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WEG – Verstoß gegen Vermietungsbeschränkung in Gemeinschaftsordnung

LG Köln, Az.: 29 S 239/17, Urteil vom 26.04.2018

In dem Rechtsstreit hat die 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22.03.2018 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 06.09.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn, 27 C 136/16, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, es zukünftig zu unterlassen, eine Vermietung/Untervermietung und/oder Nutzungsüberlassung der in seinem Eigentum stehenden Wohnung Nr. 55 der Teilungserklärung …, an Dritte – mit Ausnahme von Überlassungen an den Ehegatten, Verwandte in gerader Linie oder Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie oder wenn ein Kreditgeber zur Rettung seiner Forderung ein Wohnungseigentum angesteigert hat und es einem Dritten überlässt – ohne vorherige Zustimmung der Klägerin oder deren Verwalter vorzunehmen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 492,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin 70% und der Beklagte 30%.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

WEG – Verstoß gegen Vermietungsbeschränkung in Gemeinschaftsordnung
Foto: fizkes/Bigstock

Der Beklagte ist Mitglied der Klägerin und Eigentümer der Wohneinheit 55. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Unterlassungsansprüche wegen Überlassung der Wohnung ohne Zustimmung des Verwalters an Gäste arabischer Herkunft geltend, die die Wohnung nur für kurze Zeit nutzen, um medizinische Behandlungen in …in Anspruch nehmen zu können. Daneben begehrt die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe bzw. Ausgleichszahlung sowie den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.

In § 3 Ziff. 2 der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass ein Wohnungseigentümer zur Ausübung eines Gewerbebetriebes oder Berufes in der Wohnung nur mit Zustimmung des Verwalters berechtigt ist. Die Zustimmung kann vom Verwalter nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Als wichtiger Grund gilt nach der Gemeinschaftsordnung insbesondere, wenn die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder Hausbewohner befürchten lässt oder wenn sie den Charakter des Hauses beeinträchtigt. § 3 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung befasst sich mit der Vermietung, Verpachtung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung einer Wohnung. Die Regelung lautet wie folgt:

„Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes gelten sinngemäß auch für die erforderliche Zustimmung zur Vermietung, Verpachtung oder sonstige Gebrauchsüberlassung einer Wohnung. Dies gilt jedoch nicht für den Fall der Überlassung an den Ehegatten des Eigentümers, Verwandte in gerader Linie oder Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie oder wenn ein Kreditgeber zur Rettung seiner Forderung ein Wohnungseigentum angesteigert hat und es einem Dritten überlässt.“

Wegen der weiteren Einzelheiten der Regelungen der Gemeinschaftsordnung sowie der Teilungserklärung wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Kopie (Bl. 110 ff und 137 ff GA) Bezug genommen.

Auf der Eigentümerversammlung vom 05.06.2012 wurde unter TOP 11 folgender bestandskräftiger Beschluss gefasst:

„1. Miteigentümer, die ohne die erforderliche Zustimmung der Verwalterin (§ 3 Nr. 3 der Miteigentümerordnung vom 17.11.1981) einen Mietvertrag über eine Wohnung abschließen oder deren Untervermietung oder die Gebrauchsüberlassung an andere in sonstiger Weise zulassen oder die Gebrauchsüberlassung nach dem Widerruf einer Zustimmung nicht unverzüglich beenden, sind verpflichtet, der Gemeinschaft einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 500,00 Euro zu zahlen. Die Zahlungspflicht erhöht sich auf mindestens 2.000,00 Euro und höchstens 4.000,00 Euro für jeden angefangenen Monat der Gebrauchsüberlassung, wenn ein wichtiger Grund (vergl. Nr. 2) für die Versagung der Zustimmung vorlag. In diesen Fällen soll die Verwalterin bei wiederholten Verstößen auch eine Entziehung des Wohnungseigentums (§ 18 WEG) androhen.

