtene Beschluss zu TOP 7 wurde mehrheitlich gefasst und betraf die Vergabe von Erhaltungsmaßnahmen, also eine Verwaltungsmaßnahme, über die die Eigentümer grundsätzlich beschließen können.
- § 46 Abs. 1 WEG (Anfechtungsklage): Diese Vorschrift ermöglicht es Wohnungseigentümern, Beschlüsse der Eigentümerversammlung gerichtlich anfechten zu lassen. Eine Anfechtungsklage ist zulässig, wenn der Beschluss gegen das Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung verstößt oder die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung missachtet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat von seinem Recht Gebrauch gemacht und den Beschluss mit der Begründung angefochten, dass er ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, was vom Gericht bestätigt wurde.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Wohnungseigentümer bei Beschlüssen zu Erhaltungsmaßnahmen
Als Wohnungseigentümer entscheiden Sie in der Eigentümerversammlung oft gemeinsam über notwendige Reparaturen oder Modernisierungen am Gemeinschaftseigentum. Gerade bei größeren Maßnahmen wie einer Heizungssanierung kann es zu Streit kommen, wenn das Vorgehen nicht korrekt ist. Fehler bei der Beschlussfassung können teuer werden und Projekte verzögern.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordert.
Tipp 1: Vergleichsangebote sind (fast) immer Pflicht
Bevor die Eigentümergemeinschaft über eine größere Erhaltungsmaßnahme (wie eine Heizungssanierung für mehrere tausend Euro) beschließt, muss der Verwalter in der Regel mehrere Vergleichsangebote einholen. Diese Angebote müssen den Eigentümern vor der Beschlussfassung zur Verfügung gestellt werden, damit sie eine fundierte Entscheidung treffen können. Ein Beschluss, der nur auf einem einzigen Angebot basiert, entspricht oft nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
⚠️ ACHTUNG: Ein Beschluss ohne ausreichende Angebotsvergleiche kann von jedem Eigentümer erfolgreich angefochten und für ungültig erklärt werden. Die Gemeinschaft trägt dann die Kosten des Rechtsstreits und muss den Beschluss neu fassen.
Tipp 2: Prüfen Sie die Tagesordnung und die Beschlussvorlagen genau
Achten Sie vor jeder Eigentümerversammlung darauf, ob bei geplanten Auftragsvergaben, insbesondere für teure Maßnahmen, die notwendigen Vergleichsangebote als Anlagen zur Einladung beigefügt oder zumindest zur Einsichtnahme bereitgestellt wurden. Fehlen diese, sollten Sie dies bereits in der Versammlung ansprechen und auf die Notwendigkeit hinweisen.
⚠️ ACHTUNG: Wenn Sie Bedenken gegen einen Beschluss haben (z. B. wegen fehlender Angebote), müssen Sie diesen innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung gerichtlich anfechten (Anfechtungsklage). Versäumen Sie diese Frist, wird der Beschluss in der Regel bestandskräftig, auch wenn er fehlerhaft war.
Tipp 3: Ausnahmen bestätigen die Regel – aber nur selten
Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen kann auf das Einholen von Vergleichsangeboten verzichtet werden. Dies kann bei unaufschiebbaren Notmaßnahmen der Fall sein oder wenn es nachweislich nur einen einzigen Anbieter für eine spezielle Leistung gibt. Die Dringlichkeit oder die Einzigartigkeit des Anbieters muss jedoch klar begründet und dokumentiert werden.
Beispiel: Ein plötzlicher Rohrbruch erfordert sofortiges Handeln. Hier kann der Verwalter einen Handwerker beauftragen, ohne vorher Vergleichsangebote einzuholen, um größeren Schaden abzuwenden.
⚠️ ACHTUNG: Die Hürden für eine Ausnahme sind hoch. Standard-Erhaltungsmaßnahmen wie die planmäßige Sanierung einer Heizung fallen normalerweise nicht darunter. Verlassen Sie sich nicht leichtfertig darauf, dass eine Ausnahme vorliegt.
Tipp 4: Wirtschaftlichkeit als oberstes Gebot
Das Einholen mehrerer Angebote dient dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, zu dem die Gemeinschaft und der Verwalter verpflichtet sind. Es soll sichergestellt werden, dass die Gelder der Gemeinschaft (insbesondere die Erhaltungsrücklage) sorgsam verwendet werden und ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt wird. Ein einzelnes Angebot bietet keine Gewähr dafür.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Neben fehlenden Vergleichsangeboten können Beschlüsse auch aus anderen Gründen anfechtbar sein, z. B. wenn die Maßnahme nicht ausreichend bestimmt ist (Was genau soll gemacht werden?), die Finanzierung unklar ist (Woher kommt das Geld? Rücklage? Sonderumlage?) oder formale Fehler bei der Einberufung der Versammlung oder der Abstimmung selbst passiert sind. Die Einhaltung der Monatsfrist für die Anfechtungsklage ist entscheidend – danach sind auch fehlerhafte Beschlüsse oft nicht mehr angreifbar. Wird ein Beschluss für ungültig erklärt, muss die Gemeinschaft die gesamten Verfahrenskosten tragen.
✅ Checkliste: Beschlussfassung über Erhaltungsmaßnahmen
- Wurden für die geplante Maßnahme (insbesondere bei Kosten über ca. 2.500 – 5.000 €, je nach Größe der Gemeinschaft) mindestens drei Vergleichsangebote eingeholt?
- Lagen diese Angebote allen Eigentümern rechtzeitig vor der Beschlussfassung zur Einsicht vor?
- Ist die Maßnahme im Beschlussantrag klar und verständlich beschrieben?
- Ist der Kostenrahmen klar definiert?
- Ist die Finanzierung der Maßnahme (z. B. Entnahme aus der Erhaltungsrücklage, Sonderumlage) im Beschluss geregelt?
Das vorliegende Urteil
AG Hamburg-St. Georg – Urteil vom 04.04.2025 – Az.: 980b C 26/24 WEG
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