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WEG – Rückbau einer rechtswidrigen baulichen Veränderung

LG Frankfurt, Az.: 2/09 S 45/11, Urteil vom 17.12.2015

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26.5.2011 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt.

a) Die nachfolgenden baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum der WEG … zurückzubauen:

WEG - Rückbau einer rechtswidrigen baulichen Veränderung
Symbolfoto: Von ronstik /Shutterstock.com

Beseitigung der um den Wirtschaftsgarten zur Vorderseite des Hauses zum … hin angebrachten Scheiben zwischen den seitlichen Trägern, der an der Frontseite der Markise angebrachten Lichtspotts mit Außenverkleidung sowie Beseitigung des an der Fassade des Hauses zur … im Eingangsbereich montierten Außenaschenbechers.

b) Die Nutzung des Kaminzuges Nr. 7 vom Keller des Gebäudes her verlaufend durch die Wand neben der Tür rechts des letzten Kellerraumes hinten rechts im Kellerflur (zwischen den Türen des Kellers Nr. 1 und in der Tür, Zugang zu den Kellern Nr. 2 und 3) über das Erdgeschoss direkt nach oben in die Wand links vom Pizzaofen (Wandvorsprung der die Theken begrenzt) in die Obergeschosse, dort jeweils verlaufend in der Wand direkt rechts neben dem Eingang zum letzten rechten Zimmer im Flur zu unterlassen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung (im Umfang der Klageabweisung) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte als Gesamtschuldner zu 2/3, die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsverfahren trägt die Klägerin zu ¼ und die Beklagten als Gesamtschuldner zu ¾.

Das Urteil und das angefochtene Urteil – im Umfang der Berufungsrückweisung – sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.000,– Euro

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang steht der Klägerin ein Rückbau- bzw. Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 BGB, 15, 14 WEG zu.

1. Dem Anspruch steht zunächst nicht entgegen, dass die Klägerin ihr Wohnungseigentum zwischenzeitlich verkauft hat und die Umschreibung im Grundbuch vollzogen ist. Denn aus § 265 ZPO ergibt sich, dass die Klägerin weiterhin zur Geltendmachung der Ansprüche im vorliegenden Verfahren berechtigt ist. Nach einhelliger Ansicht – auch des Bundesgerichtshofes – gilt § 265 ZPO auch für die hier geltend gemachten Ansprüche aus § 1004 BGB (vgl. nur MüKoZPO/Becker-Eberhard § 265 Rn. 25). Da der Erwerber von dem Rechtsstreit Kenntnis hat, bindet ihn das Urteil. Von der Möglichkeit des § 266 Abs. 1, Satz 1 Alt 2 ZPO, den Erwerber zu verpflichten den Rechtsstreit als Hauptpartei zu übernehmen, haben die Beklagten keinen Gebrauch gemacht.

2. In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang bestehen auch die geltend gemachten Rückbau bzw. Unterlassungsansprüche aus § 1004 BGB, §§14, 22 WEG.

a) Hinsichtlich der Scheiben, den Lichtspotts und den großen Aschenbecher handelt es sich um bauliche Veränderungen im Sinne des § 22 WEG. Eine derartige Maßnahme bedurfte jedoch der Zustimmung der Klägerin, denn diese ist hierdurch über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus in ihren Rechten beeinträchtigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die von der Kammer geteilt wird, ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung ein insoweit erforderlicher Nachteil im Sinne des § 14 WEG. Entscheidend ist insoweit, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Bei einer erheblichen optischen Veränderung des Gesamteindruckes ist, wie der BGH ausdrücklich betont, ein Nachteil regelmäßig anzunehmen (vgl. zuletzt BGHZ 196, 45 mwN). Eine Beeinträchtigung liegt insoweit nur dann nicht vor, wenn die Veränderung lediglich aus einer ganz ungewöhnlichen Perspektive, wie etwa aus der Luft oder von einer für Wohnungseigentümer gewöhnlich nicht zugänglichen Fläche, erkennbar ist (vgl. hierzu Niedenführ/Vandenhouten § 22 Rn 97 mwN).

