Skip to content
Menü

WEG-Verwalter – Überwachung Bauunternehmer bei Instandsetzungsmaßnahmen

Eine dringend nötige Dachsanierung stand an, und die Hausverwaltung gab den Eigentümern ein besonderes Versprechen fachkundiger Baubetreuung. Jahre später traten erhebliche Mängel am Dach zutage, doch die Ansprüche gegen den Handwerker waren verjährt. Nun musste das Oberlandesgericht Hamm klären, ob die Verwalterin wegen ihrer Sonderzusage für die entstandenen Schäden haftet.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 21 U 60/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Hamm
  • Datum: 26. November 2024
  • Aktenzeichen: 21 U 60/22
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Vertragsrecht, Schadensersatzrecht, Verjährungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Sie argumentierte, die Beklagte hafte für Mängel an einer Dachsanierung wegen unzureichender Überwachung und Beratung.
  • Beklagte: Die ehemalige Verwalterin der Klägerin. Sie berief sich auf Verjährung und wandte ein, sie sei nicht zur Bauüberwachung verpflichtet gewesen bzw. Mängel seien für sie nicht erkennbar gewesen.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Es ging um Mängel an einer im Jahr 2009 durchgeführten Dachsanierung am Gemeinschaftseigentum der Klägerin, die von einem Drittunternehmer ausgeführt und von der Beklagten abgenommen wurde. Feuchtigkeitsschäden traten Jahre später auf (ab 2015).
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die ehemalige Verwalterin für die Sanierungskosten haftet, weil sie die Bauarbeiten unzureichend überwacht hat, und ob mögliche Ansprüche der WEG gegen sie verjährt sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Teils der Reparaturkosten an die Klägerin (8.070,15 Euro plus Zinsen). Die Zahlungspflicht besteht Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen den Dachdecker.
  • Begründung: Das Gericht sah keine Haftung aus einem separaten Bauüberwachungsvertrag, wohl aber aus einer Verletzung erweiterter Pflichten aus dem Verwaltervertrag. Die Beklagte hatte nach Ansicht des Gerichts durch ein Schreiben eine Bauüberwachung von höherer Qualität zugesagt und dabei spezifische Mängel, die für einen Fachmann erkennbar waren, nicht moniert.
  • Folgen: Die ehemalige Verwalterin muss einen Teil der Kosten für die Mängelbeseitigung tragen, jedoch nur für die Mängel, die sie aufgrund ihrer erweiterten Pflichten hätte erkennen müssen. Die WEG erhielt nicht die gesamte geforderte Summe zugesprochen.

Der Fall vor Gericht


OLG Hamm: WEG-Verwalterin haftet nach Sonderzusage für Mängel bei Dachsanierung

Stellen Sie sich vor, das Dach Ihres Mehrfamilienhauses muss saniert werden. Die Hausverwaltung schlägt eine Firma vor und sichert zu, sich um die „Baubetreuung“ zu kümmern, da sie gute Erfahrungen mit dieser Firma gemacht habe und sogar über einen „hauseigenen Architekten“ verfüge. Klingt beruhigend, oder? Doch was passiert, wenn nach Jahren erhebliche Mängel auftreten?

Verwalterin übergibt Eigentümern Brief zur Dachsanierung, Baupläne im Büro, Dach sichtbar
Eigentümer erhalten Brief zur fachkundigen Dachsanierung im Mehrfamilienhaus durch Verwalterin und Architekt. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Genau mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm beschäftigen. Es ging darum, ob und in welchem Umfang eine ehemalige Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für Fehler bei einer Dachsanierung haftet, die ein von ihr empfohlener Handwerksbetrieb ausgeführt hatte. Das Gericht hatte insbesondere zu klären, ob die Verwalterin durch ihre Zusagen eine über das Übliche hinausgehende Verantwortung übernommen hatte.

Streit um undichtes Dach und geplatzte Versprechen: Der Fall im Detail

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand eine Wohnungseigentümergemeinschaft (im Folgenden: die WEG) als Klägerin und ihre ehemalige Verwalterin, Frau V., als Beklagte. Der Stein des Anstoßes war eine Dachsanierung am Gemeinschaftseigentum des Hauses, die im November 2009 von der Dachdeckerfirma B## durchgeführt worden war.

Die Vorgeschichte begann bereits im Jahr 2006. Damals korrespondierte Frau V. mit den Eigentümern über die Notwendigkeit der Dachsanierung und holte Angebote ein. Dabei erwähnte sie, ein Angebot durch ihren „hauseigenen Architekten“ geprüft zu haben. Im Jahr 2009 fasste die WEG dann den offiziellen Beschluss, die Sanierung durchführen zu lassen. Es lagen zwei Angebote vor: eines von der Firma B## und ein weiteres von der Firma K##.

Entscheidend für den späteren Rechtsstreit wurde ein Schreiben von Frau V. an die Eigentümer vom 22. Juni 2009. Darin teilte sie mit, dass Erkundigungen über die Firma K## negativ ausgefallen seien. Wörtlich erklärte sie, dass sie bei einer Beauftragung der Firma K## eine Baubetreuung im Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeit ablehnen und stattdessen die Beauftragung eines Architekturbüros empfehlen würde. Im Gegensatz dazu hieß es für den Fall der Beauftragung der Firma B##: „Bei einer Beauftragung der Fa. B## wird die Verwaltung jedoch gleichlautend die Baubetreuung übernehmen, da positive Erfahrungen vorlägen und die Arbeiten ordnungsgemäß zur Ausführung kämen.“

Die WEG folgte dieser Empfehlung und beauftragte die Firma B##. Frau V. nahm die Arbeiten im November 2009 für die WEG ab und bezahlte die Rechnung des Dachdeckers.

