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WEG – Unterlassene Abberufung eines Verwaltungsbeirats wegen Verfehlungen

AG Potsdam – Az.: 31 C 5/19 – Urteil vom 06.06.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

4. Der Streitwert wird auf 3.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind die Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage … in Potsdam.

In einer Eigentümerversammlung am 15.09.2017 beschlossen die Wohnungseigentümer zu Tagesordnungspunkt 8 die Durchführung von Malerarbeiten an den straßenseitigen Fenstern entsprechend des Kostenangebots des Unternehmens … mit einem Gesamtvolumen von 8.500 EUR, die aus der Instandhaltungsrücklage finanziert werden sollten. Die Maßnahme stand unter Vorbehalt der Genehmigung der Denkmalschutzbehörde.

Konkurrenzangebote waren nicht eingeholt worden.

In der Eigentümerversammlung vom 31.08.2018 wurden Herr … und Herr … zu Verwaltungsbeiräten bestellt, Herr … zum Vorsitzenden, bis zur ordentlichen Wohnungseigentümerversammlung 1.2019.

Während der Durchführung der Malerarbeiten wandte sich der damalige Verwalter an den Beirat mit einem 30% teureren Kostenvoranschlag. Der Verwalter bat um Zustimmung binnen eines Tages, was der Beirat ablehnte.

In einer E-Mail vom 29.10.2018 erklärte Herr …, eine Kommunikation zwischen der Hausverwaltung und dem Verwaltungsbeirat finde nicht statt. Auch befolge der Verwalter die Anweisungen des Beirats nicht. In der ersten Novemberhälfte werde der Verwaltungsbeirat eine neue Hausverwaltung empfehlen und darüber im Umlaufverfahren abstimmen lassen.

Mit E-Mail vom 31.10.2018 schrieb der Verwaltungsbeirat … an den damaligen Verwalter, ihnen (den Mitgliedern des Beirats) sei zur Kenntnis gelangt, dass der Verwalter die Malerarbeiten im Vorderhaus nunmehr erzwingen wolle, indem er sich direkt an die betroffenen Eigentümer gewandt habe, obwohl der Verwaltungsbeirat ihn bereits dreimal angewiesen habe, den bestehenden Auftrag mit der mit ihm seit vielen Jahren befreundeten Malerfirma … zu stornieren. Er untersage ihm hiermit die Fortsetzung der von ihm in Auftrag gegebenen Malerarbeiten. Das Vorschlagsrecht für eine neue Verwaltung liege bei dem Beirat.

Diese E-mails schickte der Beirat … auch den übrigen Wohnungseigentümern zur Kenntnis.

Mit E-Mail vom 08.11.2018 schrieb der Beirat …, es solle im Umlaufverfahren darüber abgestimmt werden, ob 1.) der Verwaltungsbeirat mit einer Frist von 4 Wochen zu einer Eigentümerversammlung einladen solle oder 2.) eine außerordentliche Eigentümerversammlung nach Bestellung einer neuen Hausverwaltung stattfinden solle. Für eine Einladung durch den Beirat stimmten 112,4 Stimmen, für eine Versammlung nach Wahl einer neuen Verwaltung stimmten 552,27 Stimmen.

Mit Schreiben vom 12.11.2018 lud der Verwaltungsbeirat … zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung am 12.12.2018, um die … als neuen Verwalter ab 1.1.2019 wählen zu lassen.

Auf Initiative des Klägers berief sodann die Verwalterin, die damals noch im Amt war, nochmals eine Eigentümerversammlung am 12.12.2018 ein.

In der Wohnungseigentümerversammlung am 12.12.2018 lehnten die Wohnungseigentümer eine Abwahl des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden … mit 9 Nein-Stimmen gegen 2 Ja-Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

Ebenso lehnten die Wohnungseigentümer zu Tagesordnungspunkt 3 die Abwahl des Verwaltungsbeirats … mit 10 Nein-Stimmen gegen eine Ja-Stimmen bei einer Enthaltung ab.

Zu Tagesordnungspunkt 6 wurde folgender Antrag zur Abstimmung gestellt:

„Die anwesenden Wohnungseigentümer bzw. deren bevollmächtigte Vertreter beschließen die Durchsetzung der Reparaturarbeiten in der Einheit 4 und der erforderlichen Folgearbeiten unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts und eines Sachverständigen.“

Auch diesen Antrag lehnten die Wohnungseigentümer ab.

Gegen die Ablehnung der Beschlussfassung der Tagesordnungspunkte 2, 3 und 6 wenden sich die Kläger.

