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WEG – Schadensersatzklage gegen Verwalter wegen fehlerhafter Jahresabrechnungen

LG Dortmund – Az.: 17 S 116/17 – Urteil vom 18.05.2018

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 01.06.2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.013,49 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2016 zu zahlen. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den vorgerichtlichen Kosten gemäß der Rechnung der Rechtsanwälte I2 und T vom 19.08.2016 i.H.v. 1.822,96 € freizustellen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 45.402,44 Euro festgesetzt.

6. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beklagte war in der Zeit von 1980 bis zum 31.12.2015 zu ihrer Verwalterin bestellt. Der ehemalige Wohnungseigentümer S hatte vor dem Amtsgericht Dortmund zu den Az. 513 C 25/13, 514 C 51/14 und 514 C 63/15 jeweils Beschlussanfechtungsverfahren gegen die übrigen Eigentümer geführt. In allen 3 Verfahren wurden die von den Eigentümerversammlungen am 11.07.2014, 03.04.2014 und 23.04.2015 gefassten Beschlüsse, mit denen u.a. jeweils unterschiedliche Fassungen der von der Beklagten verfassten Jahresabrechnungen für 2012 genehmigt wurden, für ungültig erklärt und die Kosten des jeweiligen Rechtsstreits den übrigen Eigentümern auferlegt. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Vorverfahren wird auf die Beiakten des Amtsgerichts Dortmund zu den Az. 513 C 25/13, 514 C 51/14 und 514 C 63/15 verwiesen.

Die in den Vorverfahren jeweils festgesetzten Kosten, die Gerichtskosten und die Kosten der damaligen Prozessbevollmächtigten der übrigen Miteigentümer wurden jeweils aus Mitteln der Gemeinschaft verauslagt. Die Kosten wurden im Rahmen der jeweiligen Jahresabrechnungen auf die damaligen übrigen Eigentümer mit Ausnahme des Eigentümers S verteilt, zuletzt mit der Jahresabrechnung für 2016.

Auf einer Eigentümerversammlung vom 02. April 2016 wurde zu Tagesordnungspunkt 5 protokolliert:

„Die Verwaltung informierte die Eigentümergemeinschaft über mögliche, durch die Fa. I3 in dem Zeitraum 2014-2015 verursachte Vermögensschäden u.a. durch die wegen Verwaltungsfehlleistung gerichtlich für ungültig erklärten Jahresabrechnungen. Die Gerichts- und Anwaltskosten hierfür belaufen sich auf 45.386,65 Euro. Herrn I wurde schon 2015 durch den die WEG vertretenden Anwalt W empfohlen, hierzu seine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung einzuschalten. In einem persönlichen Gespräch zwischen Herr I und Herrn S2 erklärte Herr I, dass er dies erst veranlassen werde, wenn Ansprüche gegen ihn gestellt werden. Die Eigentümergemeinschaft beschloss infolgedessen einstimmig die Inregressnahme der Fa. I3 für alle der WEG durch I3 verursachten Vermögensschäden, insbesondere die Gerichtrs- und Anwaltskosten. Weitere mögliche Vermögensschäden bestünden ggf. in der Absage an sich beschlussfähiger Versammlungen (Saalmiete), Verzugszinsen für die Anwalts- und Gerichtskosten oder etwaige Ansprüche aus Fehlverhalten bei Versicherungsabwicklungen (S). Ferner empfahl die Verwaltung Eigentümern, die ggf. ebenfalls einen Anspruch gegen die Fa. I3 aus z.B. nicht möglicher Mieterabrechnungen oder nicht erhaltener Steuervorteile mangels Abrechnung haben, diese geltend zu machen.

Die Eigentümergemeinschaft beschloss einstimmig, die N GmbH zu bevollmächtigen, alle entstandenen Vermögensschäden aus Handlungen der I3 in ihrer Funktion als Verwalterin der WEG T2-Straße gegen die Fa. I – gegebenenfalls auch gerichtlich – geltend zu machen.“

Die Klägerin hat vor dem Amtsgericht die Auffassung vertreten, ihr sei durch die Pflichtverletzungen der Beklagten im Rahmen der Verwaltung ein Schaden in Höhe der für die drei Vorverfahren entstandenen Kosten von insgesamt 45.402,44 Euro entstanden. Sie ist der Ansicht, sie sei zur Geltendmachung der Ansprüche aktivlegitimiert.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 45.402,44 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2016 zu zahlen sowie sie von den vorgerichtlichen Kosten der Rechtsanwälte I2 und T vom 19.08.2016 i.H.v. 1.822,96 € freizustellen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vor dem Amtsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Im Übrigen stünde einer Verurteilung des Beklagten entgegen, dass das Amtsgericht in den jeweiligen Verfahren davon abgesehen habe, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 WEG aufzuerlegen. Ein Verschulden der Beklagten sei nicht erkennbar. Darüber hinaus werde die Schadenhöhe bestritten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen, Bl. 216 d.A.

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.06.2017 mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter stellten Individualansprüche der Eigentümer dar. Die Klägerin habe diese Ansprüche auch nicht durch Beschluss vom 02.04.2016 an sich ziehen können, da ihr dafür die Kompetenz fehle.

