Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Gerechtigkeit: Wenn die Wohnungsgröße nicht mehr stimmt
- Der Auslöser: Eine Dachgeschosswohnung und eine neue Vermessung
- Die Eigentümerversammlung und ihr folgenreicher Beschluss
- Ein Eigentümer klagt: Der Streit landet vor Gericht
- Die zentralen Fragen, die das Gericht klären musste
- Das Urteil: Eine teilweise ungültige Entscheidung
- Die Begründung: Warum die Zukunft anders zu bewerten ist als die Vergangenheit
- Der Kern des Urteils: Warum eine Rückwirkung für 2023 nicht erlaubt war
- Ein teilbarer Beschluss: Das Gute bleibt, das Schlechte fliegt raus
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Dürfen Wohnungseigentümer die Verteilung der Gemeinschaftskosten ändern?
- Kann eine WEG-Entscheidung zur Kostenverteilung rückwirkend für bereits abgelaufene Zeiträume gelten?
- Unter welchen Voraussetzungen darf eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Kostenverteilung für die Zukunft ändern?
- Was kann ich tun, wenn ich mit einem Beschluss der WEG zur Kostenverteilung nicht einverstanden bin?
- Was bedeutet es, wenn ein WEG-Beschluss nur teilweise für ungültig erklärt wird?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 22 C 4/25 WEG | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Berlin-Mitte
- Datum: 07.05.2025
- Aktenzeichen: 22 C 4/25 WEG
- Verfahrensart: Zivilverfahren (Anfechtungsklage)
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Miteigentümer von zwei Sondereigentumseinheiten innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Er war der Auffassung, dass der Beschluss zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels formelle Mängel aufwies und die Rückwirkung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprach.
- Beklagte: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) der betroffenen Wohnanlage. Sie beantragte die Abweisung der Klage und argumentierte, der Beschluss zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels sei zulässig und sachlich begründet, auch die Rückwirkung sei zulässig.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss, den Kostenverteilungsschlüssel für das Gemeinschaftseigentum rückwirkend ab dem 01.01.2023 zu ändern. Grundlage war eine neue Vermessung der Dachgeschosseinheit, die eine geringere Wohnfläche als ursprünglich angenommen ergab und zu einer vermeintlich ungerechten Kostenverteilung geführt hatte. Ein Miteigentümer klagte gegen diesen Beschluss.
- Kern des Rechtsstreits: Im Kern ging es darum, ob der Beschluss der Eigentümergemeinschaft zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für das Gemeinschaftseigentum wirksam ist. Insbesondere wurde die Zulässigkeit der rückwirkenden Änderung des Schlüssels angezweifelt und ob der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht erklärte den Beschluss der Eigentümergemeinschaft zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für ungültig, soweit er eine Rückwirkung für den Zeitraum vor dem 01.01.2024 vorsieht. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen, was bedeutet, dass die Änderung des Schlüssels ab dem 01.01.2024 gültig ist. Die Kosten des Rechtsstreits wurden überwiegend dem Kläger auferlegt.
- Begründung: Das Gericht befand den Beschluss in formeller Hinsicht für ordnungsgemäß und erkannte die grundsätzliche Kompetenz der Eigentümergemeinschaft an, den Kostenverteilungsschlüssel zu ändern. Die Änderung des Schlüssels ab dem 01.01.2024 wurde als zulässig und ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend bewertet. Die Rückwirkung des Beschlusses für das bereits abgeschlossene Abrechnungsjahr 2023 wurde jedoch für ungültig erklärt, da dies dem Vertrauensschutz der Eigentümer widerspricht.
- Folgen: Die Kosten für das Abrechnungsjahr 2023 müssen weiterhin nach dem alten Verteilungsschlüssel abgerechnet werden. Ab dem 01.01.2024 gilt jedoch der neue, angepasste Kostenverteilungsschlüssel für die Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zu einem Großteil dem Kläger auferlegt, da er mit seinem Hauptanliegen zur Rückwirkung für 2024 unterlegen war.
Der Fall vor Gericht
Streit um Gerechtigkeit: Wenn die Wohnungsgröße nicht mehr stimmt
Wer in einer Eigentumswohnung lebt, kennt das: Jedes Jahr fallen gemeinsame Kosten für das Gebäude an, zum Beispiel für die Reinigung des Treppenhauses, die Gartenpflege oder die Versicherung. Diese Kosten werden unter allen Eigentümern aufgeteilt. Aber nach welchem Schlüssel? Meistens hängt der Anteil, den jeder zahlen muss, von der Größe der eigenen Wohnung ab. Was aber, wenn sich herausstellt, dass die offizielle Wohnungsgröße, die seit Jahren als Berechnungsgrundlage dient, gar nicht stimmt? Genau mit dieser Frage musste sich das Amtsgericht Berlin-Mitte befassen.
