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WEG – sachliche Kritik an der Hausverwaltung begründet keinen Unterlassungsanspruch

LG München I –  Az.: 1 S 13798/13 WEG –  Beschluss vom 28.11.2013

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 22.05.2013, Az. 484 C 26233/12 WEG, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Gründe

Die Kammer bezieht sich insoweit auf die umfassenden und zutreffenden Gründe in dem angegriffenen Urteil des Amtsgerichts München. Dem Kläger steht nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Anspruch auf Unterlassen der beanstandeten Äußerungen nicht zu, weil diese hier unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit nach Art. 5 I GG fallen und daher nicht rechtswidrig sind.

Zwischen dem klagenden Verwalter und dem beklagten Wohnungseigentümer bestehen vorliegend, wie sich aus deren schriftsätzlichen Vortrag im hiesigen Verfahren und dem als Anlage K 2 vorgelegten Schreiben des Klägers entnehmen lässt, offensichtlich Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die in § 15 der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach der jeweiliger Eigentümer des Miteigentumsanteils, mit welchem das Teileigentum an den im Aufteilungsplan mit Nr. 92 verbundenen Räumen verbunden ist, in diesen Räumen ein Heizwerk betreibt, welches der Versorgung u. a. des gesamten Anwesens der streitgegenständlichen WEG mit Heizwärme und Warmwasser dient und wonach u. a. sämtliche Miteigentümer der WEG verpflichtet sind, die gesamte Heizwärme und das gesamte Warmwasser ausschließlich von dem jeweiligen Eigentümer der Einheit Nr. 92 zum Abrechnungspreis des jeweiligen Betreibers des Heizwerks zu beziehen, wirksam ist und hiervon abweichende Regelungen durch die Eigentümer getroffen werden können. In diesem Zusammenhang stehen letztlich die vom Kläger im Schreiben vom 5.4.2012 getätigten Äußerungen. Dabei räumt die Klagepartei selbst ein, dass sie, nachdem sie in in § 15 der Teilungserklärung enthaltene Regelung für verbindlich hält, keine Konkurrenzangebote anderer Wärmelieferanten erholt und berücksichtigt hat. Die im Klageantrag unter Ziffer 1b) wiedergegebene Behauptung des Beklagte, bei der Auswahl der Wärmelieferanten habe die Hausverwaltung W. S. keine geeigneten Konkurrenzangebote berücksichtigt, noch erlaubt, noch einen Wettbewerb zugelassen, ist damit schon nicht falsch. Die weitere vom Kläger beanstandete Behauptung, die Hausverwaltung W. S. habe durch Täuschung, Fehlinformationen und Einschaltung eines Gutachtes ein Heizmonopol eingeführt, durch das der Gemeinschaft ein Schaden in Höhe von 20.000,00 € entstanden sei, ist nach Auffassung der Kammer im Schwerpunkt keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Meinungsäußerung. Denn tatsächlich bewertet der Beklagte damit das Verhalten der Verwaltung, keine Konkurrenzangebote eingeholt und nicht den Eigentümern zur Abstimmung gestellt zu haben vor dem Hintergrund seiner unterschiedlichen Auffassung zu der Wirksamkeit der Regelung in § 15 der Teilungserklärung. Die Behauptung, der Kläger habe die Gemeinschaft getäuscht, sie mit falschen Informationen versorgt und ihr dadurch einen Schaden zugefügt, stellt daher tatsächlich eine Schlussfolgerung und Bewertung der Geschehensabläufe durch den Beklagten dar, damit eine Meinungsäußerung und keine Tatsachenbehauptung. Meinungsäußerungen und wahre Tatsachenbehauptungen sind aber durch Art 5 I GG grundsätzlich geschützt (Palandt, 73. Aufl., Rn 101 bis 102 BGB). Dabei ist im Rahmen von Meinungsäußerungen auch abwertende Kritik erlaubt, die scharf und schonungslos sein kann, solange sie sachbezogen ist und keine Schmähkritik oder bloße Formalbeleidigung darstellt (Palandt, 73. Aufl., Rn 102 BGB). Letzteres ist bei den beanstandeten Äußerungen des Beklagten aber nach Auffassung der Kammer noch nicht der Fall. Denn der Vorwurf einer Täuschung und Fehlinformation ist zwar scharf, enthält aber noch einen sachlichen Bezug, weil sich daraus im Zusammenhang mit dem weiteren Inhalt des Schreibens vom 5.4.2012 ergibt, dass der Beklagte der Meinung ist, die vom Kläger vertretene und den Eigentümern unterbreitete Auffassung zur Verbindlichkeit der Regelung in § 15 der Teilungserklärung sei fehlerhaft.

Zu berücksichtigen ist letztlich bei der erforderlichen Abwägung der gegenseiteigen Interessen auch, dass es sich um Äußerungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft über Angelegenheiten der Gemeinschaft handelt. Wie sich nämlich schon aus der ersten Seite des Schreibens vom 5.4.2012 ergibt, wollte der Beklagte hiermit u. a. auf eine Kündigung des Verwaltervertrages und Abberufung der Verwaltung, eine Abberufung der Beiräte hinwirken, seine Gründe dafür den anderen Eigentümern darlegen und diese für sich gewinnen. Die Verwaltung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten steht den Eigentümern gemäß § 21 WEG gemeinschaftlich zu, die hierüber gemäß §§ 23, 24 WEG zu beschließen haben. Um die Mitgliedschaftsrechte des einzelnen Eigentümers zu gewährleisten und eine freie Willensbildung innerhalb der Eigentümergemeinschaft zu ermöglichen, muss es dem einzelnen Eigentümer aber auch erlaubt sein, sich umfassend zu den unterschiedlichen Verwaltungsangelegenheiten gegenüber den anderen Eigentümern zu äußern und auch – mitunter scharfe – Kritik, insbesondere an der Verwaltung zu üben. Andernfalls wären die Mitwirkungsrechte des einzelnen Eigentümers unverhältnismäßig eingeschränkt.

Soweit die Klagepartei nunmehr behauptet, das streitgegenständliche Schreiben des Beklagten vom 5.4.2012 sei nicht nur den Wohnungseigentümern zugänglich gemacht worden, sondern in sämtliche Briefkästen der Wohnanlage eingeworfen sowie im Hausflur am schwarzen Brett ausgehängt worden, damit auch Dritten, insbesondere Mietern zur Kenntnis gebracht worden, widerspricht dies den Angaben in der Klageschrift, wonach das Schreiben an sämtliche Miteigentümern der WEG versandt wurde. Zudem wurde die Behauptung auch erstmals nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht am 18.4.2013 im Schriftsatz vom 2.5.2013 aufgestellt. Der Beklagte hat bestritten, den Brief in Briefkästen von Mietern eingeworfen oder am schwarzen Brett ausgehangen zu haben und vorgetragen, er habe allein die anderen Wohnungseigentümer informiert. Einen Beweis für ihre gegenteilige Behauptung hat die Klagepartei nicht angeboten. Im Übrigen würde, selbst wenn der Beklagte den Brief auch in Briefkästen von Mietern eingeworfen und am schwarzen Brett aufgehängt hätte, der Klagepartei aus den oben genannten Gründen allenfalls ein Anspruch auf Unterlassung dieser Handlungen, keinesfalls aber, wie beantragt, der genannten Äußerungen allgemein, insbesondere gegenüber den anderen Wohnungseigentümern zustehen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

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