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WEG – Unterlassung Alleinnutzung Gemeinschaftsfläche

AG Neuss – Az.: 91 C 150/17  – Urteil vom 20.12.2017

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, das vor der in ihrem Eigentum stehenden Wohnung in der V Straße 131, in E, Gemarkung E, Flur …, Flurstück …, Blatt …, gelegene und in der Anlage K1 gelb markierte Gemeinschaftseigentum in der Weise zu nutzen, dass dort Gegenstände, insbesondere ein Gartentisch, Gartenstühle, Wäscheständer nebst Wäsche und/oder Blumenkübel aufgestellt werden;

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, die vor ihrer Wohnung befindliche, in der Anlage K1 gelb markierte Gemeinschaftsfläche als Platz zur Zubereitung und/oder Einnahme von Speisen durch die Beklagten, deren Familie und/oder Gäste zu nutzen;

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, auf der vor ihrer Wohnung befindlichen, in der Anlage K1 gelb markierten Gemeinschaftsfläche Blumen umzutopfen und/oder zu pflanzen und/oder Blumen in Blumentöpfen aufzustellen.

Die Beklagten werden des Weiteren als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 503,61 Euro zu erstatten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger und die Beklagten sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft V Straße 131 in E. Die Beklagten sind Eigentümer der im Haus V Straße 131 im Erdgeschoss links gelegenen Wohnung, die Kläger sind Eigentümer der Wohneinheit im 3. Obergeschoss links. Hinsichtlich des Wortlauts der Gemeinschaftsordnung wird auf die Anlage K11 (Bl. 76 ff. GA) verwiesen.

Vor der Küche der Wohnung der Beklagten befindet sich eine gepflasterte Fläche, die im Gemeinschaftseigentum steht (Anl. K1, Bl. 6 GA). Die Wohnung der Kläger befindet sich unmittelbar über dieser Gemeinschaftsfläche.

Die Beklagten haben auf dieser Gemeinschaftsfläche ohne ausdrückliche Zustimmung der übrigen Miteigentümer einen Gartentisch mit Gartenstühlen und einen Sonnenschirmständer mit schwerem Steinfuß abgestellt (Anl. K2, Bl. 7 GA). Zudem halten sich die Beklagten vor allem in den Sommermonaten teilweise mit Besuchern auf der Gemeinschaftsfläche auf und führen Gespräche. Des Weiteren wird von den Beklagten auf der Gemeinschaftsfläche gelegentlich ein Wäscheständer aufgestellt und Wäsche getrocknet (Anl. K3, Bl. 8 GA). Über den Umfang der Nutzung der Gemeinschaftsfläche durch die Beklagten besteht Streit.

Die Kläger forderten die Beklagten mit Schreiben vom 20.10.2016 (Anl. K4, Bl. 10 GA) erfolglos zur Unterlassung auf.

Die Kläger behaupten, die geführten Gespräche seien stets lautstark, auch würden die Beklagten auf der Gemeinschaftsfläche Essen zubereiten wie etwa Speisen am Gartentisch frittieren oder grillen. Der Wäscheständer werde bei gutem Wetter ununterbrochen aufgestellt, wodurch die übrigen Hausbewohner von der Nutzung der dort befindlichen Parkbank (Anl. K3) abgeschreckt würden. Auch die Gartenmöbel befänden sich ununterbrochen auf der Fläche und würden insbesondere nicht abends weggeräumt.

Die Kläger sind der Ansicht, sie hätten gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch gem. § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG, da die Beklagten das Gemeinschaftseigentum unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer nutzen und dieses daher okkupieren würden. Insbesondere die lautstarken Gespräche und die Zubereitung von Essen seien für die Kläger nicht hinnehmbar, da diese Immissionen unmittelbar zu der Wohnung der Kläger hinaufdringen würden. Die Grenzen der Nutzung des Gemeinschaftseigentums gem. §§ 13 Abs. 2 S. 1, 14 Nr. 1 WEG würden überschritten.

Das Trocknen der Wäsche auf der Gemeinschaftsfläche sei aufgrund des vorhandenen Trockenraums nicht nötig. Das Aufstellen des Wäscheständers sei als unzulässige bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG zu qualifizieren, da dieser in Verbindung mit der bunten Wäsche dem Gemeinschaftseigentum einen unordentlichen Charakter verleihe. Das dauerhafte Aufstellen der Gartenmöbel nebst Sonnenschirm stelle ebenfalls eine unzulässige bauliche Veränderung dar, da die übrigen Eigentümer durch das Belassen der Gegenstände auf der Fläche in mehreren Monaten pro Jahr von der Nutzung ausgeschlossen würden. Letztlich sei auch die Gestaltung der Gemeinschaftsfläche etwa durch Blumentöpfe eine Angelegenheit aller Eigentümer.

