LG Berlin – Az.: 53 S 107/15 WEG – Urteil vom 13.09.2016
Auf die Berufung der Kläger wird das am 17. September 2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 772 C 115/14 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Schöneberg vom 25. Juni 2015 zu obigem Aktenzeichen geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich der Anträge zu Ziffer 1. und 1.a. der Widerklage erledigt hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, einen Betrag von 1.389,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Januar 2009 auf das Gemeinschaftskonto der Wohnungseigentumsanlage zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche in den folgenden Grundstücksbereichen des Anwesens … 4 (Planskizze als Anlage WK 19) ausgelegten Steinplatten und Pflastersteine zu entfernen und den ursprünglichen Zustand (offenes Erdreich) wiederherzustellen:
a. im gesamten Bereich zwischen der südlichen Hauswand und der südlichen Grundstücksbegrenzung,
b. in dem Bereich, welcher begrenzt wird durch:
1) die Ostseite des Gebäudes und die Fluchtlinie der Ostseite des Hauses zur südlichen Grundstücksgrenze hin (Linie A – B gem. Planskizze WK19),
2) durch die südliche Grundstücksgrenze (Linie B – C gem. Planskizze WK19),
3) durch die Parallellinie zur vorgenannten Fluchtlinie in einem Abstand von 3 Metern nach Osten hin (Linie C – D gem. Planskizze WK19),
4) durch die Linie, welche senkrecht zur Ostseite des Hauses, und zwar in 2 Metern Entfernung von der Südostecke des Hauses, verläuft (Linie D – A gem. Planskizze WK19).
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Kläger 44 % und die Beklagte 56 % zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Säumnis der Kläger, die diese allein zu tragen haben. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestands wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger ist zulässig. In der Sache hat sie im ausgeurteilten Umfange Erfolg.
I. Feststellung der Erledigung der Auskunftsanträge zu Ziffer 1. und 1a. der Widerklage
Hinsichtlich der vorgenannten Auskunftsansprüche ist eine Erledigung des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO eingetreten. Diese Ansprüche waren vor Erledigungseintritt zulässig und begründet.
Entgegen der amtsgerichtlichen Auffassung waren die obigen Auskunftsansprüche nicht bereits verjährt nach §§ 195, 199 BGB. Die Kläger sind für die behauptete Kenntniserlangung des von der Beklagten angestrengten Klageverfahrens gegen die Firma N. im Jahre 2011 nicht beweisfällig geblieben.
Das Amtsgericht verkennt insoweit die Beweislast. Denn für die Voraussetzungen des Verjährungseintritts einschließlich der fristgemäßen Kenntniserlangung im Sinne von § 199 BGB ist die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig (Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 199 Rdn. 50). Wenn die Beklagte also eine frühere Kenntnis der Kläger vor dem Jahr 2011 behaupten will, hätte sie dies nachweisen müssen. Ungeachtet dessen haben die Kläger insoweit auch substantiiert Beweis angetreten und sich auf das Zeugnis ihres Architekten berufen (Bl. 39, 40 Bd. II d.A., Kenntniserlangung durch Übergabe des Gutachtens des Sachverständigen M.).
Den Klägern kann auch keine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 BGB vorgeworfen werden. Auch wenn die Kläger die im Jahre erbrachten Leistungen nicht selbst kontrolliert und etwaige Gewährleistungsrechte geprüft haben sollten, haben sie nicht grob fahrlässig keine Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen der im Jahre 2014 geltend gemachten Auskunftsansprüche erlangt. Die streitgegenständlichen Ansprüche sind nicht mit Abschluss der Arbeiten sondern erst mit der Auszahlung des Vergleichsbetrages an die Klägerin durch die Firma N. entstanden. Von der Einleitung des Klageverfahrens gegen die Firma N. aber hat die Beklagte die Kläger nicht in Kenntnis gesetzt. Auch heute noch steht die Beklagte auf dem Standpunkt, dass die Kläger das von ihr gegen die Firma N. geführte Klageverfahren und deren Ausgang nichts angehe. Gemäß den obigen Ausführungen wäre im Übrigen auch die Beklagte für das Vorliegen einer grob fahrlässigen Unkenntnis der Kläger – vor dem Jahr 2011 – von den anspruchsbegründenden Umständen, d.h. dem Vergleichsabschluss im Verfahren gegen die Firma N. und dem Vollzug der Vergleichsvereinbarung darlegungs- und beweispflichtig gewesen. Hierzu mangelt es an einem substantiierten Vorbringen der Beklagten.