Die Kläger behaupten, nach einem Wasserschaden in der Sondereigentumseinheit des Beirats …, die eine Durchnässung der Deckenkonstruktion zu den im Erdgeschoss gelegenen Wohnungen zur Folge gehabt habe, habe Herr … notwendige Maßnahmen zur Schadensbeseitigung verhindert.

Ferner habe Herr … der Malerfirma … die Ausführung der begonnenen Malerarbeiten an den Außenfenstern untersagt. Zudem habe er durch gezieltes Einwirken auf die Miteigentümer bzw. auf die Mieter erreicht, dass die Malerfirma nicht in die Wohnungen gelassen worden sei und den Auftrag zum Schluss entnervt zurückgegeben habe.

Die Kläger sind der Auffassung, auch der Verwaltungsbeirat … sei für sein Amt ungeeignet, da er sich ausdrücklich hinter den ungeeigneten Beiratsvorsitzenden … gestellt und dessen Aktivitäten gebilligt habe.

Die Kläger beantragen,

1.) den in der Eigentümerversammlung vom 12.12.2018 zu Tagesordnungspunkt 2.) verkündeten Beschluss für ungültig zu erklären und durch den Beschluss des Gerichts zu ersetzen, dass der Verwaltungsbeiratsvorsitzende … abberufen ist,

2.) den in der Eigentümerversammlung vom 12.12.2018 zu Tagesordnungspunkt 3.) verkündeten Beschluss für ungültig zu erklären und durch den Beschluss des Gerichts zu ersetzen, dass das Verwaltungsbeiratsmitglied … abberufen ist,

3.) den in der Eigentümerversammlung vom 12.12.2018 zu Tagesordnungspunkt 6 verkündeten Beschluss für ungültig zu erklären und durch den Beschluss des Gerichts zu ersetzen, dass der Wasserschaden zwischen der Einheit 4 (1. OG links) und den Wohnungen im Erdgeschoss durch die WEG beseitigt wird und zur Feststellung des Schadensumfanges und seiner Beseitigung ein Sachverständiger beauftragt und zur Durchsetzung des Anspruches die Verwaltung einen Rechtsanwalt beauftragen kann.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, der Verwaltungsbeirat … habe keine Maßnahmen zur notwendigen Schadensbeseitigung verhindert.

Die Beklagten sind der Auffassung, die Verwaltungsbeiräte … und … hätten keine Pflichten, die sie als Verwaltungsbeiräte hätten, verletzt.

Sie sind der Meinung, da Beschlussgegenstand jeweils Negativbeschlüsse seien, seien diese nur dann für ungültig zu erklären, wenn allein ein inhaltsgleicher Positivbeschluss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Es müsse also eine Ermessensreduktion auf Null vorliegen, wobei den Wohnungseigentümern auch bei einer Abberufung aus wichtigem Grund ein gerichtlich nicht überprüfbarer Ermessensspielraum zustehe. Das Ermessen sei nur dann auf Null reduziert, wenn ein Verwaltungsbeirat wegen amtsspezifischer Pflichtverletzungen objektiv betrachtet schlechterdings nicht mehr tragbar sei. Hieran fehle es, da nichts dazu vorgetragen sei, dass Herr … und Herr … entgegen § 29 Abs. 3 WEG Pflichten bei der Prüfung von Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Rechnungslegungen und Kostenanschlägen vor einer Versammlung verletzt habe. Dass bis auf die Kläger die anderen Wohnungseigentümer den Verwaltungsbeiräten das Vertrauen ausgesprochen hätten, müssten die Kläger hinnehmen.

Zudem fehle es hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 6 an der erforderlichen Vorbefassung der Eigentümerversammlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Denn die angefochtenen Beschlüsse widersprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß 21 Abs. 3 und Abs. 4 WEG.

1.) Hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 2, in dem die Abberufung des Beiratsvorsitzenden … abgelehnt wurde, haben sich die Miteigentümer im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessensspielraumes gehalten. Es ist keine derart grobe Pflichtverletzung innerhalb der Frist zur Klagebegründung vorgetragen, die eine Abberufung des Herrn … zwingend erforderlich machte.

Eine wichtiger Grund für eine Abberufung liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände den Wohnungseigentümern eine Zusammenarbeit mit dem Mitglied des Verwaltungsbeirats unzumutbar ist, weil das erforderliche Vertrauensverhältnis entfallen ist (s. Bärmann, WEG, 13. Auflage, § 29 Rn. 30). Hieran fehlt es.