Bei sämtlichen vorgenannten baulichen Veränderungen handelt es sich um derartige Veränderungen, welche durch die Klägerin deutlich erkennbar wahrnehmbar waren und den Gesamteindruck erheblich veränderten.

Dieses ist offensichtlich bei dem Außenaschenbecher, welcher außerhalb des Gebäudes am Gemeinschaftseigentum angebracht wurde und den Außeneindruck des Gebäudes – durch das Hinzufügen eines entsprechenden Aschenbechers – erheblich verändert.

Gleiches gilt auch für die Lichtspotts und die Fenster.

b) Eine Legitimation der Beklagten ergibt sich aus der Teilungserklärung nicht. Ausweislich § 5.02 der Teilungserklärung bedürfen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums (wie Schilder, Reklameeinrichtungen, Antennen und Markisen…) der Einwilligung der Eigentümerversammlung. Dass eine derartige vorgelegt worden ist, behaupten die Beklagten selbst nicht. In der Ergänzung zur Teilungserklärung (Bl. 27 d.A.) wird zwar klargestellt, dass die Eigentümer des Miteigentums – zu welchem nunmehr die Pizzeria gehört – eine Markise, die sich auf die gesamte Hausfront zum … hin erstreckt anbringen dürfen, und ebenfalls ein entsprechendes „Nasenschild“ anbringen dürfen. Von beiden sind allerdings unproblematisch die vorgenannten baulichen Veränderungen nicht erfasst. Unproblematisch ist der Außenaschenbecher nicht als „Nasenschild“ zu definieren. Von der Erlaubnis eine Markise anzubringen, ist eine seitliche Einfassung des Gartens durch Fenster ebenfalls nicht gestattet, denn nach dem normalen Spargebrauch erfasst eine Markise lediglich eine Abdeckung nach oben, nicht jedoch eine seitliche Abdeckung.

c) Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ohne Relevanz ist die Frage, ob die Plastikscheiben zuvor angebrachten Planen ersetzen. Denn auch die Planen würden bauliche Veränderungen, wenn sie – wie hier – in feste Streben eingelassen waren – darstellen. Eine Genehmigung für eine derartige bauliche Veränderung hat nicht vorgelegen. Zwar bestehen Rückbauansprüche insoweit – dazu sogleich – insoweit wegen Verjährung nicht mehr. Hierauf kommt es aber nicht an, denn ein derartiger Ersatz wäre allenfalls dann zulässig, wenn es sich bei der ursprünglichen baulichen Veränderung um eine zulässige bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG gehandelt hätte. Dieses war jedoch nicht der Fall.

Denn unproblematisch stellen auch die Führungsschienen, zusammen mit den seitlichen Planen bauliche Veränderungen dar, welche ebenfalls der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedurft hätten. Denn auch insoweit wird das Außengelände erhebliche umgestaltet. Es handelt sich insoweit auch nicht um einen ggf. hinzunehmenden Zaun um den Außenbereich, denn – dies ist durch die vorgelegten Fotos für die Kammer ersichtlich gewesen und wird auch ernsthaft von den Beklagten nicht in Abrede genommen – handelt es sich durch diese baulichen Veränderungen bei dem Hofbereich nun um einen optisch abgetrennten geschützten Bereich. Dieses verändert das äußere Erscheinungsbild. Zwar sind – dazu sogleich – Rückbauansprüche bezüglich der seitlichen Schienen zwischenzeitlich verjährt, dieses steht dem Beseitigungsanspruch bezüglich der Scheiben jedoch nicht entgegen.

