AG Langenfeld – Az.: 64 C 109/10 – Urteil vom 05.01.2011
Das Versäumnisurteil vom 13.10.2010 wird aufrechterhalten.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien bilden die Wohnerbbaurechtsgemeinschaft xxx in Hilden, die von der Beigeladenen verwaltet wird. Der Kläger ist Eigentümer einer im Kellergeschoss des Objektes gelegenen und im Aufteilungsplan zur Teilungserklärung als Mehrzweckraum bezeichneten Teileigentumseinheit. Diese hatte er zunächst an die Erbbaurechtsgemeinschaft vermietet, die auch jegliche Betriebskosten getragen hat. Nunmehr hat der Kläger diesen Mehrzweckraum mit einer gewerblichen Nutzung anderweitig vermietet.
In Ziffer 5.1 der Gemeinschaftsordnung zur Teilungserklärung ist bestimmt, dass Kellerräume bei der Verteilung der Instandhaltungskosten unberücksichtigt bleiben. In Ziffer 11. der Gemeinschaftsordnung ist die Verteilung der Lasten und Kosten, die von allen Miteigentümern zu tragen sind, geregelt, wobei nach Ziffer 11.2.1 die anfallenden Bewirtschaftungskosten grundsätzlich für die Wohnungseigentümer und die Teileigentümer getrennt anzurechnen und nur die Kosten, die Wohnungen und Garagenanlage gemeinschaftlich betreffen, nach dem Verhältnis der Miterbbaurechtsanteile zwischen beiden Bereichen aufzuteilen sind. Ziffer 11.3 der Gemeinschaftsordnung regelt die auf die Wohnungen entfallenden Kosten, die bis auf die Verwaltungskosten, die Müllabfuhrgebühren und die Heizkosten nach dem Verhältnis der in der Teilungserklärung festgelegten Wohnflächen auf die Wohnungen umzulegen sind. Die auf die Garagenanlage entfallenden Kosten sind nach Ziffer 11.4 der Gemeinschaftsordnung nach der Zahl der vorhandenen Einstellplätze zu verteilen. Ziffer 11.6 der Gemeinschaftsordnung eröffnet die Möglichkeit, die Schlüssel zur Kostenverteilung durch Beschluss der Eigentümerversammlung mit 2/3- Mehrheit zu ändern, wobei bei mehreren kostenmäßig getrennt zu belastenden Eigentümergruppen diese Mehrheit bei getrennten Abstimmungen in der jeweiligen Gruppe erreicht werden muss.
Am 07.07.2010 fand eine Eigentümerversammlung statt. Unter TOP 03 fassten die Eigentümer einstimmig folgenden Beschluss:
Die Verteilerschlüssel gemäß der Schlüsseltabelle der Hausgeldabrechnung vom 23.06.2010 sind dahingehend zu ändern, dass der Verteilerschlüssel 1 auf Wohnfläche und Kellerräume und der Verteilerschlüssel 8 auf Wohnungen und Kellerraum geändert werden soll.
Die Eigentümergemeinschaft beauftragt die Hausverwaltung, den Rechtsanwalt Herrn A zu beauftragen, die Forderungen der Eigentümergemeinschaft gegen B außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen. Über den Fortgang des Mahnverfahrens ist der Verwaltungsbeirat selbstverständlich auf dem Laufenden zu halten.
Durch weitere jeweils einstimmige Beschlüsse wurde unter TOP 04.01 die Jahresabrechnung 2009 genehmigt, unter TOP 04.02 dem Verwaltungsbeirat und den Wirtschaftsprüfern sowie unter TOP 04.03 der beigeladenen Verwaltung Entlastung für das Wirtschaftsjahr 2009 erteilt und unter TOP 05 der Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2010 genehmigt. In der Jahresabrechnung 2009 und im Wirtschaftsplan 2010 wird der Kläger für seine Teileigentumseinheit „Mehrzweckraum“ mit Heiz- und Wasserkosten sowie Verwaltungsgebühren und nach dem Wohnflächenverhältnis mit allen weiteren Betriebskostenpositionen mit Ausnahme der die Garagen betreffenden belastet.