Entgegen der amtsgerichtlichen Auffassung waren die einseitig für erledigt erklärten Auskunftsansprüche zu Ziffer 1. und 1 a. auch begründet. Eine erschöpfende Auskunft ist im eingereichten Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2012 (Bl. 65, 66 Bd. I d.A.) nicht erteilt worden. Dort ist lediglich von einem „Rechtsstreit gegen Herrn N.“, in dem „es um Mängel in meinem Sondereigentum“ ging, die Rede. Auch eine entsprechende Einsichtnahme in die Verfahrensakte 22 O 323/08 bzw. die Beweissicherungsakte 33 OH 6/05 hätte keine ausreichende Auskunft bezüglich der Klageanträge zu Ziffer 1. und 1a ergeben. Diese hätte zwar ergeben können, dass ein Vergleich zu Gunsten der Beklagten über 4.000 EUR geschlossen worden war. Hieraus folgt aber weder, dass der Beklagten dieser Betrag auch tatsächlich zugeflossen ist (Auskunftsantrag zu Ziffer 1.) noch, wofür sie den ggf. erhaltenen Betrag von 4.000 EUR verwendet hat (Auskunftsantrag zu Ziffer 1a.).
II. Feststellung der Erledigung des erweiterten Auskunftsantrags hinsichtlich der Rechnung der Firma N. vom 21. September 2012
Ungeachtet der Frage des Verjährungseintritts ist der erweiterte Auskunftsanspruch hinsichtlich der Rechnung der Firma N. vom 21.09.2000 jedenfalls in der Sache unbegründet. Denn nach dem Inhalt der hiesigen Klageschrift wussten die Kläger bei Klageeinreichung Ende September 2014 bereits von dem Verfahren 22 O 323/08 und dem dort geschlossenen Vergleichsabschluss über 4.000,- EUR. Sie hätten somit ohne weiteres Einsicht in die dortige Verfahrensakte nehmen können und eine entsprechende Kopie der im dortigen Verfahren als Anlage beigefügten besagten Rechnung fertigen können. Hinsichtlich dieses Auskunftsanspruchs ist somit keine Erledigung des Rechtsstreits festzustellen.
III. Auskunftsantrag über Barzahlungen in Höhe von 884,33 wegen von der Beklagten durchgeführter Ersatzvornahmemaßnahmen
Dieser Auskunftsanspruch ist ebenfalls unbegründet. Es wird insoweit auf die vorstehenden Ausführungen zu Ziffer II. Bezug genommen. Die im Verfahren 22 O u.a. geltend gemachten „Barzahlungen“ in Höhe von 884,33 EUR sind im dortigen Verfahren ebenfalls substantiiert dargetan und durch Rechnungskopien belegt worden (Bl. 149 Bd. I d.A.). Deren Hintergrund hätte somit ebenfalls unschwer durch Akteneinsichtnahme – wie diese später auch erfolgt ist – in Erfahrung gebracht werden können.
IV. Zahlungsantrag in Höhe von 1.389,19 EUR
Die Kläger machen insoweit einen bereicherungsrechtlichen Anspruch nach § 812 BGB bzw. einen solchen aus dem gemeinschaftlichen Treuverhältnis nach § 280 BGB geltend.
Der Begründetheit des Zahlungsanspruchs steht nicht bereits die mangelnde Aktivlegitimation der Kläger entgegen. Für den vorliegenden Anspruch auf Rückzahlung von Gemeinschaftsgeldern auf das Gemeinschaftskonto ist zwar grundsätzlich der Verband aktivlegitimiert. Etwas anderes kann aber bei einer Zweiergemeinschaft gelten, wenn – wie hier – die beiden einzigen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft zerstritten sind, und die Gemeinschaft verwalterlos ist. In diesem Falle können ausnahmsweise die beiden Wohnungseigentümer auch untereinander gerichtlich gegeneinander vorgehen (Niedenführ u.a., WEG, 11. Aufl., § 16 Rdn. 133).