Denn die Verjährung führte lediglich dazu, dass die übrigen Eigentümer insoweit eine – faktische – Duldungspflicht trifft. Diese Rechtsposition gibt den betreffenden Eigentümern hingegen nicht die Befugnis, den errichtete Zustand später zu verändern, etwa in dem der Eigentümer den von ihm geschaffenen baulichen Zustand modernisiert und instand setzt. Mangels einer Legalisierung der ursprünglichen baulichen Maßnahme durch die Verjährung des Beseitigungsanspruches stellt daher jede Veränderung die an der baulichen Maßnahme vorgenommen wird einen erneuten Eingriff dar, der zu einem Beseitigungsanspruch des benachteiligten Miteigentümers führt (vgl. LG Frankfurt am Main, ZWE 2015 327).

d) In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ist der Beseitigungsanspruch allerdings noch nicht verjährt. Eine Verjährung (§§ 195, 199 BGB) haben die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht beweisen können. Die von der Kammer vernommenen Zeugen haben eine entsprechende Behauptung der Beklagten nicht bestätigt.

Hinsichtlich des Außenaschenbechers waren sämtliche Zeugen unergiebig.

Auch hinsichtlich der Plastikscheiben haben die Beklagten nicht beweisen können, dass diese in rechtsverjährter Zeit angebracht worden sind. Im Gegenteil haben auch die von den Beklagten genannten Zeugen angegeben, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt als die Träger und die Seitenplanen eingesetzt worden sind. Der Zeuge … konnte keine Angaben dazu machen, wann die Kunststoffscheiben eingesetzt worden sind, gab jedoch an, dass diese nicht ursprünglich vorhanden gewesen sind. Auch der Zeuge … war sich nicht sicher, ob diese im Jahre 2007/2008 schon vorhanden waren oder nicht. Der Zeuge … hat eingeräumt, dass diese erst „vor einigen Jahren“ angebracht worden sind, genauere Angaben konnte er hierzu allerdings auch nicht machen. Ebenfalls hat die von den Beklagten benannte Zeugin … Angaben hierzu nicht machen können.

Hinsichtlich der Lichtspotts hat der Zeuge …, welcher Elektromeister ist, und dieser angebracht hat, angegeben, dass dieses im Jahre 2008 geschehen ist, die übrigen Zeugen haben dem nicht widersprochen, überwiegend haben sie hierzu keine klaren Angaben machen können, jedenfalls kein anderes Jahr genannt. Da der Zeuge … die Lichtspotts selbst installiert hat, hat die Kammer keine Zweifel seine Angaben zu folgen. Da die Klage im Jahre 2010 erhoben worden ist, sind damit die Leuchten nicht in rechtsverjährter Zeit angebracht worden, so dass der Beseitigungsanspruch nicht verjährt ist.

e) Soweit die Klägerin allerdings weitere Rückbauansprüche geltend macht (Rückbau der Trennschienen nebst seitlich angebrachten Planen einschließlich der elektrischen Schließ- und Öffnungsmechanismen für diese Planen) scheitert insoweit der klägerische Anspruch an der eingetretenen Verjährung, auf welche sich die Beklagten auch berufen haben. Insoweit ist zur Überzeugung der Kammer bewiesen, dass diese Vorrichtungen in rechtsverjährter Zeit angebracht worden sind. Die Zeugen haben hinsichtlich der Seitenwände übereinstimmend bekundet, dass diese bereits kurz nach der Eröffnung der Pizzeria im Jahre1997 oder 1998 angebracht worden sind. Auch die von der Klägerin benannte Zeugin … hat für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend geschildert, dass im Jahre 1998 als sie im Urlaub gewesen sei, entsprechende Baumaßnahmen vorgenommen worden sind. Zwar gab sie an, dass die elektrischen Schließ- und Öffnungsmechanismen erst später angebracht worden seien, konnte aber dazu keine genauen Angaben machen. Demgegenüber haben die Zeuge … und … angegeben, dass entsprechende Einrichtungen jedenfalls in den Jahren 2002 bis 2003 schon vorhanden gewesen waren. Der Zeuge … hat nachvollziehbar geschildert, dass die Träger, auch wenn sie damals gegebenenfalls eine andere Farben gehabt haben, nach seiner Erinnerung schon immer, also schon seit dem Jahre 1998 da gewesen seien. Auch der Zeuge … hat angegeben, dass die Seitenmarkisen „schon immer“ vorhanden gewesen waren. Gleiches ergibt sich auch aus der Aussage des Zeugen …. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür den Aussagen dieser Zeugen nicht zu glauben, insbesondere haben sie auch zu anderen Bauteilen Angaben gemacht, die den Beklagten nicht zum Vorteil reichen, so dass die Kammer keine Anhaltspunkte dafür hat, dass die gemachten Angaben nicht wahrheitsgemäß sind. Damit sind die Ansprüche der Klägerin, soweit sie diese Bauteile betreffen, verjährt.

