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WEG – Untersagung der Haltung von Kleintieren und einem Schwein durch Mehrheitsbeschluss

AG Ludwigsburg – Az.: 20 C 2906/10 WEG – Urteil vom 16.03.2011

1. Der von den Beklagten unter TOP 2, Ziffer 2, in der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist hinsichtlich des Kostenausspruches vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 4.000,00 €

Tatbestand

Die Kläger begehren die Ungültigerklärung der auf der Eigentümerversammlung der WEG … am 28.09.2010 gefassten Beschlüsse unter TOP 2.1 und TOP 2.2.

Dort hatte die Eigentümergemeinschaft mehrheitlich mit 5 Ja und 1 Nein-Stimme folgende Beschlüsse gefasst:

TOP 2.1

Es wird beschlossen, die Schweinehaltung zu untersagen und gegebenenfalls gerichtliche Schritte einzuleiten, um das Schwein aus der Wohnung zu entfernen. Zuerst werden die Eigentümer … von Frau … unter Fristsetzung aufgefordert, das Schwein zu entfernen. Die Eigentümergemeinschaft beauftragt Frau …, den Beschluss gegebenenfalls auch klageweise durchzusetzen. Die Prozessvollmacht wird erteilt.

TOP 2.2

Es wird beschlossen, die Hasenhaltung zu untersagen und gegebenenfalls gerichtliche Schritte einzuleiten, um die Hasen aus der Wohnung zu entfernen. Zuerst werden die Eigentümer …/… von Frau Rechtsanwältin … unter Fristsetzung aufgefordert, die Hasen zu entfernen. Die Eigentümergemeinschaft beauftragt Frau … den Beschluss gegebenenfalls auch klageweise durchzusetzen. Die Prozessvollmacht wird erteilt.

Hilfsweise sind geeignete Maßnahmen gegen die Geruchsbelästigungen zu Lasten … durchzuführen.

Die Kläger sind der Auffassung, die gefassten Beschlüsse verstoßen gegen § 13 Abs. 1 WEG und 14 Nr. 1 WEG. Zum Kernbereich der Handlungsfreiheit eines Wohnungseigentümers zähle auch die Freiheit zur Tierhaltung.

Insbesondere das Hausschwein „Franzl“ hätte einem Familienmitglied entsprechende Bedeutsamkeit für die Kläger. Eine Trennung, insbesondere von Franzl würde sich für die Klägerin als gravierende psychische beeinträchtigende Maßnahme darstellen.

Von den Tieren ginge keinerlei Geruchs- oder sonstige Beeinträchtigung aus.

Das Hausschwein hätte selbst keinen eigenen vernehmbaren Körpergeruch. Das Schwein sei stubenrein, verrichte sein Geschäft in einer Art Katzentoilette, die ebenfalls täglich gereinigt würde.

Die von den übrigen Wohnungseigentümern wahrgenommenen Gerüche stammten entweder von einem Bauernhof in der Nähe oder von einem behinderten Mitbewohner.

Die Kläger beantragen wie folgt für Recht zu erkennen:

1. Der von den Beklagten unter TOP 2, Ziffer 1, in der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 gefasste Beschluss, wird für ungültig erklärt.

2. Der von den Beklagten unter TOP 2, Ziffer 2, in der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 gefasste Beschluss, wird ebenfalls für ungültig erklärt.

Die Beklagten beantragen – Klageabweisung.

Die Beklagten halten sich für berechtigt, sowohl die Schweine- als auch die Hasenhaltung zu untersagen. Der Anspruch ergebe sich aus § 14 WEG.

Im Übrigen sei in der Teilungserklärung Folgendes geregelt:

Sämtliche Wohnungs- bzw. Teileigentümer sind verpflichtet, jedes Übermaß an Lärm oder Belästigung aller Art, soweit dies nach verständlichem Ermessen vermeidbar ist, zu unterlassen, siehe § 5 Nr. 2 der Teilungserklärung der Gemeinschaft vom 02. Juli 1984.

Die Beklagten sind der Auffassung, von dem Schwein und den Hasen ginge immer wieder ein unangenehmer Geruch aus. Außerdem würden dadurch Fliegen angezogen.

Der unangenehme Geruch, der von den Tieren ausgehe, sei von einem Geruch von einem Bauernhof in der Umgebung zu unterscheiden.

Außerdem werde bestritten, dass der im Haus lebende behinderte Mieter für einen Uringeruch im Treppenhaus verantwortlich sein soll.