Der Kläger hat die Beschlüsse unter TOP 03, 04 und 05 der Eigentümerversammlung vom 07.07.2010 mit am 19.07.2010 bei Gericht eingegangener Klage angefochten und ihre Ungültigerklärung beantragt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.10.2010 war für die Beklagten niemand erschienen, so dass auf Antrag des Klägers antragsgemäß Versäumnisurteil erging, das den Beklagten am 21.10.2010 zugestellt wurde. Mit am 28.10.2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz haben die Beklagten gegen dieses Versäumnisurteil Einspruch eingelegt.
Der Kläger ist der Auffassung, die von ihm angefochtenen Beschlüsse seien für ungültig zu erklären, da der in seinem Teileigentum stehende Mehrzweckraum im Keller nach dem Inhalt der Gemeinschaftsordnung zur Teilungserklärung an der Verteilung der Betriebskosten und der Ansparung einer Instandhaltungsrücklage ausdrücklich nicht teilnehme.
Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil vom 13.10.2010 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil vom 13.10.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Auffassung, der Kläger sei nach der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung verpflichtet, sich mit seiner Teileigentumseinheit an den Bewirtschaftungskosten zu beteiligen. Die Beschlussfassung unter TOP 03 habe letztendlich nur die Abrechnung herbeigeführt, die auch nach der Teilungserklärung durchzuführen wäre. Der Mehrzweckraum sei nicht den einfachen Kellerräumen, sondern den Wohnungen zuzuordnen. Im übrigen sei die Eigentümergemeinschaft auch berechtigt gewesen, mit der erforderlichen Mehrheit die Verteilerschlüssel zu ändern.
Entscheidungsgründe
Die Anfechtungsklage des Klägers ist begründet.
Das Versäumnisurteil vom 13.10.2010 war somit gemäß § 343 Satz 1 ZPO aufrechtzuerhalten.
Die vom Kläger angefochtenen Beschlüsse widersprechen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, da sie insbesondere mit den Bestimmungen in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung der Erbbaurechtsgemeinschaft nicht in Einklang stehen. Nach dem Inhalt der Gemeinschaftsordnung zur Teilungserklärung nimmt der im Sondereigentum des Klägers stehende Mehrzweckraum als Teileigentumseinheit weder an der Verteilung von Instandhaltungskosten und damit auch nicht an der Ansparung einer Instandhaltungsrücklage, noch an der Verteilung der Betriebskosten teil. Ziffer 5.1 der Gemeinschaftsordnung regelt ausdrücklich, dass das Sondereigentum an Kellerräumen bei der Verteilung der Instandhaltungskosten unberücksichtigt bleibt. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei dem im Sondereigentum des Klägers stehenden Mehrzweckraum um einen Kellerraum im herkömmlichen Sinn handelt, ist dieser allein aufgrund seiner Lage im Kellergeschoss den Kellerräumen zuzuordnen. Die Teilungserklärung unterscheidet in Ziffer 2. unter Bezugnahme auf ihre Anlage 2 ausdrücklich zwischen dem Sondereigentum an Wohnungen, jeweils den Wohnungen zugehörigen Kellerräumen, dem im Kellergeschoss links gelegenen Mehrzweckraum und den Garagen. Die gemeinschaftlichen Lasten und Kosten sind zwar gemäß Ziffer 11.1 der Gemeinschaftsordnung grundsätzlich von allen Miteigentümern zu tragen, wobei nach Ziffer 11.2.1 grundsätzlich eine getrennte Anrechnung zwischen