Der Auslöser: Eine Dachgeschosswohnung und eine neue Vermessung

In einem Berliner Mehrfamilienhaus bildeten die Eigentümer eine sogenannte Wohnungseigentümergemeinschaft (oft als WEG abgekürzt), also den Zusammenschluss aller Wohnungseigentümer zur Verwaltung des gemeinsamen Eigentums. Die Regeln für diese Gemeinschaft, einschließlich der Kostenverteilung, waren in einem grundlegenden Dokument festgelegt, der sogenannten Teilungserklärung. Man kann sich diese Erklärung wie die Verfassung des Hauses vorstellen. Laut dieser Verfassung wurden die Kosten nach Miteigentumsanteilen (MEA) verteilt, die sich wiederum stark an der Wohnfläche orientierten.
Das Problem lag im Dachgeschoss. Dessen Wohnung war in den offiziellen Unterlagen mit einer Fläche von rund 194 Quadratmetern und entsprechend hohen Miteigentumsanteilen verzeichnet. Die Eigentümerin dieser Wohnung musste daher einen sehr großen Teil der Gemeinschaftskosten tragen. Eine neue, professionelle Vermessung durch einen Architekten brachte jedoch eine Überraschung: Die Wohnung war tatsächlich nur etwa 169 Quadratmeter groß – also fast 25 Quadratmeter kleiner als gedacht. Jahrelang hatte die Eigentümerin also auf einer falschen Grundlage zu viel bezahlt.
Die Eigentümerversammlung und ihr folgenreicher Beschluss
Um diese Ungerechtigkeit zu beheben, lud die Hausverwaltung zu einer Eigentümerversammlung ein. Auf der Tagesordnung stand ein entscheidender Punkt: die „Änderung des Verteilungsmaßstabes“. Die Eigentümer sollten darüber abstimmen, die Grundlage für die Kostenverteilung zu ändern. In der Einladung wurde erklärt, dass die bisherige Berechnung unfair sei und auf neuen, korrekten Wohnflächen basieren solle. Eine Tabelle, die den alten und den neuen Verteilerschlüssel gegenüberstellte, lag der Einladung bei.
Auf der Versammlung im Dezember 2024 fassten die Eigentümer mit einer Mehrheit einen weitreichenden Beschluss. Sie entschieden, den neuen, auf den korrekten Wohnflächen basierenden Verteilerschlüssel anzunehmen. Der entscheidende Zusatz war jedoch: Diese Änderung sollte rückwirkend ab dem 1. Januar 2023 gelten. Das bedeutete, nicht nur zukünftige Kosten, sondern auch die Kosten für das bereits fast abgelaufene Jahr 2023 sollten nach dem neuen Schlüssel neu berechnet werden.
Ein Eigentümer klagt: Der Streit landet vor Gericht
Ein anderer Wohnungseigentümer, Herr K., war mit diesem Beschluss nicht einverstanden. Für ihn und andere Eigentümer von Wohnungen, deren Größe korrekt angegeben war, bedeutete die Änderung eine höhere Kostenbelastung, da der Anteil der großen Dachgeschosswohnung sank. Er zog vor Gericht und reichte eine Anfechtungsklage ein. Sein Ziel war es, den Beschluss für ungültig erklären zu lassen.
Seine Argumente waren vielfältig. Zuerst bemängelte er, dass die Eigentümer vor der Versammlung nicht ausreichend informiert worden seien. Viel wichtiger war ihm aber ein anderer Punkt: Er war der Meinung, dass eine rückwirkende Änderung des Verteilerschlüssels für ein bereits abgeschlossenes Jahr gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung verstößt. Dies ist ein Rechtsprinzip, das besagt, dass alle Verwaltungsmaßnahmen fair, vernünftig und im Interesse aller Eigentümer sein müssen.
Die zentralen Fragen, die das Gericht klären musste
Das Gericht stand nun vor mehreren kniffligen Fragen. Zunächst musste es prüfen, ob die Klage überhaupt formell korrekt und fristgerecht eingereicht wurde, was der Fall war. Die eigentlichen Kernfragen lauteten aber:
- Hatten die Eigentümer überhaupt die Befugnis, eine solche Änderung per Mehrheitsbeschluss zu fassen?
- War die Änderung für die Zukunft, also ab 2024, rechtmäßig?
- Und die entscheidende Frage: Durfte die Änderung auch rückwirkend für das bereits abgeschlossene Jahr 2023 gelten?
Das Urteil: Eine teilweise ungültige Entscheidung
Das Gericht fällte ein differenziertes Urteil. Es erklärte den Beschluss der Eigentümer nur teilweise für ungültig. Genauer gesagt: Der Teil des Beschlusses, der die Änderung rückwirkend für das Jahr 2023 vorsah, wurde gekippt. Die Änderung des Verteilerschlüssels für die Zukunft, also ab dem 1. Januar 2024, blieb jedoch gültig. Im Ergebnis trug der Kläger den Großteil der Gerichtskosten, da er nur in einem kleinen Punkt Recht bekommen hatte.