Doch die erhoffte Ruhe währte nicht lange. Bereits im Herbst 2010 trat ein Sturmschaden am Dach auf. Dieser wurde zwar von der Firma B## behoben und die Kosten über die Versicherung reguliert – eine Maßnahme, die ebenfalls von Frau V. veranlasst wurde. Ein erstes Indiz für mögliche Probleme? Auf einer Eigentümerversammlung am 2. Juli 2013 wurde ein weiteres Ärgernis thematisiert: Die Rollladenkästen im Dachgeschoss waren seit der Sanierung nicht mehr zugänglich. Die Eigentümer waren der Meinung, die Firma B## hätte darauf vorab hinweisen müssen.

Die Situation spitzte sich im Spätherbst 2015 zu, als deutliche Feuchtigkeitsschäden am Dach festgestellt wurden. Ein von der WEG beauftragter Privatgutachter bestätigte Mängel an den Arbeiten der Firma B##. In den folgenden Jahren, von 2015 bis 2020, ließ die WEG diverse Reparaturen für insgesamt 6.435,44 Euro durchführen. Ein weiterer Kostenvoranschlag vom 8. Juli 2020 bezifferte die Kosten für eine umfassende Sanierung, um alle Mängel zu beheben, auf netto 29.278 Euro. Um die Beweise für die Mängel zu sichern, leitete die WEG bereits im Juli 2017 ein sogenanntes Selbständiges Beweisverfahren gegen Frau V. ein. Das ist ein gerichtliches Verfahren, das dazu dient, den Zustand einer Sache oder die Ursache eines Schadens durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen, bevor möglicherweise Veränderungen eintreten oder ein langwieriger Hauptprozess geführt wird.

Der Gang durch die Instanzen: Von der Klageabweisung zur teilweisen Haftung

Die WEG verklagte Frau V. schließlich und forderte Ersatz für die bereits angefallenen Reparaturkosten sowie für die zukünftig noch notwendigen Sanierungskosten (abzüglich eines Vorteilsausgleichs, oft „neu für alt“ genannt). Der Hauptvorwurf: Frau V. habe die mangelhafte Ausführung der Dacharbeiten durch die Firma B## nur unzureichend überwacht und damit ihre Pflichten als Verwalterin verletzt. Die Klage wurde Frau V. am 19. August 2020 zugestellt – ein Datum, das später für die Zinsberechnung und die Verjährungsprüfung wichtig wurde.

Frau V. wies die Vorwürfe zurück. Sie berief sich vor allem auf Verjährung. Juristisch bedeutet Verjährung, dass ein Anspruch nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden kann, auch wenn er ursprünglich bestanden hat. Zudem argumentierte sie, sie sei gar nicht zu einer technischen Bauüberwachung verpflichtet gewesen. Falls doch, seien die Mängel für sie als Laiin nicht erkennbar gewesen.

Das Landgericht Essen wies die Klage mit Urteil vom 27. Januar 2022 zunächst ab. Die Richter dort sahen keine Pflichtverletzung durch Frau V. aus dem Verwaltervertrag. Ein Verwaltervertrag ist im Grunde ein Dienstvertrag, bei dem der Verwalter bestimmte Geschäfte für die WEG besorgt, wie etwa die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums. Das Landgericht meinte, ein Verwalter müsse nur solche Mängel erkennen, die auch einem Bauherrn ohne spezielle Fachkenntnisse (also einem Laien) auffallen würden. Die hier festgestellten Mängel seien aber nicht dieser Kategorie zuzuordnen gewesen. Eine darüberhinausgehende Beauftragung zur Bauleitung oder Bauüberwachung sah das Gericht nicht als gegeben an. Und selbst wenn man eine solche annähme, wären die Ansprüche daraus verjährt, da die übliche Verjährungsfrist von fünf Jahren ab der Abnahme der Arbeiten im Jahr 2009 bereits abgelaufen sei. Auch eine Pflicht, der WEG die Einschaltung eines Architekten zu empfehlen, verneinte das Landgericht, da dies bei einem solchen Bauvorhaben nicht zwingend erforderlich sei.

Mit dieser Entscheidung wollte sich die WEG nicht zufriedengeben und legte Berufung beim Oberlandesgericht Hamm ein. Sie wiederholte und vertiefte ihre Argumentation: Frau V. hätte eine fachkundige Überwachung der Dachsanierung sicherstellen müssen – entweder indem sie diese selbst leistet oder indem sie die Beauftragung eines Fachmanns veranlasst. Insbesondere habe Frau V. die WEG durch ihr Schreiben vom 22. Juni 2009 davon abgehalten, einen externen Baubetreuer einzuschalten, und stattdessen selbst eine erweiterte Überwachungspflicht übernommen, die über die eines Laien hinausgehe. Hinsichtlich der Verjährung vertrat die WEG die Ansicht, es gelte die kenntnisabhängige Regelverjährung von drei Jahren (§§ 195, 199 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), die erst zu laufen beginne, wenn die WEG Kenntnis von den Mängeln und der Person des Schädigers erlangt habe. Da Frau V. keine echte Bauüberwachungsleistung erbracht habe, sei dies der WEG erst spät bekannt geworden. Zudem warf die WEG Frau V. vor, ihre Pflicht verletzt zu haben, nicht rechtzeitig auf die drohende Verjährung von Ansprüchen gegen den Dachdecker, die Firma B##, hingewiesen zu haben. In der Berufungsinstanz erweiterte die WEG ihre Klage zudem um einen Antrag festzustellen, dass Frau V. auch für eventuelle weitere Schäden haften müsse, die während der zukünftigen Reparaturarbeiten entstehen könnten.

Frau V. verteidigte das Urteil des Landgerichts und beantragte, die Berufung zurückzuweisen. Sie bestritt weiterhin eine Vereinbarung über eine gesteigerte Bauüberwachung und die Erkennbarkeit der Mängel für sie.

Das Oberlandesgericht Hamm nahm den Fall sehr ernst und holte zur Klärung der technischen Fragen ein schriftliches und mündliches Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für das Dachdeckerhandwerk ein.