2. Die Verwalterin soll bei ihrer Entscheidung über eine Zustimmung grundsätzlich davon ausgehen, dass aufgrund mehrjähriger Erfahrungen in unserer Wohnanlage eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder Hausbewohner (§ 3 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 2 der Miteigentümerordnung) insbesondere dann zu befürchten ist, also ein wichtiger Grund für die Versagung der Zustimmung vorliegt, wenn die Nutzer voraussichtlich nur kurzzeitig (bis zu drei Monaten) in der Anlage anwesend sein werden oder wenn aufgrund sonstiger Umstände nicht zu erwarten ist, dass die Nutzer ihre Verhaltenspflichten einhalten.

(…)“

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beschlussfassung wird auf das vorgelegte Protokoll (Bl. 30 ff GA) verwiesen.

Im Übrigen wird für die weiteren tatsächlichen Feststellungen auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit Urteil vom 06.09.2017 hat das Amtsgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der durchgeführten Beweisaufnahme feststehe, dass der Beklagte – durch Vermittlung durch den Zeugen – die streitgegenständliche Wohnung regelmäßig für Kurzzeitmieten an arabische Gäste zur Verfügung gestellt habe. Da entsprechende Zustimmungen der Verwalterin in keinem Fall vorgelegen hätten, habe der Beklagte mehrfach gegen die in § 3 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung enthaltene Regelung verstoßen. Aufgrund des bestandskräftigen Beschlusses der Eigentümergemeinschaft vom 05.06.2012 schulde der Beklagte der Gemeinschaft einen Ausgleichsbetrag von insgesamt 12.000,00 Euro. Es sei insgesamt zu mindestens 6 Kurzzeitvermietungen gekommen, für die jeweils 2.000,00 Euro anfielen.

Gegen dieses Urteil, auf das auch wegen der übrigen Entscheidungsgründe verwiesen wird, wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerechten Berufung.

Er meint, ein Unterlassungsanspruch bestünde nicht. § 3 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung regele aufgrund seiner Formulierung nur den Fall, dass die Vermietung zum Zwecke der gewerblichen Nutzung erfolge und gelte nicht bei der Vermietung der Wohnung zu Wohnzwecken. Jedenfalls wäre eine entsprechende Regelung in der Gemeinschaftsordnung unwirksam, weil sie gegen Art. 14 GG verstieße. Nach Art. 14 GG habe der Wohnungseigentümer das Recht, mit dem Wohnungseigentum im Ausgangspunkt nach Belieben zu verfahren, dies umfasse auch das in § 13 Abs. 1 WEG ausdrücklich bestimmte Recht, sein Wohnungseigentum zu vermieten. Das Erfordernis, im Vorfeld die Zustimmung zur Vermietung einzuholen, stelle eine unzumutbare Beeinträchtigung der Rechtsposition des Eigentümers dar. Im Übrigen habe der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die Vermietung an Touristen nichts anderes als eine Wohnnutzung sei. Auch der Beschluss vom 05.06.2012 begründe keinen Unterlassungsanspruch, weil er mangels Beschlusskompetenz nichtig sei. Die Eigentümer könnten sich durch den Beschluss keine eigene Anspruchsgrundlage schaffen. Zudem verstoße er gegen die Diskriminierungsverbote des AGG und die europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien der EU. Aus der Vorbemerkung zu dem Beschluss ergebe sich hinreichend deutlich, dass eine bestimmte Personengruppe, die an anderer Stelle klar als „Medizintouristen“ mit „überwiegend dicklicher Statur“, „arabischen Aussehens“ und „vollverschleiert“ beschrieben werde, von der Nutzung der Wohnungseigentumsanlage ausgeschlossen werden solle. Ein Anspruch auf Zahlung der zuerkannten Vertragsstrafe bestehe nicht, weil die Eigentümergemeinschaft keine Beschlusskompetenz besessen hätte. Die Gemeinschaftsordnung sehe eine Vertragsstrafe nicht vor. Der Beschluss verstoße gegen Art. 14 GG, Art. 6 GG und das in § 13 Abs. 1 WEG bestimmte Recht, sein Wohnungseigentum zu vermieten. Im Übrigen habe das Gericht nicht dargelegt, welche konkreten Rechtsverstöße die Zahlungsverpflichtung ausgelöst haben sollen. Die Entscheidungsgründe ließen nicht erkennen, von wann bis wann jeweils eine zu beanstandende Vermietung stattgefunden haben solle.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 06.09.2017, 27 C 136/16, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

