Skip to content
Menü

WEG – Unterlassung einer nicht mehr betriebenen zweckwidrigen Nutzung Mieter

AG Tempelhof-Kreuzberg – Az.: 72a C 1/19 WEG – Urteil vom 12.11.2019

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in den zu Sondereigentum erklärten Räumen der Teileigentumsrechte Nr. 91 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) eine Spielhalle oder einen spielhallenähnlichen Betrieb zu betreiben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, dafür zu sorgen, dass Mieter oder sonstige Personen, denen dieser die Benutzung der zu Sondereigentum erklärten Räume der Teileigentumsrechte Nr. 91 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) überlässt, darin keine Spielhalle oder keinen spielhallenähnlichen Betrieb betreiben oder nicht durch Dritte betreiben lassen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen die zu Sondereigentum erklärten Räume der Teileigentumsrechte Nr. 91 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) Dritten zum Zwecke des Betriebs einer Spielhalle oder eines spielhallenähnlichen Betriebs zu überlassen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

7. Der Streitwert wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, der Beklagte Inhaber der Teileigentumsrechte Nr. 91 und 92. In der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vom 14. Juli 2009 (UR-Nr. (…)) und der Änderungsurkunde vom 26. Februar 2010 (UR-Nr. (…)) sind in dem jeweils als Anlage 1 beigefügten Teilungsplan die Teileigentumsrechte Nr. 91 und Nr. 92 mit der Zweckbestimmung „Gewerbeeinheit (Laden)“ versehen. Unter Ziffer 5.2.2 ist geregelt, dass Änderungen der bei den einzelnen Sondereigentumsrechten angegebene Nutzungsart nur mit Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft zulässig sind. In Ziffer 5.2.1 des 1. Nachtrags zur Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass im Sondereigentum kein Gewerbe mit spielhallenähnlichem Charakter betrieben werden darf. Wegen des genauen Inhalts der Teilungserklärung und der Änderungsurkunde wird auf die Anlagen K3 und K4 (Blatt 8-30 der Akte) Bezug genommen.

Der Beklagte hat beide Sondereigentumseinheiten vermietet. In der Einheit 92 wird eine Teestube betrieben, in der Teileigentumseinheit 91 befand sich bis ungefähr Anfang des Jahres 2019 eine Sportsbar. Seit August 2019 befindet sich dort ein Friseurgeschäft.

Die Wohnungseigentümer haben in der Versammlung vom 2. Juli 2018 unter TOP 10 a und in der Versammlung vom 5. November 2018 unter TOP 5 beschlossen, den Beklagten als Inhaber der Teileigentumsrechte Nr. 91 und Nr. 92 auf Unterlassung der Nutzung des Sondereigentums als Gewerbe mit spielhallenähnlichen Charakter außergerichtlich und gerichtlich in Anspruch zu nehmen (Protokolle der Versammlung vom 2. Juli und 5. November 2018, Anlagen K1 und K2, Blatt 6 und 7 der Akte).

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe in den Räumen des Sondereigentums eine Sportsbar betrieben. Dort seien Spielautomaten vorhanden gewesen und man habe unter anderem Sportwetten abschließen können. Dies ergebe sich aus den eingereichten Fotografien, bezüglich deren Inhalts auf die Anlage K6 und K7 (Blatt 39 und 91 der Akte) Bezug genommen wird, und die von der Teileigentumseinheit 91 stammen. Auf dem einen Foto könne man einen Wetteinsatz von 5,00 € für eine Fußballwette erkennen.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in den zu Sondereigentum erklärten Räumen der Teileigentumsrechte Nr. 91 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) und Nr. 92 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) eine Spielhalle oder einen spielhallenähnlichen Betrieb zu betreiben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, dafür zu sorgen dass Mieter oder sonstige Personen, denen dieser die Benutzung der zu Sondereigentum erklärten Räume der Teileigentumsrechte Nr. 91 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) und Nr. 92 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) überlässt, darin keine Spielhalle oder keinen spielhallenähnlichen Betrieb betreiben oder nicht durch Dritte betreiben lassen,

3. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen die zu Sondereigentum erklärten Räume der Teileigentumsrechte Nr. 91 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) und Nr. 92 (eingetragen im Teileigentumsgrundbuch Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von (…)) Dritten zum Zwecke des Betriebs einer Spielhalle oder eines spielhallenähnlichen Betriebs zu überlassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, Gegenstand und Zweck des Geschäfts in der Einheit 91 sei der Betrieb einer Sportsbar nebst Übertragung von Sportereignissen aller Art (zum Beispiel Einzelspiele, Konferenzschaltungen Turniere u. ä.) gewesen. Der Geschäftsbetrieb bestehe in der Bereitstellung und dem Verkauf von Getränken zum Verzehr vor Ort. Spielgeräte bzw. Spielautomaten befänden sich nicht in den Einheiten und seien dort auch nie gewesen. Auf den Fotos seien ohnehin lediglich zwei Automaten zu erkennen, bei denen es sich um Unterhaltungsautomaten ohne Geldgewinnmöglichkeit handele. In der Einheit 92 sei eine Teestube ohne jeden Spielautomaten betrieben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Die Klägerin kann vom Beklagten verlangen, dass er die Nutzung seiner Teileigentumseinheit 91 als Spielhalle oder spielhallenähnlichen Betrieb unterlässt und auch keine entsprechende Nutzung durch dritte Personen zulässt.

Der Anspruch folgt aus § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG, weil die Teilungserklärung eine Nutzung der Teileigentumseinheiten lediglich als Laden zulässt bzw. für ein Gewerbe, von dem bei typisierender Betrachtungsweise keine stärkeren Beeinträchtigungen ausgehen, als von einem Laden.

In Abänderung der ursprünglichen Teilungserklärung vom 14. Juli 2009 wurde das Grundstück der streitgegenständlichen Wohnungseigentumsanlage mit der Urkunde vom 26. Februar 2010 geteilt, wobei auf den als „Anlage 1“ beigefügten Teilungsplan Bezug genommen wurde. In diesem Teilungsplan trägt die streitgegenständliche Einheit Nr. 91 die Bezeichnung „Gewerbeeinheit (Laden)“. Hierbei handelt es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG, die die Grenzen der Nutzung der Teileigentumseinheit regelt (Niedenführ u.a., 12. Aufl., § 15 WEG Rn. 11).

Darüber hinaus ist unter Ziffer 5 der Teilungserklärung vom 26. Februar 2010 ausdrücklich geregelt, dass der Betrieb von Spielhallen oder ähnlichen Betrieben in den Teileigentumseinheiten unzulässig ist.

Der Beklagte hat jedenfalls in der Teileigentumseinheit 91 bis vor kurzem einen spielhallenähnlichen Betrieb unterhalten bzw. die Unterhaltung eines solchen Betriebes durch seine Mieter zugelassen.

Zwar ist der Vortrag der Klägerin zu den dort befindlichen Spielautomaten und der zeitlichen Eingrenzung, wann in welchem Umfang dort Spielgeräte betrieben wurden, wenig präzise und durch Augenscheineinnahme jetzt auch nicht mehr zu überprüfen, da seit Sommer diesen Jahres in den Räumlichkeiten ein Friseurladen betrieben wird. Die Klägerin hat jedoch Bezug genommen auf die beiden Wohnungseigentümerversammlungen vom 2. Juli 2018 und 5. November 2018, in denen beschlossen wurde, den Beklagten als Eigentümer der Einheit 91 auf Unterlassung der Nutzung als Gewerbe mit spielhallenähnlichen Charakter in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus hat sie zumindest hinsichtlich der Einheit 91 Fotografien vorgelegt, auf denen Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit und ein Wettautomat zu sehen sind. Letzteres ergibt sich aus der Tatsache, dass auf dem Foto unten rechts auf dem Display des Automaten ein Wetteinsatz zu erkennen ist. Auf dem weiteren Spielgerät ist im unteren Bereich eine Ausgabeschublade für Geldmünzen zu erkennen.

Das diesbezügliche pauschale Bestreiten des Beklagten ist unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Bereits aus den beiden Protokollen bezüglich der Eigentümerversammlungen am 2. Juli und 5. November 2018 ergibt sich, dass die Klägerin gegen den Beklagten wegen der Nutzungsart seiner Gewerbeeinheiten vorgehen möchte und aus welchen Gründen. Bereits zu diesem Zeitpunkt wäre er verpflichtet gewesen, bei seinen damaligen Mietern die Art der Nutzung zu prüfen. Darüber hinaus ist ein einfaches Bestreiten des Vorhandenseins von Spielautomaten angesichts der eingereichten Fotografien und des Vortrags der Klägerin dazu unzulässig. Der Beklagte ist Eigentümer der Einheiten und jederzeit in der Lage, diese zur Überprüfung der Nutzungsart zu betreten und sich ein genaues Bild vom Zustand zu machen. Darüber hinaus bestreitet er zunächst das Vorhandensein jeglicher Spielautomaten um dann zu erklären, dass die auf den Fotos erkennbaren Automaten Unterhaltungsautomaten ohne Geldgewinnmöglichkeit seien. Wie er dies ohne Kenntnis vom Zustand vor Ort erkennen möchte, bleibt offen.