OLG Hamm urteilt: Verwalterin muss für Versäumnisse bei Dachsanierung zahlen – aber nicht für alles

Das Oberlandesgericht Hamm änderte das Urteil des Landgerichts Essen teilweise ab und gab der WEG in einigen Punkten Recht. Die Richter verurteilten Frau V., an die WEG 8.070,15 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Diese Zahlung muss allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche erfolgen, die der WEG ihrerseits noch wegen der Mängel an der Dachsanierung gegen den Dachdecker, die Firma B##, zustehen. „Zug um Zug“ bedeutet hier, dass Frau V. nur zahlen muss, wenn die WEG ihr gleichzeitig diese Ansprüche gegen den Dachdecker überträgt. So soll verhindert werden, dass die WEG doppelt entschädigt wird – einmal von Frau V. und einmal vom Dachdecker. Die Zinsen wurden auf die Teilbeträge, aus denen sich die Gesamtsumme zusammensetzt (4.831,00 Euro und 3.238,75 Euro), ab unterschiedlichen Zeitpunkten berechnet.

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass Frau V. verpflichtet ist, der WEG die Umsatzsteuer zu erstatten, die für die Beseitigung zweier spezifischer Mängel (fehlerhafte seitliche Anschlüsse der Dachgauben und fehlerhafte Anschlüsse der Zinkfensterbänke) anfallen wird. Dies gilt bis zu einem Nettobetrag von 3.238,75 Euro und ebenfalls nur nach Vorlage einer entsprechenden umsatzsteuerpflichtigen Rechnung und Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen die Firma B##.

Im Übrigen, also bezüglich der weitergehenden Forderungen der WEG, wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits wurden anteilig verteilt: 74 % muss die WEG tragen, 26 % Frau V. Eine Ausnahme bilden die Kosten, die dadurch entstanden sind, dass die WEG zunächst ein unzuständiges Amtsgericht angerufen hatte; diese muss die WEG allein tragen.

Die juristische Lupe: Warum das Gericht so entschieden hat

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm beruht auf einer sorgfältigen juristischen Analyse der Pflichten einer WEG-Verwalterin und der konkreten Umstände des Falls. Um zu verstehen, warum das Gericht so geurteilt hat, müssen wir uns die einzelnen Argumente genauer ansehen.

Kein separater Vertrag über Baubetreuung, aber erweiterte Pflichten aus dem Verwaltervertrag

Zunächst prüfte das Gericht, ob zwischen der WEG und Frau V. ein eigenständiger Werkvertrag über Baubetreuungsleistungen zustande gekommen war. Ein Werkvertrag verpflichtet den Unternehmer zur Herstellung eines bestimmten Werkes (Erfolgs) und den Besteller zur Zahlung einer Vergütung. Das OLG verneinte dies. Das Schreiben von Frau V. vom 22. Juni 2009, in dem sie die „Baubetreuung“ zusagte, lasse nicht den notwendigen Willen erkennen, eine solche werkvertragliche Erfolgshaftung zu übernehmen. Es fehlten klare Absprachen zum genauen Umfang dieser Leistung und zu einer dafür fälligen zusätzlichen Vergütung neben dem normalen Verwalterhonorar. Auch das spätere Verhalten – es gab keine separate Abnahme dieser „Baubetreuungsleistung“ und keine gesonderte Abrechnung dafür – sprach gegen einen solchen eigenständigen Vertrag.

Dennoch sah das Gericht einen Anspruch der WEG auf Schadensersatz – und zwar aus dem bestehenden Verwaltervertrag in Verbindung mit § 280 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Vorschrift besagt vereinfacht: Verletzt jemand schuldhaft eine Pflicht aus einem Vertrag, muss er dem anderen den daraus entstehenden Schaden ersetzen.
Der Verwaltervertrag ist rechtlich ein Dienstvertrag, bei dem der Verwalter bestimmte Geschäfte für die WEG besorgt (sogenannter Geschäftsbesorgungsvertrag). Zu den Kernpflichten eines Verwalters gehört es gemäß § 27 Absatz 1 Nummer 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (in der damals geltenden Fassung von 2007), die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Wenn der Verwalter hierfür einen Handwerker beauftragt, muss er dessen Arbeiten grundsätzlich überwachen – und zwar so, wie es auch ein sorgfältiger, aber juristisch und technisch nicht besonders vorgebildeter Bauherr tun würde. Er muss also auf für ihn als Laien erkennbare Mängel achten, insbesondere bei der Abnahme der Arbeiten. Besondere Fachkunde wird von einem Verwalter hierfür normalerweise nicht erwartet.

Der entscheidende Punkt im Urteil des OLG Hamm war jedoch die Annahme erweiterter Pflichten für Frau V. Diese ergaben sich aus ihrem speziellen Verhalten. Das Gericht argumentierte: Durch ihr Schreiben vom 22. Juni 2009 habe Frau V. mehr versprochen als die übliche laienhafte Überwachung. Sie hatte darin erklärt, bei Beauftragung der Firma K## eine Baubetreuung abzulehnen und einen Architekten zu empfehlen. Gleichzeitig bot sie aber bei Beauftragung der Firma B## an, die „Baubetreuung“ selbst zu übernehmen. Dies begründete sie mit positiven Erfahrungen und stützte sich dabei implizit auch auf ihre frühere Äußerung aus dem Jahr 2006, sie verfüge über einen „hauseigenen Architekten“. Damit, so das OLG, habe Frau V. gegenüber der WEG zu erkennen gegeben, dass sie eine Bauüberwachung von höherer Qualität leisten könne und werde, als es einem gewöhnlichen Laien-Bauherrn möglich wäre. Die WEG durfte daher darauf vertrauen, dass Frau V. zumindest über die Sachkunde eines fachkundigen Handwerkers – hier eines Dachdeckers – verfügte oder sich diese verschaffen würde. Diese erweiterte Pflicht umfasste dann auch die Feststellung und Rüge von Ausführungsfehlern, die für einen solchen Fachmann ohne weiteres sichtbar und aufdrängend gewesen wären. Indem die WEG die Firma B## beauftragte, nahm sie dieses erweiterte Pflichtenangebot von Frau V. an.

