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WEG – teilgewerbliche Kinderbetreuung in Wohneinheit nicht zulässig

AG Paderborn – Az.: 52 C 9/22 – Urteil vom 16.08.2022

Der in der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 unter TOP 1 gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.

Der in der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 unter TOP 8 gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.

Es ist beschlossen, dass der Wohnungseigentümer Z die von ihm errichtete Terrasse nebst des Terrassenvordachs im rückwärtigen Garten der Wohnungseigentümergemeinschaft M 11, 11a, 13 in Q, angrenzend an den Gebäudeteil M 11 zurückzubauen hat.

Die Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 zu TOP 14, 18, 20, 21, 23, 24 werden für ungültig erklärt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3, die Kosten des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Nach Teilvergleich streiten die Parteien noch über die Gültigkeit der in der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 zu TOP 1, 8 sowie 14, 18, 20, 21, 23 und 24 ergangenen Beschlüsse sowie zwei Beschlussersetzungsanträge.

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft.

Bei der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt es sich um eine Mehrhausanlage, im Endeffekt bestehend aus zwei großen Doppelhaushälften mit jeweils 8 Wohnungen.

WEG – teilgewerbliche Kinderbetreuung in Wohneinheit nicht zulässig
(Symbolfoto: Oksana Kuzmina /Shutterstock.com)

In den beiden Wohnungen im 1. Obergeschoss des Hauses M Nr. 11 (Wohnung Nr. 5 und Nr. 6, s. Anlage K3, Bl. 21 d.A.), Q, in denen die Eigentümerin Frau P mit ihrer Familie (Ehemann und drei Kindern im Alter von 3, 6 und 9 Jahren) lebt, werden von dieser zumindest von montags bis donnerstags in der Zeit von 08:00 bis 14:30 Uhr bis zu 5 (fremde) Kleinkinder gegen Entgelt betreut. Dabei steht in der Wohnung Nr. 6 (die an das Gebäude M Nr. 13 grenzt) ein Zimmer explizit für die fremdbetreuten Kinder bereit. Die Zustimmung zur Kinderbetreuung erteilte der jetzige Verwalter, Herr Z, in seiner Eigenschaft als ursprünglicher Vermieter der nunmehrigen Wohnungseigentümerin P zu einem Zeitpunkt, als er noch nicht als Verwalter bestellt war (nämlich im Jahre 2020).

Im (rückseitigen) Garten der Wohnungseigentümergemeinschaft errichtete der Wohnungseigentümer Z, ohne Vorliegen eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümer im Jahr 2011 (s. Bl. 105/211 d.A.) angrenzend an den Gebäudeteil M 11 eine Terrasse, wie sie sich aus dem Lichtbild der Anlage B11, Bl. 112 d. A. ergibt. Das Terrassendach wurde vom Wohnungseigentümer Z im Jahre 2019/20/21 (s. Bl. 105/212 d.A.), ebenfalls ohne vorherige Beteiligung der Wohnungseigentümergemeinschaft ohne Beschluss, ergänzt (siehe ebenfalls Anlage B11, Bl. 112 d.A.).

In der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 wurden u.a. folgende Beschlüsse getroffen (siehe Protokoll, Bl. 88 ff. d. A.):

TOP 1: Kinderbetreuung Haus Nr. 11

In der Wohnung im Hause 11 im ersten Obergeschoss links und rechts werden durch die Eigentümerin in ihrer Wohnung werktags Kinder betreut.

Die Wohnungseigentümer stimmen darüber ab, ob diese Nutzung nach der Teilungserklärung erlaubt werden soll.

Stimmen dafür: 5.860,63

Stimmen dagegen: 4.139,37

Enthaltung: 0

Ergebnis: Der Beschluss wurde angenommen.

TOP 8: Terrasse und Terrassenvordach im Garten Haus Nr. 11

Die Wohnungseigentümer stimmen ab, ob Herr Z die von ihm am Objekt „M 11“ errichtete Terrasse nebst Terrassenüberdachung zu entfernen hat.

Stimmen für Entfernung: 4.139,37

Stimmen dagegen: 5.004,19

Enthaltung: 856,44

Ergebnis: Der Beschluss wurde abgelehnt.

TOP 14: Grundstückstrennung der Häuser Nr. 11 / Nr. 13

Die Eigentümer vom Haus Nr. 11 schlagen vor, die Häuser Nr. 11 und Nr. 13 grundbuchrechtlich zu trennen und die Gesamtgemeinschaft damit aufzuheben.

Es soll hierzu eine Beratung durch einen Rechtsanwalt und Notar über die Umsetzbarkeit und die damit verbundenen Kosten erfolgen. Die Prüfung hierfür übernimmt der Verwalter für die Gesamtgemeinschaft.

Die Beratungskosten und für die Trennung entstehenden Kosten sind durch die Gesamtgemeinschaft jeweils der Miteigentumsanteile zu übernehmen.

Für die Umsetzung der Trennung leitet der Verwalter die Informationen und Kosten an die Miteigentümer weiter und führt die entsprechenden Formalitäten in die Wege.

Stimmen für die Trennung: 5.004,19

Stimmen dagegen: 4.995,81

Enthaltung: 0

Ergebnis: Der Beschluss wurde angenommen.