Die Begründung: Warum die Zukunft anders zu bewerten ist als die Vergangenheit
Um dieses Urteil zu verstehen, muss man sich die richterliche Logik Schritt für Schritt ansehen. Das Gericht prüfte die Rechtmäßigkeit des Beschlusses Punkt für Punkt.
Durften die Eigentümer das überhaupt beschließen?
Ja, das durften sie. Der Kläger hatte argumentiert, die Eigentümer könnten die Miteigentumsanteile nicht per Mehrheitsbeschluss ändern. Das Gericht stimmte dem im Prinzip zu. Die Miteigentumsanteile sind wie die Aktienanteile an einer Firma; sie sind im Grundbuch festgeschrieben und können nur mit Zustimmung aller geändert werden. Das Gericht interpretierte den Beschluss der Eigentümer aber anders. Es sagte, die Eigentümer wollten nicht die grundlegenden Eigentumsanteile ändern, sondern nur die Formel, nach der die laufenden Kosten verteilt werden. Man kann sich das so vorstellen: Die Eigentumsanteile sind das Fundament des Hauses, das man nicht einfach so ändert. Die Kostenverteilungsregel ist eher wie die Hausordnung, die mit Mehrheit angepasst werden kann. Das Wohnungseigentumsgesetz erlaubt es den Eigentümern ausdrücklich, per Mehrheitsbeschluss eine vom Standard abweichende Kostenverteilung für bestimmte Kostenarten festzulegen. Da der Beschluss alle laufenden Kosten betraf, war er von dieser Kompetenz gedeckt.
War die Änderung für die Zukunft fair?
Auch hier sagte das Gericht klar: Ja. Die Eigentümer haben einen weiten Spielraum, wie sie ihre Kosten verteilen wollen, solange es nicht willkürlich oder grob unfair für Einzelne wird. Die Kosten an die tatsächliche, nachgemessene Wohnfläche zu koppeln, ist ein sehr sachlicher und gerechter Grund. Dass der Kläger dadurch etwas mehr zahlen musste (in seinem Fall eine Erhöhung von rund 3 %), sah das Gericht nicht als ungerechtfertigte Benachteiligung an.
Der Kern des Urteils: Warum eine Rückwirkung für 2023 nicht erlaubt war
Der entscheidende Punkt, in dem der Kläger Recht bekam, war die Rückwirkung. Warum war die Änderung für das laufende Jahr 2024 in Ordnung, aber für das abgeschlossene Jahr 2023 nicht? Hier kommt der juristische Grundsatz des Vertrauensschutzes ins Spiel. Jeder Eigentümer muss sich darauf verlassen können, dass die Spielregeln für ein bereits abgelaufenes Jahr nicht nachträglich geändert werden.
Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitgeber würde Ihnen am Ende des Jahres mitteilen, dass er Ihr Gehalt für die letzten zwölf Monate rückwirkend kürzt. Das wäre ein Schock, denn Sie haben Ihre Ausgaben und Pläne auf Basis Ihres bekannten Gehalts gemacht. Ähnlich argumentiert das Gericht hier. Für das Jahr 2023, das zum Zeitpunkt des Beschlusses im Dezember 2024 bereits fast vollständig vergangen war, durften die Eigentümer darauf vertrauen, dass die Abrechnung nach den alten, bekannten Regeln erfolgt.
Für das Jahr 2024 galt das nicht in gleichem Maße. Da das Jahr zum Zeitpunkt des Beschlusses noch lief und die Endabrechnung noch nicht erstellt war, war das Vertrauen der Eigentümer in den alten Schlüssel noch nicht so stark geschützt. Eine Änderung der Spielregeln während der laufenden „Saison“ ist also grundsätzlich möglich.