Die Kläger beantragen, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, das vor der in ihrem Eigentum stehenden Wohnung in der V Straße 131, in E, Gemarkung E, Flur …, Flurstück …, Blatt …, gelegene und in der Anlage K1 gelb markierte Gemeinschaftseigentum in der Weise zu nutzen, dass dort Gegenstände, insbesondere ein Gartentisch, Gartenstühle, Wäscheständer nebst Wäsche und/oder Blumenkübel aufgestellt werden;

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, die vor ihrer Wohnung befindliche, in der Anlage K1 gelb markierte Gemeinschaftsfläche als Sitzplatz, Aufenthaltsort und/oder Bewirtungsplatz für die Beklagten, deren Familie und/oder Gäste zu nutzen;

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, auf der vor ihrer Wohnung befindlichen, in der Anlage K1 gelb markierten Gemeinschaftsfläche Blumen umzutopfen und/oder zu pflanzen und/oder Blumen in Blumentöpfen aufzustellen;

an die Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 503,61 Euro zu erstatten.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, sie würden lediglich bei entsprechender Witterung auf der Gemeinschaftsfläche das Essen einnehmen, nicht aber zubereiten. Auch hätten sie im Jahr 2016 lediglich einmal – und zwar weit entfernt vom Gebäude – und im Jahr 2017 kein einziges Mal gegrillt. Die Gartenmöbel würden sie stets nach der Nutzung wieder in ihre Garage räumen. Auch die geführten Gespräche seien keinesfalls lautstark.

Die Beklagten sind der Ansicht, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht, da der Gebrauch des fraglichen Gemeinschaftseigentums durch diese dem üblichen Mitgebrauch i.S.d. § 13 Abs. 2 S. 1 WEG entspreche, wozu die Beklagten als Miteigentümer berechtigt seien. Insbesondere entspreche die streitgegenständliche Nutzung der Gemeinschaftsfläche durch die Beklagten in Gestalt der Trocknung von Wäsche auf einem zusammenklappbaren Wäscheständer, des temporären Aufstellens von nicht ortsfesten Gartenmöbeln, der Nutzung dieser mit Gästen oder das Führen von Gesprächen der sozialadäquaten Nutzung des Gemeinschaftseigentums durch Miteigentümer. Ein Ausschluss der übrigen Miteigentümer erfolge nicht, da diese in gleicher Weise dort ihre Wäsche trocknen könnten. Zudem seien die Beklagten mangels eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zur Nutzung des Wasch- und Trockenraums im Keller verpflichtet. Sozialadäquate Geräusche wie die Lautstärke von Gesprächen könnten von den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ausgeschlossen werden.

Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere sind wegen der Schwierigkeit der Beschreibung des störenden Verhaltens an die Bestimmbarkeit des Klageantrags i.S.d. § 253 ZPO keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Schultzky, in: Jennißen, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 123)

Die Klage ist auch zu weiten Teilen begründet.

1.

Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der im Klageantrag bezeichneten Nutzung gem. § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG.

Gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

Die Vorschrift des § 15 Abs. 3 WEG gibt jedem Wohnungseigentümer einen Individualanspruch auf Einhaltung des durch Gesetz, Vereinbarung oder Beschluss vorgegebenen Gebrauchs der im Gemeinschaftseigentum stehenden Flächen. Bei Nichteinhaltung dieser Grenzen folgt aus § 1004 BGB ein Unterlassungsanspruch, bei welchem jeder Wohnungseigentümer aktivlegitimiert und der Störer passivlegitimiert ist. Die gesetzlichen Grenzen i.R.d. § 15 Abs. 3 WEG ergeben sich insbesondere aus § 14 Nr. 1 WEG. Hiernach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil entsteht. Des Weiteren legt § 3 Nr. 3 b) der Gemeinschaftsordnung (Anl. K11) fest, dass bei der Benutzung der gemeinschaftlichen Teile, Anlagen und Einrichtungen durch die Miteigentümer die Grenzen zu beachten sind, die sich aus der Tatsache der Mitbenutzungsrechte der übrigen Miteigentümer ergeben; jeder Miteigentümer darf insbesondere nichts tun, was den gleichen Gebrauch der anderen hindern könnte.

Die gegenständliche, in der Anlage K1 (Bl. 6 GA) gelb schraffierte Fläche befindet sich unstreitig im Gemeinschaftseigentum, ohne dass den Beklagten ein Sondernutzungsrecht zugewiesen ist.

