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WEG – Pauschale Verdopplung der Heizkostenvorschüsse wegen Gaskrise im Wirtschaftsplan

AG Langen – Az.: 56 C 182/22 – Urteil vom 13.01.2023

In der Wohnungseigentumssache hat das Amtsgericht Langen (Hessen) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2023 für Recht erkannt:

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.09.2022 zu TOP 6 wird, soweit er den Wirtschaftsplan 2023 für die Wohnungen ### zum Gegenstand hat, hinsichtlich des Einzelwirtschaftsplans bezüglich der Position „Heizung/Wasser/Kanal“ und des Vorschusses für ungültig erklärt.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, der Beklagten. Bei der Eigentümerversammlung am 06.09.2022 wurde unter TOP 6 mehrheitlich über die aufgrund Gesamtwirtschaftsplan für 2023 zu zahlenden Vorschüsse beschlossen.

Gaskrise
(Symbolfoto: PhotoSGH/Shutterstock.com)

Bezüglich der Position „Heizung/ Wasser/ Kanal“ waren in dem der Einladung beigefügten Entwurf des Wirtschaftsplanes noch Gesamtkosten von 45.000,00 Euro zu Grunde gelegt und ein Anteil der Klägerin von 2.972,88 Euro. Aufgrund dessen ergab sich ein monatlicher Vorschuss in Höhe von insgesamt 448,00 Euro für die Klägerin. In der Eigentümerversammlung wurde bei der vorgenannten Position dann eine Abänderung dahingehend vorgenommen, dass Gesamtkosten von 90.000,00 Euro zu Grunde gelegt wurden. Es ergaben sich somit 5.945,46 Euro an Kosten bezüglich der Klägerin und ein um 252,00 Euro höherer Vorschuss, nämlich 700,00 Euro. Die Anhebung dieser Kostenposition widerspräche ordnungsgemäßer Verwaltung, da überhaupt keine sachliche Grundlage dafür gegeben gewesen sei, davon auszugehen, dass sich die Heizkosten im Jahr 2023 um 100% erhöhen würden. Eine Nachfrage bei den Stadtwerke Langen, von wo die Fernwärme bezogen wurde, habe ergeben, dass der Preisindex, an dem sich die Preisentwicklung orientiere, von Januar bis Juli 2022 um etwa 20% erhöht habe. Eine Erhöhung der Position um 100% sei mithin ins Blaue hinein ohne Grundlage getätigt worden.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.09.2022 zu TOP 6 soweit er den Wirtschaftsplan 2023 für die Wohnungen ### zum Gegenstand hat, hinsichtlich des Einzelwirtschaftsplans bezüglich der Position „Heizung/Wasser/Kanal und des Vorschusses für ungültig zu erklären hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Teilanfechtung und damit für den Fall des Unterliegens im Antrag zu 1. wird beantragt:

Den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.09.2022 zu TOP 6 soweit er den Wirtschaftsplan 2023 für die Wohnungen zum Gegenstand hat, hinsichtlich der beschlossenen Vorschüsse für ungültig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte habe den bei Erstellung des Wirtschaftsplanes und Festlegung der Vorschüsse weiten Ermessensspielraum ausgeübt. Sie sei daher berechtigt gewesen, aufgrund der in der Öffentlichkeit geführten breiten Diskussion über die enorme Steigerung der Heizkosten in den Wirtschaftsplan deshalb einen deutlich höheren Betrag als sich aus den bisherigen Kosen ergeben habe, einzustellen.

Wegen des weiteren wechselseitigen Vorbringens wird auf die bei den Akten befindlichen Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist bezüglich des Hauptantrages begründet.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung zu TOP 6 hinsichtlich der jeweiligen Vorschüsse für das Wirtschaftsjahr 2023 war für ungültig zu erklären. Er enthielt ohne ausreichenden sachlichen Grund um angenommene 100% erhöhte Kosten gegenüber den bisherigen Preisen und basierend darauf eine Erhöhung des monatlichen Hausgeldes der Klägerin um 64% gegenüber dem ursprünglich vorgeschlagenen monatlichen Vorschusses.

Zwar ist richtig, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Festlegung der künftig zu zahlenden Vorschüsse einen gewissen Spielraum hat. Insbesondere wäre auch nicht zu beanstanden gewesen eine gewisse Anhebung der Vorschüsse basierend auf der Annahme, dass sich die Heizkosten voraussichtlich für 2023 erhöhen würden. Allerdings wären für eine 100%ige Anhebung dieser Position erforderlich gewesen ausreichend fundierte Erkenntnisse dahingehend, dass tatsächlich mit einer derartigen Ansteigung der Kostenposition Heizung zu rechnen ist. Zwar ist allgemein bekannt, dass seit Beginn des Ukrainekrieges und der danach eingeschränkten Lieferungen die Gaspreisentwicklung deutlich nach oben gegangen ist. Eine gewisse Anhebung des Vorschusses im Hinblick darauf auch ohne konkrete Kenntnisse über den tatsächlichen Anstieg wäre daher nicht zu beanstanden gewesen. Eine Anhebung dieser Position um 100% und damit ein 64%iger Anstieg des Hausgeldes bezüglich der Klägerin sind sachlich aber nicht gerechtfertigt. Der entsprechende Beschluss war daher für ungültig zu erklären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11 ff ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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