Gemessen an diesem erhöhten Standard kam das Gericht – gestützt auf die überzeugenden Gutachten der Sachverständigen – zu dem Schluss, dass Frau V. ihre erweiterten Pflichten verletzt hatte. Konkret hätte sie bei der Abnahme der Dacharbeiten Mängel an den Anschlüssen der Kaminköpfe, an den seitlichen Anschlüssen der Dachgauben sowie an den Anschlüssen der Zinkfensterbänke an die Fensterrahmen und Rollladenführungsschienen erkennen und beanstanden müssen. Diese Mängel, so die Sachverständigen, wären einem fachkundigen Dachdecker bei der Abnahme ohne weiteres aufgefallen. Andere von der WEG geltend gemachte Mängel waren hingegen nach Ansicht der Gutachter auch für einen Fachmann nicht ohne weiteres erkennbar und fielen daher nicht in den Verantwortungsbereich von Frau V.

Keine Pflicht zur Architektenempfehlung oder Warnung vor Verjährung

Das Gericht verneinte jedoch eine darüberhinausgehende Pflicht von Frau V., der WEG ausdrücklich die Beauftragung eines Architekten oder Bauingenieurs für die Dachsanierung zu empfehlen. Zwar kann ein Verwalter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) unter Umständen verpflichtet sein, die Hinzuziehung von Sonderfachleuten anzuraten. Dies muss aber nicht zwingend ein Architekt sein. Für die Sanierung eines gewöhnlichen Mehrfamilienhausdaches, so das OLG, genüge grundsätzlich der Sachverstand eines fachkundigen Dachdeckers. Da Frau V. selbst signalisiert hatte, über entsprechende (oder zumindest vergleichbare) Kapazitäten zu verfügen, und zudem unbestritten positive Erfahrungen mit der Firma B## aus der Vergangenheit vorlagen, erschien die zusätzliche Einschaltung eines Architekten aus damaliger Sicht (ex ante) nicht zwingend notwendig und wäre möglicherweise auch unwirtschaftlich gewesen.

Auch eine Pflichtverletzung durch Frau V., weil sie die WEG nicht auf die drohende Verjährung der Gewährleistungsansprüche gegen den Dachdecker (Firma B##) hingewiesen hatte, sah das Gericht nicht. Die Ansprüche gegen einen Handwerker wegen Mängeln an einem Bauwerk verjähren in der Regel nach fünf Jahren ab der Abnahme der Arbeiten (§ 634a Absatz 1 Nummer 2 BGB). Da die Abnahme im Herbst 2009 erfolgte, endete diese Frist im Herbst 2014. Die wesentlichen Undichtigkeiten und Feuchtigkeitsschäden, die den Umfang der Mangelhaftigkeit wirklich offenbarten, zeigten sich aber erst im Spätherbst 2015 – also nachdem die Ansprüche gegen den Dachdecker bereits verjährt waren. Frühere Ereignisse, wie der Sturmschaden 2010 oder die Problematik mit den nicht mehr zugänglichen Rollladenkästen (thematisiert 2013), ließen nach Ansicht des Gerichts ohne das Hinzutreten weiterer besonderer Umstände nicht zwingend auf die nun festgestellten schwerwiegenden Abdichtungsmängel schließen, die einen sofortigen Hinweis auf eine drohende Verjährung erfordert hätten.

Verschulden, Schaden und die „Zug-um-Zug“-Lösung

Dass Frau V. ihre (erweiterten) Pflichten verletzt hatte, indem sie die für einen Fachmann erkennbaren Mängel nicht rügte, musste sie auch vertreten. Juristisch spricht man hier von Verschulden. Nach § 280 Absatz 1 Satz 2 BGB wird das Verschulden bei einer Pflichtverletzung vermutet. Frau V. hätte also beweisen müssen, dass sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, was ihr nicht gelang. Der Umstand, dass sie möglicherweise tatsächlich nicht über die spezifischen Kenntnisse eines fachkundigen Dachdeckers verfügte, entlastete sie nicht. Entscheidend war, dass sie gegenüber der WEG eine entsprechende Sachkunde und eine höherwertige Überwachung suggeriert und damit erst die erweiterten Pflichten begründet hatte.

Der Schaden der WEG bestand in den Kosten, die für die Beseitigung derjenigen Mängel erforderlich sind, die Frau V. bei pflichtgemäßer, fachkundiger Überwachung hätte erkennen und deren Beseitigung sie noch vor Abnahme oder zumindest vor Verjährung der Ansprüche gegen den Dachdecker hätte durchsetzen müssen. Das Gericht sprach hier Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Absatz 1 BGB zu. Anders als bei einem reinen Werkvertrag mit einem Bauunternehmer, wo oft nur die Nachbesserung selbst oder ein Vorschuss dafür verlangt werden kann, ist bei der Pflichtverletzung eines Verwalters eine sogenannte fiktive Schadensberechnung möglich. Das bedeutet, die WEG kann die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung ersetzt verlangen, auch wenn sie die Reparatur noch nicht hat durchführen lassen (mit Ausnahme der Umsatzsteuer, siehe unten). Der Schaden liegt hier nicht im mangelhaften Werk des Verwalters selbst (er hat ja nicht das Dach gebaut), sondern im Vermögen der WEG, das durch die nun notwendigen Reparaturkosten gemindert ist.

Konkret errechnete das Gericht den Schaden wie folgt:

  • Kosten für die Reparatur der Kaminköpfe: 4.831,40 Euro (bereits bezahlte Rechnung, vom Sachverständigen als angemessen bewertet, kein Abzug „neu für alt“ geltend gemacht).
  • Fiktive Kosten für die Reparatur der seitlichen Dachgaubenanschlüsse: 549,26 Euro.
  • Fiktive Kosten für die Reparatur der Zinkfensterbankanschlüsse: 2.689,49 Euro.
    Dies ergab den zugesprochenen Gesamtbetrag von 8.070,15 Euro.

Die Zinsen auf diesen Betrag stehen der WEG zu, weil Frau V. mit der Zahlung in Verzug geraten war, spätestens mit Zustellung der Klage.