Die Nutzung der Beklagten entsprechend der Bezeichnung im Klageantrag durch das Aufstellen von Gartenmöbeln zur Einnahme von Mahlzeiten oder zur Bewirtung von Gästen, eines Wäscheständers zum Trocknen der Wäsche und von Pflanzkübeln stellt eine Störung i.S.d. §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3 WEG der Kläger durch die Beklagten dar, da hierdurch die sich aus §§ 13 Abs. 2 S. 1, 14 Nr. 1 WEG ergebenden Grenzen der Mitbenutzung des Gemeinschaftseigentums überschritten sind.

Bei Ausübung des Mitgebrauchs des Gemeinschaftseigentums ist stets die Grenze des § 14 Nr. 1 WEG zu beachten, wonach den übrigen Wohnungseigentümern kein unvermeidbarer Nachteil entstehen darf. Die Vorschrift des § 14 Nr. 1 WEG enthält insoweit ein Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme als Grundnorm des innergemeinschaftlichen Nachbarrechts. Hieraus folgt eine Pflicht zur schonenden Nutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum gem. § 14 Nr. 1 WEG (Hogenschurz, in: Jennißen, aaO, § 14 Rn. 7). Von einem erheblichen Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG ist etwa im Falle einer baulichen Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG auszugehen sowie bei nicht nur geringfügigen Immissionen, Veränderungen des Erscheinungsbildes und der Möglichkeit einer intensiveren Nutzung. Unvermeidbar sind alle Beeinträchtigungen, die sich aus dem Zusammenleben von Menschen, aus deren Eigenschaften oder aus der Substanz des Hauses ergeben können. Stets sind die Zweckbestimmung und die Gebrauchsregelungen der Gemeinschaftsfläche zu beachten (vgl. Kümmel/Niedenführ, in: Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl. 2017, § 14 Rn. 14 ff. m.w.N.).

a)

Gemessen an diesen Maßstäben war den Beklagten das Grillen und Frittieren auf der Gemeinschaftsfläche zu untersagen.

Auch wenn dem substantiierten Vortrag der Beklagten zufolge diese Arten der Zubereitung von Speisen auf der Gemeinschaftsfläche nur äußerst selten ausgeübt worden sind, stellen das Grillen und das Frittieren insbesondere wegen der Brandgefahr und der hiermit einhergehenden Rauch- und Geruchsimmissionen nicht unerhebliche Beeinträchtigungen der übrigen Wohneigentümer dar. Die Kläger sind durch eine derartige Nutzung der gegenständlichen Gemeinschaftsfläche durch die Beklagten schon aufgrund der Lage ihrer Wohnung direkt über der Fläche derartig i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG betroffen, dass ihnen ein erheblicher Nachteil erwächst. Dieser Nachteil in Gestalt der Küchengerüche außerhalb des Sondereigentums der Beklagten überschreitet das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß und ist vermeidbar, da die Immissionen etwa durch eine Zubereitung innerhalb des Sondereigentums der Beklagten unter Verwendung einer Dunstabzugshaube mit Filter verringert werden könnten (OLG Düsseldorf NZM 2008, 489, 491; Kümmel/Niedenführ, aaO, § 14 Rn. 21). Des Weiteren widerspricht eine derartige Nutzung auch der unstreitigen Widmung der Gemeinschaftsfläche als Aufenthalts- und Erholungsbereich.

b)

Auch das Aufstellen eines Wäscheständers und das Trocknen der Wäsche auf der Gemeinschaftsfläche durch die Beklagten verletzt das Gebot der innergemeinschaftlichen Rücksichtnahme des § 14 Nr. 1 WEG, da den Klägern hierdurch Nachteile erwachsen, die über das hinnehmbare Maß hinausgehen.

Das Aufhängen von Wäsche auf Balkonen und Sondernutzungsflächen zum Zweck der Trocknung hat so zu erfolgen, dass die Wäsche für andere Bewohner oder Dritte nicht oder möglichst wenig sichtbar ist. Nach erfolgter Trocknung muss die Wäsche unverzüglich entfernt werden. Sofern die Wohnanlage über Trockenräume oder Wäscheplätze verfügt, sind diese vorrangig zu nutzen und das sichtbare Aufhängen der Wäsche auf anderen Gemeinschaftsflächen ist untersagt (Kümmel/Niedenführ, aaO, § 14 Rn. 26).