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung, in dem auch ein Ortsaugenschein eingenommen wurde, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat lediglich zum Teil Erfolg.

1. Anfechtung des am 28.09.2010 unter TOP 2, Nummer 2, gefassten Beschlusses (Untersagung der Hasenhaltung).

Dieser Beschluss ist wegen eines Verstoßes gegen § 13 Abs. 1 WEG für ungültig zu erklären.

Denn grundsätzlich gehört die Haltung von Kleintieren zum sozial üblichen Bewohnen im Sinne des § 13 Abs. 1 WEG, siehe Wenzel in Bärmann, Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz, 10. Auflage, § 13 Randnummer 11.

Grundsätzlich ist entsprechend den im Mietrecht geltenden Grundsätzen zum vertragsmäßigen Gebrauch die Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere sowie Art, Größe, Zustand, Lage der Eigentumswohnung sowie der Wohnanlage und die Anzahl und Art anderer Tiere im Haus zu berücksichtigen.

Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Haltung dreier Hasen und eines Meerschweinchens sich noch im Rahmen des sozial üblichen Bewohnens hält. Denn wie sich das Gericht bei dem Ortsaugenschein überzeugen konnte, werden die Tiere in einem ordentlichen Stall im Zimmer gehalten.

Auch war im Treppenhaus kein spezifischer Hasen- oder Meerschweinchengeruch, der dem Gericht bekannt ist, vernehmbar.

Der Vortrag der Beklagtenseite, am 06. Oktober 2009 sei es zu einem Fliegenbefall der Wohnung G gekommen, der mit den Hasen auf der Terrasse in Zusammenhang stünde, ist insofern unbeachtlich.

Denn die Hasen werden mittlerweile in der Wohnung gehalten.

Auch besteht nach Auffassung des Gerichtes kein Erfahrungssatz, dass ordnungsgemäß gehaltene Kleintiere Fliegen anzögen.

Wenn die Ställe regelmäßig gemistet werden, ist dies nicht der Fall.

2.

Anfechtung des Beschlusses TOP 2, Nummer 1, auf der Eigentümerversammlung vom 28.09.2010 (Schweinehaltung).

Dieser Beschluss war nicht für ungültig zu erklären, da er ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Denn das Halten von größeren Schweinen in der Wohnung gehört nicht zum sozial üblichen Bewohnen im Sinne des § 13 WEG.

Zwar kann jeder Wohnungseigentümer, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, insbesondere es in sonstiger Weise nutzen (§ 13 Abs. 1 WEG).

Allerdings ist er nach § 14 Nr. 1 WEG dazu verpflichtet, vom Sondereigentum in einer solchen Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Grundsätzlich kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, siehe Entscheidung vom 04.05.1995, NJW 1995, 2036 bis 2037, durch einen Mehrheitsbeschluss, die grundsätzliche Nutzungsfreiheit des Wohnungseigentümers zulässigerweise eingeschränkt werden.

Zu der Hundehaltung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass diese nicht zum wesentlichen Inhalt der Nutzung von Wohnungseigentum gehört.

Dabei hat der Senat letztlich offen gelassen, ob durch nicht bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung die Hundehaltung verboten werden kann.

Allerdings hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung ausgeführt, dass von der Hundehaltung in einer Eigentumswohnung im Regelfall Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer durch die Verschmutzung der Gemeinschaftsanlagen oder Lärmbelästigungen ausgehen. Ein generelles Verbot der Hundehaltung sei damit weder willkürlich, noch sachlich völlig unbegründet, zumal sich Beeinträchtigungen nie ausschließen ließen.

Nach der herrschenden Meinung in der Literatur, siehe Merle in Bärmann, Kommentar zum Wohnungseigentumsgesetz, 10. Auflage, § 21 Randnummer 72, kann ein Tierhaltungsverbot in der Regel für solche Tiere beschlossen werden, die nicht Haustiereigenschaft haben.

Das Gericht geht davon aus, dass ein 1 m langes und ein 50 cm breites Schwein mit einem Gewicht von ca. 1 Zentner, nicht einem sozial üblichen Haustier entspricht.

Dabei kann es dahinstehen, dass die Kläger dieses Schwein mit Namen „Franzl“ als Hausschwein oder gar als Familienmitglied betrachten.

Denn die Frage, ob ein Tier als Haustier einzustufen ist und zum sozial üblichen Bewohnen gehört, hat in abstrakt genereller Weise zu erfolgen.