TOP 18: Photovoltaikanlage Balkongeländer

Die Wohnungseigentümer stimmen ab, ob an dem Balkongeländer am Objekt „M 11 und M 13 Photovoltaikanlagen gemäß den gesetzlichen Vorschriften angebracht werden dürfen.

Die Wohnungseigentümer der Häuser Nr. 11 bzw. 13 entscheiden selbst über die Installation der Anlage und tragen auch entsprechend die Kosten hierfür. Die Gesamtgemeinschaft ist von der Übernahme der Kosten ausgeschlossen.

Die PV-Anlagen dürfen nicht angewinkelt angebracht werden.

Vorher muss die Statik des Balkons und Geländers jeweils geprüft werden.

Stimmen für die Anbringung der PV-Anlage: 5.860,63

Stimmen dagegen: 4.139.37

Enthaltung: 0

Ergebnis: Der Beschluss wurde angenommen.

TOP 20: Mülltonnenverkleidung Haus Nr. 13

Die Wohnungseigentümer stimmen ab, ob am Objekt Haus Nr. 13 eine Mülltonnenverkleidung zum Schutz vor Witterung und des äußerlichen Gesamtbildes angebracht werden soll. Da bei Sturmwetter die Mülltonnen sich auf die Straße verschieben, diese ungesichert eine Gefahr für den Straßenverkehr und Fußgänger auf dem Gehweg bedeuten.

Die aufkommenden Kosten für die Errichtung der Mülltonnenverkleidung tragen die Eigentümer Haus 13.

Stimmen dafür: 5.004,19

Stimmen dagegen: 4.995,81

Enthaltung: 0

Ergebnis: Der Beschluss wurde angenommen.

TOP 21: (Werbe-)Schild Haus Nr. 11 Eingangstür

Die Wohnungseigentümer stimmen ab, ob am Objekt Haus Nr. 11 im Bereich der Eingangstür ein (Werbe-)Schild in einer Größe von max. 45 cm x 30 cm angebracht werden darf.

Stimmen dafür: 5.004,19

Stimmen dagegen: 4.139,37

Enthaltung: 856,44

Ergebnis: Der Beschluss wurde angenommen.

TOP 23: Kellerausgangstreppenvordach Haus Nr. 13

Die Wohnungseigentümer stimmen ab, ob am Haus Nr. 13 zum Schutz vor Regenwasser ein Kellerausgangstreppenvordach anzubringen ist.

Die Kosten für die Anbringung sind vom Haus 13 zu tragen.

Stimmen für Errichtung: 5.860,63

Stimmen dagegen: 4.139,37

Enthaltung: 0

Ergebnis: Der Beschluss wurde angenommen.

TOP 24: Ausbau Dachgeschoss Haus Nr. 11

Die Wohnungseigentümer stimmen ab, ob Herr Z den Spitzboden am Haus Nr. 11 zu einer Wohnung ausbauen darf. Dabei ist die Erweiterung des Treppenhauses, Anbringung von Dachfenster und evtl. Dachgauben gemäß den Bauvorschriften inbegriffen. Die Kosten für die Ausbau sind von Herr Z selbst zu tragen.

Stimmen dafür: 5.004,19

Stimmen dagegen: 4.995,81

Enthaltung: 0

Ergebnis: Der Beschluss wurde angenommen.

Die Teilungserklärung (s. Anlage K3, Bl. 15 ff. d.A.) sieht in § 2 Ziff. 1 (Bl. 28 f. d.A.) vor, dass das Sondereigentum grundsätzlich nur zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Eine gewerbliche oder berufliche Nutzung ist danach nur mit Einwilligung des Verwalters zulässig, der vorher einen Beschluss der Eigentümerversammlung herbeiführen kann. Die Zustimmung muss erteilt werden, wenn die beabsichtigte Nutzung den Vorschriften des öffentlichen Rechts nicht widerspricht und wenn für die übrigen Wohnungseigentümer keine Nachteile oder Belästigungen zu erwarten sind, die über das Maß hinausgehen, die auch bei einer intensiveren Wohnnutzung zu erwarten ist.

§ 3 (Untergemeinschaften) der Teilungserklärung (Bl. 29 f. d.A.) lautet wie folgt:

Bei den nachstehenden Regelungen ist immer davon auszugehen, dass die auf dem Grundstück aufstehenden Gebäude M 11 und M 13 im Aufteilungsplan jeweils einzeln ausgewiesen sind und im Ergebnis – soweit wie möglich – getrennt und unabhängig voneinander behandelt werden. Alle Eigentümer eines Hauses bilden hinsichtlich ihres Gebäudes eine eigene und separate Eigentümergemeinschaft.

Den Eigentümern der so bezeichneten Häuser steht die Nutzung ihres jeweiligen Gebäudes jeweils gemeinschaftlich unter Ausschluss der Nutzung durch den anderen Miteigentümer des anderen Hauses zu. Diesem Sondernutzungsrecht unterliegt das gesamte gemeinschaftliche Eigentum des jeweiligen Hauses, insbesondere die konstruktiven Teile des Gebäudes sowie die technischen Einrichtungen und gemeinschaftlichen Anlagen, soweit diese nicht im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers stehen oder aufgrund anderweitiger Regelung einem Wohnungseigentümer zur Sondernutzung zugewiesen sind. Die Miteigentümer eines Hauses besitzen sämtliche Rechte und Pflichten an ihrem Gebäude, wie wenn es sich um eine eigene Eigentümergemeinschaft handeln würde. Sie entscheiden allein über bauliche Maßnahmen an ihrem Gebäude. Das äußere Erscheinungsbild der gesamten Wohnanlage darf jedoch durch bauliche Veränderungen nicht beeinträchtigt werden. Im Zweifel entscheidet der Verwalter für die gesamten Wohnungseigentümer über die Zulässigkeit einer solchen Veränderung.