1. Zunächst ist im Zusammenhang mit der titulierten Unterlassungspflicht der Tenor in Ziffer 1) wie geschehen abzuändern, weil die Entscheidung des Amtsgerichts die in § 3 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Ausnahmen von dem Zustimmungserfordernis des Verwalters bei Vermietung der Wohnung nicht berücksichtigt hat. Ein kostenrelevantes Unterliegen der Klägerin liegt jedoch insoweit nicht vor, weil das Begehren der Klägerin von Anfang an ausweislich der Klagebegründung und des weitergehenden Vortrags die Verurteilung zur Unterlassung nur in dem von der Gemeinschaftsordnung betroffen hat. Soweit dieses Begehren nicht in dem Klageantrag zu 1) abgebildet war, war eine entsprechende Auslegung geboten (§ 140 BGB).

Ebenso wenig kann die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung eines Ausgleichsbetrages von 12.000,00 Euro verlangen. Denn der auf der Eigentümerversammlung vom 05.06.2012 gefasste Beschluss zu TOP 11 ist, soweit er in Ziffer 1 die Zahlung eines Ausgleichsbetrages betrifft, wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.

Gemäß dem durch die WEG-Novelle neu eingefügten § 21 Abs. 7 WEG können Wohnungseigentümer durch Beschluss Regelungen zur Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand beschließen. Die streitgegenständliche Ausgleichszahlung fällt aber nach Ansicht der Kammer in keine der in § 21 Abs. 7 genannten Kategorien. Damit fehlte den Wohnungseigentümern die Kompetenz, Ausgleichszahlungen bei Verstoß gegen die Vermietungsbeschränkung in § 3 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung durch Beschluss festzulegen.

Nach der Gesetzesbegründung, auf die auch die Klägerin Bezug genommen hat, sollte die damals neu geschaffene Vorschrift des § 21 Abs. 7 WEG im Rahmen der Alternative „Folgen des Verzugs“ den Wohnungseigentümern zwar ausdrücklich die Möglichkeit geben, bei einem Verstoß gegen Vermietungsbeschränkungen Vertragsstrafen einzuführen. Vor diesem Hintergrund wird in der Kommentarliteratur teilweise die Ansicht vertreten, dass es sich bei der Verpflichtung, nicht oder nur mit Zustimmung zu vermieten, um eine Unterlassungspflicht handelt, deren Verletzung Verzug auslösen kann, so dass die Gesetzesbegründung nicht als Versehen angesehen werden kann (so Bärmann-Merle, WEG, 11. Auflage, § 21 Rn. 153). Nach anderer und nach Einschätzung der Kammer auch zutreffender Ansicht hat jedoch die vom Gesetzgeber beispielhaft erwähnte Vertragsstrafe bei Verstoß gegen eine Vermietungsbeschränkung nichts mit Verzugsfolgen zu tun (vgl. Jennißen-Heinemann, WEG, 4. Auflage, § 21 Rn. 115), weil bei einem Verstoß gegen Unterlassungsverpflichtungen in der Regel Unmöglichkeit eintritt (vgl. Spielbauer/Then-Spielbauer, WEG, 3. Auflage, § 21 Rn. 79 und Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Auflage, § 286 Rn. 12). Dies ist auch bei der streitgegenständlichen Regelung in § 3 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung der Fall, weil hiernach die Zustimmung bereits vor der Vermietung eingeholt werden muss, um diese als zulässig ansehen zu können. Zudem knüpft der Beschluss vom 05.06.2012 zu TOP 11 in Ziffer 1 auch seinem Wortlaut nach an einen Verstoß gegen die Vermietungsbeschränkung in der Gemeinschaftsordnung an, nicht hingegen an einen Verzug des Wohnungseigentümers.

