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WEG – Ungültigerklärung Genehmigungsbeschluss für Jahresabrechnung wegen Unschlüssigkeit

AG Saarbrücken – Az.: 42 C 262/18 (10) – Urteil vom 12.04.2019

1. Die Beschlüsse Eigentümerversammlung … – werden für ungültig erklärt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 9.620,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien bilden die Eigentümergemeinschaft WEG …, die aus den im Rubrum aufgeführten selbständigen Einheiten besteht.

Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung im Anwesen ….

Am 22.08.2018 fand eine Eigentümerversammlung statt, auf der u.a. die angefochtenen Beschlüsse gefasst wurden.

Der Kläger ist der Auffassung, die Eigentümerversammlung war hinsichtlich der Beschlussfassung zu TOP 6 und TOP 7 nicht beschlussfähig. 24 Eigentümer waren durch Vollmachten vertreten. Der Verwalter sei mit den ihn erteilten Vollmachten vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen.

Ihm sei die durch Frau …, Mieterin einer Wohnung des Klägers, geltend gemachte Einsicht in der der Abrechnung 2017 zugrundeliegenden Abrechnungsunterlagen verweigert worden. Der Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung sei schon deshalb aufzuheben.

Bei den Einnahmen fehle die Angabe der für die Vorjahre nachgezahlten Hausgelder. Zudem fehle die Angabe welche im Jahr 2016 überzahlten Hausgelder im Jahr 2017 zurückerstattet worden sind.

Bei der Entwicklung der Bankkonten ist ein Zugang von 222.071,67 € und ein Abgang von 187.391,10 €. Diese Beträge seien nicht aus den in der Abrechnung dargestellten Einnahmen und Ausgaben zu begründen.

Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage sei fehlerhaft.

Bei der Position „Gebäudeversicherung“ betragen die Ausgaben lt Abrechnung 14.836,25 €. Die Prämie belaufe sich tatsächlich auf 14.562,87 €.

Die Position „Allgemeinstrom“ in Höhe von 3.368,93 € beinhalte auch die durch den Betreib der Heizungsanlage angefallenen Stromkosten, die in der Heizkostenabrechnung zu berücksichtigen seien.

In der Position „Allgemeinstrom“ seien Stromkosten für drei Lampen mit enthalten, die der Gesamtwohnanlage zuzurechnen seien. Der Verbrauch werde durch einen Zwischenzähler erfasst.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass die in der Eigentümerversammlung der Eigentümer des Anwesens … – unwirksam sind.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, die Zeugin … habe Informationen, die sie im Rahmen erfolgter Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen erhalten habe, zu Unrecht im Haus verteilt und anderen Personen zugänglich gemacht.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingereicht und begründet (§ 46 Abs. 1 WEG).

Die Klage ist auch begründet.

1.

Die unter TOP 4 beschlossen Gesamt- und der Einzelabrechnungen für 2017 waren auf die Anfechtung des Klägers hin für ungültig zu erklären. Die Jahresabrechnung genügt den Anforderungen der Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Abrechnung nicht.

In der Gesamtabrechnung sind alle tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben darzustellen. Die Abrechnung muss eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben für das betreffende Wirtschaftsjahr enthalten. Diese Gesamtabrechnung muss für einen Wohnungseigentümer auch ohne Zuziehung eines Buchprüfers oder sonstigen Sachverständigen verständlich sein (Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 14. Auflage, § 28 Rn. 114 m.w.N.).

Einnahmen der Gemeinschaft sind vornehmlich die Beiträge, die die Wohnungseigentümer nach Maßgabe des beschlossenen Wirtschaftsplans im Abrechnungsjahr gezahlt haben. Sie sind im tatsächlich geleisteten Umfang in die Abrechnung einzustellen (Becker, a.a.o., § 28 Rn. 116). Entsprechend ihrer Zweckwidmung im Wirtschaftsplan sind auch in der Abrechnung anteilige Beiträge zu den laufenden Bewirtschaftungskosten und Beitragsleistungen zur Instandhaltungsrücklage zu unterscheiden.

Die streitgegenständliche Abrechnung enthält eine Darstellung der geleisteten Hausgelder sowie der Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage. Insoweit greift auch der Einwand des Klägers, bei den Einnahmen fehle die Angabe der für die Vorjahre nachgezahlten Hausgelder, nicht durch. In die Gesamtabrechnung aufzunehmen sind die tatsächlich im Abrechnungsjahr geleisteten Beitragszahlungen, auch wenn die Beitragsrückstände andere Abrechnungsperioden betreffen. Zur Information kann die Gesamtabrechnung einer nähere Aufschlüsselung der im Abrechnungszeitraum eingegangenen Beitragszahlungen im Hinblick auf die Abrechnungszeiträume enthalten, für die sie geschuldet waren. Da die Abrechnung eine reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung darstellt, sind solche Angabe aber nicht zwingend erforderlich (Bärmann, a.a.o., § 28 Rn. 116 a, BGH ZWE 2014, 36).

Die Darstellung der Einnahmen ist aber nicht plausibel. Aus der Jahresabrechnung ergeben sich Einnahmen in Form von Hausgeldzahlungen in Höhe von 125.114,92 € und Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage in Höhe von 63.743,87 €; insgesamt also 188.858,79 €.