Ein teilbarer Beschluss: Das Gute bleibt, das Schlechte fliegt raus
Das Gericht musste den Beschluss also nicht komplett für ungültig erklären. Es wandte einen Grundsatz an, der besagt, dass man einen Beschluss „teilen“ kann, wenn die einzelnen Teile auch für sich allein sinnvoll sind. Das Gericht ging davon aus, dass die Eigentümer das Vernünftige und rechtlich Zulässige gewollt hätten. Daher wäre es ihr Wille gewesen, die neue, faire Kostenverteilung zumindest für die Zukunft zu beschließen, selbst wenn die Rückwirkung unzulässig ist. Der Beschluss war also wie ein Vertrag mit einer ungültigen Klausel: Man streicht nur die eine Klausel, aber der Rest des Vertrags bleibt bestehen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Wohnungseigentümer durchaus die Kostenverteilung in ihrer Gemeinschaft ändern können, wenn die bisherige Regelung auf falschen Wohnungsgrößen basierte und dadurch unfair geworden ist. Eine solche Anpassung an die tatsächlichen, neu vermessenen Quadratmeter ist rechtlich zulässig und wird von Gerichten als sachlich begründet anerkannt. Der entscheidende Grundsatz lautet jedoch: Änderungen dürfen nur für die Zukunft gelten, nicht rückwirkend für bereits abgeschlossene Jahre, da Eigentümer darauf vertrauen müssen, dass einmal geltende Regeln für vergangene Zeiträume nicht nachträglich geändert werden. Das Urteil macht deutlich, dass Gerechtigkeit bei der Kostenverteilung wichtig ist, aber der Schutz vor nachträglichen Überraschungen bei den Abrechnungen ebenso hoch wiegt.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Dürfen Wohnungseigentümer die Verteilung der Gemeinschaftskosten ändern?
Ja, die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann die Verteilung der laufenden Gemeinschaftskosten grundsätzlich ändern. Dies ist ein wichtiger Aspekt der Selbstverwaltung einer WEG.
Unterscheidung: Miteigentumsanteile und Kostenverteilung
Für das Verständnis ist es entscheidend, zwischen den Miteigentumsanteilen und der Verteilung der Gemeinschaftskosten zu unterscheiden:
- Miteigentumsanteile: Dies sind die im Grundbuch eingetragenen Eigentumsanteile an der Immobilie, die auch die Stimmkraft und die Größe des Eigentums widerspiegeln. Diese Anteile können nicht durch einen einfachen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft geändert werden. Eine Änderung der Miteigentumsanteile wäre ein sehr komplexer Vorgang, der eine notarielle Beurkundung und eine Änderung im Grundbuch erfordert.
- Verteilung der Gemeinschaftskosten: Hiermit ist gemeint, wie die Kosten, die für den Betrieb und die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums anfallen (z.B. Heizkosten, Gartenpflege, Reinigung), auf die einzelnen Eigentümer umgelegt werden. Diese „Spielregeln“ für die Umlage der Kosten sind anpassbar.
Wie erfolgt die Änderung der Kostenverteilung?
Die Änderung der Verteilung der Gemeinschaftskosten erfolgt durch einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer. Seit der Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG 2020) ist dies in vielen Fällen einfacher geworden. Früher waren hierfür oft qualifizierte Mehrheiten oder sogar Allstimmigkeit erforderlich. Heute kann für die meisten laufenden Kostenarten eine Änderung des Verteilungsschlüssels mit einer einfachen Mehrheit der Stimmen beschlossen werden.
Stellen Sie sich vor, die Heizkosten wurden bisher ausschließlich nach der Wohnfläche verteilt, aber viele Eigentümer wünschen sich eine Abrechnung nach tatsächlichem Verbrauch, um den Energieverbrauch zu senken und Gerechtigkeit zu schaffen. Eine solche Änderung der Verteilung des Heizkostenanteils ist in der Regel durch einen Mehrheitsbeschluss möglich.
Voraussetzungen für eine Änderung
Eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels muss stets den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Das bedeutet, der Beschluss darf keinen Wohnungseigentümer willkürlich benachteiligen oder gegen wesentliche gesetzliche Vorgaben verstoßen. Ziel der Änderung ist oft eine gerechtere oder verbrauchsabhängigere Zuordnung der Kosten, die eine bessere Kontrolle und Effizienz ermöglicht.
Kann eine WEG-Entscheidung zur Kostenverteilung rückwirkend für bereits abgelaufene Zeiträume gelten?
Eine Entscheidung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) über die Verteilung von Kosten kann in der Regel nicht rückwirkend für bereits abgeschlossene Abrechnungsperioden gelten. Dies ist ein wichtiger Grundsatz, der dem Vertrauensschutz der Eigentümer und der Planungssicherheit dient.
Schutz des Vertrauens und der Planungssicherheit
Für Sie als Wohnungseigentümer ist es entscheidend, dass Sie sich auf die bestehende Kostenverteilung verlassen können. Wenn eine WEG-Entscheidung die Kostenverteilung für vergangene Zeiträume plötzlich ändern könnte, würde dies bedeuten, dass Sie nachträglich für Perioden, die bereits finanziell abgewickelt wurden, zur Kasse gebeten werden könnten oder umgekehrt. Dies würde jegliche finanzielle Planung unmöglich machen und zu großer Unsicherheit führen.
Ein abgeschlossener Abrechnungszeitraum ist jene Periode (meist ein Kalenderjahr), für die die Jahresabrechnung erstellt und von der Eigentümergemeinschaft beschlossen wurde. Sind die Kosten für einen solchen Zeitraum einmal nach dem geltenden Verteilungsschlüssel abgerechnet und die Abrechnung beschlossen, ist dieser Zeitraum grundsätzlich final.