Der Beschluss unterfällt auch nicht der in § 21 Abs. 7 WEG weiter enthaltenen Alternative „besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums“. Denn diese Vorschrift soll nach der Gesetzesbegründung vor allem dazu dienen, typischerweise anfallende Kosten, die aufgrund eines besonderen Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums entstehen (was darunter zu verstehen ist, s. BGH, Urteil vom 01.10.2010, V ZR 220/09), dem verursachenden Nutzer aufzuerlegen. Der vorliegende Beschluss setzt aber seinem Wortlaut nach keinen besonderen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums voraus, er hat vielmehr – was sich nicht zuletzt aus der Staffelung des Ausgleichsbetrages ergibt – eher Strafcharakter. Die Vorschrift des § 21 Abs. 7 WEG als Generalklausel zur Sanktionierung gemeinschaftswidrigen Verhaltens einzusetzen, ist unzulässig (vgl. Jennißen-Heinemann, a.a.O., § 21 Rn. 116).

2. Im Übrigen ist die amtsgerichtliche Entscheidung hingegen in der Hauptsache nicht zu beanstanden.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht den geltend gemachten Unterfassungsanspruch gemäß § 1004 BGB i. V. m. § 15 WEG für gerechtfertigt gehalten, soweit es die nach § 3 Ziff. 3 zustimmungspflichtigen Vermietungen betrifft.

Es muss auch nach dem Vorbringen des Beklagten als unstreitig angesehen werden, dass die streitgegenständliche Wohnung in der Vergangenheit an Personen vermietet worden ist, die nicht der Ausnahmeregelung des § 3 Ziff. 3 Gemeinschaftsordnung unterfallen. Weiter ist unstreitig, dass der Beklagte vor den jeweiligen Vermietungen eine Zustimmung des Verwalters nicht eingeholt hat. Darüber hinaus teilt die Kammer die Einschätzung des Amtsgerichts, nach der durchgeführten Beweisaufnahme stünde hinreichend sicher fest, dass der Beklagte seine Wohnung in der Vergangenheit mehrfach an arabische Medizintouristen kurzfristig für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten vermietet hat. Dies hat nicht nur der Zeuge W. bestätigt, sondern auch der von dem Beklagten benannte Zeuge … der für diesen nach eigenen Angaben die Vermittlung der Wohnung vorgenommen hat bzw. noch immer vornimmt. Damit liegt ein für den Unterlassungsanspruch erforderlicher Verstoß gegen § 3 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung vor. Wiederholungsgefahr wird vermutet und ist auch durch die angebliche Vermietung an einen Familienangehörigen nicht ausgeräumt, weil die Wohnung nach der weiteren Aussage des Zeugen » bis zu einem langfristigen Mietvertrag oder einem Verkauf der Wohnung weiter Medizintouristen überlassen werden soll (Bl. 175 GA). Angesichts des Verhaltens des Beklagten in der Vergangenheit kann nicht davon ausgegangen werden, dass für zukünftige Vermietungen vorab eine Zustimmung des Verwalters eingeholt wird, zumal die Erteilung der Zustimmung vor dem Hintergrund der ablehnenden Haltung der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber Kurzzeitvermietungen, wie sie in Ziffer 2 des Beschlusses vom 05.06.2012 zum Ausdruck gekommen ist, selbst bei vorheriger Anfrage des Beklagten nicht zu erwarten wäre.

