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WEG – Rechtsfolgen fehlender Zustimmung zu schriftlicher Beschlussfassung

AG Idstein – Az.: 3 C 182/19 (10) – Urteil vom 14.10.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1000 € abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Der Streitwert wird auf 1727,88 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien, die Wohnungseigentümer der im Rubrum genannten Liegenschaft und ihr ehemaliger Verwalter, streiten um die Gültigkeit eines Beschlusses. Auf In Initiative des Verwaltungsbeiratsmitgliedes … stimmten die Beklagten im Umlaufverfahren u.a. über die Kündigung des Verwaltervertrages ab. Der Beklagte … teilte den Miteigentümern mit einem als „Ergebnis der Umlaufbeschlüsse vom 28.05.2019“ benannten Schreiben vom 6.6.2019 die Zustimmung aller Beklagten zu dem Beschlussantrag mit. Ferner übersandte er der Klägerin ein Schreiben vom 7.6.2019 unter Beifügung des „Ergebnis der Umlaufbeschlüsse vom 28.05.2019.“ Wegen der Einzelheiten dieser Beschlüsse wird auf die Anlage K 1 samt Anschreiben vom 7.6.2019 (Bl. 13-14 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hält den Umlaufbeschluss für nichtig, da es an der schriftlichen Zustimmung aller Wohnungseigentümer fehle. Er widerspreche zudem ordnungsmäßiger Verwaltung, da eine Abberufung nur aus wichtigem Grund möglich sei.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass der Umlaufbeschluss vom 28.5.2019 gemäß Schriftstück „Ergebnis der Umlaufbeschlüsse vom 28.05.2019“ nichtig ist, hilfsweise dessen Ungültigerklärung.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie meinen, die Abberufung der Klägerin entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ohne Erfolg. Die von der Klägerin vorrangig begehrte (deklaratorische) Feststellung der Nichtigkeit wegen der fehlenden Zustimmung aller Wohnungseigentümer scheidet aus. Denn der Beschluss wurde nach Unstreitiger Darstellung der Beklagten vom Beklagten … verkündet. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedarf es nicht der Verkündung durch den Verwalter. Der Beklagte … hat die Beschlussanträge ausweislich der von den Beklagten vorgelegten Unterlagen initiiert. Als Initiator war er auch zur Verkündung der Beschlüsse befugt (s. etwa Jennißen/Schultzky, WEG, 5. Aufl. 2017 § 23 Rn. 135; Riecke/Drabek/Riecke, Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl. 2018 § 23 Rn. 52; Bärmann/Merle, WEG 14. Aufl. 2019 § 23 Rn. 115), wofür es entgegen der Auffassung der Klägerin keines Rundschreibens bedarf. Es genügt jede Mitteilung des Zustandekommens eines Beschlusses an die Wohnungseigentümer (s. etwa Jennißen/Schultzky, WEG, 5. Aufl. 2017 § 23 Rn. 136; Riecke/Drabek/Riecke, Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl. 2018 § 23 Rn. 53; Bärmann/Merle, WEG 14. Aufl. 2019 § 23 Rn. 115). Eine solche Mitteilung liegt in dem Schreiben vom 6.6.2019 zweifelsfrei vor.

Mit dieser Verkündung wird auch der schriftliche Beschluss wirksam. Das von der Klägerin behauptete Fehlen der Zustimmung nicht näher genannter Miteigentümers steht dieser Wirksamkeit kraft Verkündung entgegen einer von Schultzky in verschiedenen Kommentarbeiträgen vertretenen Auffassung (z. B. Jennißen/Schultzky, WEG, 5. Aufl. 2017 § 23 Rn. 137; NK/Schultzky, Miete, WEG, Nachbarschaft, 2. Aufl. 2019 § 23 WEG Rn. 10) nach ganz h. M. nicht entgegen (Münch.Komm./Engelhardt, 6. Aufl. 2012 § 23 WEG Rn. 23; Abramenko, Handbuch WEG, 2. Aufl. 2014 § 6 Rn. 236; Lemke/B. Müller, Immobilienrecht, 2. Aufl. 2016 § 23 WEG Rn. 8; Erman/Grziwotz, BGB, 15. Aufl. 2017 § 23 WEG Rn. 4; Riecke/Drabek/Riecke, Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl. 2018 § 23 Rn. 52; Bärmann/Merle, WEG 14. Aufl. 2019 § 23 Rn. 116). Soll das Fehlen einer nach § 23 Abs. 3 WEG erforderlichen Zustimmung gerügt werden, bedarf es also der Anfechtung samt konstitutiver Ungültigerklärung.