3. Ebenfalls hat die Klägerin einen Anspruch aus § 1004 BGB, 14, 15 WEG auf Unterlassung der Nutzung des Kaminzuges Nr. 7 für den Pizzaofen.

a) Es handelt sich insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten um eine Nutzung, die von der Teilungserklärung nicht gedeckt ist und über die übliche Nutzung des § 15 WEG deutlich hinausgeht. Aus der Teilungserklärung ergibt sich im vorliegenden Fall, dass den Beklagten ein Sondernutzungsrecht am Kaminzug Nr. 5 eingeräumt wird, so dass ausweislich der Teilungserklärung dieser Kaminzug durch die Beklagten genutzt werden kann. Zwischen den Parteien ist allerdings unstreitig, dass nicht der Kaminzug Nr. 5 sondern der Kaminzug Nr. 7 durch die Beklagten genutzt wird. Bei der gebotenen objektiv-normativen Auslegung der Teilungserklärung in Verbindung mit der Ergänzung der Teilungserklärung ergibt sich, dass die Beklagten den Kaminzug Nr. 5 für ihre Pizzeria unbeschränkt nutzen können und Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer, die mit dem notwendigen Betrieb dieses Kaminzuges verbunden sind, keine Beeinträchtigungen im Sinne von § 14 WEG darstellen. Dieses gilt im gleichen Umfang allerdings nicht für den vorliegend genutzten Kaminzug Nr. 7.