Die beiden streitgegenständlichen Rechnungen der Firma N. vom 1. August 2000 über 2.248,38 EUR und 24. November 2000 über 2.772,19 EUR betreffen ausschließlich Arbeiten am Gemeinschaftseigentum (Erneuerung und Änderung von Heizungs- und Wasserleitungen zwischen den Geschossen). Beide Rechnungen sind auch seinerseits nach Abschluss der Arbeiten unstreitig aus dem Gemeinschaftsvermögen beglichen worden. Ausweislich des Inhalts der Klageschrift im Verfahren 22 O 328/08 hat die Beklagte in diesem Verfahren Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 6.506,92 EUR als Vorschussforderung sowie Aufwendungsersatzansprüche in Höhe von 884,33 EUR für getätigte Ersatzvornahmemaßnahmen eingeklagt. Hinsichtlich der geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 6.506,92 EUR hat sich die Beklagte und dortige Klägerin auf das Beweissicherungsgutachten des Sachverständigen M. berufen, der in besagtem Gutachten Mängelbeseitigungskosten in dieser Höhe bezüglich der Arbeiten der Firma N. festgestellt hat. Nach dem Inhalt des vorliegenden Beweissicherungsgutachtens betrafen u.a. die – in der Klageschrift allein geltend gemachten – unter Ziffer III. und IV. aufgeführten gutachterlichen Positionen zu Ziffer 1. und 8. Mängel bezüglich Leistungen aus den aus dem Gemeinschaftsvermögen beglichenen Rechnungen der Firma N. vom 1. August und 24. November 2000. Der Sachverständige hat insoweit Mängelbeseitigungskosten in Höhe von insgesamt 2.500,- EUR netto veranschlagt. Die diesbezüglichen Bruttomängelbeseitigungskosten in Höhe von 2.975 EUR sind mithin auch Gegenstand der Klageforderung im Verfahren 22 O 323/08. Der abgeschlossene Vergleich erstreckt sich somit auch auf diesen Teil der Klageforderung. Hierbei kommt es im hiesigen Verfahren entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob insoweit tatsächlich Mängel an den Leistungen der Firma N. aus den Rechnungen vom 1. August und 24. November 2000 in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum vorgelegen haben. Entscheidend ist allein, dass mit der Vergleichssumme von 4.000 EUR auch die bezüglich der Rechnungen der Firma N. vom 1. August und 24. November 2000 geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten von 3.698,52 EUR anteilig mitabgegolten werden sollten. Mit der Vergleichssumme wurden mithin auch Gewährleistungsansprüche bezüglich der Rechnungen vom 1. August und 24. November 2000, die unstreitig Arbeiten am Gemeinschaftseigentum beinhalteten und die unstreitig aus dem Gemeinschaftsvermögen beglichen wurde, anteilig befriedigt. Dieser Teil der gezahlten Vergleichssumme ist demzufolge auch wieder dem Gemeinschaftsvermögen zuzuführen.
Eine andere Frage ist es, ob die Beklagte ggf. ihrerseits Erstattungsansprüche gegenüber dem Verband in Zusammenhang mit den mangelhaften Arbeiten der Firma N. hat, mit denen sie ggf. aufrechnen könnte. Dahingehende Gegenforderungen hat die Beklagte indes nicht substantiiert dargetan. Im Übrigen hat der Sachverständige M. hinsichtlich der Mängelbeseitigung auch diverse Alternativen vorgeschlagen, über die ebenfalls grundsätzlich nur die Gemeinschaft und nicht ohne weiteres die Beklagte allein befinden kann.
Bei der Ermittlung des zuzusprechenden Betrages ist davon auszugehen, dass mit dem vereinbarten Vergleichsbetrag üblicherweise sämtliche geltend gemachten Klagepositionen in gleichem Maße anteilig abgegolten werden sollen. Dies kann auch anders vereinbart werden. Hierfür liegen aber vorliegend keine Anhaltspunkte vor, noch ist Dahingehendes schriftsätzlich vorgetragen worden. Die Vergleichssumme von 4.000 EUR verteilt sich damit im proportionalen Verhältnis anteilig auf die obigen auf die Rechnungen der N. vom 1. August und 24. November 2000 anfallenden Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 2.975,- EUR, auf die restlichen im Verfahren 22 O 323/08 eingeklagten Mängelbeseitigungskosten von 3.531,92 EUR sowie auf die darüber hinaus eingeklagten „Barzahlungen“ in Höhe von 884,33 EUR. Danach müsste dem Gemeinschaftsvermögen ein Gewährleistungsbetrag von 1.610,- EUR zugeführt werden. Den Klägern steht danach jedenfalls die geltend gemachte Klageforderung in Höhe von 1.389,19 EUR zu.