Es fehle an der Gemeinschaftsbezogenheit der Ansprüche, da die heute die WEG bildenden Miteigentümer nicht zwingend auch die Miteigentümer gewesen seien, die Beklagte in den Anfechtungsverfahren gewesen seien. Überdies seien die Miteigentümer, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügten, nicht mehr Anspruchsinhaber.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung.

Sie ist der Ansicht, zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche gegen die Beklagte befugt zu sein. Da der Verwaltervertrag nach herrschender Auffassung zwischen dem Verwalter und der Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband geschlossen werde, stünden die aus dem Verwaltervertrag resultierenden Ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche wegen einer schuldhaften Verletzung des Verwaltervertrages, dem rechtsfähigen Verband der Wohnungseigentümer aus eigenem Recht zu. Der in der Eigentümerversammlung vom 02.04.2016 zu Tagesordnungspunkt fünf gefasste Beschluss sei nicht nichtig, da er auf der Grundlage der der Wohnungseigentümerversammlung ausdrücklich gemäß § 21 Abs. 3 WEG zustehenden Beschlusskompetenz gefasst worden sei. Unstreitig seien die im Rahmen der zuvor geführten Beschlussanfechtungprozesse entstandenen Kosten aus Mitteln der Gemeinschaft, d.h. aus dem Verbandsvermögen entrichtet worden. Durch diese unberechtigte Entnahme aus dem Geldvermögen der Klägerin habe die Beklagte schuldhaft die ihr obliegenden Vertragspflichten zur ordnungsgemäßen Geldverwaltung verletzt und hafte der Klägerin auf Ersatz des hierdurch im Verwaltungsvermögen entstandenen Schadens. Der Berechtigung der Schadensersatzforderung der Klägerin stehe nicht entgegen, dass im Rahmen der Beschlussanfechtungprozesse jeweils davon abgesehen worden sei, die Beklagte gemäß § 49 Abs. 2 WEG in die Kosten zu verurteilen.

Eine Inanspruchnahme der jeweiligen Rechtsschutzversicherungen seitens einzelner Wohnungseigentümer habe es nicht gegeben. Im Februar 2016 habe der Eigentümer L, das Eigentum an der WE Nr. 31 erworben. Auf diese Wohneinheit sei in der Jahresabrechnung 2015 und 2016 ein anteiliger Prozesskostenbetrag in Höhe von 388,95 Euro entfallen. Darüber hinaus habe der Eigentümer S sein Wohneigentum veräußert, auf den als Kläger der Vorverfahren aber ohnehin keine Prozesskosten umgelegt worden seien. Ansonsten habe es vor den Beschlussfassungen über die Jahresabrechnungen 2015 und 2016, durch welche die anteiligen Prozesskosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgelegt worden seien, keine Eigentümerwechsel gegeben.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 01.06.2017, Az. 514 C 134/16 abzuändern und nach den von der Klägerin in der ersten Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, der Klägerin fehle die Aktivlegitimation. Das Amtsgericht habe zu Recht festgestellt, dass der Klägerin auch keine Kompetenz zustehe, die Durchsetzung der Ansprüche mittels Mehrheitsbeschluss an sich zu ziehen. Überdies sei der Klägerin kein Schaden entstanden, da spätestens durch die Verteilung der Kosten auf die übrigen Eigentümer ein Schaden für die Klägerin entfallen sei. Es werde bestritten, dass die einzelnen Rechtsschutzversicherer nicht in Anspruch genommen worden seien. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass auf den Eigentümer L ein anteiliger Schadensbetrag von 388,95 Euro entfallen sei. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass auf den Eigentümer S bzw. auf die Erwerber seiner Eigentumseinheit keine Kostenbeiträge entfallen seien. Die Klägerin habe die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht durch Beschluss der Eigentümergemeinschaft auf sich überleiten können.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der zugezogenen Beiakten Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 45.013,79 Euro gemäß §§ 280 Abs. 1 BGB, 27 WEG i.V.m. dem Verwaltervertrag verlangen.

1. Aktivlegitimation

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist die Klägerin aktivlegitimiert.

a) Zunächst entspricht es einhelliger Auffassung, dass der Verwaltervertrag zwischen dem Verwalter und der WEG als rechtsfähigem Verband geschlossen wird, so dass Ansprüche aus der Verletzung des Verwaltervertrags grundsätzlich nur der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zustehen (Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 27 WEG, Rn. 169 – Heinemann; Bärmann, 13. Aufl., § 27, Rn. 322 – Merle/Becker, OLG Düsseldorf NJW 2007, 161).

