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WEG – Verwalterhaftung wegen Pflichtverletzung bei der Umsetzung eines Eigentümerbeschlusses

AG München – Az.: 481 C 31813/13 WEG – Urteil vom 11.04.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.735,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.12.2013 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 5.735,40 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft … … als teilrechtsfähiger Verband. Mit der 26.11.2013 bei Gericht eingegangenen, und der Beklagten am 24.12.2013 zugestellten Klage fordert die Klägerin von der Beklagten, der ehemaligen Verwalterin, die Zahlung von Schadensersatz wegen Pflichtverletzung.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft fasste in der ordentlichen Versammlung vom 29.06.2011 folgenden Beschluss Nr. 92/2011 (Protokoll, siehe Anlage K2): „Die Wohnungseigentümer ermächtigen die WEG-Verwaltung zur Beauftragung eines Fachanwaltes für Baurecht in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat. Sobald Baupläne vorliegen, soll der Rechtsanwalt eine rechtliche Bewertung der Regelungen in der Teilungserklärung in Bezug auf eine geplante Dachaufstockung durch die Firma … vornehmen. Die Kosten für den Rechtsanwalt werden von den Wohnungseigentümern getragen und dürfen maximal 1.000 Euro betragen, Die Finanzierung erfolgt über die laufenden Zahlungen der Wohnungseigentümer. (…) Damit wurde der Antrag mehrheitlich angenommen. Der Versammlungsleiter verkündete das Beschlussergebnis.“

Die Beklagte schloss am 01.08.2011 mit der Rechtsanwaltskanzlei … eine Vergütungsvereinbarung, die einen Stundensatz von 300,00 € beinhaltet, ab. Für die Leistungen der Rechtsanwaltskanzlei bezüglich der Dachaufstockung im Leistungszeitraum 12.08.2011 bis 24.04.2012 wurden der Klägerin 6.735,40 € in Rechnung gestellt (siehe Anlage K3).

Die Wohnungseigentümergemeinschaft fasste in der außerordentlichen Versammlung vom 22.05.2012 die folgenden Beschlüsse (Protokoll, siehe Anlage K4):

„Beschluss Nr. 127/2012: Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass die Kanzlei … beauftragt und bevollmächtigt wird, gegen die Firma … wegen des von der … beabsichtigten Bauvorhabens zur Aufstockung in den Häusern … eine Unterlassungsklage vor Gericht einzureichen und zu führen. Die Kosten betragen in 1. Instanz bei einem Streitwert von 100.000 € ca. 16.000 €. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt durch eine Sonderumlage nach dem Umlageschlüssel Miteigentumsanteil. Die Sonderumlage ist fällig am 25.06.2012. (…) Damit wurde der Antrag mehrheitlich angenommen. (…)“

„Beschluss Nr. 128/2012: Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass die Kanzlei … beauftragt und bevollmächtigt wird, gegen die … wegen des von der … beabsichtigten Bauvorhabens zur Aufstockung in den Häusern … in 2. Instanz Berufung einzulegen und eine Unterlassungsklage auch in 2. Instanz zu führen. Die Kosten betragen in 2. Instanz bei einem Streitwert von 100.000 € ca. 18.000 €. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt durch eine Sonderumlage nach dem Umlageschlüssel Miteigentumsanteil. Die Sonderumlage ist fällig bei Einlegen der Berufung. (…) Damit wurde der Antrag mehrheitlich angenommen. (…)“

„Beschluss Nr. 129/2012: Die Wohnungseigentümer beschließen, dass der Beschluss Nr. 92/2011 (Beauftragung Rechtsanwalt bzgl. Aufstockung …) zur rechtlichen Bewertung der Regelungen in der Teilungserklärung in Bezug auf eine geplante Dachstockung durch die … wie folgt modifiziert wird. Die Kostenobergrenze von 1.000 € wird aufgehoben. Die Finanzierung der für die Beauftragung der Kanzlei … angefallenen Kosten erfolgt durch eine Sonderumlage in Höhe von 9.000 € nach dem Umlageschlüssel m2 Wohnfläche. Die Sonderumlage ist fällig am 25.06.2012. (…) Damit wurde der Antrag mehrheitlich angenommen.(…)“

Mit rechtskräftigem Endurteil des Amtsgerichts München vom 30.11.2012 (Az.: 481 C 15837/12 WEG) wurde der in der Eigentümerversammlung vom 22.05.2012 gefasste Beschluss Nr. 129/2012 für ungültig erklärt (siehe Anlage K5).

Die Wohnungseigentümergemeinschaft fasste in der ordentlichen Versammlung vom 25.09.2013 den folgenden bestandskräftigen Beschluss (Anlage K 6):

„TOP 13 Der Beschluss vom 22.05.2012 Beschluss Nr. 129 wird vom Amtsgericht, nach Klage des Eigentümers … mit Datum 30.11.2012 aufgehoben. Die Eigentümergemeinschaft beschließt aufgrund des rechtswirksamen Urteils gegen den Vorverwalter, die …, auf Schadensersatz in Höhe von 6.000,- € zu klagen

Beschlussantrag: Die Eigentümergemeinschaft beauftragt und ermächtigt die Verwaltung einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Klage gegen die Vorverwaltung die … auf Schadensersatz zu beauftragen. (…) Der Beschlussantrag wurde einstimmig angenommen.“

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte durch die Vereinbarung einer Vergütungsvereinbarung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem Stundensatz von € 300,00 gegen ihrer Verpflichtung, die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen, verstoße habe (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG).