Die bereits erwähnte Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Abtretung der Ansprüche gegen den Dachdecker dient dazu, eine ungerechtfertigte Bereicherung der WEG zu vermeiden. Sie soll nicht sowohl von Frau V. als auch noch von der Firma B## (falls diese noch belangt werden könnte) für denselben Schaden Geld erhalten.
Die Umsatzsteuer für die noch nicht durchgeführten Reparaturen (die fiktiven Kostenanteile in Höhe von zusammen 3.238,75 Euro) wurde gesondert festgestellt. Nach § 249 Absatz 2 Satz 2 BGB kann Umsatzsteuer als Teil des Schadensersatzes nur dann verlangt werden, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Daher muss die WEG hier erst eine umsatzsteuerpflichtige Rechnung für die Reparaturen vorlegen, um diesen Teil des Geldes von Frau V. zu erhalten.

Die weitergehende Klage der WEG, insbesondere bezüglich anderer Mängel oder eines pauschalen Vorschusses, wies das OLG ab. Entweder waren diese Mängel nach Ansicht der Sachverständigen auch für einen Fachmann nicht ohne weiteres erkennbar und fielen somit nicht unter die erweiterte Überwachungspflicht von Frau V., oder die rechtlichen Voraussetzungen für die geltend gemachten Ansprüche (z.B. ein Vorschuss) lagen im Verhältnis zur Verwalterin nicht vor.

Das Urteil des OLG Hamm zeigt eindrücklich, dass Zusagen einer Hausverwaltung im Zusammenhang mit Instandsetzungsmaßnahmen weitreichende rechtliche Konsequenzen haben können und unter Umständen zu einer Haftung führen, die über die üblichen Verwalterpflichten hinausgeht.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das OLG Hamm hat klargestellt, dass eine WEG-Verwalterin durch eine besondere Zusage zur „Baubetreuung“ eine erweiterte Überwachungspflicht eingehen kann, die über normale Verwalterpflichten hinausgeht. Durch ihr Versprechen, die Baubetreuung zu übernehmen und den Verweis auf einen „hauseigenen Architekten“, musste die Verwalterin für Mängel haften, die ein Fachmann bei der Abnahme erkannt hätte. Der Fall zeigt, dass konkrete Zusagen einer Hausverwaltung rechtlich bindend sind und zur Verantwortung für nicht erkannte Baumängel führen können, selbst wenn die Hausverwalterin tatsächlich nicht über die suggerierte Fachkenntnis verfügt.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Pflichten hat ein WEG-Verwalter üblicherweise bei Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum?

Wenn es um die Instandhaltung und Reparatur des gemeinschaftlichen Eigentums in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) geht – also zum Beispiel um das Dach, die Fassade oder den Keller – hat der WEG-Verwalter eine Reihe wichtiger Aufgaben. Diese Aufgaben ergeben sich aus dem Gesetz und dem Verwaltervertrag und dienen dazu, dass notwendige Maßnahmen fachgerecht geplant, beschlossen und umgesetzt werden.

Typischerweise gehört es zu den Pflichten des Verwalters, Schäden am Gemeinschaftseigentum zu erkennen und die Wohnungseigentümer darüber zu informieren. Wenn eine Reparatur oder größere Instandsetzung ansteht, muss der Verwalter die notwendigen Schritte vorbereiten.

Dazu gehört oft, Angebote von Handwerksunternehmen einzuholen. Der Verwalter muss dabei darauf achten, dass die Angebote vergleichbar sind und alle notwendigen Arbeiten umfassen. Es ist auch üblich, dass er verschiedene Optionen prüft und Kostenrahmen aufzeigt.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Vorbereitung eines Beschlusses für die Eigentümerversammlung. Der Verwalter legt die eingeholten Angebote und seine Empfehlung vor, damit die Eigentümergemeinschaft entscheiden kann, welche Maßnahme durchgeführt werden soll und welches Unternehmen beauftragt wird. Die Entscheidung über größere Instandsetzungsmaßnahmen trifft immer die Eigentümergemeinschaft gemeinsam.

Nachdem die Eigentümerversammlung einen Beschluss gefasst hat, ist es Aufgabe des Verwalters, die Beauftragung der ausgewählten Firma vorzunehmen und die Arbeiten zu koordinieren. Er ist oft auch die erste Ansprechperson für die Handwerker und überwacht im Rahmen seiner Möglichkeiten den Fortgang der Arbeiten.

Schließlich muss der Verwalter die Rechnungen der Handwerker prüfen. Er kontrolliert, ob die abgerechneten Leistungen mit den beauftragten Arbeiten übereinstimmen und ob die Kosten dem vereinbarten Angebot entsprechen, bevor die Rechnungen aus der Gemeinschaftskasse bezahlt werden.

Diese Aufgaben sind die grundlegenden Pflichten, die ein WEG-Verwalter im Zusammenhang mit Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum üblicherweise erfüllt. Sie sorgen dafür, dass das Vermögen der Gemeinschaft, nämlich das Gebäude, erhalten bleibt und die notwendigen Arbeiten organisiert ablaufen.


zurück

Was bedeutet „Baubetreuung“ im Kontext einer WEG-Verwaltung und inwiefern geht diese über die üblichen Pflichten hinaus?

Im Kontext einer WEG-Verwaltung versteht man unter Baubetreuung die Organisation, Koordination und Überwachung von größeren Bau- oder Sanierungsprojekten am Gemeinschaftseigentum. Stellen Sie sich vor, das Dach des Gebäudes muss saniert, die Fassade erneuert oder die Heizungsanlage ausgetauscht werden. Solche Projekte sind komplexer als alltägliche Instandhaltungsarbeiten.

Diese Aufgabe geht über die „normalen“ oder „üblichen“ Pflichten eines WEG-Verwalters deutlich hinaus. Die Standardaufgaben eines Verwalters, wie sie typischerweise im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und im Verwaltervertrag festgelegt sind, umfassen meist Tätigkeiten wie die kaufmännische Verwaltung (Hausgeld einziehen, Rechnungen bezahlen), die Durchführung von Eigentümerversammlungen, die Umsetzung von Beschlüssen oder die Beauftragung kleinerer, laufender Reparaturen und Wartungen.