Zwar sind insoweit die Beklagten – wie alle anderen Wohnungseigentümer auch – berechtigt diesen Kaminzug als gemeinschaftliches Eigentum zu nutzen. Bei dem zulässigen Nutzungsumfang (§§ 14, 15 WEG) sind allerdings die getroffenen Nutzungsvereinbarungen – hier die Einräumung eines Sondernutzungsrecht an einem Kaminzug – zu berücksichtigen. Demzufolge besteht ein Nutzungsanspruch des Kaminzuges Nr. 7 nur in dem Umfang, wie er mit der durchschnittlichen Nutzung eines entsprechenden Kaminzuges verbunden ist, Nutzungen die über die übliche Nutzung hinaus gehen und mit dem Betrieb der Gaststätte verbunden sind, sind lediglich an dem Kaminzug Nr. 5, an welchem ein Sondernutzungsrecht besteht, zulässig. Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen … vom 3.2.2015 steht jedoch zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Nutzung des Kaminzuges Nr. 5 weit über das übliche Maß einer Nutzung durch andere Wohneigentümer hinausgeht. Der Sachverständige hat dies überzeugend bereits damit begründet, dass die Brennleistung des Pizzaofens mit 22, 5 KW deutlich über der Brennstoffleistung von normalen „Kaminöfen“ liegt, welcher eine Brennstoffleistung von 6,25 KW bis 8,25 KW haben. Dieser stellt auch eine Beeinträchtigung der Klägerin dar, denn wie der Sachverständige ebenfalls überzeugend dargelegt hat, ist durch die Beheizung des Pizzaofens, welche auch dazu führt, dass nach einer Außerbetriebssetzung von etwa 8,5 Stunden immer noch eine Wandtemperatur im Ofen von ca. 190 Grad vorhanden ist. Dies führt zu einer erheblichen Erwärmung der Wohnung der Klägerin. Bereits um 12.20 Uhr, zu einer Zeit wo der Pizzaofen gerade erst zwei Stunden im Betrieb war, wurde eine mittlere Oberflächentemperatur am Schornsteinwandbereich von 30,8 Grad gemessen die höchste Oberflächentemperatur lag bereits bei 34,7 Grad, dieses steigerte sich bis um 23.00 Uhr auf eine Oberflächentemperatur von ca. 34,6 und eine Oberflächentemperatur von 38,8 Grad im Wohnzimmer, im Eckzimmer neben dem Wohnzimmer wurden sogar Oberflächentemperaturen um 23.05 Uhr von 41,3 Grad gemessen. Selbst zu Zeiten wo der Pizzaofen nicht in Betrieb war – also morgens – wurde noch eine Oberflächentemperatur von 31,5 und eine Maximaltemperatur von 36,4 Grad im Wohnzimmer und sogar von 38,5 Grad im Zimmer neben dem Wohnzimmer gemessen. Diese bereits für sich sprechenden Messergebnisse überzeugen die Kammer in der Einschätzung des Sachverständigen, dass es durch die Wärmeabgabe in dem Schornstein in der Wohnung der Klägerin zu einer Temperaturerhöhung kommt, welche als belastet betrachtet werden kann.

Nach Ansicht der Kammer kommt es insoweit nicht darauf an, dass auch bei einer Nutzung des Kaminzuges Nr. 5 zu einer Erwärmung kommen würde. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass insoweit anderer Räume – hier die Küche – betroffen wäre, zudem ist eine entsprechende Nutzung des Kaminzuges den Beklagten erlaubt, und damit Gegenstand des von der Klägerin erworbenen Wohneigentums.

Dieses führt allerdings nicht dazu, dass die Klägerin, selbst wenn sie an anderer Stelle eine Erwärmung ihrer Wohnung dulden muss nunmehr es hinzunehmen hätte, dass durch eine Nutzung eines anderen Kaminzuges andere Räume ihrer Wohnung aufgeheizt werden.

b) Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich entschieden hat (BGH NZM 2015, 495) ist im Falle einer vereinbarungswidrigen Nutzung durch den Sondereigentümer für den Beginn der Verjährung nicht die Frage entscheidend, ob es sich um eine einheitliche Dauerhandlung oder um wiederholte Störungen handelt, die jeweils neue Ansprüche begründen. Wenn – wie hier die übrigen Wohnungseigentümer in gleicher Weise dadurch beeinträchtigt werden das die Nutzung – sei es auch in gleichbleibender Qualität – aufrechterhalten bleibt, kommt eine Verjährung nicht in Betracht. Ob die Zweckwidrige Nutzung durch den Sondereigentümer selbst oder dessen Mieter – ebenfalls wie hier – erfolgt – ist für die Verjährung ebenfalls unerheblich.