Bedeutung für bereits abgelaufene Perioden
Die Unzulässigkeit einer rückwirkenden Änderung für bereits abgelaufene Zeiträume schützt die Eigentümer davor, dass sie unerwartet höhere Zahlungen für die Vergangenheit leisten müssen. Es sichert aber auch, dass bereits zu viel gezahlte Beträge nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen zurückgefordert werden können, etwa bei offensichtlich falschen oder nichtigen ursprünglichen Beschlüssen, die von Anfang an unwirksam waren. Solche Ausnahmefälle sind jedoch komplex und keine Regel.
Neue Verteilungsschlüssel gelten grundsätzlich für die Zukunft
Beschließt die WEG einen neuen Kostenverteilungsschlüssel, so wirkt dieser grundsätzlich nur für die Zukunft. Das bedeutet, er kommt ab dem Zeitpunkt der Beschlussfassung oder einem im Beschluss festgelegten zukünftigen Zeitpunkt zur Anwendung, jedoch nicht für Zeiträume, die vor dem Beschluss lagen und bereits abgerechnet sind. Die Eigentümer haben das Recht, ihre Ausgaben und Einnahmen auf Basis der bekannten und gültigen Regelungen zu kalkulieren.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Vertrauensschutz der Eigentümer und die Notwendigkeit von Planungssicherheit maßgebliche Gründe dafür sind, dass eine WEG-Entscheidung zur Kostenverteilung nicht rückwirkend für bereits abgeschlossene Abrechnungsperioden gelten kann.
Unter welchen Voraussetzungen darf eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Kostenverteilung für die Zukunft ändern?
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann die Kostenverteilung für künftige Abrechnungsperioden grundsätzlich ändern. Das ist ein wichtiger Punkt, wenn sich die Umstände ändern oder eine bestehende Verteilung als ungerecht empfunden wird, zum Beispiel weil die Wohnflächen falsch sind.
Beschluss der Eigentümergemeinschaft
Um eine solche Änderung vorzunehmen, ist immer ein gültiger Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich. Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2020 ist hierfür in der Regel die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend. Das bedeutet, dass mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen notwendig sind, sofern der Beschluss nicht die Grundlagen der Gemeinschaftsordnung selbst betrifft oder außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine besondere Regelung erfordern würden. Für Sie als Eigentümer bedeutet das, dass eine Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Stimmen ausreicht, um eine Anpassung der Kostenverteilung für die Zukunft zu beschließen.
Die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung und Sachgerechtigkeit
Die Zulässigkeit einer Kostenverteilung hängt von zwei zentralen Kriterien ab:
- Ordnungsgemäße Verwaltung: Der Beschluss zur Kostenverteilung muss den Grundsätzen einer vernünftigen und verantwortungsbewussten Verwaltung entsprechen. Das bedeutet, die Entscheidung darf nicht willkürlich sein oder einzelne Eigentümer gezielt benachteiligen, ohne dass dafür ein nachvollziehbarer Grund existiert. Eine Änderung muss dem Wohl und den Interessen der gesamten Gemeinschaft dienen.
- Sachgerechtigkeit der neuen Verteilung: Die neu beschlossene Kostenverteilung muss sachgerecht und nachvollziehbar sein. Sie sollte eine faire Lastenverteilung widerspiegeln. Ein guter Anlass für eine Änderung ist beispielsweise die Korrektur von Fehlern, wie im Fall von falsch ermittelten Wohnflächen. Wenn die tatsächlichen Wohnflächen von den ursprünglichen Angaben abweichen, ist es sachgerecht, die Kostenverteilung entsprechend anzupassen, um eine gerechtere Grundlage zu schaffen. Dies gilt insbesondere für Kosten, die direkt von der Wohnfläche abhängig sind, wie Heizkosten (sofern nicht verbrauchsabhängig abgerechnet) oder Instandhaltungskosten.
Andere Gründe für eine sachgerechte Anpassung können auch die Einführung verbrauchsabhängiger Abrechnungen für bestimmte Posten sein, wenn dies technisch möglich und sinnvoll ist, oder die Berücksichtigung einer neuen Nutzung, die bestimmte Kostenpositionen stärker beeinflusst.
Wenn eine solche Änderung für die Zukunft beschlossen wird, beginnt die neue Kostenverteilung in der Regel mit der nächsten Abrechnungsperiode. Für vergangene Abrechnungsperioden bleibt der alte Verteilungsschlüssel bestehen, da die Rückwirkung einer solchen Änderung gesonderten, strengeren Regeln unterliegt.
Was kann ich tun, wenn ich mit einem Beschluss der WEG zur Kostenverteilung nicht einverstanden bin?