Die Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer sowie die Eigentümergemeinschaften der Häuser M 11 und M 13 halten je eine Eigentümerversammlung ab.

Das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung richtet sich nach den Miteigentumsbruchteilen, soweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. Dies gilt sowohl für die Gesamteigentümergemeinschaft als auch für die jeweiligen Untereigentümergemeinschaften. In den Eigentümerversammlungen der Häuser M 11 und M 13 sind nur die jeweiligen Wohnungseigentümer stimmberechtigt, soweit die zu entscheidende Angelegenheit allein das jeweilige Haus betrifft.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Teilungserklärung wird auf die Anlage K 3, Bl. 15 – 42 d. A. Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, in den Wohnungen des 1. OG des Hauses M 11 würde seitens der Eigentümerin P eine Kindertagesstätte betrieben. Es würden dort in der Zeit von 8:00 – 18:00 Uhr Kinder betreut. Es komme damit einhergehend zu einem entsprechenden Menschenaufkommen auf dem Gelände der WEG. Eltern holten ihre Kinder regelmäßig bei laufendem Motor ab. Es finde keine stille gewerbliche Nutzung statt. Er ist der Auffassung, der Beschluss vom 02.06.2022 zu TOP 1 sei nichtig. Da gemäß § 2 Ziff. 1 der Teilungserklärung (s. Bl. 28 d.A.) das Sondereigentum nur zu Wohnzwecken genutzt werden dürfe, stehe die Nutzungsänderung nicht im Einklang mit der Teilungserklärung. Eine solche Änderung hätte nur einstimmig beschlossen bzw. durch Vereinbarung wirksam geregelt werden können. Unabhängig davon entspreche die Beschlussfassung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Von der Kindertagesstätte gehe zudem ein gewisser Lärmpegel aus. Die gewerbliche Nutzung sei unzulässig.

Das äußere Erscheinungsbild der gesamten Anlage dürfe nach § 3 der Teilungserklärung durch bauliche Veränderungen nicht beeinträchtigt werden. Hiergegen verstießen aber die eigenmächtig, also ohne vorherigen Beschluss der Wohnungseigentümer, durch Herrn Z im rückwärtigen Garten installierte Terrasse nebst des dort befindlichen Vordachs. Denn dadurch sei es zu einer Veränderung des optischen Erscheinungsbilds der Anlage gekommen, der ursprüngliche Charakter des Hauses sei verändert worden. Eine bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG bezeichne jede Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums, die vom früheren ordnungsgemäßen Zustand des Gebäudes abweiche und nicht als ordnungsgemäße Instandhaltung/Instandsetzung anzusehen sei. Vorliegend habe der Miteigentümer Z eigenmächtig bauliche Veränderungen vorgenommen, ohne dass diese ordnungsgemäß beschlossen worden seien, was unstreitig ist. Die unter den TOP 8 gefasste Beschluss stelle keine ausreichende Genehmigung dar. Es bestehe daher eine Rückbauverpflichtung nach § 1004 BGB.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei ferner grundsätzlich auf Dauer angelegt. Aus diesem Grund regele die Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 WEG zunächst, dass kein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen könne. Das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer am Fortbestand der Gemeinschaft sei zu schützen. Diese Grundsätze würden nach § 11 Abs. 1 Satz 2 WEG auch für eine Aufhebung aus wichtigem Grund gelten. § 11 Abs. 2 WEG stelle insoweit klar, dass auch nicht etwa ein Pfändungsgläubiger oder ein Insolvenzverwalter die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen könne. Nur soweit also alle Mitglieder der Eigentümergemeinschaft eine Aufhebung derselben begehrten, sei der Schutzbereich des § 11 WEG nicht betroffen, da mit dieser Regelung lediglich verhindert werden solle, dass die Aufhebung der Gemeinschaft gegen den Willen auch nur eines Wohnungseigentümers erfolge. Vorliegend sei mit dem Beschluss zu TOP 14 aus der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 aber ein einfacher Mehrheitsbeschluss gegen die Stimmen des Klägers getroffen worden, weshalb der Beschluss keinen Bestand haben könne.

Wer eine Solaranlage in einer WEG installieren möchte, strebe eine sogenannte „bauliche Veränderung“ an. Im Falle der Installation einer Solaranlage, werde erheblich in das Gemeinschaftseigentum der WEG eingegriffen. Nicht nur, dass der produzierte Strom in das Netz der kompletten Anlage fließe, es werde auch eine Veränderung des Gebäudes angestrebt. Daher verändere sich das komplette optische Aussehen der Immobilie. Somit seien alle Wohnungseigentümer betroffen. Vorliegend handele es sich auch bereits aus baulichen Gründen um eine gewagte Maßnahme. Daher könne der Beschluss zu TOP 18 aus der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 keinen Bestand haben.