Dieser Anspruch ist auch nicht verjährt. Bei der hier vorliegenden Stufenklage tritt bereits mit Rechtshängigkeit der ersten Stufe (hier der Auskunftsklage) auch hinsichtlich des unbezifferten Leistungsantrags – jedenfalls bis zur Höhe des anschließend bezifferten Betrags – Verjährungshemmung ein (Palandt-Ellenberger aaO, § 204 Rdn. 2 m.w.N.). Im Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage Ende September 2014 aber waren die Auskunftsansprüche noch nicht verjährt. Es ist damit unschädlich, dass die Kläger einen erstmals bezifferten Leistungsantrag erst im Jahr 2015 gestellt haben.
V. Rückbau der Steinplatten
Die Kläger haben auch einen Anspruch auf Beseitigung der Steinplatten auf der streitgegenständlichen gemeinschaftlichen Gartenfläche.
Das Anlegen eines bzw. einer mit Steinplatten und Pflastersteinen befestigten Weges oder Terrasse auf einer Rasenfläche stellt eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dar (Niedenführ u.a., WEG, 11. Aufl., § 22 Rdn. 42, 88 m.w.N.; Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 22 Rdn. 60 m.w.N.). Die zur Akte gereichten Fotos belegen, dass insoweit eine geschlossene Plattendecke hergestellt wurde. Der Annahme einer baulichen Veränderung steht nicht entgegen, dass die Steinplatten angeblich direkt auf das Erdreich ohne weitere Befestigung aufgebracht worden sein sollen. Denn ein Substanzeingriff ist keine Voraussetzung für das Vorliegen einer baulichen Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, wenn die Umgestaltung auf Dauer angelegt ist.
Die errichtete Plattendecke stellt auch eine Beeinträchtigung der Rechte der übrigen Wohnungseigentümer im Sinne der §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG dar. Maßgebend ist, ob dem Wohnungseigentümer in vermeidbarer Weise ein Nachteil entsteht. Für einen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG ist entscheidend, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in einer entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Die Schwelle dafür, ob durch eine bauliche Veränderung ein nur unerheblicher Nachteil entsteht, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 14 Abs. 1 GG) niedrig anzusetzen. Es scheiden deshalb lediglich ganz geringfügige Beeinträchtigungen als Nachteil im Sinne der §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG aus (vgl. Niedenführ u.a., WEG, 11. Aufl., § 22 Rdn. 95). Eine Abwägung zwischen den Vorteilen, die mit der baulichen Veränderung für einen oder mehrere Wohnungseigentümer verbunden sind, und den Nachteilen, für den oder die zustimmungspflichtigen Wohnungseigentümer findet grundsätzlich nicht statt (aaO).
Als Beeinträchtigung im obigen Sinne kommt demzufolge auch die Möglichkeit der intensiveren Nutzung des Mitgebrauchsrechts am Garten durch die Verlegung der Steinplatten in Betracht (Niedenführ u.a., aaO, § 22 Rdn. 106 m.w.N.). Dieser Nachteil ist auch erstinstanzlich geltend gemacht worden. Die Kläger haben insoweit vorgetragen, dass die Beklagte auf der streitgegenständlichen Rasenfläche Steinplatten verlegt habe, obwohl ihr dort kein Sondernutzungsrecht eingeräumt worden sei. Sie machen mithin geltend, dass die Beklagte dort faktisch ein Sondernutzungsrecht ausübt. Auch in ihrem eingereichten vorgerichtlichen Schreiben vom 27. Juli 2012 (Anlage K9) führen die Kläger aus, dass die Beklagte abweichend vom bisherigen baulichen Zustand eine befestigte Zuwegung und ein „verlängertes Wohnzimmer“ geschaffen habe.