Damit ist die WEG auch ohne ermächtigenden Beschluss der Eigentümerversammlung jedenfalls zur Geltendmachung eines aufgrund der Verletzung von Pflichten aus dem Verwaltervertrag in ihrem Verwaltungsvermögen entstandenen Schaden aktivlegitimiert (vgl. KG MDR 2010, 435; vgl. auch Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 10, Rn. 249 – Suilmann). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen behaupteten Schaden im Verwaltungsvermögen der Klägerin im Sinne des dem rechtsfähigen Verband zustehenden Sondervermögens, da es um die Kosten von drei erfolgreich durchgeführten Beschlussanfechtungsklagen geht. Diese Kosten stellen aber keine Kosten der Verwaltung im Sinne des §§ 16 Abs. 7, 8 WEG dar, weil Beschlussmängelklagen einzelner Wohnungseigentümer nur das Verhältnis der Eigentümer untereinander betreffen. In diesen individuellen Rechtsstreitigkeiten sind die Kosten der Rechtsverfolgung grundsätzlich von den Parteien selbst zu tragen (vgl. Bärmann, a.a.O., § 16, Rn. 166 f. Becker – m.w.N.), da der Verband als solcher nicht beteiligt ist (OLG München, ZMR 2007, 140).

Ist der Schaden aber im Vermögen einzelner Wohnungseigentümer entstanden, so steht nur diesen der Anspruch zu (vgl. KG, MDR 2010, 435). Die Führung eines Rechtsstreits über eine Beschlussanfechtungsklage wird auch nicht dadurch zu einer geborenen Gemeinschaftsangelegenheit, dass der Verwalter nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG befugt ist, die Rechtsverteidigung der übrigen Wohnungseigentümer zu organisieren und mit der Vertretung der verklagten Eigentümer einen Rechtsanwalt zu beauftragen, da der Verwalter insoweit als Vertreter der einzelnen Eigentümer und nicht als Organ des Verbands handelt (vgl. BGH, MDR 2015, 146).

b) Ungeachtet dessen ist die Klägerin vorliegend jedoch aufgrund der im Beschluss vom 02.04.2016 (TOP 5) enthaltenen Befugnis zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche aktivlegitimiert. In diesem bestandskräftigen und einstimmigen Beschluss liegt die Übertragung der Prozessführungsbefugnis auf die WEG als Verband.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der Beschluss nicht wegen fehlender Zugriffskompetenz der WEG nichtig.

Für die Frage der Zugriffskompetenz der WEG ist entscheidend, ob die Geltendmachung der Ansprüche einer einheitlichen Rechtsverfolgung zwar nicht bedarf, ihr aber zugänglich ist (vgl. Bärmann, a.a.O., § 10, Rn. 251 – Suilmann). Der Gemeinschaft wird ein Zugriffsermessen eingeräumt, welches sich sogar auf Null reduzieren kann, wenn übergeordnete Interessen der Gemeinschaft ein Handeln des Verbands notwendig erscheinen lassen (Bärmann, a.a.O., § 10, Rn. 251 und 256 – Suilmann).

Die Eigentümer haben vorliegend die Grenzen des ihnen eingeräumten Zugriffsermessens nicht überschritten, indem sie einen Beschluss zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüche gegen den ehemaligen Verwalter durch den Verband fassten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Wohnungseigentümergemeinschaft diese Schadenersatzansprüche gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG durch Beschluss an sich ziehen und sodann in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen (gekorene Ausübungsbefugnis; dazu vgl. BGH, NJW 2006, 2187; NJW 2014, 1090; NJW 2014, 2861). Hierfür reicht es schon aus, dass die Rechtsausübung durch den Verband förderlich ist (BGH, NJW 2015, 1020).

Dies ist hier der Fall. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – der vorliegende Sachverhalt sich insofern von den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fallgestaltungen unterscheidet, als vorliegend nicht Ansprüche geltend gemacht werden, die sich unmittelbar aus dem Gemeinschaftseigentum ergeben. Dies ist allerdings auch nicht Voraussetzung des § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 2 WEG. Nach der gesetzlichen Vorschrift muss es sich nämlich lediglich um gemeinschaftsbezogene Rechte der Wohnungseigentümer handeln, welche gemeinschaftlich geltend gemacht werden können.

Die Gemeinschaftsbezogenheit der Rechte ergibt sich vorliegend bereits aus der Tatsache, dass die WEG als Verband Vertragspartnerin der Beklagten war. Es macht daher Sinn, dass diese auch die sich daraus ergebenden Schadenersatzansprüche geltend machen kann. Dies gilt hier insbesondere unter Heranziehung der dem Rechtsinstitut der Drittschadensliquidation zugrunde liegenden Wertungen, da auch im vorliegenden Fall aufgrund der wohnungseigentumsrechtlichen Besonderheiten der Schaden nicht beim Anspruchsinhaber, sondern im Sondervermögen der Eigentümer eingetreten ist. Im Übrigen liegt es – nicht zuletzt auch wegen der degressiven Ausgestaltung der Gerichts- und Anwaltsgebühren – im Interesse der Beklagten als Schuldnerin, einheitlich die Inanspruchnahme wegen Verletzung der Verwaltervertragspflichten zu klären.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und der Beklagten steht der gemeinschaftlichen Geltendmachung der Rechte der Eigentümer durch die WEG vorliegend auch nicht entgegen, dass der vormals anfechtende ehemalige Eigentümer S andere Interessen haben mag. Da er als in den Vorverfahren obsiegender Kläger in den Jahresabrechnungen für 2015 und 2016 nicht anteilig mit den Prozesskosten belastet worden ist, wird für ihn mit der vorliegenden Klage kein Schadenersatzanspruch geltend gemacht. Da er überdies inzwischen nicht mehr Eigentümer ist, besteht auch nicht die Gefahr, dass er im Falle eines Unterliegens der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit an den Prozesskosten zu beteiligen ist. Soweit das Amtsgericht die Möglichkeit der gemeinschaftlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des Weiteren mit der Begründung abgelehnt hat, es habe möglicherweise eine Rechtsnachfolge stattgefunden, handelt es sich um eine Frage der Begründetet der Klage, nicht um eine Frage der Prozessführungsbefugnis, s.u.