Wenn Sie mit einem Beschluss Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zur Kostenverteilung nicht einverstanden sind, haben Sie die Möglichkeit, diesen Beschluss gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies geschieht in der Regel durch eine sogenannte Anfechtungsklage.
Die Anfechtungsklage als Option
Die Anfechtungsklage ist ein rechtlicher Weg, um einen WEG-Beschluss von einem Gericht auf seine Gültigkeit hin überprüfen zu lassen. Ziel dieser Klage ist es, den Beschluss für ungültig erklären zu lassen. Das bedeutet, er verliert seine Wirkung von Anfang an. Es ist wichtig zu wissen, dass ein Beschluss der WEG zunächst gültig ist, auch wenn er möglicherweise fehlerhaft zustande gekommen ist. Er wird erst dann unwirksam, wenn er erfolgreich angefochten wird.
Fristen und Gründe für eine Anfechtung
Für die Einreichung einer Anfechtungsklage gibt es eine sehr wichtige und kurze Frist. Diese Klage muss in der Regel innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung beim zuständigen Gericht (Amtsgericht) eingereicht werden. Verpasst man diese Frist, wird der Beschluss – auch wenn er fehlerhaft ist – bestandskräftig und kann dann nicht mehr angefochten werden.
Ein WEG-Beschluss kann angefochten werden, wenn er aus bestimmten Gründen fehlerhaft ist. Die häufigsten Gründe sind:
- Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften: Zum Beispiel, wenn der Beschluss die Vorgaben des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) missachtet. Das könnte der Fall sein, wenn die Kostenverteilung nicht dem im Gesetz oder der Teilungserklärung vorgesehenen Verteilungsschlüssel entspricht.
- Verstoß gegen die Teilungserklärung oder eine Gemeinschaftsordnung: Die Teilungserklärung ist quasi die Verfassung der WEG. Wenn ein Beschluss den dort festgelegten Regeln widerspricht, kann er anfechtbar sein.
- Verstoß gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung: Das bedeutet, der Beschluss entspricht nicht den Regeln einer vernünftigen und vorausschauenden Verwaltung im Interesse der gesamten Gemeinschaft. Hierzu zählen zum Beispiel Entscheidungen, die grob unbillig, also objektiv ungerechtfertigt sind, oder die die Gemeinschaft benachteiligen, ohne dass ein sachlicher Grund vorliegt.
Wirkung einer erfolgreichen Anfechtung
Wird ein Beschluss erfolgreich angefochten, so erklärt ihn das Gericht für ungültig. Für Sie als Eigentümer bedeutet das, dass der angefochtene Beschluss von Anfang an unwirksam ist. Es muss dann gegebenenfalls ein neuer, korrekter Beschluss gefasst werden. Solange ein Beschluss nicht gerichtlich für ungültig erklärt wurde, müssen sich alle Eigentümer daran halten, auch wenn sie nicht damit einverstanden sind.
Was bedeutet es, wenn ein WEG-Beschluss nur teilweise für ungültig erklärt wird?
Wenn ein Gericht einen Beschluss Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht vollständig aufhebt, sondern nur bestimmte Abschnitte oder Regelungen davon für unwirksam erklärt, spricht man von einem „teilbaren Beschluss“. Das bedeutet, dass der Beschluss in verschiedene voneinander unabhängige Teile aufgeteilt werden kann, von denen nur ein oder mehrere bestimmte Teile rechtlich fehlerhaft sind.
Der Grundsatz: Erhaltung des Eigentümerwillens
Dieser Ansatz dient dazu, den Willen der Wohnungseigentümer so weit wie möglich zu respektieren und aufrechtzuerhalten. Das Gericht prüft, ob der Fehler im Beschluss nur einen abgrenzbaren Teil betrifft. Wenn der fehlerhafte Teil isoliert werden kann und der Rest des Beschlusses für sich genommen immer noch sinnvoll und rechtlich haltbar ist, dann wird nur der mangelhafte Teil für ungültig erklärt. Die einwandfreien und voneinander unabhängigen Teile des Beschlusses bleiben gültig.
Stellen Sie sich vor, Ihre WEG beschließt, dass ein neues Dach gebaut wird und gleichzeitig, dass die Kosten dafür in einer Weise verteilt werden, die nicht den gesetzlichen Vorgaben oder der Teilungserklärung entspricht. Ein Gericht könnte entscheiden, dass der Beschluss über den Bau des Daches gültig ist, weil dieser Teil für sich genommen sinnvoll ist und dem Willen der Eigentümer entspricht. Nur die fehlerhafte Kostenverteilung würde für ungültig erklärt werden. Der Dachbau kann dann trotzdem erfolgen, muss aber nach den korrekten Regeln abgerechnet werden.
Wann ist ein Beschluss teilbar?