Die Beklagten sind nach diesen Grundsätzen verpflichtet, den unstreitig in der Wohnungseigentumsanlage vorhandenen Wäsche- und Trockenraum zu nutzen. Entgegen ihrer Sichtweise bedarf es hierzu keines ausdrücklichen Beschlusses der Gemeinschaft, da eine derartige Verpflichtung bereits aus dem Gebot der innergemeinschaftlichen Rücksichtnahme des § 14 Nr. 1 WEG folgt. Hierdurch wird das Recht der Beklagten am Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 13 Abs. 2 WEG konkretisiert und beschränkt. Der aufgestellte Wäscheständer stellt für die Kläger einen Nachteil in Gestalt einer optischen Beeinträchtigung dar, welcher aufgrund der anderweitigen Trocknungsmöglichkeiten im Kellerraum für die Beklagten vermeidbar ist. Insoweit kann es dahinstehen, ob die Nutzung des Wäscheständers entsprechend dem Vortrag der Kläger nahezu ununterbrochen erfolgt, da die Beklagten jedenfalls selber eine gelegentliche Nutzung der Fläche zum Trocknen ihrer Wäsche einräumen. Bereits diese gelegentliche Nutzung geht über das Maß der gem. § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmenden Beeinträchtigungen hinaus. Die von den Beklagten angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 01.10.2003 – I-3 Wx 393/02, ZMR 2005, 142 f.) betrifft eine Beschränkung der Trocknungsmöglichkeiten von Wäsche im Bereich der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und ist mithin auf den gegenwärtigen Fall nicht übertragbar.

c)

Das Aufstellen einer Sitzgruppe auf der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Außenfläche beeinträchtigt die Kläger über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus und ist daher ebenfalls zu untersagen.

Die aufgestellte Sitzgruppe sowie der dazugehörige Gartentisch und der Schirm stellen eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG dar, da eine erhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes im Vergleich zum Sollzustand des Gebäudes entsprechend der Gemeinschaftsordnung vorliegt (vgl. auch OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 14; Vandenhouten, in: Niedenführ/Vandenhouten, aaO, § 22 Rn. 76). Diese bauliche Veränderung begründet für die Kläger einen Nachteil, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG, da die optische Beeinträchtigung aufgrund des Umfangs der Sitzgruppe, wie er sich aus den von den Klägern vorgelegten Fotos (Anl. K2, K6, K7, K8) ergibt, die Erheblichkeitsschwelle überschreitet. Dieser Umfang der Nutzung ist von den Beklagten nicht bestritten worden und daher gem. § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig.

Bereits der bloße Anblick der Gemeinschaftsfläche erweckt den Eindruck einer im Sondereigentum der Beklagten stehenden Terrasse. Anders als in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (NJW-RR 1998, 14) befindet sich die Sitzgruppe nicht auf einer gemeinschaftlichen Grünfläche, sondern steht unmittelbar am Haus vor der im Sondereigentum der Beklagten befindlichen Wohneinheit. Schon hierin ist eine optische Beeinträchtigung der Kläger zu sehen.

Darüber hinaus erzeugen dieser Umfang und die Intensität der Nutzung der Gemeinschaftsfläche durch die Beklagten eine die übrigen Wohnungseigentümer entgegen § 13 Abs. 2 Nr. 1 WEG verdrängende Wirkung. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass die Kläger oder die weiteren Miteigentümer ihr Recht zur Nutzung der gegenständlichen Gemeinschaftsfläche und insbesondere der dortigen Parkbank (Anl. K3), welche dort unstreitig aufgrund eines gemeinschaftlichen Beschlusses hingesetzt worden ist, wahrnehmen können, während die Beklagten diese Fläche durch die Anordnung ihrer Sitzgruppe regelrecht okkupieren. Insoweit kann auch dahinstehen, ob die Beklagten tatsächlich die Sitzgruppe und die übrigen Terrassenmöbel am Ende eines jeden Tages wieder hereinräumen. Die Kläger haben insoweit substantiiert vorgetragen, dass sie sich im Falle der Nutzung der dortigen Parkbank unwohl fühlen würden, da sie sich wie Störer der Privatsphäre der Beklagten vorkommen würden. Dies erscheint für das Gericht im Hinblick auf die Gestaltung der Gemeinschaftsfläche durch die Beklagten durchaus nachvollziehbar, da diese den Eindruck von Privatsphäre und Sondereigentum der Beklagten erweckt. Insoweit hindert faktisch die natürliche Achtung eines jeden Menschen vor dem privaten Bereich Dritter sowie das hieraus resultierende, menschliche Störgefühl eine bestimmungsgemäße Nutzung der Gemeinschaftsfläche durch die Kläger und die übrigen Miteigentümer. Die Nutzung desjenigen Teils der Gemeinschaftsfläche, auf welcher die Beklagten ihre Sitzgruppe angeordnet haben, ist für die übrigen Miteigentümer bereits vollkommen unmöglich gemacht. Da es sich unstreitig um eine Gemeinschaftsfläche handelt, begründet eine derartige Nutzungsintensivierung durch die Beklagten eine Störung der Kläger i.S.d. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG.