Nicht gefolgt werden kann ferner der Auffassung des Amtsgerichts, der Möglichkeit des gemeinschaftlichen Geltendmachung der Schadenersatzansprüche durch die WEG stünde entgegen, dass nicht auszuschließen sei, dass zwischenzeitlich ein Übergang der Ansprüche auf Rechtsschutzversicherer eingetreten sei oder noch erfolge. Denn ein derartiger Übergang von Ansprüchen auf Rechtsschutzversicherer war erstinstanzlich nicht vorgetragen. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz vorgetragen, dass es keine Inanspruchnahme der jeweiligen Rechtsschutzversicherungen seitens einzelner Wohnungseigentümer gegeben habe. Die Beklagte haben etwas anderes weder erstinstanzlich noch in der Berufungsinstanz substantiiert dargelegt, obwohl sie von der Kammer in den mündlichen Verhandlungen vom 24.11.2017 und 27.04.2018 darauf hingewiesen worden sind, dass hierzu konkreter Vortrag fehlt.

Letztlich passt auch die vom Amtsgericht zur Begründung der Nichtigkeit herangezogene Fundstelle nicht (vgl. Heinemann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 21 WEG, Rn. 20). Aus ihrem Sinnzusammenhang ergibt sich nämlich, dass nur Individualansprüche gegen den Verwalter wegen einer Verletzung der Rechtsgüter oder des Sondereigentums eines Eigentümers gemeint sind, wenn diese sich ausschließlich auf das Sondereigentum ausgewirkt hat. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da der Verwalter seine Pflichten aus dem mit dem Verband geschlossenen Verwaltervertrag verletzt hat.

Im Ergebnis ist daher von einem Zugriffsermessen der WEG auszugehen, welches diese mit dem Beschluss zu TOP 5 in der Eigentümerversammlung vom 02.04.2016 ausgeübt hat.

Auf die Frage, ob sich eine Aktivlegitimation der Klägerin des Weiteren daraus ergibt, dass diese die geltend gemachten Ansprüche in der Berufungsinstanz erstmalig darauf stützt, die Beklagte habe durch unberechtigten Zugriff auf das Verbandsvermögen zur Deckung der Prozesskosten der Beschlussanfechtungsklagen ihre Verwalterpflichten verletzt, kommt es mithin nicht an. Ungeachtet dessen bestehen insoweit Bedenken, weil der Verwalter nach der h. M. im Rahmen seiner Ermächtigung zur Prozessführung auf Passivseite berechtigt ist, die Kosten der nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG erforderlichen Maßnahmen vorläufig aus gemeinschaftlichen Geldern zu bestreiten (vgl. Nachweise bei BGH ZWE 2015, 91; Becker, ZWE 2015, 94). Diese sind dann in die Jahresabrechnungen einzustellen und in den Einzelabrechnungen auf die jeweiligen Kostenschuldner umzulegen. Letzteres ist vorliegend erfolgt. Insoweit liegt – selbst wenn die nicht nur vorläufige Entnahme der Prozesskosten durch die Beklagten zunächst unberechtigt gewesen sein sollte – jedenfalls nach Genehmigung der entsprechenden Jahresabrechnungen zur Umlage der Kosten auf die jeweiligen Eigentümer und nach Fassung des Beschluss zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 02.04.2016 zum einen eine Genehmigung dieser Entnahme durch die Eigentümer, zum anderen kein Schaden im Gemeinschaftsvermögen mehr vor.

Ebenso wenig kommt es auf die Frage an, ob die Aktivlegitimation der Klägerin des Weiteren aus einer gewillkürten Prozessstandschaft für die Eigentümer hergeleitet werden kann. Zwar kann der Verband grundsätzlich als gewillkürter Prozessstandschafter auftreten. Allerdings verbleibt wegen der in weitem Umfang bereits bestehenden gesetzlichen Prozessstandschaft aus § 10 Abs. 6 S. 3 WEG für die gewillkürte Prozessstandschaft kaum Raum (vgl. Bärmann/Seuß, Praxis des Wohneigentums, 7. Aufl., 2017, § 77, Rn. 35 – M.Müller). Überdies ist fraglich, ob der zu TOP 5 gefasste Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.04.2016 insofern für die nach Rechtsprechung Bundesgerichtshof als Ermächtigung geforderten individuellen Aufträge und Vollmachten der Eigentümer genügt (vgl. BGH, Urteil vom 10.7.2015 – V ZR 169/14, Juris – Rn. 5).