Entgegen der Ansicht des Beklagten kann die Regelung in § 3 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung nicht dahin verstanden werden, dass sie nur bei einer Vermietung zum Zwecke der gewerblichen Nutzung gilt. Die Gemeinschaftsordnung ist als Bestandteil der Grundbucheintragung nach ihrem Wortlaut und Sinn -gegebenenfalls auch im Wege ergänzender Vertragsauslegung – auszulegen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (vgl. BGH WuM 2004, 681 ff). Hiernach ist vorliegend bei nächstliegender Betrachtung der Regelung die Zustimmung der Verwaltung -abgesehen von den dort geregelten Ausnahmefällen – für jeden Fall der Vermietung erforderlich. Anderenfalls wäre die Regelung in Ziff. 3 überflüssig, weil bei einer Zustimmungspflicht nur bei gewerblicher Nutzung durch den Mieter eine eigenständige Regelung nicht erforderlich gewesen wäre. Im Übrigen würde eine Auslegung, wie sie der Beklagte vornimmt, dazu führen, dass zwar der Wohnungseigentümer selbst bei gewerblicher Nutzung seiner Einheit nach § 3 Ziff. 2 GO die Zustimmung des Verwalters bedürfte, ein Ehegatte oder ein Verwandter des Eigentümers wegen des in § 3 Ziff. 3 enthaltenen Ausnahmetatbestandes aber nicht. Dies wäre widersinnig (s. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.01.2004, 20 W 124/03, 20 W 180/03, NZM 2004, 231 ff, für eine wortlautgleiche Gemeinschaftsordnung).

Die streitgegenständliche Regelung in der Gemeinschaftsordnung verstößt auch nicht gegen Art. 14 GG. Zwar umfasst die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG auch das Recht des Eigentümers u. a. darüber zu entscheiden, ob eine Überlassung an Dritte erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.10.2009, 2 BvR 693/09). Dementsprechend begründet § 13 Abs. 1 WEG eine umfassende Verfügungs- und Nutzungsbefugnis des Wohnungseigentümers. Die sich hieraus ergebende weitgehende Freiheit des Wohnungseigentümers ist jedoch nicht unbeschränkbar. Vielmehr findet die Nutzungsbefugnis eine einfachrechtliche Grenze in § 14 WEG, der als Grundnorm des innergemeinschaftlichen Nachbarrechts eine notwendige Schranke zu § 13 WEG bildet (BVerfG, a.a.O.). Darüber hinaus ist nach ganz allgemeiner Auffassung anerkannt, dass Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander durch eine Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 WEG oder – wie hier -durch einseitige Bestimmung des Grundbucheigentümers im Rahmen der Teilung regeln dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 15.06.1962, V ZB 2/62, WM 1962, 822ff). Eine Vereinbarung, nach der die Vermietung der Eigentumswohnung von der Zustimmung des Verwalters abhängig gemacht wird, wird nach ganz herrschender Ansicht als zulässig angesehen (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O. und Jennißen-Schultzky, WEG, 4. Auflage, § 13 Rn. 24).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Beklagten herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 29.02.2012, VII ZR 155/11 oder vom 15.01.2010, V ZR 72/09). Denn diesen Fällen (im ersteren Fall ging es ohnehin um ein Mietverhältnis) lagen anders als hier keine vereinbarten Vermietungsbeschränkungen zu Grunde. In der letztgenannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, das sich unerwünschte Änderungen durch eine spezifische Nutzungsform, wie etwa der Kurzzeit miete, nur wirksam verhindern lassen, wenn die Wohnungseigentümer die von ihnen nicht erwünschte Form der Nutzung in der Teilungserklärung oder durch Vereinbarung ausschließen oder darin unter einen Genehmigungsvorbehalt stellen.

Darüber hinaus ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass dem Beklagten nach der vorliegenden Gemeinschaftsordnung ausdrücklich die Möglichkeit offen gehalten worden ist, bei Verweigerung der Zustimmung durch den Verwalter, die nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes verweigert werden darf, die Wohnungseigentümerversammlung anzurufen. Demnach ist ein Wohnungseigentümer bei einer seiner Ansicht nach zu Unrecht verweigerten Zustimmung nicht rechtslos gestellt, sondern kann den Rechtsweg beschreiten.