Der Beschluss zu TOP 20 sei unwirksam. Denn der Kläger sei Eigentümer einer Einheit im Objekt Nr. 13. Er habe dem Beschluss, was unstreitig ist, nicht zugestimmt. Ein Wohnungseigentümer, der der baulichen Veränderung nicht zugestimmt habe, könne aber nicht verpflichtet werden, die Kosten, die hierdurch verursacht würden, zu tragen. Die Kosten der baulichen Veränderung hätten gem. § 21 Abs. 3 WEG nur die Wohnungseigentümer zu tragen, die zugestimmt und sich nicht gegen die Kostentragung verwahrt hätten.

Da die gewerbliche Nutzung des Objektes unzulässig sei, entspreche es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn ein Schild hierfür angebracht werde, weshalb der Beschluss zu TOP 21 bereits keinen Bestand haben könne.

Auch der Beschluss zu TOP 23 sei unwirksam. Denn der Kläger sei Eigentümer einer Einheit im Objekt Nr. 13. Er habe auch diesem Beschluss nicht zugestimmt, was unstreitig ist. Ein Wohnungseigentümer, der der baulichen Veränderung nicht zugestimmt habe, könne nicht verpflichtet werden, die Kosten, die hierdurch verursacht würden, zu tragen. Zudem bestehe auch keinerlei Notwendigkeit für das Vordach, da das Regenwasser das Gemeinschaftseigentum nicht beeinträchtige.

Der Beschluss zu TOP 24 sei für ungültig zu erklären, weil eine derartige Maßnahme der Teilungserklärung widerspreche, so dass sie nur einvernehmlich mit Zustimmung aller Eigentümer hätte erfolgen dürfen.

Nach Teilvergleich (vgl. dazu Protokoll vom 16.08.2022, Bl. 207 ff. d.A.) beantragt der Kläger noch,

1. den am 02.06.2022 unter TOP 1 gefassten Beschluss, wonach die Nutzung der Wohnungen im Hause 11 im ersten Obergeschoss links und rechts werktags zur Betreuung von Kindern erlaubt wird, für ungültig zu erklären und an Stelle der Beklagten zu beschließen, dass die in den Wohnungen im 1. Obergeschoss (links und rechts) des Objektes „M 11“ betriebene bzw. errichtete Kindertagesstätte umgehend geschlossen wird, d.h. Herr Z als Verwalter wird beauftragt, gegenüber den jeweiligen aktuellen Wohnungseigentümer im Namen der Beklagten, die Unterlassung der Nutzung der Wohnungen als Kindertagesstätte außergerichtlich und notfalls gerichtlich unter Zuhilfenahme eines Anwaltes durchzusetzen, so dass im Ergebnis die vom (tatsächlichen) Wohnungsinhaber erfolgte Nutzung als Kindertagesstätte unterbleibt;

2. den am 02.06.2022 unter TOP 8 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären und an Stelle der Beklagten zu beschließen, dass Herr Z die eigenmächtig von ihm errichtete Terrasse sowie das Terrassenvordach am Objekt „M Nr. 11“ zu entfernen hat;

3. den am 02.06.2022 unter TOP 14 gefassten Beschluss, wonach die Häuser Nr. 11 und Nr. 13 grundbuchrechtlich getrennt und die Gesamtgemeinschaft aufgehoben werden soll, für ungültig zu erklären;

4. den am 02.06.2022 unter TOP 18 gefassten Beschluss, wonach an den Balkongeländern am Objekt „M. Nr. 11“ und „M. Nr. 13“ Photovoltaikanlagen angebracht werden, für ungültig zu erklären;

5. den am 02.06.2022 unter TOP 20 gefassten Beschluss, wonach am Objekt Haus Nr. 13 eine Mülltonnenverkleidung auf Kosten derEigentümer des Hauses Nr. 13 angebracht werden soll, für ungültig zu erklären;

6. den am 02.06.2022 unter TOP 21 gefassten Beschluss, wonach am Objekt Haus Nr. 11 ein Werbeschild auf Kosten der Eigentümer des Hauses Nr. 11 angebracht werden soll, für ungültig zu erklären;

7. Den am 02.06.2022 unter TOP 23 gefassten Beschluss, wonach am Objekt Haus Nr. 13 zum Schutz vor Regenwasser ein Kellerausgangstreppenvordach auf Kosten der Eigentümer des Hauses Nr. 13 angebracht werden soll, für ungültig zu erklären;

8. den am 02.06.2022 unter TOP 24 gefassten Beschluss, wonach Herr Z den Spitzboden des Hauses Nr. 11 auf eigene Kosten zu einer Wohnung ausbauen darf, für ungültig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die verbliebenen Klageanträge abzuweisen.

Es handele sich im Prinzip um eine Doppelhaushälfte mit jeweils mehreren Wohnungen. Der Kläger und der jetzige Verwalter hätten in 2011 zunächst eine GbR gegründet, um das Grundstück zu bebauen. Um das Grundstück nicht zu teilen und den Baukörper damit zu verkleinern, seien die Hälften wie geschehen „nach WEG gebaut worden“. Dabei sei zwischen dem Kläger und dem beklagten Verwalter als damals einzigen Bauherren von Anfang an Konsens gewesen, dass jeder auf seiner Hälfte „machen könne, was er wolle“. Und genau so sei es zehn Jahre lang auch in der Praxis gehandhabt worden. Aufgrund des § 3 der Teilungserklärung sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, gegen den Wohnungseigentümer Z Rückbauverpflichtungen durchzusetzen. Denn die Miteigentümer eines Hauses besäßen die alleinige Entscheidungskompetenz für ihre Hälfte, die nur durch „das äußere Erscheinungsbild“ eingeschränkt werde.