Dieser h. M. ist zu folgen. Denn nur sie ist systemgerecht. Der schriftliche Beschluss ist eben rechtlich nichts anderes als ein auf der Wohnungseigentümerversammlung gefasster Beschluss. Wird der eine mit der konstitutiven Feststellung wirksam, kann für den anderen nichts Abweichendes gelten. Letztlich folgt dies auch daraus, dass sonstige Beschlüsse, die nur mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden können, nicht anders behandelt werden. Wird etwa die Beschlussfassung über eine Modernisierung verkündet, obwohl die nach § 22 Abs. 2 S. 1 WEG erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde, ist dieser Beschluss nur anfechtbar (Häublein ZMR 2009, 752, 756; Niedenführ ZWE 2012, 476, 479; Riecke/Abramenko, Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl. 2018 § 22 Rn. 280; Bärmann/Merle, WEG 14. Aufl. 2019 § 22 Rn. 361).

Im Ergebnis ist der angefochtene Beschluss nur auf Anfechtungsgründe hin zu überprüfen, die in der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG vorgetragen wurden. Erst im Schriftsatz vom 10.10.2019 vorgebrachte Tatsachen haben somit außer Betracht zu bleiben. Danach kommt eine Ungültigerklärung hier nicht in Betracht. Das bloße Bestreiten der Zustimmung aller Wohnungseigentümer gemäß § 23 Abs. 3 WEG dürfte schon nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen nicht genügen. Immerhin hat der Anfechtungskläger die Umstände darzulegen, die zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses führen.

Jedenfalls ist eine Darlegung der behaupteten Fehler des angegriffenen Beschlusses mindestens ihrem Kerne nach erforderlich; pauschale Behauptungen genügen nicht (BGH ZMR 2009, 298; ZMR 2009, 699; LG Hamburg ZMR 2011, 580 f. ZMR 2012, 218; ZMR 2013, 922; LG Düsseldorf ZMR 2011, 987 f.; AG Bonn ZMR 2008, 246 f.; AG Konstanz ZMR 2008, 496; AG Hamburg ZMR 2009, 232; AG Charlottenburg ZMR 2017, 506; Bergerhoff NZM 2007, 428). Der pauschale Vortrag, dass die Zustimmung aller Miteigentümer fehle, genügt diesen Erfordernissen nicht. Wie der BGH schon zur Rüge fehlender Beschlussfähigkeit festgestellt hat, reicht eine schlagwortartige Bezeichnung nicht. Es müssen vielmehr die konkreten Umstände, die zur Beschlussunfähigkeit führen, dargelegt werden, etwa dass zu wenige Eigentümer erschienen, Vollmachten ungültig sind oder nicht Stimmberechtigte zu Unrecht berücksichtigt wurden (BGH, ZMR 2009, 698). Nichts anderes kann für die Rüge gelten, nicht alle Wohnungseigentümer hätten einem Beschluss gemäß § 23 Abs. 3 WEG zugestimmt. Hier muss zumindest vorgetragen werden, wessen Zustimmung fehlt und worauf dies beruht, ob sie etwa überhaupt nicht erteilt wurde, formnichtig ist, oder durch einen Dritten ohne wirksame Vollmacht erfolgte.

Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung anführte, ihm seien die Unterklagen zur Zeit der Klageerhebung gar nicht zugänglich gewesen, berührt dies den Lauf der Fristen nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG nicht. Hinderungsgründe führen nicht ohne weiteren Vortrag zur Verlängerung der Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 S. 3 WEG. Vielmehr bedarf es hierzu gemäß § 46 Abs. 1 S. 3 WEG i.V.m §§ 233 ff. WEG eines Wiedereinsetzungsantrages innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, der die Hinderungsgründe darlegen muss. Daran fehlt es hier.

Gänzlich ohne Substanz ist der Vortrag, die Abberufung der Klägerin widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung (LG Lüneburg ZMR 2009, 636 f.; LG Hamburg ZMR 2011, 411 f.; ZMR 2011, 581; AG Bonn ZMR 2008, 246 f.; AG Hamburg ZMR 2009, 232). Zu nennen ist der konkrete Mangel und ggf. seine Auswirkungen auf den Beschluss (LG Hamburg ZMR 2011, 580 f.). Sofern die Klägerin die zur Abberufung führenden Gründe nicht kannte, gilt das oben Ausgeführte: Hier hätte sie zur Wahrung der Klagebegründungsfrist einen Wiedereinsetzungsantrag stellen müssen.

Die Klägerin hat als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der Streitwert entspricht der Vergütung, die die Klägerin in der Restlaufzeit des Verwaltervertrages hätte verlangen können.

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