Es liegt auf der Hand, dass durch die großflächige Befestigung der Erdfläche durch Steinplatten diese intensiver genutzt werden kann. Die tatsächliche Nutzung der befestigten Fläche wird auch durch die eingereichten Fotos (Anlagen K 6 bis K 8) dokumentiert. Danach kann die erfolgte Bepflasterung der Rasenfläche nicht allein mit dem bloßen Wunsch der Beklagten nach einer Befestigung der Zuwegung zum Treppenaufgang begründet werden. Abgesehen davon, dass die Schaffung eines befestigten Zugangs zum Treppenaufgang nicht die Verlegung der Steinplatten in dieser Breite erfordert hätte, befinden sich auf der streitgegenständlichen Fläche Stühle, ein Tisch sowie eine Gartenbank. Die Beklagte nutzt diesen Gartenteil mithin nicht nur als Zuwegung sondern auch als ständigen Sitzplatz zum Aufenthalt im Garten. Auf die tatsächliche Nutzung kommt es aber auch nicht maßgeblich an. Vielmehr reicht es für die Annahme eines Nachteils aus, wenn lediglich die Möglichkeit einer intensiveren Gartennutzung besteht. Eine befestigte Rasenfläche kann aber z.B. durch Aufstellen von Gartenmöbeln, Holzkohlengrills etc. wesentlich intensiver genutzt werden als eine unbefestigte (AG Weimar ZMR 2013, 582, 583). Zudem wird durch die Anlegung der befestigten Rasenfläche und der Verbringung von Gartenmöbeln auf diese Fläche die Nutzungsmöglichkeit der diesbezüglichen Gartenfläche durch die übrigen Wohnungseigentümern erheblich eingeschränkt. Dies ist auch beabsichtigt. Denn die Beklagte hat im hiesigen Verfahren selbst geltend gemacht, dass sie im gesamten Gartenbereich über keine andere Terrasse verfüge und deshalb auf den streitgegenständlichen Bereich zur Gartennutzung angewiesen sei. Aufgrund fehlenden Sondernutzungsrechts war die Beklagte aber zur eigenmächtigen Vornahme der baulichen Veränderung auf der Gemeinschaftsfläche nicht berechtigt.
Es kann danach dahinstehen, ob ein Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG auch deshalb zu bejahen ist, weil die Befestigung der Fläche auch die Ausführung des Beschlusses vom 19. Dezember 2012 oder die Kellersanierung behindert.
Der Rückbauanspruch ist auch nicht nach § 242 BGB treuwidrig, weil auf der (klägerischen) Nordseite des Grundstücks ebenfalls eine entsprechende Grundstücksfläche durch Steinplatten befestigt ist. Denn diese Befestigung war bereits bei Erwerb der Wohnung durch die Kläger vorhanden. Ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB bestünde mithin mangels Vorliegens einer baulichen Veränderung nicht. Vor diesem Hintergrund ist der Beseitigungsanspruch der Kläger nicht als rechtsmissbräuchlich zu werten.
Der Umstand, dass ein Mitglied der Kammer in einem zwischen den Parteien geführten Parallelverfahren den Einbau eines bodenlangen Fensters auf der Südseite wegen fehlender optischer Beeinträchtigung nicht als nachteilig im Sinne der §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG gewertet hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Auf die nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Anlage wird die vorliegende Entscheidung nicht gestützt. Ungeachtet dessen wäre die hier erkennende Richterin auch nicht an die rechtliche Bewertung im Parallelverfahren, die zudem im Rahmen einer Einzelfallentscheidung zu einem anderen Streitgegenstand ergangen ist, gebunden. Es besteht deshalb keine Veranlassung für die beantragte Rückübertragung der Sache auf die Kammer nach § 348a Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Eine wesentliche Änderung der Prozesslage im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor.
Soweit in den Schriftsätzen der Parteien vom 4., 15. und 30. August 2016 sowie 12. September 2016 neuer Sachvortrag enthalten ist, ist dieser im Rahmen der Entscheidung nicht berücksichtigt worden. Ein Schriftsatznachlass war nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht gewährt worden. Das neue Vorbringen gibt auch keine Veranlassung, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 91a ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.