Außerdem betreibe die Eigentümerin der im 1. OG gelegenen Wohnung dort keine Kindertagesstätte. Vielmehr betreue sie aufgrund einer anerkannten Berechtigung des Jugendamtes von montags bis freitags (bzw. donnerstags) in der Zeit von 08.00 Uhr bis mittags (14:30 Uhr) bis zu maximal fünf Kleinkinder. Diese Tätigkeit, die seit dem 25.08.2020 erfolge, übe keinerlei Störungen auf die andere Haushälfte aus. Im Übrigen würden auch in Wohnungen des Hauses Nr. 13 berufliche Tätigkeiten, wie Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten ausgeübt, was ja auch toleriert werde.

Der Garten sei von „beiden Haushälften“ im Laufe der Jahre jeweils individuell weiterentwickelt worden. Die im Garten an den Gebäudeteil M. Nr. 11 angrenzend errichtete Terrasse mit Dach betreffe auch nicht das äußere Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage, da es sich um die rückwärtige Seite handele.

Außerdem sei in der Eigentümerversammlung unter TOP 8 der Antrag auf Beseitigung der Terrasse und des Daches abgelehnt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2022 nebst des dortigen Teilvergleichs, Bl. 207 ff. d.A. sowie den gesamten übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

A.

Kinderbetreuung (Beschluss zu TOP 1 sowie Beschlussersetzungsantrag)

Der Beschluss zu TOP 1 aus der Eigentümerversammlung war schon aus dem Grund für ungültig zu erklären, weil der Beschluss völlig unbestimmt ist. Im Beschlusstext ist weder festgehalten, wie viele Kinder, noch zu welchen Zeiten diese in den Wohnungen Nr. 5 bzw. 6 betreut werden sollen.

Allerdings dürfte nach § 2 Ziffer 2 der Teilungserklärung (Bl. 28 d.A.) eine (vorherige) Beteiligung der Eigentümerversammlung zwar gewünscht, aber für die Erteilung oder Versagung der maßgeblichen Einwilligung des Verwalters nicht zwingend sein.

In Hinblick auf den weiterhin gestellten Antrag auf Beschlussersetzung differenziert der Kläger nicht danach, ob durch den Betrieb der Kinderbetreuung in den Wohnungen Nr. 5 und 6 Störungen seines Sondereigentums oder des Gemeinschaftseigentums bzw. gemeinschaftlicher Rechte erfolgen/unterbleiben sollen.

Der Sache nach geht es dem Kläger mit seinem Antrag zu 1) darum, dass die in den Wohnungen Nr. 5 und 6 erfolgende Kinderbetreuung beendet/unterlassen wird, weil die Kinderbetreuung nicht dem vereinbarten Nutzungszweck entspreche, von der Kinderbetreuung ein gewisser Lärmpegel -auch aufgrund regelmäßig laufender Motoren beim Abholen der Kinder- ausgehe bzw. es zu einem Menschenaufkommen auf dem Gelände der WEG komme.

Die frühere Störungsabwehrrechtsgrundlage aus § 15 Abs. 3 WEG a.F. ist in veränderter Form im neuen § 14 WEG aufgegangen. Die dinglichen Abwehransprüche jedes Wohnungseigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB sowohl bei Beeinträchtigungen des Sondereigentums als auch bei Beeinträchtigungen der Mitbenutzung des Gemeinschaftseigentums bestehen daneben weiterhin fort, allerdings mit der Maßgabe, dass die Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben, gem. § 9a Abs. 2 WEG von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeübt werden.

Bei konkreter Betroffenheit des Sondereigentums hat der beeinträchtigte Wohnungseigentümer Abwehrrechte aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB, die er selbst geltend machen kann gegen den Störer, so dass es kein Bedürfnis für eine Beschlussersetzungsklage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gibt.

Eine zumindest halbtägliche Kinderbetreuung in einem nach § 2 der Teilungserklärung grundsätzlich Wohnzwecken dienenden Wohnhaus kann sicherlich mit einem erhöhten Lärmpegel (auch durch An- und Abfahrtverkehr, den der Kläger in den Schriftsätzen vom 09.06.2022 und 10.08.2022 (Bl. 121, 191 d.A.) auch vorträgt) verbunden sein, beeinträchtigt aber nicht ersichtlich das Gemeinschaftseigentum und kann daher selbst vom Kläger gegen den jeweiligen Störer geltend gemacht werden. Dafür ist keine Beschlussersetzungsklage gegen die Gemeinschaft erforderlich.

Nur, wenn die Störungsquelle zumindest auch das Gemeinschaftseigentum bzw. gemeinschaftliche Rechte beeinträchtigt, ist zuständig für die Durchsetzung von Abwehransprüchen betreffend das Gemeinschaftseigentum die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zwar bleibt der einzelne Eigentümer Inhaber des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB; die Ausübungsbefugnis steht aber gem. § 9a Abs. 2 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu. Der beeinträchtigte Wohnungseigentümer kann dann nach § 18 Abs. 2 WEG von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die entsprechende Maßnahme gegen den Störer einfordern. Trifft die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen erforderlichen Beschluss gegen den störenden Wohnungseigentümer nicht, kommt eine Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 WEG durch aus in Betracht.