2. Begründetheit der Klage

Die Klägerin kann von der Beklagten Schadenersatz in Höhe der Klageforderung gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 27 WEG i.V.m. dem Verwaltervertrag verlangen. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Verwaltungsverhältnis verletzt, wodurch den Eigentümern ein Schaden in Höhe der Kosten der Vorprozesse entstanden ist, welchen die Klägerin geltend machen kann (s.o.).

Im Einzelnen:

a) Verfahren zum Az. 513 C 25/13

(1) Keine Sperrwirkung des § 49 Abs. 2 WEG

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt die Tatsache, dass das Amtsgericht in diesem Vorprozess davon abgesehen hat, der Verwaltung (= der hiesigen Beklagten) die Kosten gemäß § 49 Abs. 2 WEG aufzuerlegen, nicht dazu, dass die Geltendmachung dieser Kosten im Rahmen der vorliegenden Schadenersatzklage ausgeschlossen wäre.

Nach Rechtsprechung des BGH ist die Entscheidung eines Gerichts, dem Verwalter gemäß § 49 Abs. 2 WEG Kosten aufzuerlegen oder hiervon abzusehen, nicht der materiellen Rechtskraft fähig. Im Rahmen des § 49 Abs. 2 WEG entscheidet das Gericht nur über einen Ausschnitt eines prozessualen Anspruchs, nämlich über eine auf grobem Verschulden beruhende Pflichtverletzung. Den Wohnungseigentümern wird durch eine solche Entscheidung ein etwaiger materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch daher nicht aberkannt. Da § 49 Abs. 2 WEG keine materiell-rechtliche Haftungsmilderung im Sinne von § 276 Abs. 1 BGB bewirkt, kann der Verwalter noch in einem gesonderten Rechtsstreit auf Schadensersatz (und Ersatz etwaiger Prozesskosten) mit der Behauptung in Anspruch genommen werden, es liege jedenfalls einfaches Verschulden vor. Eine erneute Inanspruchnahme des Verwalters ist nach Auffassung des BGH selbst dann zulässig, wenn das Erstgericht eine Haftung des Verwalters schon deshalb ablehnt, weil es kein vertragswidriges Verhalten und keine Pflichtverletzung festzustellen vermag (BGH NZM 2010, 748).

(2) Pflichtverletzung

Eine Verletzung der Pflichten aus dem Verwaltervertrag liegt hier darin, dass die Beklagte eine Jahresabrechnung für 2012 erstellte, die nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach und es vor Fassung des Beschlusses über die Einholung eines Sachverständigengutachtens über Schäden in der Tiefgarage unterließ, Vergleichsangebote einzuholen und der Eigentümerversammlung vorzulegen.

(3) Verschulden

Die Pflichtverletzung erfolgte schuldhaft im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB.

Nach der Rechtsprechung des BGH wird durch die allein aus Gründen der Prozessökonomie eingeführte Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG keine Haftungsmilderung bewirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2010 – V ZB 164/09 –, Rn. 10, juris – m.w.N.). Es genügt daher einfaches Verschulden, welches gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet wird.

In Rechtsprechung und Lit. gilt die fehlerhafte Erstellung von Jahresabrechnungen als anerkanntes Beispiel für eine Kostenhaftung des Verwalters wegen groben Verschuldens (vgl. Jennißen, a.a.O. , Rn. 22 zu § 49 WEG – Suilmann; LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 29. Oktober 2009 – 5 S 89/09 –, Rn. 20, juris). Damit ist in derartigen Fällen erst recht von einem einfachen Verschulden auszugehen. Vorliegend sind die in diesem Vorprozess geltend gemachten Fehler in der Jahresabrechnung derart gravierend (= keine Darstellung der Anfangs- und Endkontobestände, keine Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, Nichtaufführen tatsächlicher Zahlungsbewegungen und der Wohngeldzahlungen), dass die Beklagte sich auch nicht unter Berufung auf die Größe der WEG entlasten kann, zumal ihr als professioneller Hausverwaltung die damit zusammenhängenden Abrechnungsschwierigkeiten bei Übernahme der Verwaltung bekannt gewesen sein mussten. Zwar schuldet der WEG-Verwalter bei der erstmaligen Erstellung der Jahresabrechnung keine solche, die im Falle der gerichtlichen Beschlussanfechtung in jedem Fall Bestand hat (vgl.OLG Köln, ZMR 2015, 335). Dass hier jedoch elementare Abrechnungsprinzipien verletzt wurden, war der Beklagten anscheinend selbst unmittelbar nach Beschlussanfechtung bewusst, da sie sich noch vor der erstinstanzlichen Entscheidung für die Erstellung einer nachgebesserten Jahresabrechnung entschied. Auch hinsichtlich der Vorbereitung eines Beschlusses über die Beauftragung eines Sachverständigen ohne Vergleichsangebote ist von einem einfachen Verschulden auszugehen. Der Beklagten als professioneller Hausverwaltung musste bekannt sein, dass sie bei Vergabe eines Auftrags zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens, welches mit erheblichen Kosten einhergeht, zur Vorlage von Alternativangeboten verpflichtet war und dass die dazu getroffene Kostenregelung den Bestimmungen der Teilungserklärung zuwiderlief (vgl. Urteil des Amtsgerichts vom 28.08.2014, Bl. 326 der Beiakte zum Az. 513 C 25/13).