Zwar ist es nach § 29 Abs. 2 und 3 WEG Aufgabe des Verwaltungsbeirats, den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. Jedoch haben die Kläger innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die eine Abberufung zwingend erforderlich machten.

Offensichtlich ist das Vertrauen der Mehrheit der Wohnungseigentümer in den Verwaltungsbeiratsvorsitzenden nicht derart erschüttert, dass sie eine Abberufung für geboten erhielten, obwohl ihnen die E-mails und die Kontakte zum damaligen Verwalter und Streitigkeiten bekannt waren. Dabei wäre es Aufgabe des Verwalters, sich ggf. gegen den Beirat durchzusetzen und ihm Einhalt zu gebieten, wenn er es für erforderlich hielt.

Eine Untersagung der Durchführung von Malerarbeiten war sämtlichen Wohnungseigentümern bekannt, ohne dass dies die Mehrheit zu einer Abberufung veranlasst hätte. Aufgrund der Tatsache, dass keine Konkurrenzangebote eingeholt worden waren, und zudem erhebliche Zusatzkosten genehmigt werden sollten, erscheint das Verhalten des Beirats jedenfalls nicht komplett abwegig und untragbar.

Soweit die Kläger beanstanden, dass der Verwaltungsbeiratsvorsitzende eine Eigentümerversammlung einberufen habe, ist er zwar nicht in seinem Aufgabenbereich tätig geworden, da ein Verwalter vorhanden war (vgl. § 24 Abs. 3 WEG). Jedoch hätte die damals amtierende Verwalterin auf eine Kompetenzüberschreitung hinweisen können, oder z.B., wie geschehen, ebenso für denselben Tag eine Versammlung einberufen können. Damit blieb das Handeln im Ergebnis folgenlos.

Soweit die Kläger beanstanden, Herr … habe Mangelbeseitigungsarbeiten behindert nach einem Wasserschaden, entbehrt dieser Vortrag bereits der nach § 138 Abs. 1 ZPO erforderlichen inhaltlichen Substanz. Wann er welche Maßnahmen wie behindert haben soll, tragen die Kläger bereits nicht vor, obwohl die Beklagten dies moniert und jede Behinderung bestritten haben. Zudem haben die Kläger auch nicht behauptet, dass sich durch Untätigkeit oder Behinderung ein eingetretener Schaden maßgeblich vergrößert habe, weswegen zügiges Handeln erforderlich gewesen sei.

Soweit die Kläger Verhalten des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden monieren, welches nach Beschlussfassung lag, ist dieses im Rahmen der Anfechtungsklage nicht streitentscheidend. Denn maßgeblich ist das Wissen, welches die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung hatten.

Auch in seiner Gesamtheit war das berücksichtigungsfähige Verhalten des Beirats … nicht unzumutbar, so dass eine Abberufung zwingend erforderlich gewesen wäre.

2.) Hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 3 – Abberufung des Beiratsmitglieds … – entsprach die Beschlussfassung ebenso ordnungsgemäßer Verwaltung.

Denn es lagen keine wichtigen Gründe vor, die eine Abberufung zwingend erforderlich gemacht hätten. Allein Solidarität für ein anderes Beiratsmitglied genügte nicht. Im Übrigen wird auf die Ausführungen unter 1.) ergänzend verwiesen. Nachdem schon die Abberufung des Vorsitzenden nicht zwingend geboten war, war sie es für das Beiratsmitglied … ebensowenig.

3.)a).Die Klage ist ebenso unbegründet, soweit sie sich auf Tagesordnungspunkt 6 bezieht, in dem der Beschluss zur „Durchsetzung der Reparaturarbeiten in der Einheit 4 und der erforderlichen Folgearbeiten unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts und eines Sachverständigen“ abgelehnt worden ist.

Denn der Beschlussantrag ist bereits zu unbestimmt mit der Folge, dass ein gefasster Beschluss auf Anfechtungsklage hin aufgehoben worden wäre. Es ist bereits unklar, welche Mangelsymptome beseitigt werden sollen, welche Kosten entstehen könnten, wie Maßnahmen finanziert werden sollen etc. All dies hätte in dem Beschlussantrag zur Abstimmung gestellt werden müssen.

b.) Schon aus diesem Grund schied auch eine Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG aus. Denn Voraussetzung für eine Beschlussersetzung ist stets eine ausreichende Vorbefassung der Wohnungseigentümergemeinschaft, an der es fehlte.

4.) Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 49a GKG.

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