Als gemeinschaftsbezogene Aspekte kommen hier das vom Kläger vorgetragene erhöhte Menschenaufkommen auf dem Gelände der WEG infolge der in den Wohnungen Nr. 5 und 6 erfolgenden Kinderbetreuung in Betracht. Dass sich daraus allerdings bereits ein konkreter Anspruch des Klägers wegen Störung des Gemeinschaftseigentums aus § 1004 Abs. 1 BGB ergibt, aufgrund dessen der Kläger von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die begehrte Beschlussfassung verlangen kann, ist nicht ersichtlich. Denn dafür ist der Vortrag des Klägers viel zu vage und unbestimmt.

Also könnte der Kläger mit seinem Antrag zu 1) allenfalls durchdringen, wenn durch die Kinderbetreuung in den Wohnungen Nr. 5 und 6 ein Verstoß gegen § 2 Ziffer 2 der Teilungserklärung gegeben wäre. Denn insoweit dürfte es sich auch um Rechte der Wohnungseigentümer i.S.d. § 9a Abs. 2 WEG handeln, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern.

Nach § 2 Ziffer 2 der Teilungserklärung dürfen die Wohnungen der hiesigen WEG grundsätzlich nur zu Wohnzwecken benutzt werden. Bei der Nutzung der Wohnungen Nr. 5 und 6 zur (werk-)täglichen Erbringung von Betreuungsleistungen in Form einer Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder, bei der der Erwerbscharakter im Vordergrund steht, kann nicht mehr von einer Wohnnutzung ausgegangen werden. Dabei handelt es sich zumindest um eine teilgewerbliche Nutzung der Wohnung (vgl. dazu BGH, ZWE 2012, 366, LG Koblenz, ZWE 2021, 125).

Allerdings ist nach der hiesigen Teilungserklärung eine gewerbliche oder berufliche Nutzung nicht gänzlich ausgeschlossen. Sie bedarf indes der Einwilligung des Verwalters. Ein vorheriger Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung kann (muss aber nicht) vom Verwalter herbeigeführt werden. Die Zustimmung muss erteilt werden, wenn die beabsichtigte Nutzung den Vorschriften des öffentlichen Rechts nicht widerspricht und wenn für die übrigen Wohnungseigentümer keine Nachteile oder Belästigungen zu erwarten sind, die über das Maß hinausgehen, die auch bei einer intensiveren Wohnnutzung zu erwarten sind.

Das Gericht legt die Teilungserklärung dahingehend aus, dass neben der reinen Wohnnutzung auch eine andere Nutzung der Wohnungen zulässig ist, soweit sie nicht mehr stört bzw. beeinträchtigt, als es eine „intensivere Wohnnutzung“.

Der derzeitige Verwalter Herr Z hat im Jahre 2020, als die WEG noch verwalterlos war, seiner Tochter, der damaligen Mieterin und jetzigen Sondereigentümerin der Einheiten Nr. 5 und 6, Frau P, die Zustimmung zur Kinderbetreuung (in seiner Eigenschaft als damaliger Vermieter) erteilt. Es wäre reine Förmelei, wenn Herr Z, der nunmehr als Verwalter bestellt ist, diese Einwilligung in dieser Eigenschaft wiederholen müsste, wobei beim derzeitigen Sach- und Streitstand auch sicher davon auszugehen wäre, dass er dies tun würde.

Eine (vorherige) Beschlussfassung der Wohnungseigentümer ist nach der Teilungserklärung nicht zwingend.

Dass von der in den Wohnungen Nr. 5 und 6 erfolgenden Kinderbetreuung Beeinträchtigungen ausgehen, die mit dem Zweck der Teilungserklärung (Wohnen bis hin zur intensiveren Wohnnutzung) nicht mehr gedeckt sind, kann das Gericht derzeit indes nicht feststellen. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass die vom Kläger von der Kinderbetreuung ausgehenden Beeinträchtigungen mehr als vage (gewisser Lärmpegel, regelmäßig laufender Motoren beim Abholen der Kinder, Menschenaufkommen auf dem Gelände der WEG) umschreiben worden sind.

Das Gericht verkennt nicht, dass in ähnlichen Fällen, wie beispielsweise dem Urteil des LG Koblenz vom 23.12.2019 (Az. 2 S 34/19) – allerdings bei von der dortigen Teilungserklärung vorgegebener reiner Wohnnutzung – entscheiden worden ist, dass bereits die mit dem täglichen Bringen und Abholen von fünf Kindern verbundenen Störungen aus dem An- und Abfahrverkehr, Halten, Parken, Rangieren bis hin zu den damit verbundenen Schadstoff-Emissionen zu Beeinträchtigungen führen kann, die über das Maß derjenigen hinausgehen, die bei der Wohnungsnutzung durch eine typische Familie mit mehreren Kindern zu erwarten wäre.

Indes war im dortigen Rechtsstreit der klägerische Vortrag zu Beeinträchtigungen sehr viel konkreter. Zudem handelte es sich dort um zwei versetzt nebeneinander stehende Doppelhaushälften mit nur jeweils einer Wohneinheit. Vorliegend muss aber berücksichtigt werden, dass aufgrund der Vielzahl von Wohneinheiten in der hiesigen WEG (16 Einheiten) ohnehin keine vollständige Vergleichbarkeit der beiden Fallgestaltungen angenommen werden kann. Aufgrund der Vielzahl der Bewohner ist in der hiesigen WEG ohnehin ein höheres An- und Abfahrverhalten etc. zu erwarten.