Unbeachtlich ist die Frage, ob es sich bei dem Betrieb in der Einheit 91 um ein spielhallenähnliches Unternehmen im Sinne von § 33 i Abs. 1 der Gewerbeordnung handelt. In der Teilungserklärung bzw. der Abänderung ist ausdrücklich eine Nutzung der Gewerbeeinheiten als spielhallenähnlicher Betrieb untersagt. Ob der Getränkeausschank oder die Einnahmen durch Wettautomaten und andere Geldspielgeräte den Hauptanteil am Gewinn ausmachen, ist diesbezüglich unbeachtlich. Denn der Teilungserklärung ging es ersichtlich darum, nicht nur die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit der Gewerbeflächen lediglich als Laden zu manifestieren, sondern darüber hinaus noch klarzustellen, dass jeder spielhallenähnliche Betrieb untersagt ist (was allerdings auch durch die Beschränkung der Nutzung auf einen Laden erreicht worden wäre). Denn anders als bei einem reinen Laden mit geregelten Öffnungszeiten und einem nur kurzfristigen Publikumsverkehr halten sich die Besucher einer Sportsbar über einen längeren Zeitraum in den Räumlichkeiten auf, konsumieren auch Alkohol und verursachen angesichts der Sportübertragungen und stattfindenden Wetten eine völlig andere Lärmbelästigung, als die Besucher eines Ladengeschäft. Auch bei typisierender Betrachtungsweise geht von einer Sportsbar mit einigen Spielautomaten eine wesentlich höhere Beeinträchtigung, als beispielsweise von dem jetzt dort betriebenen Friseursalon aus.

Völlig unerheblich ist die Behauptung des Beklagten, ob auch andere Nutzer der Teileigentumseinheiten Gewerbe betreiben, die mit der Zweckbestimmung der Teilungserklärung nicht in Einklang zu bringen sind. Eine Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht. Sollte der Vortrag des Beklagten dazu zutreffen, müsste er selbst gegebenenfalls entsprechende Schritte einleiten. Einen Anspruch auf Duldung seiner zweckwidrigen Nutzung kann er daraus jedenfalls nicht herleiten.

Da der Beklagte sein Gewerbe nicht selbst betreiben muss, konnte die Klägerin auch verlangen, dass der Beklagte aktiv dafür Sorge trägt, dass die Mieter oder sonstige Berechtigte in seinen Räumen keine Spielhalle oder einen spielhallenähnlichen Betrieb betreiben sowie es zu unterlassen, die Räume 3. zum Zwecke eines solchen Betriebs zu überlassen.

II. Hinsichtlich der Teileigentumseinheit 92 stehen der Klägerin gegen den Beklagten jedoch keinerlei Ansprüche zu. Diesbezüglich fehlt jeder konkrete Vortrag dazu, wann in diesen Räumlichkeiten jemals ein Spielautomat gestanden haben soll. Der Vortrag der Klägerin ist auch nicht durch Einreichung von entsprechenden Fotos untermauert worden, weil beide Fotografien in der Teileigentumseinheit 91 gefertigt worden sein sollen. Der Verweis auf die Beiziehung einer kompletten Ermittlungsakte ohne jede Einschränkung ersetzt keinen substantiierten Vortrag. Es würde auf Ausforschung hinauslaufen, wenn erst durch Beiziehung entsprechender Akten der notwendige Tatsachenvortrag für die Klägerin überhaupt erst ermittelt werden würde.

III. Hinsichtlich der Teileigentumseinheit 91 ist auch die Wiederholungsgefahr im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gegeben, auch wenn die Gewerberäume zurzeit als Friseur- und Barbiergeschäft betrieben werden. Der Beklagte gibt auch durch sein prozessuales Verhalten zu erkennen, dass er die Verpflichtung zur Einhaltung der durch die Teilungserklärung zulässigen Nutzungsbestimmungen nicht ernst nimmt. Neben diesem Verfahren musste er auch zuvor bereits im Klageweg auf Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung in Anspruch genommen werden.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!