Da sich der Unterlassungsanspruch schon aus dem Gesetz ergibt, bedarf es keiner Entscheidung, ob dem Beschluss zu TOP 11 vom 05.06.2012 für das Unterlassungsbegehren anspruchsbegründende Wirkung zukommt. Dies ist nach Ansicht der Kammer aber seinem Wortlaut nach ohnehin nicht der Fall.

Auch ein Verstoß gegen das AGG, das die von dem Beklagten angeführten Antidiskriminierungsrichtlinie der Europäischen Union RL 200/43/EG und RL 2004/113/EG in innerdeutsches Recht umsetzt, ist vorliegend nicht gegeben. Vorliegend kommt wegen des neutral gehaltenen Wortlauts der Regelung in der Teilungserklärung allenfalls eine Benachteiligung nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 3 Abs. 2 AGG in Betracht. Eine etwaige Benachteiligung ist aber ausgeschlossen, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind. Dies ist hier vor dem Hintergrund des (ebenfalls nach Art. 14 GG geschützten) Bedürfnisses der übrigen Wohnungseigentümer auf störungsfreie Nutzung ihrer Wohneinheiten und der Gefahr von nicht erwünschten Nutzungsänderungen einer Wohnanlage der Fall. Angesichts der der Kammer aus anderen Verfahren bekannten Schwierigkeiten innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften gerade im Bonner Raum und in Bad Godesberg, die durch die Überlassung von Wohnungen an Kurzzeitmieter im Allgemeinen und an Medizintouristen im Besonderen entstehen können, etwa durch Störungen der Hausordnung oder Gewalttaten im Umfeld der Wohnungsvermittler, die schon Gegenstand von Presseberichten gewesen sind, ist das Bedürfnis der Wohnungseigentümer nach Einschränkung von Kurzzeitvermietungen durchaus verständlich. Vor diesem Hintergrund bestehen auch an der Wirksamkeit des Beschlusses zu Ziff. 2 vom 05.06.2012 keine Bedenken.

Die Ermächtigung der Klägerin für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs folgt aus Ziffer 4 Abs. 2 des Beschlusses vom 05.06.2012, an dessen Wirksamkeit insoweit wiederum keine Bedenken bestehen. Solche sind auch nicht geltend gemacht.

Die Androhung von Ordnungsmitteln ist nach § 890 Abs. 2 ZPO gerechtfertigt.

Der vom Amtsgericht dem Grunde nach zutreffend für gerechtfertigt gehaltene Erstattungsanspruch von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 BGB besteht wegen der Unbegründetheit des Ausgleichszahlungsanspruch nur bis zur Höhe eines Streitwertes von 5.000,00 Euro. Hieraus ergibt sich ein zu erstattender Betrag von 492,54 Euro (1,3 Geschäftsgebühr gem. §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 393,90 Euro zzgl. Kommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV RVG von 20,00 Euro zzgl. 19% MwSt. von 78,64 Euro).

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Die Kammer ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom 21.10.2011, V ZR 265/10, der Auffassung, dass der Frage, ob für Beschlüsse, die Ausgleichszahlungen bei Verstößen von Vermietungsbeschränkungen betreffen, mit Blick auf die Gesetzesbegründung eine Beschlusskompetenz nach § 21 Abs. 7 WEG besteht, grundsätzliche Bedeutung zukommt. Denn sie ist vor dem Hintergrund der zunehmenden Probleme um Kurzzeitvermietungen, nicht nur in Köln oder Bonn sondern bundesweit, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten und berührt damit das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 543 Rn. 11). Höchstrichterliche Entscheidungen hierzu sind bislang nicht ergangen.

Berufungsstreitwert: 17.000,00 Euro nach der nicht angegriffenen Festsetzung durch das Amtsgericht.

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