Ein Beschluss gilt als teilbar, wenn der gültige Teil auch ohne den für ungültig erklärten Teil einen eigenständigen Zweck erfüllt und verständlich bleibt. Entscheidend ist dabei, ob angenommen werden kann, dass die Wohnungseigentümer den gültigen Teil auch dann so beschlossen hätten, wenn der fehlerhafte Teil gar nicht erst zur Abstimmung gestanden hätte. Ist der fehlerhafte Teil jedoch untrennbar mit dem Rest des Beschlusses verbunden und würde der Beschluss ohne ihn keinen Sinn mehr ergeben, muss das Gericht den gesamten Beschluss für ungültig erklären.
Was dies für Sie als Eigentümer bedeutet
Für Sie als Wohnungseigentümer bedeutet eine solche Entscheidung, dass nicht der gesamte Beschluss Ihrer WEG hinfällig wird. Vielmehr verlieren nur die ganz konkreten, rechtlich fehlerhaften Elemente ihre Gültigkeit, während die anderen Teile des Beschlusses weiterhin bindend sind und umgesetzt werden dürfen. Dies hilft, die getroffenen Entscheidungen der Gemeinschaft nicht unnötig komplett zu kassieren und die Handlungsfähigkeit der WEG zu gewährleisten.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist der Zusammenschluss aller Eigentümer einer oder mehrerer Eigentumswohnungen innerhalb eines Gebäudes. Die WEG verwaltet das gemeinschaftliche Eigentum, also Teile des Gebäudes und Grundstücks, die allen Eigentümern gemeinsam gehören, zum Beispiel das Treppenhaus oder den Garten. Entscheidungen über das gemeinschaftliche Eigentum, wie etwa die Verteilung der Kosten für Reinigung oder Instandhaltung, trifft die WEG meist gemeinsam durch Beschlüsse. Rechtliche Grundlage ist das Wohnungseigentumsgesetz (WEG).
Beispiel: Wenn die Hausverwaltung eine neue Gartenpflege beauftragt, zahlen alle Wohnungseigentümer der WEG entsprechend ihrer Kostenverteilung den Anteil mit.
Teilungserklärung
Die Teilungserklärung ist ein notariell beurkundetes Dokument, das ein Gebäude in einzelne Eigentumswohnungen und gemeinschaftliches Eigentum aufteilt. Sie enthält wichtige Festlegungen, zum Beispiel wie das Gebäude in Eigentumsanteile (Miteigentumsanteile) aufgeteilt ist und wie Kosten verteilt werden. Man kann sie mit einer Verfassung für das Wohngebäude vergleichen, die die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer regelt. Änderungen daran sind meist nur mit Zustimmung aller Eigentümer möglich.
Beispiel: In der Teilungserklärung ist festgelegt, dass die Gemeinschaftskosten anteilig nach Wohnfläche verteilt werden, was für die späteren Abrechnungen bindend ist.
Miteigentumsanteile
Miteigentumsanteile sind die im Grundbuch festgehaltenen Anteile an einem Gemeinschaftseigentum, die jeweils einem Wohnungseigentümer gehören. Sie bestimmen nicht nur das Eigentumsverhältnis, sondern auch die Stimmrechte in der Eigentümergemeinschaft und häufig die Verteilung der Gemeinschaftskosten. Die Miteigentumsanteile sind das „Fundament“ des Eigentums und können nur mit Zustimmung aller Eigentümer und durch Änderung im Grundbuch verändert werden. Ein einfacher Beschluss der WEG reicht dafür nicht aus.
Beispiel: Ein Eigentümer hat 20 % Miteigentumsanteile, das bedeutet, dass er 20 % der Gemeinschaftskosten zahlt und 20 % der Stimmen bei Entscheidungen hat.
Ordnungsgemäße Verwaltung
Die ordnungsgemäße Verwaltung ist ein juristischer Grundsatz, der verlangt, dass Entscheidungen und Maßnahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft vernünftig, verantwortungsvoll und im Interesse aller Eigentümer getroffen werden. Ein Beschluss, insbesondere über Kostenverteilung oder Instandhaltungen, darf nicht willkürlich oder grob ungerecht sein und muss einer sachgerechten, nachvollziehbaren Grundlage folgen. Verstöße hiergegen können einen Beschluss anfechtbar machen. Diese Prinzipien ergeben sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und allgemeinem Verwalterrecht.
Beispiel: Die Umverteilung der Kosten auf Basis einer korrigierten Wohnfläche ist eine sachgerechte Maßnahme und daher meist ordnungsgemäß, solange sie die Eigentümer nicht willkürlich benachteiligt.