Wohnungseigentümern und Teileigentümern zu erfolgen hat. Dementsprechend regelt Ziffer 11.3 ausdrücklich nur die auf die Wohnungen entfallenden Kosten, wobei die Betriebskosten insofern nach dem Verhältnis der in der Teilungserklärung festgelegten Wohnflächen auf die Wohnungen umzulegen sind, und gemäß Ziffer 11.4 die auf die Garagenanlage entfallenden Kosten. Die Teileigentumseinheit Mehrzweckraum des Klägers im Kellergeschoss gehört weder zu den Wohnungen, noch zur Garagenanlage. In der Anlage 2 zur Teilungserklärung ist sie zwar als laufende Nummer 9 unter „a) Wohnungen“ aufgeführt, dort aber ohne Vergabe einer Sondereigentums-Wohnungs-Nummer laut Aufteilungsplan ausdrücklich nur als Mehrzweckraum bezeichnet und auch nicht mit einer Flächenangabe versehen. Die Gemeinschaftsordnung enthält somit keinerlei Regelung darüber, dass und ggfls. mit welchen Verteilerschlüsseln die Teileigentumseinheit Mehrzweckraum des Klägers überhaupt an den gemeinschaftlichen Kosten und Lasten teilnimmt. Insofern geht der unter TOP 03 der Wohnungseigentümerversammlung vom 07.07.2010 gefasste Beschluss über eine Änderung der „Verteilerschlüssel gemäß der Schlüsseltabelle zur Hausgeldabrechnung vom 23.06.2010“ ins Leere. Es gibt nach der Gemeinschaftsordnung keinen Verteilerschlüssel hinsichtlich der Beteiligung des Mehrzweckraumes an dem gemeinschaftlichen Lasten und Kosten, der gemäß Ziffer 11.6 der Gemeinschaftsordnung mit einer 2/3-Mehrheit hätte geändert werden können. Vielmehr müsste, um eine Beteiligung des Mehrzweckraumes an den gemeinschaftlichen Lasten und Kosten zu begründen, die Gemeinschaftsordnung selbst geändert werden. Eine derartige Änderung ist allerdings im Beschluss unter TOP 03 der Versammlung vom 07.07.2010 nicht zu erkennen. Die Sinnhaftigkeit des zweiten unter Top 03 gefassten Beschlusses über die Ermächtigung der Hausverwaltung, Herrn Rechtanwalt A mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung von Forderungen der Gemeinschaft gegen eine Firma B zu beauftragen, erschließt sich dem Gericht insbesondere im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Beschluss, der zudem auch unter der irreführenden Bezeichnung „Nutzungsänderung Mehrzweckraum“ gefasst worden ist, nicht. Hierzu fehlt auch auf die Anfechtung des Klägers hin jeglicher erläuternder Vortrag der Beklagten.
Da nach der Gemeinschaftsordnung zur Teilungserklärung wegen der Ungültigkeit des unter TOP 03 gefassten Beschlusses die Teileigentumseinheit Mehrzweckraum des Klägers gerade nicht an den in der Gemeinschaftsordnung ausdrücklich den Wohnungen und Garagen zugewiesenen Lasten und Kosten teilnimmt, sind auch die Jahresabrechnung 2009 und der Wirtschaftsplan 2010 inhaltlich fehlerhaft und ihre Genehmigungsbeschlüsse unter TOP 04.01 und 05 für ungültig zu erklären mit der weiteren Folge, dass auch die Beschlüsse unter TOP 04.02 und 04.03 über die Entlastung des Verwaltungsbeirats, der Rechnungsprüfer und der Verwalterin für ungültig zu erklären sind.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11,711 ZPO.
Streitwert:
TOP 03 500,00 Euro
TOP 04.01 (10% der Gesamtkosten) 2.592,62 Euro
TOP 04.02 (geschätzt) 500,00 Euro
TOP 04.03 (geschätzt) 500,00 Euro
TOP 05 (10% der Gesamtkosten) rund 2.500,00 Euro
Insgesamt: 6.592,62 Euro