Skip to content
Menü

WEG – öffentlich-rechtliche Anforderungen an einen Stellplatznachweis

LG Itzehoe –  Az.: 11 S 13/14 –  Urteil vom 14.10.2014

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Niebüll vom 05. Februar 2014 – AZ: 18 C 42/13 – abgeändert:

Der Beschluss der Eigentümerversammlung am 31. Mai 20 zu TOP 12 wird für ungültig erklärt.

Die Beklagten werden verpflichtet, die öffentlich/rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis bezüglich der Eigentumswohnung Nr… im Gebäudeblock A, Haus … zu erfüllen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 2/10 der Klägerin und zu 8/10 den Beklagten auferlegt.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € und die Klägerin kann ihrerseits die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

6. Die Revision wird zugelassen.

7. Der Streitwert wird auf 8.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

WEG - öffentlich-rechtliche Anforderungen an einen Stellplatznachweis
Symbolfoto: Von alexfan32 /Shutterstock.com

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Zusammenfassend und ergänzend ist folgendes auszuführen:

Die Klägerin ist Wohnungseigentümerin in der Wohnungseigentümergemeinschaft Haus … in W. . Ihr gehören die Wohnungen Nr. … und … .

Die Baugenehmigung aus dem Jahr 1968 umfasste nur das Apartment … . In Abweichung vom genehmigten Bauplan erfolgte eine Aufteilung dieser Wohnung in 2 Wohnungen. Diese Wohnungen sind beide in der Teilungserklärung vom 29. Mai 1969 aufgeführt. Da eine Genehmigung für die Aufteilung der Wohnung nicht erteilt worden ist, fehlt der erforderliche Stellplatznachweis für die weitere Wohnung. Eine Klage, gerichtet darauf, dem Bauantrag für die Nutzungsänderung in 2 Apartments stattzugeben, ist durch Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 01. Juli 2011 – AZ: 8 A 74/08 – mangels Stellplatznachweises abgewiesen worden.

In der Eigentümerversammlung am 31. Mai 2013 ist unter TOP 12 ausweislich des Versammlungsprotokolls der folgende Beschlussantrag mehrheitlich abgelehnt worden:

„Die Verwaltung wird ermächtigt, den fehlenden PKW-Stellplatznachweis für die Wohnungen … und … bzw. für alle Wohnungen, zu denen keine Stellplatznachweise bestehen, durch einen zu beauftragenden Architekten erarbeiten zu lassen bzw. an die Gemeinde … eine Ablösesumme als Stellplatzablösung zu zahlen. In diesem Fall wird der Verwalter beauftragt, mit der Gemeinde … Verhandlungen zu führen, eine Stellplatzablösevereinbarung zu schließen und die vereinbarte Stellplatzablösesumme zu bezahlen. Diese Beträge werden aus den Bewirtschaftungskosten finanziert.“

Die Anfechtungsklage der Klägerin richtet sich gegen diesen Beschluss.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, den Beschluss der Wohnungseigentümer zu TOP 12 der Wohnungseigentümerversammlung vom 31. Mai 2013 für ungültig zu erklären und die Beklagten zu verpflichten, einen Stellplatznachweis für das Wohnungseigentum … und zu führen, hilfsweise einen Stellplatzablösevertrag mit der Stadt W. für die Ersetzung des Stellplatznachweises für beide Wohnungen abzuschließen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat insbesondere die Auffassung vertreten, dass ein Anspruch auf einen Stellplatznachweis sich nicht aus der Instandhaltungsverpflichtung ergebe.

Mit ihrer Berufung erstrebt die Klägerin eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Sie beantragt, dass ihren erstinstanzlichen Anträgen stattgegeben wird.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen,

II.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet, mithin zulässig. Sie hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer aus § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums entsprechend der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung, dem Aufteilungsplan und den Bauplänen (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10, Auflage, § 21, Rdnr. 98; Jennißen/Heinemann, WEG, 3. Auflage, § 21 Rdnr. 67; Bayerisches Oberlandesgericht ZMR 1999, 846, 847). Dieser Anspruch ist unverjährbar (BGH NJW-RR 2012, 910). Die Verpflichtung zur erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes besteht im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, unabhängig davon, ob Ansprüche gegen den Bauträger oder andere Baubeteiligte bestehen oder durchsetzbar sind (Staudinger/Bub, BGB, 2005, § 21 WEG, Rdnr, 185 m. w. N.). Zur ordnungsgemäßen Instandsetzung gehört auch die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften (Jennißen/Heinemann, a. a. O., § 21 Rdnr. 68; Bayerisches Oberlandesgericht ZMR 2002, 847, 848). Zwar entsprach die Errichtung der Wohnungen nicht dem genehmigten Bauplan. Da jedoch an den beiden Wohnungen Wohnungseigentum begründet worden ist, sind insoweit auch die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis gemäß § 55 Landesbauordnung Schleswig-Holstein zu erfüllen. Diese Verpflichtung trifft die Gesamtheit der Wohnungseigentümer, sodass die Ablehnung, einen Stellplatznachweis zu erbringen bzw. eine Stellplatzablösevereinbarung zu schließen, nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Die Geltendmachung des Anspruchs auf Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis widerspricht auch nicht Treu und Glauben. Die gesetzlichen Regelungen bezüglich des Stellplatznachweises begründen Anforderungen an das Baugrundstück, deren Erfüllung Voraussetzung der Baugenehmigung ist und deren Einhaltung Rechtspflicht des Bauherren oder seines Rechtsnachfolgers ist. Sie trifft daher vorliegend die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Dauerverpflichtung.

Welche Maßnahmen die Wohnungseigentümer zur Herstellung eines ordnungsgemäßen, gesetzmäßigen Zustandes wählen (Herstellung eines Stellplatzes, Ablösevereinbarung) liegt grundsätzlich in ihrem Ermessen, sodass die Berufung der Klägerin keinen Erfolg hat, soweit vorrangig beantragt worden ist, die Beklagten zu verpflichten, einen Stellplatznachweis zu führen und hilfsweise einen Stellplatzablösevertrag zu schließen.

Stellplatzablösevertrag für die Wohnung Nr. … verlangt. Für die Wohnung Nr. … ist 1968 eine Baugenehmigung erteilt worden, sodass insoweit die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den Stellplatznachweis eingehalten sind. Die Nachweispflicht betrifft nur das durch die Aufteilung entstandene zusätzliche Apartment

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zwar ist höchstrichterlich geklärt, dass die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört und über Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen mit Mehrheit beschlossen werden kann (BGH NJW 2002, 3629, 3632). Nicht geklärt ist jedoch die Frage, ob im Rahmen des Anspruchs auf erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes, die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, wie vorliegend betreffend den Stellplatznachweis, beschlossen werden muss, weil nur ein derartiger Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!