(4) Kausaler Schaden

Hinsichtlich dieses Vorprozesses macht die Klägerin einen Schaden von 5.534,00 Euro geltend (534,00+ 1.630,92 + 3.314,75 Euro). Die Beklagte wendet ein, es sei kein Schaden entstanden, weil die Kosten auf die jeweiligen Eigentümer umgelegt worden seien. Dem ist nicht zuzustimmen. Wie bereits dargetan, macht die Klägerin aufgrund gekorener Ausübungsbefugnis Ansprüche der Eigentümer geltend (s.o.). Dass bei diesen ein Schaden entstanden ist, bestreitet die Beklagte selbst nicht (zur konkreten Berechnung des Schadens der einzelnen Eigentümer siehe unten).

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt auch kein schadenminderndes Mitverschulden in Betracht. Es kann den Eigentümern hinsichtlich der Beschlussanfechtung im Vorverfahren nicht angelastet werden, dass sie sich erstinstanzlich gegen die Klage verteidigt haben. Denn der ehemalige Prozessbevollmächtigte der damaligen Beklagten hat bereits nach Zustellung der Klage eingeräumt, dass die Abrechnung fehlerhaft war und die Erstellung einer neuen Abrechnung angekündigt. Ein Anerkenntnis kam ungeachtet dessen nicht in Betracht, da das Problem der Mängelbeseitigung und Kostenverteilung für die Tiefgarage grundlegend geklärt werden sollte und insoweit auch nach Erlass des Versäumnisurteils und Einspruch dagegen noch Vergleichsgespräche geführt worden sind (Bl. 151 der Beiakte zum Az. 513 C 25/13). Auch wenn eine gütliche Einigung dann nicht zustande kam, begründet die Ausschöpfung der prozessualen Möglichkeiten durch die damaligen Beklagten vor dem Hintergrund der Vergleichsgespräche jedenfalls kein Mitverschulden.

b) Verfahren zum Az. 514 C 51/14

(1) Keine Sperrwirkung des § 49 Abs. 2 WEG

Wie bereits dargetan (s.o.), ist die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Verwaltung hinsichtlich der Kosten dieses Vorprozesses jedenfalls nicht gemäß § 49 Abs. 2 WEG ausgeschlossen, da eine Anwendbarkeit des § 49 Abs. 2 WEG hier wegen Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht geprüft worden ist (vgl. Bl. 224 der Beiakte zum Az. 514 C 51/14).

(2) Pflichtverletzung

Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Verwaltervertrag verletzt, indem sie erneut fehlerhafte Jahresabrechnungen für 2012 erstellte und überdies in der Eigentümerversammlung vom 03.04.2014 über zu unbestimmte Beschlussvorlagen abstimmen ließ. Die Beklagte hat in der Eigentümerversammlung vom 03.04.2014 eine Beschlussfassung protokolliert, die nach den rechtskräftigen Feststellungen des Amtsgerichts im Urteil vom 06.08.2015 mangels hinreichender Bestimmtheit zur Nichtigkeit des Beschlusses führte (Bl. 220 der Beiakte zum Az. 514 C 51/14). Des Weiteren weist auch die von der Beklagten zur Genehmigung der Eigentümerversammlung vom 03.04.2014 vorgelegte „neue“ Jahresabrechnung für 2012 wiederum inhaltliche Fehler auf. So entspricht die Darstellung der Instandhaltungsrücklage nicht den vom BGH aufgestellten Anforderungen, wonach tatsächliche und geschuldete Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage in der Jahresgesamt- und -einzelabrechnung weder als Ausgabe noch als sonstige Kosten zu buchen sind (BGH, Urteil vom 04. Dezember 2009 – V ZR 44/09 –, juris). Dem genügt die Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage nicht, da die geschuldeten Zahlungen nicht angegeben werden (Bl. 80 Beiakte zum Az. 514 C 51/14). Selbst wenn es zutreffen sollte, dass in 2012 keine Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage geschuldet waren, so wäre dies wohl jedenfalls anzugeben (so wurde es dann auch in der „dritten“ Fassung der Jahresabrechnung gemacht, vgl. Bl. 29 und 30 Beiakte  zum Az. 514 C 63/15= „Sollzahlung = Istzahlung“). Darüber hinaus weist bereits die „zweite“ Jahresabrechnung 2012 denselben Fehler auf wie die später ebenfalls erfolgreich angefochtene „dritte“ Jahresabrechnung 2012, nämlich, dass eine Position „Abgrenzungen“ in Höhe von 16.932,09 Euro darin enthalten ist, Bl. 80 Beiakte zum Az. 514 C 51/14. Diese ist zum einen ohne weitere Erläuterungen nicht nachvollziehbar, zum anderen ist es nach der Rechtsprechung des BGH nicht (mehr) zulässig, Abgrenzungsposten zu bilden (vgl. BGH Urteil vom 17.02.2012, V ZR 251/10, Rn. 16 – Juris). Auf die Ausführungen des Amtsgerichts im Urteil über die „dritte“ Jahresabrechnung 2012 wird verwiesen, vgl. Beiakte zum Az. 514 C 63/15, Bl. 114. Wie bereits dargetan, verletzt der Verwalter durch die Erstellung einer fehlerhaften Abrechnung seine Pflichten aus dem Verwaltervertrag (s.o.).

