Was Wohnungseigentümer zum Wohnungseigentümergesetz jetzt wissen müssen.
Das Wohnungseigentümergesetz (Kurzform WEG) ist sowohl für Eigentümer als auch für Immobilienverwalter gleichermaßen die wichtigste rechtliche Grundlage. Mit dem 01.12.2020 hat diese gesetzliche Grundlage Änderungen erfahren, die in der Praxis sehr starke Auswirkungen haben werden. Diese Änderungen waren seitens des Gesetzgebers bereits seit längerer Zeit geplant, doch haben strittige Punkte das Inkrafttreten der WEG-Recht-Reform über mehrere Monate hinweg verzögert.
Dass es zu einer Änderung kommen musste war seitens der Bundesregierung indes unstrittig. Der allgemeine Tenor des Gesetzgebers ging dahin, dass die WEG-Recht-Reform als alternativlos und damit auch unumgänglich anzusehen ist. Das bislang geltende Gesetz wurde den Herausforderungen der aktuellen Zeit nur noch unzureichend gerecht. Einer der Gründe hierfür ist auch der gesteigerte Bedarf an barrierefreien Wohnungen und den damit verbundenen Umbaumaßnahmen sowie auch der allgemeine demografische Wandel. Auch Klimabedürfnisse wurden bei der WEG-Recht-Reform berücksichtigt. Im Endeffekt kann gesagt werden, dass die WEG-Recht-Reform sieben wichtige Änderungen beinhaltet, die dem Wandel der Zeit Rechnung tragen.
Diese wichtigen Änderungen im WEG-Recht sind
- eine erhebliche Erleichterung von baulichen Veränderungen
- eine merkliche Vereinfachung von Beschlussfassungen
- mehr Befugnisse für Eigentumsverwalter
- mehr Eigentümerrechte
- Eigentümerversammlungen erhalten neue Regelungen
- Verwalterzertifizierungen
- die Harmonisierung von Eigentümer- und Mieterrecht
Die erhebliche Erleichterung von baulichen Veränderungen
Mit der WEG-Recht-Reform erhält jeder Wohnungseigentümer nunmehr einen gesetzlichen Anspruch auf die Durchführung von bestimmten Veränderungen baulicher Natur.
Diese Änderungen müssen seitens des Wohnungseigentümers auf dessen eigene Kosten durchgeführt werden und beinhalten:
- barrierefreie Um- sowie Ausbaumaßnahmen
- Einbaumaßnahmen von Lademöglichen für Fahrzeuge auf Elektrobasis
- Einbruchschutzmaßnahmen
- Glasfaseranschlüsse
Bezüglich der barrierefreien Um- sowie Ausbaumaßnahmen und den Einbruchschutzmaßnahmen nebst den Einbaumaßnahmen von Lademöglichkeiten für Fahrzeuge auf Elektrobasis gilt dieser Anspruch nicht nur für die Wohnungseigentümer. Auch die Mieter sollen einen derartigen Anspruch „dem Grundsatz“ nach erhalten. Dieser Anspruch bezieht sich jedoch nicht auf die Glasfaseranschlüsse.
Eine merkliche Vereinfachung von Beschlussfassungen
Durch die WEG-Recht-Reform werden bauliche Veränderungen an einem sogenannten Gemeinschaftseigentum merklich erleichtert. Für die Modernisierungen oder auch Sanierungen müssen auch künftig nicht mehr sämtliche vorhandenen Eigentümer zustimmen. Eine einfache Mehrheit ist künftig vollends ausreichen. Auf diese Weise sollen insbesondere energetische Gebäudeverbesserungen vor dem Hintergrund des Klimawandels künftig durch einzelne Eigentümer nicht mehr länger blockiert werden können.
Diejenigen Eigentümer, welche den geplanten Maßnahmen zustimmen, werden auch die Kosten für die Durchführung der Maßnahmen tragen müssen. Von diesem Grundsatz kann es jedoch Ausnahmen geben.