Die Baubetreuung umfasst hingegen ein viel komplexeres Set an Tätigkeiten, die spezielles Fachwissen und erheblich mehr Zeit erfordern. Dazu gehören unter anderem:

  • Die detaillierte Planung und Vorbereitung des Bauprojekts.
  • Das Einholen, Vergleichen und Prüfen von Angeboten verschiedener Handwerksfirmen.
  • Die Auswahl und Beauftragung der geeigneten Unternehmen.
  • Die Überwachung der Bauausführung vor Ort, um sicherzustellen, dass die Arbeiten fachgerecht und gemäß den Vereinbarungen durchgeführt werden.
  • Die Koordination der verschiedenen Gewerke, damit die Abläufe auf der Baustelle reibungslos funktionieren.
  • Die Qualitätskontrolle der erbrachten Leistungen.
  • Die förmliche Abnahme der Bauleistungen nach Fertigstellung.
  • Das Prüfen der Handwerkerrechnungen und das Management von eventuell auftretenden Mängeln nach der Fertigstellung.

Da diese umfassende Betreuung ein eigenständiger, zeit- und fachlich anspruchsvoller Bereich ist, ist sie nicht automatisch Bestandteil des Grundleistungskatalogs eines Standard-Verwaltervertrags. Die Übernahme der Baubetreuung durch den WEG-Verwalter erfordert daher in der Regel eine separate vertragliche Vereinbarung oder einen spezifischen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, oft verbunden mit einem zusätzlichen Honorar für diesen erweiterten Service. Für eine Wohnungseigentümergemeinschaft bedeutet das, dass bei größeren Bauvorhaben geklärt werden muss, wer die Baubetreuung übernimmt und auf welcher Grundlage dies geschieht.


zurück

Unter welchen Umständen kann ein WEG-Verwalter für Mängel an Bauleistungen haftbar gemacht werden?

Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hat bestimmte Pflichten, die im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und im Verwaltervertrag festgelegt sind. Seine Hauptaufgabe ist die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Dazu gehört auch die Organisation notwendiger Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten, wie Bauprojekte.

Eine Haftung des Verwalters für Mängel, die bei solchen Bauleistungen auftreten, ist nicht automatisch gegeben. Der Verwalter haftet grundsätzlich nicht für die Mängel des von ihm beauftragten Handwerkers oder Bauunternehmers selbst. Die Haftung des Verwalters kann aber in Betracht kommen, wenn er eigene Pflichten verletzt hat, die im Zusammenhang mit der Baumaßnahme stehen.

Das kann der Fall sein, wenn der Verwalter schuldhaft gehandelt hat, also vorsätzlich oder fahrlässig.

Wann eine Haftung des Verwalters möglich sein kann

Eine Haftung des Verwalters kommt insbesondere dann in Betracht, wenn:

  • Er die Auswahl der Handwerker grob fehlerhaft vorgenommen hat (z.B. einen offensichtlich unqualifizierten oder unseriösen Betrieb beauftragt, obwohl er dazu keinen Beschluss der WEG hatte oder der Beschluss ihm Spielraum ließ und er diesen falsch nutzte).
  • Er die Ausschreibung oder den Vertrag mit dem Bauunternehmen fehlerhaft gestaltet hat und dies ursächlich für den Mangel oder dessen Nichtbehebung ist.
  • Er die Überwachung der Baumaßnahme, soweit sie ihm nach dem Vertrag oder einem Beschluss obliegt und erforderlich ist (z.B. bei einfachen Maßnahmen oder wenn keine Bauleitung beauftragt ist), vernachlässigt hat und ein Mangel dadurch nicht verhindert oder rechtzeitig entdeckt wurde.
  • Er die Verfolgung von Mängelansprüchen gegen das Bauunternehmen verabsäumt hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre (z.B. Fristen versäumt oder Mängel nicht gerügt hat).

Damit der Verwalter haftet, muss durch seine Pflichtverletzung ein Schaden entstanden sein, der ohne diese Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre. Das bedeutet, es muss ein direkter Zusammenhang (Kausalität) zwischen dem Fehlverhalten des Verwalters und dem finanziellen Nachteil oder Schaden für die WEG bestehen.

Es kommt also immer auf die Umstände des Einzelfalls an, welche Aufgaben der Verwalter im Zusammenhang mit der Baumaßnahme konkret hatte und ob er diese schuldhaft nicht oder falsch erfüllt hat und dadurch ein Schaden entstanden ist. Wenn die WEG beispielsweise einen Architekten oder Bauleiter mit der Bauüberwachung beauftragt hat, liegt die Verantwortung für die technische Ausführung und Mängelverfolgung primär dort.


zurück

Welche Bedeutung haben Zusicherungen oder Empfehlungen des WEG-Verwalters bezüglich bestimmter Handwerksfirmen?

Wenn ein Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht nur verschiedene Handwerker vorschlägt, sondern eine bestimmte Firma ausdrücklich zusichert oder besonders empfiehlt, kann dies eine spezielle Vertrauensgrundlage schaffen. Dies geht über die übliche Aufgabe hinaus, Angebote einzuholen und der Gemeinschaft eine Auswahl vorzulegen.

Durch eine solche Zusicherung oder nachdrückliche Empfehlung übernimmt der Verwalter unter Umständen eine erweiterte Verantwortung. Er signalisiert der WEG, dass er von der Eignung und Zuverlässigkeit genau dieser Firma besonders überzeugt ist.

Das kann bedeuten, dass der Verwalter verpflichtet ist, die empfohlene Firma sorgfältiger zu prüfen, als er es bei einer bloßen Nennung von Alternativen müsste. Diese erhöhte Sorgfaltspflicht kann sich beispielsweise auf die Überprüfung der Qualifikationen, der bisherigen Arbeit oder der wirtschaftlichen Verhältnisse des Handwerkers beziehen.