(3) Verschulden

Die Beklagte trifft auch insoweit ein Verschulden.

Die Erstellung einer ordnungsgemäßen Beschlussvorlage gehört zu den regelmäßigen Verwalterpflichten, so dass eine professionelle Verwaltung wie die Beklagte zumindest fahrlässig handelt, wenn sie einen Beschlusstext formuliert, der zur Nichtigkeit führt. Dies gilt insbesondere deshalb, weil im Rahmen des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB das Verschulden grundsätzlich vermutet wird und die Beklagte keine zusätzlichen Umstände vorgetragen hat, welche sie entlasten könnten, s.o. Auch hinsichtlich der Erstellung der „zweiten“ fehlerhaften Jahresabrechnung für 2012 ist von einem zumindest einfachen Verschulden auszugehen. Zwar weist die zweite Fassung durch die Nachbesserungen nicht mehr ganz so gravierende Fehler auf wie die erste (= Gegenstand des Verfahren zum Az. 513 C 25/13), jedoch wurden der Beklagten bereits im ersten Verfahren noch einmal die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung aufgezeigt, so dass sie insoweit erhöhte Sorgfaltspflichten zu beachten hatte. Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

(4) Kausaler Schaden

Durch die Pflichtverletzungen ist den übrigen Eigentümern mit Ausnahme des in den Vorprozessen anfechtenden Eigentümers S ein kausaler Schaden in Höhe von insgesamt 19.961,85 Euro entstanden (= 4.251,00 + 5.817,68 + 9.893,17 Euro). Zur Schadensberechnung siehe unten.

c) Verfahren zum Az. 514 C 63/15

(1) Keine Sperrwirkung des § 49 Abs. 2 WEG

Da das Amtsgericht hier keine Ausführungen zu § 49 Abs. 2 WEG gemacht hat, kommt eine Sperrwirkung nicht in Betracht, s.o..

(2) Pflichtverletzung

Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Verwaltervertrag verletzt, indem sie zum einen wiederum fehlerhafte Jahresabrechnungen für 2012 vorlegte und zum anderen die Eigentümer nicht ordnungsgemäß zur Eigentümerversammlung vom 23.04.2015 lud. Nach den rechtskräftigen Feststellungen des Amtsgerichts entsprach der auf der Eigentümerversammlung vom 23.04.2015 gefasste Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnungen für 2012 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da die unter „Abgrenzungen 2011“ aufgeführten Positionen nicht nachvollziehbar sind (Bl. 32 Beiakte zum Az. 514 C 63/15) und die Verständlichkeit der Jahresabrechnung insgesamt beeinträchtigen. Das Amtsgericht hat überdies festgestellt, dass die Ladung zur Eigentümerversammlung vom 23.04.2015 nicht ordnungsgemäß erfolgte, da darin lediglich darauf hingewiesen wird, dass das Gutachten genehmigt werden sollte, was nicht den später gefassten Beschluss über die Genehmigung der Kosten unter Verzicht auf weitere Angebote umfasste (Bl. 62 und Bl. 23 der Beiakte zum Az. 514 C 63/15).

(3) Verschulden

Die Beklagte trifft auch insoweit ein Verschulden.

Hinsichtlich des Haftungsmaßstabs wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Da es sich hier um den „dritten Versuch“ zur Genehmigung der Jahresabrechnungen 2012 handelte, musste der Verwaltung bewusst sein, dass sie besonders sorgsam vorgehen musste. Insofern vermag sie sich hinsichtlich der Darstellungen der „Abgrenzungen 2011“ nicht zu entlasten, da ihr bereits im Urteil vom 28.08.2014 ausführlich dargestellt worden ist, dass die Jahresabrechnung vollständig und ohne fachliche Unterstützung verständlich sein und sich überdies auf die Vorgänge im Abrechnungsjahr beschränken muss (Bl. 332 der Beiakte zum Az. 513 c 25/13). Vor diesem Hintergrund musste der Verwaltung bewusst sein, dass die Position „Abrechnungen 2011“ nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach. Entsprechendes gilt für den Entlastungsbeschluss.