Eine mögliche Ausnahme ist gegeben, wenn die geplanten Modernisierungsmaßnahmen mit einer Mehrheit von über 2/3 aller Eigentümer beschlossen wurde und diese Mehrheit überdies auch mehr als den hälftigen Eigentümeranteil ausmacht. In einem derartigen Fall können sämtliche Eigentümer an den Kosten für die geplanten Maßnahmen beteiligt werden. Dies beinhaltet auch die Pflicht der Kostenbeteiligung für diejenigen Eigentümer, die nicht mit der geplanten Maßnahme einverstanden sind.
Diese Pflicht besteht jedoch nur dann, wenn die geplanten Maßnahmen keine unverhältnismäßigen Kosten mit sich bringen. Diese Regelung soll Eigentümer vor einer möglichen finanziellen Überforderung schützen. Die Regelung kann jedoch dann nicht zur Anwendung kommen, wenn die erforderlichen Investitionen binnen einer angemessenen Zeit eine Amortisierung erfahren. Eine weitergehende Definition dieser Begrifflichkeit ist seitens des Gesetzgebers jedoch noch nicht festgelegt.
Mehr Befugnisse für Eigentumsverwalter
Dieser Bereich war einer der Gründe, warum die WEG-Recht-Reform erst mit einer deutlichen Verzögerung in Kraft getreten ist. In der ursprünglichen Fassung der Reform sollte ein Immobilienverwalter sehr viel mehr Befugnisse als zuvor erhalten, mit der tatsächlichen WEG-Recht-Reform jedoch sind diese Befugnisse bei Weitem nicht so stark ausgeprägt. Ein Immobilienverwalter kann jedoch künftig über ganz deutlich definierte Maßnahmen in der eigenen Verantwortung selbst entscheiden.
Diese Befugnisse kann der Immobilienverwalter auch ohne die Eigentümerbeschlüsse ausführen.
Die Befugnisse des Immobilienverwalters beziehen sich dabei auf
- kleinere Reparaturmaßnahmen
- Abschlüsse von Dienstleistungs- sowie Versorgungsverträgen
- die gerichtliche Hausgeldforderungsdurchsetzung
Als Faustregel kann künftig gelten, dass eine größere Wohnanlage auch direkt eine größere Entscheidungsbefugnis des Immobilienverwalters mit sich bringt. Der / die Wohnungseigentümer können jedoch die jeweiligen Maßnahmen schriftlich festlegen, welche ein Immobilienverwalter in der Eigenverantwortung durchführen darf.
Mehr Eigentümerrechte
Ein wichtiger Aspekt der WEG-Recht-Reform ist auch die gestärkte Rechtslage für Eigentümer gegenüber der Immobilienverwaltung. Eine erhebliche Änderung ist in diesem Zusammenhang auch die vereinfachte Möglichkeit des / der Immobilieneigentümer, den mit der Immobilienverwaltung bestehenden Vertrag entsprechend zu beenden.
Eigentümerversammlungen erhalten neue Regelungen
Eigentümerversammlungen müssen mit der WEG-Recht-Reform gewisse Anforderungen erfüllen, damit sie eine rechtliche Gültigkeit erfahren. So wird beispielsweise die Frist für die Einberufung von den bislang geltenden zwei Wochen auf nunmehr drei Wochen verlängert. Eine weitere Änderung betrifft auch die Form, in welcher die Eigentümerversammlung aufgerufen werden kann. Mit der WEG-Recht-Reform kann dieser Aufruf in einer Textform, als Beispiel E-Mail, durchgeführt werden.
Bislang galt die herkömmliche klassische Schriftform als zwingende Voraussetzung für den Aufruf der Eigentümerversammlung. Mit der Gültigkeit einer E-Mail trägt der Gesetzgeber dem Wandel der modernen Zeit Rechnung.
Eigentümer können künftig auch die Eigentümerversammlungen in Eigenregie einberufen, selbst wenn einem Beiratsvorsitzendem oder einem Immobilienverwalter dies aus unerfindlichen Gründen möglich ist. Die Online-Teilnahme an einer Eigentümerversammlung wird mit der WEG-Recht-Reform als gültige Teilnahme angesehen.
Auch mit der WEG-Recht-Reform wird jedoch die reine Online-Eigentümerversammlung als solche nicht ermöglicht.
Die Eigentümerversammlung ist künftig dem reinen Grundsatz nach unabhängig von der tatsächlichen Zahl der teilnehmenden Eigentümer beschlussfähig. Auch die elektronischen Beschlüsse sind seitens des Gesetzgebers zulässig.