Demgegenüber wird bei der Darstellung der Bankkonten in der Jahresabrechnung ein Zugang im Jahr 2017 in Höhe von 222.071,67 € ausgewiesen. Die Differenz zu den dargestellten Einnahmen ist nicht nachvollziehbar und nicht erläutert. Soweit die Beklagten vortragen, es handele sich bei dem Zugang auf das Girokonto in Höhe von 221.762,84 € um die Gesamteinnahmen der Gemeinschaft, wobei der Zugang auch die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage, geleistete Nachzahlungen von Abrechnungen, Auflösung von Festgeldern usw. beinhalte, ist dieser Vortrag zu ungenau, die fehlende Darstellung sämtlicher Einnahmen in der Jahresabrechnung zu ergänzen.

Auch die Darstellung der Ausgaben ist nicht plausibel. Die Summe der Gesamtausgaben in Höhe von 132.696,06 € sowie der Abgang aus der Instandhaltungsrücklage in Höhe von 31.323,96 € und damit eine Gesamtsumme von 164.020,02 € ergibt sich zwar nachvollziehbar aus der Abrechnung. Die Gesamtausgaben in dieser Höhe sind aber nicht mit dem tatsächlichen Abgang von den Konto in Höhe von 187.391,10 € in Einklang zu bringen.

Der Jahresabrechnung fehlt damit insgesamt die rechnerische Schlüssigkeit, so dass bereits aus diesem Grund die Gesamt- und die daraus entwickelten Einzelabrechnungen aufzuheben waren.

Hinsichtlich der Einzelpositionen greift zudem der unbestrittene Einwand des Klägers hinsichtlich der Position Heizkosten – die Position „Allgemeinstrom“ in Höhe von 3.368,93 € beinhalte auch die durch den Betrieb der Heizungsanlage angefallenen Stromkosten, die in der Heizkostenabrechnung zu berücksichtigen seien – und der Position Allgemeinstrom – dort seien Stromkosten für drei Lampen mit enthalten, die der Gesamtwohnanlage zuzurechnen seien – durch.

Dagegen kann der Kläger nicht einwenden, es seien unberechtigte Ausgaben in die Jahresabrechnung eingestellt worden, nämlich „Außenanlage“ 392,98 €“ laufende Instandhaltungskosten“ 717,56 €“ Gerätekauf, Gerätereparatur“ in Höhe von 415,85 € bzw. 275,10 €, „zusätzliche Verwaltungsgebühren“ 382,88 €.

Enthielte also die Jahresabrechnung tatsächlich unberechtigte -was hier ausdrücklich offen bleibt-, aber tatsächlich erfolgte Ausgaben, so führt dies nicht zur Unrichtigkeit der Abrechnung, denn die Jahresabrechnung ist inhaltlich zutreffend. Vielmehr betrifft dieser Aspekt die Entlastung des Verwalters, der durch die unberechtigte Auszahlung seine Pflichten verletzt hätte und deshalb einem Schadensersatzanspruch ausgesetzt sein könnte (allgem.: Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 28 WEG, RN 153).

Ob die Verwaltung gehalten gewesen wäre, der Zeugin … weitere Einsichtsmöglichkeiten in Verwaltungsunterlagen zu nehmen, kann hier offen bleiben.

2.

Die Beschlüsse über die Entlastung des Verwalters unter TOP 6 und über die Entlastung des Verwaltungsbeirates unter TOP 7 in der Eigentümerversammlung vom 22.08.2018 waren für ungültig zu erklären. Die Entlastungen widersprechen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Der Beschluss über die Entlastung stellt ein negatives Schuldanerkenntnis dar, es sollen keine weiteren Ansprüche mehr gegen den entlasteten Verwalter und den entlasteten Verwaltungsbeirat mehr in Betracht kommen. Nachdem die Jahresabrechnung für ungültig zu erklären war, sind Pflichtverstöße des Verwalters bei der Erstellung und des Verwaltungsbeirates bei der Prüfung der Jahresabrechnung nicht ausgeschlossen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

4.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49 a GKG.

Der Beschluss über die Anfechtung der Jahresabrechnung 2017 ist im Ausgangspunkt mit dem hälftigen Nennbetrag der Jahresabrechnung in Höhe von 66.348,00 € anzusetzen (vgl. BGH, MDR 2017, 877). Beschränkt wird der Streitwert jedoch gemäß § 49 a Abs. 1 Satz 3 GKG, wonach der Streitwert das Interesse des Klägers nicht unterschreiten und den fünffachen Wert nicht überschreiten darf. Das 5fache Interesse des Klägers beläuft sich auf 1.624,03 € x 5 = 8.120,15 €. Hierauf war der Streitwert für die Anfechtung der Jahresabrechnung zu beschränken.

Die Anfechtung der Entlastung des Verwalters wird auf 1000,00 € geschätzt.

Der Streitwert betreffend die Entlastung des Verwaltungsbeirates wird in Anlehnung an die Beschlussfassung über die Entlastung des Verwalters auf 500,00 € geschätzt.

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