c) Ebenfalls liegen die Voraussetzungen der Verwirkung nicht vor. Auch insoweit hat der Bundesgerichtshof in letzter Zeit (vgl. BGH NZM 2015, 495; NZM 2015, 787) grundlegend geklärt, unter welchen Voraussetzungen Ansprüche verwirken können, wenn der Verjährungszeitraum noch nicht eingetreten ist. Jedenfalls wenn es um neue, eigenständige Störungen geht, ist für jede Störung bei der Verwirkung zu fragen, ob das erforderliche Zeitmoment in Gestalt einer vorangehenden langjährigen Duldung besteht (BGH NZM 2015, 787). Jedenfalls daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die im Rahmen des Einwandes der Verwirkung für die Beurteilung des Zeitmomentes maßgebliche Frist beginnt daher mit jeder neuen Einwirkung jeweils neu zu laufen (BGH NJW – RR 2006, 235; vgl. auch BGH GRUR 2012, 928). Um einen derartigen Fall handelt es sich auch vorliegend. Durch jeden Neubetrieb des Pizzaofens wird eine neue – zwar in der Sache gleichartige – aber jedoch neue Einwirkung auf die vormalige Wohnung der Klägerin bewirkt. Es handelt sich insbesondere nicht um eine dauerhafte und unterbrochene Einwirkung, sondern jeden Tag erneut um eine erneute isolierte Einwirkung. Es ergibt sich bereits daraus, dass der Nichtbetrieb des Pizzaofens an mehreren Tagen zwangsläufig dazu führen würde, dass der Schornstein abkühlt und die Einwirkungen auch die Wohnung der Klägerin komplett unterbliebe, während die Einwirkung je nach Intensität der Nutzung des Pizzaofens ansteigt. Im Übrigen hat die Kammer auch Bedenken, zu welchem Zeitpunkt das Zeitmoment im vorliegenden Fall beginnen sollte, würde man sich – wie nicht – auf den Standpunkt stellen, es handele sich um eine ununterbrochen dauerhafte Einwirkung. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass jedenfalls nach dem Vortrag der Klägerin, welchen die Beklagten allerdings nicht vollständig in Abrede genommen haben, die Nutzungsintensität des Ofens sich in der Vergangenheit gesteigert hat. Es ist daher im Nachhinein ohnehin nicht mehr festzustellen, zu welchem Zeitpunkt erstmals die Nutzung ein Maß überschritten hat, welches zu einem Beseitigungsanspruch der Klägerin geführt hat und zu welchem – wenn man es anders sehen wollte – das Zeitmoment für die Verwirkung beginnen würde.

Darüber hinaus fehlt es allerdings auch am Umstandsmoment. Denn auch ein längeres Untätig bleiben gegenüber gleichartigen Störungen in der Vergangenheit kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundegerichtshofes ein berechtigtes Vertrauensstörens nicht begründen, auch gegen neue Störungen würde nicht vorgegangen (vgl. BGH BRP 2012, 1104 Rn. 23). Denn die Verwirkung führt nur dazu, dass ein bereits entstandener Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann, die übrigen Eigentümer insoweit zwar eine praktische Duldungspflicht trifft. Die Verwirkung führt aber nicht dazu, dass der Störer eine weitergehende Rechtsposition erhält und sein Handeln dergestalt legalisiert würde, dass die künftige zweckbestimmungswidrig Nutzung keine Störung mehr darstellt. Ein Freibrief für künftige Störungen ist – wie der Bundesgerichtshofs ausdrücklich betont – mit der Verwirkung von bereits entstandenen Ansprüchen gerade nicht verbunden (BGH GRUR 2010, 928 Rn. 23). Dieses schließt es jedoch aus anzunehmen, dass die Beklagten davon ausgehen könnten, die Klägerin würde, nur weil sie in der Vergangenheit den Betrieb des Pizzaofens an den derzeitigen Kaminzug geduldet hat, dieses auch in Zukunft tun. Hinzu kommt, dass Dispositionen der Beklagten – die über den vereinbarungswidrigen Anschluss des Pizzaofens hinausgehen – und im Vertrauen auf eine fortwährende Nutzungsmöglichkeit des Kaminzuges Nr. 7 getätigt worden sind, nicht ersichtlich sind.

4. Nach alledem war auf die Berufung der Klägerin der Klage überwiegend – soweit noch in der 2. Instanz verfolgt stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, denn es handelt sich um die Beurteilung eines arttypisch gelagerten Einzelfalls, die Grundlagen sind durch die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes geklärt.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 49 a GKG.

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