Was bedeutet das bei Problemen?

Sollte die empfohlene oder zugesicherte Firma später Mängel an ihrer Arbeit aufweisen oder aus anderen Gründen Probleme verursachen, könnte die WEG prüfen, ob der Verwalter seine erhöhte Sorgfaltspflicht verletzt hat.

Hat der Verwalter trotz seiner Zusicherung nicht die erforderliche Sorgfalt bei der Auswahl oder Überprüfung der Firma walten lassen und entsteht der WEG dadurch ein Schaden (zum Beispiel durch mangelhafte Arbeiten oder Kosten für eine Ersatzfirma), könnte der Verwalter dafür unter bestimmten Voraussetzungen haftbar sein.

Kurz gesagt: Eine bloße Nennung von Handwerkern ist weniger kritisch als eine ausdrückliche Zusicherung oder Empfehlung. Letztere kann die Verantwortung des Verwalters für die Auswahl der Firma deutlich erhöhen. Für die WEG bedeutet dies, dass sie bei Problemen mit einer vom Verwalter besonders empfohlenen Firma möglicherweise andere Ansprüche gegenüber dem Verwalter hat, als wenn die Firma nur eine von vielen vorgeschlagenen gewesen wäre.


zurück

Was ist ein selbstständiges Beweisverfahren und wie wird es im Zusammenhang mit Baumängeln eingesetzt?

Ein selbstständiges Beweisverfahren ist ein eigenständiges gerichtliches Verfahren, das dazu dient, Beweise zu sichern, bevor möglicherweise ein eigentliches Gerichtsverfahren (ein sogenannter Hauptprozess) beginnt. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Problem, bei dem der Zustand einer Sache oder die Ursache eines Schadens schnell und von einem Fachmann neutral festgehalten werden muss. Genau dafür ist dieses Verfahren gedacht.

Besonders bei Baumängeln ist dieses Verfahren häufig relevant. Ein beschädigtes Dach oder ein Riss in der Wand kann sich verändern, schlimmer werden oder bei Reparaturen verschwinden. Wenn es später zu einem Rechtsstreit kommt, sind die ursprünglichen Beweise dann nicht mehr sichtbar.

Wie funktioniert das bei Baumängeln?

Wenn Sie beispielsweise Mängel am Bau Ihres Hauses feststellen, können Sie beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens stellen. Das Gericht beauftragt dann einen qualifizierten Sachverständigen. Dieser Sachverständige wird vom Gericht ausgewählt, ist neutral und hat die Aufgabe, den Zustand der Sache, die Mängel und deren mögliche Ursachen genau zu untersuchen und festzuhalten.

Der Sachverständige besichtigt das Objekt, nimmt gegebenenfalls Messungen vor oder führt Tests durch. Die Ergebnisse seiner Untersuchung hält er in einem schriftlichen Gutachten fest. Oft findet auch ein Ortstermin statt, bei dem die Beteiligten (z.B. Sie als Eigentümer und die Baufirma) anwesend sein können und dem Sachverständigen Fragen stellen dürfen.

Warum ist das wichtig?

Der große Vorteil des selbstständigen Beweisverfahrens liegt darin, dass die Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen später in einem möglichen Hauptprozess als Beweis dienen können. Sie sichern den Zustand und die Ursachen der Mängel zum Zeitpunkt der Begutachtung. Dies kann entscheidende Schwierigkeiten vermeiden, da die Beweise unabhängig und frühzeitig erhoben wurden. So kann leichter geklärt werden, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt und wer dafür verantwortlich ist.

Es geht in diesem Verfahren also primär darum, Fakten festzuhalten – den Zustand, die Ursache, den Umfang eines Schadens – nicht aber darum, abschließend über Schuld oder Schadensersatz zu entscheiden. Diese Fragen werden, falls nötig, erst in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren geklärt.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Verwaltervertrag

Ein Verwaltervertrag ist ein spezieller Dienstvertrag, bei dem ein Verwalter für eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bestimmte Verwaltungsaufgaben übernimmt. Dazu zählen etwa die Organisation von Instandhaltungsmaßnahmen, das Einholen von Angeboten, die Abrechnung der Gemeinschaftskosten und die Überwachung von Handwerkerleistungen. Rechtlich verpflichtet sich der Verwalter, diese Aufgaben sorgfältig und ordnungsgemäß zu erledigen, ohne jedoch einen Erfolg garantieren zu müssen. Die Pflichten aus dem Verwaltervertrag ergeben sich oft aus § 27 WEG sowie dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), speziell § 280 BGB bei Pflichtverletzungen. Beispiel: Wenn ein Verwalter eine Reparatur beauftragt und diese mangelbehaftet ausgeführt wird, kann die WEG vom Verwalter Schadenersatz verlangen, wenn dieser seine Kontrollpflichten verletzt hat.


Zurück

Werkvertrag

Ein Werkvertrag ist ein Vertragstyp, bei dem sich der Unternehmer verpflichtet, ein bestimmtes Werk – also ein greifbares Ergebnis oder Erfolg – herzustellen, und der Besteller dafür eine Vergütung zahlt (§§ 631 ff. BGB). Anders als beim Dienstvertrag schuldet der Unternehmer das Erreichen eines Ergebnisses, z. B. die fachgerechte Sanierung eines Daches. Ein Werkvertrag kann auch Baubetreuungsleistungen umfassen, wenn genau vereinbart ist, was kontrolliert, überwacht oder umgesetzt werden soll. Im vorliegenden Fall hat das Gericht geprüft, ob zwischen der WEG und der Verwalterin ein solcher Vertrag über Baubetreuung bestand, was es verneinte, weil keine klare Vereinbarung über Umfang und Vergütung getroffen wurde. Beispiel: Beauftragt ein Eigentümer einen Handwerker, sein Dach neu einzudecken, und dieser verpflichtet sich, ein dichtes Dach herzustellen, ist das ein Werkvertrag.