Aus denselben Gründen widerspricht die Nutzung der Beklagten in Gestalt der Terrassenmöbel auch der Regelung in § 3 Nr. 3 b) der Gemeinschaftsordnung (Anl. K11), wonach jeder Miteigentümer die Grenzen zu beachten hat, die sich aus der Tatsache der Mitbenutzungsrechte der übrigen Miteigentümer ergeben und nichts tun darf, was den gleichen Gebrauch der anderen hindern könnte.

d)

Letztlich sind auch das Aufstellen von Blumentöpfen sowie das hiermit verbundene Anpflanzen oder Umtopfen von Blumen auf der Gemeinschaftsfläche aufgrund des Widerspruchs zu § 14 Nr. 1 WEG zu untersagen.

Auch wenn das Aufstellen von Pflanzkübeln keine bauliche Veränderung darstellt (vgl. Bayerisches Oberstes Landgericht, Beschluss vom 17.07.1997 – 2 Z BR 25/97; Vandenhouten, aaO, § 22 Rn. 66), liegt hierin wegen der optischen Veränderung ein Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums, welcher zu einem erheblichen Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG führt.

Die Vielzahl der aufgestellten Blumentöpfe sowie ihre Anordnung auf der Gemeinschaftsfläche, welche zum Teil den Durchgang zum hinteren Teil der Gemeinschaftsfläche versperrt bzw. zumindest verengt (Anl. K6, K9, K10), führen zum einen zu einer optischen Beeinträchtigung der Gemeinschaftsfläche. Zum anderen hindern sie sowohl die Nutzung desjenigen Teils der Gemeinschaftsfläche, auf welcher sich die Pflanzkübel jeweils befinden, und des an das Sondereigentum der Beklagten angrenzenden Teils der Gemeinschaftsfläche, da sie eine abschirmende und abweisende Wirkung erzeugen. Gerade durch die von den Beklagten aufgestellten Pflanzkübeln wird ein zusätzlicher Eindruck von Privatsphäre und Sondereigentum der Beklagten erweckt, welcher aus den dargelegten Gründen die übrigen Sondereigentümer von einer Nutzung dieses Teils der Gemeinschaftsfläche abhält.

Auch insoweit liegt ein Widerspruch zu § 3 Nr. 3 b) der Gemeinschaftsordnung (Anl. K11) vor.

e)

Die Klage war teilweise abzuweisen, da der Klageantrag zu 2) zu weit formuliert war. Eine vollständige Untersagung der Nutzung der Gemeinschaftsfläche als Sitzplatz oder Aufenthaltsort widerspricht dem allgemeinen Teilhaberecht der Beklagten an der Gemeinschaftsfläche gem. §§ 13 Abs. 2, 14 Nr. 1 WEG, da hierdurch den Beklagten auch der zulässige Mitgebrauchs etwa der dort aufgestellten Parkbank verboten werden würde.

f)

Die vom Unterlassungsanspruch gem. § 1004 BGB vorausgesetzte Wiederholungsgefahr liegt vor, da diese bei Vorliegen eines Verstoßes vermutet wird. Aus den aufgezeigten Gründen liegt ein Verstoß gegen §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG vor. Zudem sind keine besonderen Gründe in der Person oder dem Verhalten der Beklagten erkennbar, welche eine Wiederholung der Störung ausschließen würden.

g)

Auch die Höhe und der Umfang der beantragten Ordnungsmittel waren nicht zu beanstanden und aufgrund des bestehenden Anspruchs der Kläger und der Widerholungsgefahr anzudrohen.

2.

Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 503,61 Euro aus § 823 Abs. 1 BGB.

Aufgrund der schuldhaften Verletzung des Gemeinschaftseigentums durch die Beklagten besteht neben dem Unterlassungsanspruch der Kläger aus §§ 1004 Abs. 1 BGB, 15 Abs. 3 WEG auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Hogenschurz, aaO, § 22 Rn. 46 m.w.N.). Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war erforderlich, auch ist die Forderung der Höhe nach nicht zu beanstanden.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und aus § 709 S. 1 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

 

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