Mit der WEG-Recht-Reform wird zudem auch der Verwaltungsbeirat gestärkt. Neben der beschränkten Haftung der Verwaltungsratmitglieder kann zudem auch die Größe des Verwaltungsrates bzw. Beirates sehr viel flexibler ausgestaltet werden.
Verwalterzertifizierungen
Auch im Hinblick auf die Verwalterzertifizierungen wurde seitens des Gesetzgebers sehr lange gestritten. Die Frage, ob ein verpflichtender Sachkundenachweis für die gewerblichen Gebäudeverwalter erforderlich wird oder nicht, war dabei zentrales Thema des Streits. Die neue WEG-Recht-Reform sieht diesen Punkt ausdrücklich nicht vor, allerdings besteht seitens des Wohnungseigentümers ein Anspruch auf die Vorlage eines entsprechenden Sachkundenachweises von dem Immobilienverwalter. Dem Immobilienverwalter muss jedoch die Möglichkeit gegeben werden, einen entsprechenden Sachkundenachweis einzuholen bzw. zu erlangen.
Die Harmonisierung von Eigentümer- und Mieterrecht
Bislang war das Eigentumsrecht und auch das Mietrecht nicht stark im Einklang. Mit der WEG-Recht-Reform wurde jedoch ein wichtiger Schritt in Richtung dieses Einklangs getan, da Mieter künftig ganz bestimmte bauliche Maßnahmen an dem Immobilienobjekt schlicht und ergreifend dulden müssen. Auch im Hinblick auf die Betriebskostenabrechnung gab es mit der WEG-Recht-Reform bestimmte Änderungen. Die Wohnungsgröße als bisherige Bemessungsgrundlage war bislang maßgeblich, künftig jedoch wird eine Kostenverteilung auf der Grundlage von entsprechenden Eigentumsanteilen erfolgen.
Diese geltende Regelung kommt auch bei vermieteten Wohnungseinheiten ausdrücklich zur Anwendung.
Welche Änderungen gibt es noch?
Die sieben Änderungen gelten als die wichtigsten Änderungen, welche die WEG-Recht-Reform mit sich bringt. Es gibt jedoch auch noch kleinere Änderungen. Beispiele hierfür sind
- ein Immobilienverwalter hat künftig in dem Außenverhältnis eine Vertretungsmacht, die im Sinne der Gemeinschaft ausgeübt wird
- die Wohnungseigentümergemeinschaft gilt fortan ausdrücklich als Verwaltungsträger. Somit müssen sämtliche Klagen nicht mehr gegen die einzelnen Eigentümer, sondern vielmehr gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet werden
- der Pflichtverstoß eines Eigentümers kann künftig eine Entziehung des entsprechenden Wohnungseigentums nach sich ziehen.
- das Sondereigentum ist mit der WEG-Recht-Reform auch für Terrassen oder Stellplätze als sogenannte Freiflächen möglich.
In der Theorie bringt die WEG-Recht-Reform sehr viele gute Änderungen mit sich, die unter dem Gesichtspunkt der heutigen Zeit mit Sicherheit enorm wichtig und längst überfällig waren. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie die praktische Umsetzung dieser gesetzlichen Regelung final aussehen wird. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Streitigkeiten zwischen den Mietparteien und den Eigentümern trotz der Harmonisierung des Miet- sowie Eigentumsrechts künftig weniger werden. Wenn Sie dementsprechend in einer Situation als Mieter oder Eigentümer sind und sich Streitigkeiten mit dem Eigentümer der Immobilie bzw. dem Mieter der Wohneinheit ausgesetzt sehen, wird auch künftig der Gang zu einem erfahrenen Rechtsanwalt für Sie unumgänglich werden. Es dauert in der Regel eine ganze Weile, bis Wohnungseigentümergesellschaften Reformen von Gesetzen auch tatsächlich umsetzen. Ein Grund hierfür ist der Umstand, dass jede Reform für gewöhnlich auch weitergehende Fragen mit sich bringt. Für derartige Fragen stehen wir als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei mit einem kompetenten Team aus engagierten Rechtsanwälten für Sie sehr gern zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns einfach.