Auch hinsichtlich des Ladungsmangels vermag die Beklagte sich nicht zu entlasten. Gerade das ohne Einhaltung von Vergleichsangeboten eingeholte Gutachten war in den Vorprozessen Gegenstand des Streites. Die Verwaltung versuchte mit der nachträglichen Genehmigung, ihr vorangegangenes fehlerhaftes Verwaltungshandeln zu korrigieren. Dann aber muss sie bei der Ladung besondere Sorgfalt walten lassen und den Tagesordnungspunkt hierzu nicht dahingehend missverständlich formulieren, dass davon ausgegangen werden konnte, dass nur das entsprechend dem Angebot eingeholte Gutachten genehmigt werde (d.h. dass dies für ausreichend befunden wird) und nicht auch die dadurch entstandenen Kosten.

(4) Kausaler Schaden

Durch die schuldhaften Pflichtverletzungen der Beklagten ist ein kausaler Schaden in Höhe von 19.961,02 Euro entstanden. Es wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Soweit die Beklagte vorträgt, es hätte nur ein Teil der Jahresabrechnung für ungültig erklärt werden müssen, ist dem nicht zuzustimmen, da die fehlerhafte Angabe des Kontoendstandes des WEG Kontos aus den „Abrechnungen 2011“ resultiert und dies zur Ungültigerklärung der Jahresabrechnungen insgesamt führt  (Bl. 32 der Beiakte zum Aktenzeichen 514 C 63/15).

d) Schadensberechnung

Insgesamt errechnet sich damit aus ein Schadenersatzanspruch der durch die Prozesskosten der Vorprozesse belasteten Eigentümer in Höhe von 45.013,59 Euro (= 5.479,67 + 19.961,85 + 19.961,02 – 388,95 Euro).

Im Einzelnen:

(1) Keine Inanspruchnahme von Rechtsschutzversicherungen

Der Schaden ist nicht (teilweise) durch Forderungsübergang auf die Rechtsschutzversicherungen einzelner Wohnungseigentümer übergangen. Die Klägerin hat vorgetragen, es habe keine Inanspruchnahme von Rechtsschutzversicherungen seitens einzelner Eigentümer gegeben. Soweit die Beklagte dies bestritten hat, ist ihr pauschales Bestreiten nicht ausreichend,  da die Beklagte für einen Anspruchsübergang gemäß § 86 VVG darlegungs- und beweisbelastet ist (Voit in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2009, § 86 VVG, Rn. 215 – m.w.N.) und die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast durch die Erklärung, es habe keine Inanspruchnahme von Rechtsschutzversicherern gegeben, genügt hat. Die Kammer hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2018 darauf hingewiesen, dass ihr Vortrag insoweit nicht ausreicht

(2) Schaden des Erwerbers L

Der sich aus der Summe der für die Vorprozesse aufgewendeten und auf die Eigentümer umgelegten Prozesskosten ergebende Schaden in Höhe von 45.402,44 Euro ist um den auf den Wohnungseigentümer L entfallenden Anteil in Höhe von 388,95 Euro zu reduzieren. Nach dem Vortrag der Klägerin hat im Februar 2016 und damit vor Beschlussfassung über die Genehmigung der Jahresabrechnungen 2015 und 2016 ein Eigentumswechsel hinsichtlich der Wohneinheit Nr. 31 stattgefunden, wobei auf den neuen Eigentümer L ein anteiliger Beitrag an den Kosten der Vorprozesse in Höhe von insgesamt 388,95 Euro umgelegt worden ist. Auch wenn die Beklagte dies mit Nichtwissen bestreitet, ist dieser Vortrag der Klägerin zu berücksichtigen, da er sich lediglich zugunsten der Beklagten schadensmindernd auswirkt.

Denn es entsprach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, die Kosten der vorangegangenen Beschlussmängelklagen, die grundsätzlich zutreffend in den Jahresabrechnungen 2015 und 2016 auf die nicht anfechtenden Eigentümer verteilt worden sind, im Falle eines nachträglichen Eigentümerwechsels in der Jahresabrechnung auf den Erwerber zu verteilen (vgl. Bärmann, WEG, 13. Aufl., 3 16, Rn. 167 – Becker; OLG Frankfurt, NZM 2006, 302). Die Beschlüsse über die Genehmigung der Jahresabrechnungen 2015 und 2016 sind damit hinsichtlich der fehlerhafte Kostenverteilung auf den Erwerber L insoweit teilnichtig (vgl. Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 28, Rn. 68 – Becker; sowie BGH ZWE 2012, 260 bez. Hausgeldschulden), so dass die Klageforderung um den Betrag von 388,95 Euro zu reduzieren ist. In Höhe dieses Betrages war die Klage daher abzuweisen. Das Ausscheiden des ehemaligen Wohnungseigentümers S ist hingegen bei der Schadensberechnung außer Acht zu lassen, da er als Kläger der Vorprozesse richtigerweise in den Jahresabrechnungen 2015 und 2016 ohnehin nicht mit den Prozesskosten belastet worden ist.

3. Nebenforderungen

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280, 286 BGB. Die Klägerin hat die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 06.05.2016 erfolglos zur Zahlung aufgefordert. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beruht ebenfalls auf §§ 280, 286 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten veranlasst. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird zugelassen. Die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband berechtigt ist, die Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer aufgrund gekorener Ausübungsbefugnis geltend zu machen, hat grundsätzliche Bedeutung und ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden worden.

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