Demnach konnte hier noch kein Verstoß gegen den Nutzungszweck der Teilungserklärung festgestellt werden und der Kläger mit seinem Beschlussersetzungsantrag zu 1) derzeit nicht durchdringen.

Indes dürfte die Wohnungseigentümerin P, die die Kinderbetreuung in den Wohnungen Nr. 5 und 6 betreibt, gut beraten sein, wenn sie die davon ausgehenden Beeinträchtigungen so gut wie möglich minimiert, in dem beispielsweise die mit dem Bringen und Abholen der Kindern verbundenen Störungen so weit wie möglich vermieden werden (z. B. kein Halten/Parken der Eltern auf dem Gelände der WEG oder im unmittelbaren örtlichen Umfeld der WEG, kein Laufenlassen der Motoren, etc.).

B.

Terrasse nebst Vordach (Anfechtungs- und Beschlussersetzungsantrag)

Der Beschluss zu TOP 8 aus der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 war für ungültig zu erklären, weil der Beschluss, durch den der Rückbau der Terrasse nebst Vordach abgelehnt wird, nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Denn der Kläger hat einen Anspruch auf Rückbau der ohne genehmigenden Beschluss durch den Wohnungseigentümer Z errichteten Terrasse nebst Terrassenvordach nach § 1004 S. 2 i.V.m. 20 Abs. 1 WEG.

Denn der Bau der Terrasse nebst Vordach stellt eine Veränderung der Sachsubstanz des Gemeinschaftseigentums dar, wodurch eine Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums (bei dem zur WEG M 11, 11a, 13 gehörenden Garten handelt es sich nach der Teilungserklärung um gemeinschaftliches Eigentum – ohne Sondernutzungsrechte -) durch den Wohnungseigentümer Z erfolgt ist.

Der Kläger ist auch nicht zur Duldung der Terrasse nebst Vordach verpflichtet.

Denn es fehlt an einem nach § 20 Abs. 1 WEG erforderlichen Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, mit dem dem Wohnungseigentümer Z der Bau der Terrasse nebst Vordach gestattet worden wäre und aus dem sich deshalb eine Duldungspflicht des Klägers ergeben würde. Für den Bau der Terrasse hätte der Wohnungseigentümer Z zwingend eines gestattenden Beschlusses gemäß § 20 Abs. 1 WEG bedurft. Ein solcher Gestattungsbeschluss liegt aber weder seitens der Gesamtgemeinschaft noch seitens einer der Untergemeinschaften vor, wobei dahinstehen kann, ob ein Beschluss der Untergemeinschaft (s. dazu § 3 der Teilungserklärung, Bl. 29 f. d.A.) M 11 überhaupt ausgereicht hätte.

In dem Beschluss zu TOP 8 aus der Eigentümerversammlung vom 02.06.2022 kann auch kein legitimierter Beschluss der Wohnungseigentümer i.S.d. § 20 Abs. 1 WEG in Hinblick auf die Terrasse nebst Vordach erblickt werden, weil sich dieser Beschluss in der Ablehnung des Rückbaus erschöpft.

Es kann auch dahinstehen, ob dem Wohnungseigentümer Z gegen den Kläger ein Anspruch auf Beschlussfassung über die Gestattung der Terrasse nebst Vordach gemäß § 20 Abs. 3 WEG (gegebenenfalls in Verbindung mit der hiesigen Teilungserklärung) zusteht. Denn selbst bei Bejahung eines solchen Anspruchs des Wohnungseigentümer Z würde dies nicht dazu führen, dass es dem Kläger nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt wäre, den Beseitigungsanspruch geltend zu machen. Denn durch das WEMoG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass jede nicht durch Vereinbarung gestattete bauliche Veränderung zu ihrer Legalisierung einer Gestattung durch Beschluss bedarf, selbst wenn auf die Beschlussfassung ein Anspruch gemäß § 20 Abs. 3 WEG bestünde, weil kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. Dieser Wille des Gesetzgebers, der dem hohen Gut des Vorbefassungsgebots der Eigentümerversammlung Rechnung trägt, darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Wohnungseigentümer der eine bauliche Veränderung ohne Beschlussfassung vorgenommen hat, dem Rückbau- bzw. Unterlassungsanspruch seinen Anspruch auf die Gestattung per Beschluss gemäß § 242 BGB entgegenhalten könnte. Ein Wohnungseigentümer könnte sonst folgenlos gegen den Beschlusszwang und dass Vorbefassungsverbot verstoßen. Aufgrund des Vorbefassungsgebots handelt es sich bei der Beschlussfassung auch nicht um eine bloße Förmelei. Im Übrigen ist der Beseitigungs- bzw. Unterlassungsprozess der falsche Ort, um dort erstmals zu prüfen und darüber zu befinden, ob der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Genehmigung der von ihm bereits vorgenommen baulichen Veränderung hat. Ob dies im Rahmen von § 20 Abs. 3 WEG in ganz eindeutig gelagerten Fällen, in denen auf den ersten Blick ganz offensichtlich ist, dass keiner der übrigen Wohnungseigentümer durch die bauliche Veränderung auch nur ansatzweise beeinträchtigt ist, anders zu entscheiden wäre, kann vorliegend offenbleiben, da das Fehlen jedweder Beeinträchtigung bei der Errichtung einer Terrasse im gemeinschaftlichen Garten (und ohne Sondernutzungsrecht des Errichtenden) nicht offenkundig ist.