Nachdem der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, dass selbst die Hundehaltung nicht zum wesentlichen Inhalt der Nutzung von Wohnungseigentum gehört, muss dies bei größeren Schweinen um so mehr gelten.

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Frankfurt, siehe Entscheidung vom 19.07.1990, NJW RR 1990, 1430/1431, zur Frage der Schlangenhaltung in einer Eigentumswohnung, geht das Gericht davon aus, dass die Haltung von Schweinen in der Eigentumswohnung durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft untersagt werden darf.

Denn in der Haltung von einem Schwein mit dieser Größe in der Wohnung liegt ein Gebrauch vor, der sich nicht im Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG hält.

Denn die von einem großen Hausschwein in einer Wohnung ausgehenden Störungen, sind nicht auf das unvermeidliche Maß beschränkt.

Nach der hiesigen tradierten soziokulturellen Vorstellung der Allgemeinheit, ist die Haltung von Schweinen mit einem ordnungsgemäßen Wohnen in einer Wohnungseigentumsanlage nicht zu vereinbaren.

Denn dabei handelt es sich um ein Halten von Tieren, die üblicherweise nicht in einem Wohnbereich gehalten werden, sondern vielmehr auf landwirtschaftlichen Anwesen.

Selbst wenn von der Tierhaltung in der Wohnung der Kläger keine Geruchsbelästigung ausgehen würde, reichte das bei den Miteigentümern nachvollziehbar vorhandene Unbehagen über diese Tierhaltung aus, um eine Störung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens in einem Wohngebäude festzustellen.

Wie sich das Gericht bei dem Ortsaugenschein davon überzeugen konnte, wird mit der Haltung des Schweines „Franzl“ der ordnungsgemäße Gebrauch des Sondereigentums überschritten.

Denn bei dem Schwein handelt es sich um ein überaus großes Tier, das einem mittleren Hausschwein entspricht.

Außerdem hat das Gericht schon im Treppenhaus und auch in der überaus gut gelüfteten Wohnung der Kläger einen unangenehmen nicht näher zuordenbaren Geruch festgestellt. Von den Hasen ging dieser Geruch jedenfalls nicht aus.

Dieser Geruch war am stärksten vor der Wohnung der Kläger und wurde im Treppenhaus nach oben schwächer, wo ein Fenster schräg gestellt war.

Auch in der gut gelüfteten, es waren mehrere Fenster schräg gestellt, Wohnung der Kläger, war der Geruch schwächer.

Das Gericht geht davon aus, dass der Geruch von der Toilette des Schweines, einer Art größeren Katzentoilette gefüllt mit Rindenmulch, ausgeht.

Denn selbst wenn diese Toilette täglich geleert wird, geht davon eine erhebliche Geruchsbelästigung aus.

Denn ein Schwein mit einem Gewicht von ca. 1 Zentner, verfügt als Allesfresser, auch wenn es sich vegetarisch ernährt, über einen solchen Stoffwechsel, dass es bei der Absetzung der Exkremente zu einer Geruchsbelästigung kommen muss.

Dass die Kläger selbst, die Prozessbevollmächtigte der Kläger und diverse andere genannte Zeugen dies nicht wahrgenommen haben, kann dabei als wahr unterstellt werden.

Denn die Zeugin …, die einen glaubhaften Eindruck machte und ihre Aussage ohne jegliche Belastungstendenz vornahm, schilderte genau den nicht spezifischen unangenehmen Geruch, den das Gericht im Ortsaugenschein wahrnahm.

Dass der Geruch von außen in das Treppenhaus eingedrungen war, kann durch das Gericht ausgeschlossen werden, da in der Umgebung keinerlei Geruch wahrnehmbar war.

Der Vortrag der Klägerseite, es läge ein Uringeruch von einem behinderten Mitbewohner vor, ließ sich im Ortsaugenschein nicht verifizieren.

Im Gegenteil, der von den Klägern gezeigte Fleck vor der Eingangstüre, angeblich ein Urinfleck, hatte keinerlei Geruch an sich.

Letztlich kann aber die Frage der Geruchsbelästigung dahinstehen, da das Gericht in Anlehnung an die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt, das bei den Miteigentümern vorhandene nachvollziehbare Unbehagen über die Haltung des Schweines als ausreichend ansieht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten auf § 708 Nr. 11 ZPO.

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