Anfechtungsklage
Die Anfechtungsklage ist ein gerichtlicher Rechtsbehelf, mit dem ein Wohnungseigentümer einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) auf seine Rechtmäßigkeit prüfen lassen kann. Ziel ist es, einen fehlerhaften Beschluss für ungültig zu erklären, sodass der Beschluss von Anfang an keine Wirkung entfaltet. Die Klage muss meist innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung eingereicht werden, andernfalls gilt der Beschluss als bestandskräftig. Typische Gründe für eine Anfechtung sind Verstöße gegen das Wohnungseigentumsgesetz, die Teilungserklärung oder gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung.
Beispiel: Ein Eigentümer legt eine Anfechtungsklage ein, weil er die rückwirkende Änderung der Kostenverteilung für das vergangene Jahr für unzulässig hält.
Vertrauensschutz
Vertrauensschutz ist ein Rechtsprinzip, das sicherstellt, dass Eigentümer darauf vertrauen können, dass bereits abgeschlossene Rechts- und Verwaltungsakte nicht nachträglich zum Nachteil verändert werden. Insbesondere bedeutet dies, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Kostenverteilung nicht rückwirkend für bereits abgerechnete Perioden ändern darf. Dadurch wird die finanzielle Planungssicherheit der Eigentümer geschützt. Dieses Prinzip ist auch Teil der allgemeinen Rechtssicherheit und folgt aus dem Gedanken der Rechtmäßigkeit und Verlässlichkeit staatlichen und gemeinschaftlichen Handelns.
Beispiel: Wenn der Kostenverteilerschlüssel für das Jahr 2023 einmal beschlossen und abgerechnet wurde, können die Eigentümer nicht im Dezember 2024 beschließen, die Zahlungen für 2023 nachträglich zu ändern.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere §§ 16, 21 WEG: Das WEG regelt die Rechtsverhältnisse von Wohnungseigentümern untereinander, darunter die Bildung von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) und die Verteilung der Kosten. § 16 WEG erlaubt den Eigentümern, mit Mehrheit eine abweichende Kostenverteilung zu beschließen, ohne die Miteigentumsanteile im Grundbuch zu ändern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bestätigte, dass die Eigentümer die Kostenverteilung per Mehrheitsbeschluss nach einem neuen Schlüssel anpassen durften, da es sich hierbei um die Änderung der Verteilungsregel und nicht der Grundbuchanteile handelte.
- Grundbuchordnung (GBO) und Grundbuchrecht, speziell Miteigentumsanteile: Die Miteigentumsanteile sind im Grundbuch festgeschrieben und können nur mit Zustimmung aller Eigentümer geändert werden, ähnlich wie Aktienanteile an einer Gesellschaft. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Änderung der Verteilung der Kosten basiert nicht auf einer Änderung der Miteigentumsanteile, sondern lediglich auf einer Anpassung der Verteilungsformel, sodass keine Grundbuchänderung erforderlich war.
- Vertrauensschutzprinzip (Allgemeines Verwaltungsrecht/Rechtsstaatsprinzip): Dieses Grundprinzip schützt Personen davor, dass bereits abgeschlossene Rechtsverhältnisse oder Handlungen rückwirkend zu deren Nachteil verändert werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht untersagte die rückwirkende Anwendung des neuen Verteilerschlüssels auf das Jahr 2023, da die Eigentümer für das bereits abgeschlossene Jahr auf die bisherigen Abrechnungen vertrauen durften.
- Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG): Wohnungseigentümer haben das Recht auf eine gerechte, vernünftige und wirtschaftliche Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, der Verwalter muss die Interessen aller Eigentümer berücksichtigen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Umstellung auf den tatsächlichen Wohnflächen als Basis für die Kostenverteilung entspricht diesem Grundsatz, da sie eine fairere und sachlich gerechtfertigte Kostenverteilung ermöglicht.
- Mehrheitsbeschluss im Wohnungseigentum (§ 25 WEG): Das Gesetz erlaubt der Wohnungseigentümergemeinschaft, Entscheidungen mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit zu fassen, sofern keine abweichenden Bestimmungen oder grundlegenden Rechte betroffen sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Eigentümer konnten die Änderung der Kostenverteilung mehrheitlich beschließen, da dies keine Grundrechte oder das Eigentumsrecht beeinträchtigte und im Rahmen der zulässigen Verwaltung liegt.
- Grundsatz der Teilbarkeit von Beschlüssen: Ein Beschluss, der aus mehreren Teilen besteht, kann getrennt bewertet werden, wobei ungültige Teile gestrichen werden, ohne dass der gesamte Beschluss entfällt, sofern die verbleibenden Teile für sich bestehen können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht erklärte nur die rückwirkende Änderung für 2023 für ungültig, während die Änderungen ab 2024 bestehen blieben, da diese Teile unabhängig voneinander wirksam beschlossen werden konnten.
Das vorliegende Urteil
AG Berlin-Mitte – Az.: 22 C 4/25 WEG – Urteil vom 07.05.2025
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