Das Beseitigungsbegehren des Klägers ist auch dann nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB, wenn der Kläger in der Vergangenheit selbst bauliche Veränderung unter Missachtung des Zustimmungs- bzw. Beschlusserfordernisses vorgenommen hat bzw. hätte. Denn auch ein eigener Verstoß gegen die Pflichten aus § 14 WEG macht ein Beseitigungs- bzw. Unterlassungsverlangen nicht rechtsmissbräuchlich. Eine Aufrechnung unzulässiger baulicher Veränderungen gegeneinander findet nicht statt (LG Bremen, Urteil v. 08.07.2022, Az. 4 S 176/21).

Auch steht dem Beseitigungsbegehren des Klägers vorliegend nicht eine (von Beklagtenseite zwar nicht vorgetragene, allerdings auch von Amts wegen zu berücksichtigende) Verwirkung entgegen. Zwar sind seit der Errichtung der Terrasse durch den Wohnungseigentümer Z schon zahlreiche Jahre vergangen. Die erfolgreiche Berücksichtigung des Rechtsinstituts der Verwirkung setzt jedoch voraus, dass zu einem Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend. Denn selbst eine lange Duldung reicht nicht aus, da zu dem Zeit- auch noch das Umstandsmoment hinzutreten muss, also das Entstehen eines schutzwürdigen Vertrauens in die künftige Nichtinanspruchnahme durch den Berechtigten bzw. der Gemeinschaft, das im Wohnungseigentumsrecht einer besonderen Grundlage bedarf (BeckOK BGB, Hau/Poseck-Fritsche, 62. Edition, Stand 01.05.2022, § 1004 Rn. 118.1 m.w.N.). Dies ist vorliegend aber weder vorgetragen noch nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ersichtlich.

Da die unrechtmäßige bauliche Veränderung in Form der Terrasse nebst Vordach auch nicht nachträglich genehmigt worden ist, die Beseitigung der baulichen Veränderung durch den Beschluss zu TOP 8 nicht „auf den Weg gebracht worden ist“ und der Kläger seinen Beseitigungsanspruch wegen der Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums aufgrund der Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 2 WEG nicht selbst ausüben kann, hat er gemäß § 18 Abs. 2 , 44 Abs. 1 S. 2 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Beschlussersetzung. Dieser Anspruch ist auch begründet, denn es widerspricht § 20 Abs. 1 WEG, der Konzeption des Gesetzes und darüber hinaus ordnungsgemäßer Verwaltung, weder die Genehmigung der baulichen Veränderung noch deren Rückbau zu beschließen (vergleiche dazu Münchener Kommentar zum BGB/Rüscher, 8. Aufl. 2021, § 20 WEG Rn. 57 ff.).

C.

Beschluss zu TOP 14

Der Beschluss zu TOP 14 verstößt gegen § 14 Abs.1 WEG und war daher für ungültig zu erklären.

D.

Beschluss zu TOP 18

Bei dem Beschluss zu TOP 18 handelt es sich um einen Gestattungsbeschluss auf bauliche Veränderung. Dieser ist zu unbestimmt. Ein Vornahme-, Gestattungs- oder Grundlagenbeschluss muss dem Grundsatz der Bestimmtheit genügen. Dazu muss der Beschluss die bauliche Veränderung nach Art, Maß und Umfang genau beschreiben. Es muss für jeden klar sein, was, wann, wo, von wem, mit welchen Mitteln errichtet/verändert/eingebaut/abgebaut usw. wird. Das ist vorliegend nicht der Fall. Ergibt sich weder aus dem Beschluss noch aus sonstigen, aus der Niederschrift ersichtlichen Umständen hinreichend eindeutig, welches Ausmaß die bauliche Veränderung haben soll, ist der Beschluss zu unbestimmt und kann auf Antrag für ungültig erklärt werden (OLG München ZMR 2006, 230).

E.

Beschluss zu TOP 20

Der Beschluss zu TOP 20 war für ungültig zu erklären. Denn zum einen genügt auch er nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Zum anderen verstößt er gegen die Kostenregelung des § 22 Abs. 2, 3 WEG.

F.

Beschluss zu TOP 21

Der Beschluss zu TOP 21 war für ungültig zu erklären. Denn er genügt ebenfalls schon nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz, weil in ihm noch nicht einmal der Werbezweck mitgeteilt wird.

G.

Beschluss zu TOP 23

Der Beschluss zu TOP 23 war für ungültig zu erklären. Denn zum einen genügt auch er nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Zum anderen verstößt er gegen die Kostenregelung des § 22 Abs. 2, 3 WEG.

H.

Beschluss zu TOP 24

Der Beschluss zu TOP 21 war für ungültig zu erklären. Denn er genügt ebenfalls schon nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 , 91a Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 , 2 ZPO

Der Streitwert bleibt für den Rechtsstreit auf bis zu 40.000,00 EUR festgesetzt und wird für den Teilvergleich auf bis zu 16.000,00 EUR festgesetzt.

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