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.735,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf die im Verfahren 481 C 15837/12 WEG beklagtenseits vorgebrachten Argumente. Dort hatten die beklagten übrigen Wohnungseigentümer vorgetragen, dass die angegriffene Beschlussfassung Nr. 129/2012 im Zusammenhang zu sehen sei mit den vorausgegangenen Beschlüssen Nr. 127/2012 und 128/2012, wonach die Kanzlei … zur gerichtlichen Vorgehensweise gegen die Firma … ermächtigt worden und der Kostenrahmen entsprechend festgelegt worden sei. Insoweit handele es sich um „Sowieso-Kosten“ bezüglich der Kostennote vom 24.04.2012, weil angesichts des Großauftrags und der rechtlichen Problematik ohnehin die Kostendeckelung vom € 1.000,00 keinesfalls ausreichend habe sein können. Es fehle also am Schaden, aber auch an einer unangemessenen Überhöhung der entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2014 (Bl. 38/39) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Die Klägerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft … als teilrechtsfähiger Verband (§ 10 Abs. 6 S. 1 WEG). Die in der Teilungserklärung gebildeten Untergemeinschaften sind als solche nicht rechtsfähig (vgl. Spielbauer / Then, 2. Auflage, § 10 Rz. 37 WEG). Trägerin des Verwaltungsvermögens ist die rechtsfähige Gemeinschaft (§ 10 Abs. 7 S. 1 WEG). Zum Verwaltungsvermögen gehören Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter wegen Verletzung des Verwaltervertrags (vgl. Spielbauer / Then, 2. Auflage, § 10 Rz. 55 WEG). Durch den bestandskräftigen Beschluss TOP 13 (Anlage K 6) hat die Wohnungseigentümergemeinschaft einstimmig die gegenwärtige Verwalterin beauftragt und ermächtigt, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Klage gegen die Vorverwaltung, die … auf Schadensersatz zu beauftragen.

II. Der Klägerin steht der gegenüber der Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.735,40 € wegen Pflichtverletzung aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Verwaltervertrag zu.

Unstreitig ist, dass die Beklagte am 01.08.2011 mit der Rechtsanwaltskanzlei … eine Vergütungsvereinbarung, die einen Stundensatz von 300,00 € beinhaltet, ohne Kostendeckelung abgeschlossen hat und auf dieser Grundlage für die Leistungen der Rechtsanwaltskanzlei bezüglich der Dachaufstockung im Leistungszeitraum 12.08.2011 bis 24.04.2012 der Klägerin 6.735,40 € in Rechnung gestellt wurden (siehe Anlage K3).

Durch die Vereinbarung einer Vergütungsvereinbarung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem Stundensatz in Höhe von 300,00 € ohne Kostendeckelung hat die Beklagte gegen ihre Verpflichtung gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verstoßen, die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen. Im gefassten Beschluss Nr. 92/2011 vom 29.06.2011 (Protokoll, siehe Anlage K2) hatten die Wohnungseigentümer die WEG-Verwaltung zur Beauftragung eines Fachanwaltes für Baurecht in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat ermächtigt und ausdrücklich beschlossen, dass die Kosten für den Rechtsanwalt maximal 1.000 Euro betragen dürfen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Honorarvereinbarung durch die Beklagte war bereits abzusehen, dass bei einem Stundenlohn von € 300,00 durch die Rechtsanwaltskanzlei der Kostenrahmen nicht eingehalten werden kann, weil die Kostendeckelung lediglich einem Aufwand von ca. drei Stunden entspricht, womit weder das Aktenstudium noch die Begutachtung der komplexen Materie noch die Abgabe des Gutachtens ausreichend gewürdigt wird. Die Beklagte hätte daher vor Abschluss der fraglichen Honorarvereinbarung vom 01.08.2011 eine weitere Eigentümerversammlung einberufen müssen, Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Beklagten, dass es sich bei der Kostennote vom 24.04.2012 (Anlage K3) um „Sowieso-Kosten“ handele, weil angesichts des Großauftrags und der rechtlichen Problematik ohnehin die Kostendeckelung vom € 1.000,00 keinesfalls ausreichend habe sein können, es insoweit also am Schaden fehle. Dies würde voraussetzen, dass bei Durchführung einer weiteren Eigentümerversammlung den Wohnungseigentümern insoweit kein Ermessensspielraum zusteht und sie verpflichtet sind, genau dieser Verwaltungsmaßnahme, dem Abschluss der fraglichen Honorarvereinbarung vom 01.08.2011 ohne Kostendeckelung, zuzustimmen. Eine derartige Ermessensreduzierung auf Null ist hier jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben. Die zulässige Klage war damit begründet.

III. Die Nebenforderung ergibt sich aus den §§ 288, 291 BGB.

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49 a Abs. 1 GKG.

 

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