Zurück

Selbständiges Beweisverfahren

Ein selbständiges Beweisverfahren ist ein besonderes gerichtliches Verfahren, das dazu dient, Beweise zu sichern, bevor ein Hauptprozess (ein richtiges Gerichtsverfahren) beginnt. Es wird häufig eingesetzt, um den Zustand eines Bauwerks oder die Ursache von Baumängeln von einem qualifizierten und neutralen Sachverständigen feststellen zu lassen. So werden wichtige Fakten dokumentiert, die später schwer zu rekonstruieren wären, z. B. bevor ein Mangel durch Reparaturen verändert oder beseitigt wird. Die Ergebnisse dienen dann als Beweismittel im späteren Prozess, eine endgültige Entscheidung über Schuld oder Schaden erfolgt erst dort. Beispiel: Bei Feuchtigkeitsschäden am Dach bestellt die WEG das selbständige Beweisverfahren, um den Mangel und dessen Ursache präzise zu dokumentieren.


Zurück

Verjährung

Verjährung bedeutet, dass ein bestehender Rechtsanspruch nach Ablauf einer gesetzlichen Frist nicht mehr gerichtlich durchsetzbar ist, auch wenn er ursprünglich bestanden hat (§§ 194 ff. BGB). Beim Baumängelrecht gelten für Gewährleistungsansprüche gegen Handwerker in der Regel fünf Jahre ab Abnahme des Werkes (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB). Diese Frist schützt Handwerker davor, unendlich lange haften zu müssen. Gleichzeitig verhindert die Verjährung, dass Ansprüche ins Unendliche schwelgen. Kenntnisabhängige Verjährung (§ 199 BGB) bedeutet, dass die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Anspruchsberechtigte von Mangel und Schädiger weiß. Im konkreten Fall kam es darauf an, ob die WEG rechtzeitig Kenntnis von den Mängeln hatte; das Gericht entschied, dass die Frist schon früher begann und wesentliche Mängel bereits verjährt waren. Beispiel: Nach fünf Jahren kann der Eigentümer keine Mängelhaftung mehr gegenüber dem Dachdecker geltend machen.


Zurück

Zug-um-Zug-Verurteilung

Eine Zug-um-Zug-Verurteilung ist eine gerichtliche Anordnung, wonach eine Partei eine Leistung nur dann erbringen muss, wenn die andere Partei gleichzeitig eine Gegenleistung erbringt (auch „Gleichzeitigkeit der Leistungen“ genannt, § 320 BGB). Das soll verhindern, dass eine Partei zuerst leisten muss, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten, und schützt vor ungerechtfertigter Bereicherung. Im Fall bedeutet das, dass die Verwalterin nur dann den zugesprochenen Schadensersatz zahlen muss, wenn die WEG ihr im Gegenzug ihre noch bestehenden Ansprüche gegen den Dachdecker abtritt. So kann die WEG nicht doppelt entschädigt werden, sondern erlangt den Schaden nur einmal ersetzt. Beispiel: Die Verwalterin zahlt 8.000 Euro Schadensersatz, aber die WEG übergibt ihr dafür die Forderungen gegenüber dem Dachdecker.


Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 280 Absatz 1 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Diese Norm regelt, dass der Schuldner eines Vertrags, der eine Pflicht aus dem Vertrag verletzt, dem Gläubiger den daraus entstehenden Schaden ersetzen muss, sofern ihn ein Verschulden trifft. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die WEG verlangt Schadensersatz von der Verwalterin, weil diese ihre vertraglichen Pflichten aus dem Verwaltervertrag schuldhaft verletzt hat, indem sie die Baumängel bei der Dachsanierung nicht erkannte und nicht beanstandete.
  • Verwaltervertrag als Dienstvertrag: Der Verwaltervertrag verpflichtet die Verwalterin, die Geschäfte der WEG zu besorgen, einschließlich der Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums, und dabei eine Sorgfaltspflicht einzuhalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die erweiterte Pflicht der Verwalterin zur fachkundigen Bauüberwachung resultiert aus dem Verwaltervertrag, da sie der WEG durch ihre Sonderzusage mehr als bloße laienhafte Überwachung versprach.
  • § 27 Absatz 1 Nr. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in der Fassung 2007: Verpflichtet den Verwalter, die erforderlichen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums zu treffen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Diese Vorschrift unterstreicht die Pflichten der Verwalterin im Rahmen der Dachsanierung, insbesondere die Ausführung und Überwachung der Reparaturarbeiten am Gemeinschaftseigentum.
  • Verjährungsregelungen (§§ 195, 199 BGB und § 634a Absatz 1 Nr. 2 BGB): Gewährleistungsansprüche bei Bauwerken verjähren grundsätzlich innerhalb von fünf Jahren ab Abnahme der Bauleistung. Die regelmäßige Verjährung beträgt drei Jahre, beginnt jedoch erst mit Kenntnis von Schaden und Schädiger. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Verwalterin beruft sich auf Verjährung, doch das Gericht wendet die fünfjährige Frist an und kommt zu dem Ergebnis, dass die wesentlichen Mängel nach Ablauf der Frist auftraten, sodass eine Verlängerung der Verjährung nicht greift.
  • § 249 Absatz 2 Satz 2 BGB (Ersatz von Umsatzsteuer bei Schadensersatz): Umsatzsteuer kann nur dann als Teil des Schadensersatzanspruchs geltend gemacht werden, wenn sie tatsächlich angefallen ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die WEG kann die Umsatzsteuer für die zukünftigen Reparaturen nur von der Verwalterin zurückfordern, wenn sie entsprechende umsatzsteuerpflichtige Rechnungen vorlegt.
  • Zug-um-Zug-Leistung gemäß § 320 BGB: Eine Partei darf die eigene Leistung verweigern, bis die andere Partei ihre Leistung erbracht hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG ordnet an, dass Frau V. nur gegen Abtretung der Ansprüche der WEG gegen den Dachdecker zahlen muss, um eine doppelte Entschädigung der WEG zu verhindern.

Das vorliegende Urteil


OLG Hamm – Az.: 21 U 60/22 – Urteil vom 26.11.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!