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WEG-Verwaltervergütung nach Kündigung des Verwaltervertrags

Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wies die Klage der ehemaligen Verwalterin ab, da die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags aufgrund von Pflichtverletzungen wirksam war. Die Klägerin hatte ihre Kompetenzen überschritten und fehlerhafte Informationen an die Eigentümer weitergegeben.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 980a C 19/23 WEG >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des Verwalterhonorars für 6 Monate nach ihrer Abberufung gemäß § 26 Abs. 3 S. 2 WEG.
  • Die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags durch die Wohnungseigentümergemeinschaft war wirksam.
  • Der Klägerin ist kein wichtiger Grund für eine vorzeitige Kündigung des Vertrags vorzuwerfen.
  • Die behaupteten Gründe für die fristlose Kündigung lagen vor und stellten wichtige Gründe dar.
  • Die Nichtzahlung des 6-monatigen Verwalterhonorars verstößt nicht gegen Treu und Glauben.
  • Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.
  • Die selbstständige Abbuchung des Verwalterhonorars durch die Klägerin war unberechtigt.

WEG-Verwalter nach Kündigung: Kein Anspruch auf Vergütung bei Pflichtverletzungen

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist eine komplexe rechtliche Konstruktion, die viele praktische Herausforderungen mit sich bringt. Eine zentrale Rolle spielt dabei der WEG-Verwalter, der mit der Führung der laufenden Geschäfte und der Vertretung der Gemeinschaft betraut ist. Doch was passiert, wenn der Verwaltervertrag vorzeitig gekündigt wird? Welche Rechte und Pflichten ergeben sich daraus für den Verwalter und die Wohnungseigentümer?

Oft sind es wichtige Gründe, die zu einer vorzeitigen Kündigung des Verwaltervertrags führen – sei es Unzufriedenheit mit der Amtsführung oder ein Vertrauensverlust. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der gekündigte Verwalter noch Anspruch auf Vergütung hat. Dieser Aspekt ist in der Rechtsprechung umstritten und hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.

Im Folgenden werden wir uns daher einen aktuellen Gerichtsfall zur WEG-Verwaltervergütung nach Kündigung des Verwaltervertrags näher ansehen und die wesentlichen Erkenntnisse für Sie zusammenfassen.

Der Fall vor dem Amtsgericht Hamburg-St. Georg im Detail

Streit um Verwalterhonorar nach Abberufung: Klage abgewiesen

Im vorliegenden Fall stritten die Parteien um die Vergütung der Klägerin als ehemalige Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Die Klägerin war seit Januar 2020 für vier Jahre als Verwalterin bestellt und erhielt eine monatliche Vergütung von 278,46 Euro. Im September 2022 beschloss die Eigentümerversammlung die Abberufung der Klägerin zum 31. Oktober 2022 und die Bestellung einer neuen Verwaltung. Die Klägerin machte geltend, dass ihr gemäß § 26 Abs. 3 S. 2 WEG für sechs Monate nach ihrer Abberufung ein Anspruch auf Zahlung des Verwalterhonorars zustehe, abzüglich ersparter Aufwendungen. Die WEG kündigte jedoch den Verwaltervertrag fristlos und verweigerte die Zahlung.

Gericht bestätigt Wirksamkeit der fristlosen Kündigung

Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wies die Klage der ehemaligen Verwalterin ab. Die Richter sahen die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags durch die WEG als wirksam an.

Der Kern der Entscheidung liegt in der Auslegung des Verwaltervertrags und des § 26 Abs. 3 S. 2 WEG. Das Gericht stellte fest, dass der Verwaltervertrag dahingehend auszulegen sei, dass die Vergütungspflicht der WEG nicht automatisch mit der Abberufung der Klägerin endet, sondern nur dann, wenn ein wichtiger Grund für eine Kündigung vorliegt.

Im vorliegenden Fall sah das Gericht einen solchen wichtigen Grund in der Pflichtverletzung der Klägerin. Sie hatte die Eigentümer weder vor noch während der Versammlung über ein laufendes Berufungsverfahren informiert und eigenmächtig Berufung gegen ein Urteil eingelegt, ohne einen entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung einzuholen.

Fehlende Kompetenz und fehlerhafte Information als Kündigungsgrund

Das Gericht betonte, dass die Klägerin nicht befugt war, ohne Zustimmung der Eigentümerversammlung Berufung einzulegen. Die Einlegung eines Rechtsmittels sei nicht von untergeordneter Bedeutung und liege auch nicht im Interesse der WEG, da der angefochtene Beschluss aufgrund mangelhafter Vorbereitung durch die Verwaltung für ungültig erklärt worden war. Die Klägerin habe in diesem Fall der Interessenkollision die Entscheidung der Eigentümerversammlung einholen müssen.

Weiterhin wertete das Gericht die fehlerhafte Information der Eigentümer durch die Klägerin als gewichtigen Grund für die Kündigung. Die Klägerin hatte die Eigentümer fälschlicherweise darüber informiert, dass die WEG bei einer Abberufung stets die Verwaltungsgebühr für sechs Monate weiterzahlen müsse. Zudem wies sie die Eigentümer auf mögliche Anfechtungsgründe gegen die Bestellung der neuen Verwaltung hin, obwohl hierfür kein Anlass bestand.

Anspruch auf Verwalterhonorar und Rechtsanwaltskosten abgelehnt

Das Gericht lehnte den Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Verwalterhonorars für sechs Monate ab, da die fristlose Kündigung aufgrund der Pflichtverletzungen wirksam war. Auch der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurde abgewiesen, da die WEG zum Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts nicht in Verzug war.

✔ FAQ zum Thema: WEG-Verwaltervergütung nach Kündigung


Welche Rechte hat ein WEG-Verwalter nach der Kündigung seines Vertrages?

Nach der Kündigung des Verwaltervertrags durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) endet das Vertragsverhältnis entweder fristgemäß oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes fristlos. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Abberufung des Verwalters von seinem Amt und der Kündigung des Verwaltervertrags.

Seit der WEG-Reform zum 01.12.2020 kann der Verwalter jederzeit durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung abberufen werden, auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes. Der Verwaltervertrag endet dann spätestens 6 Monate nach der Abberufung, auch wenn im Vertrag eine längere Laufzeit vereinbart war.

Für eine fristlose Kündigung des Verwaltervertrags ist dagegen weiterhin ein wichtiger Grund erforderlich. Die Abberufung und fristlose Kündigung müssen durch Beschluss der Eigentümerversammlung oder im Umlaufverfahren erfolgen. Der Verwalter kann die Beschlüsse über seine Abberufung und Kündigung seit der Reform nicht mehr anfechten. Er kann aber mit einer Feststellungsklage gerichtlich prüfen lassen, ob die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung tatsächlich vorlagen.

Legt der Verwalter sein Amt selbst nieder, ist dies sofort wirksam, auch ohne wichtigen Grund. Die WEG kann dann aber ggf. Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn kein wichtiger Grund vorlag oder die Amtsniederlegung zur Unzeit erfolgte. Um Klarheit zu schaffen, sollte der Verwalter neben der Amtsniederlegung auch ausdrücklich den Vertrag kündigen.


Was sind wichtige Gründe für die fristlose Kündigung eines WEG-Verwalters?

Für eine fristlose Kündigung des Verwaltervertrags durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist ein wichtiger Grund erforderlich. Ein solcher liegt vor, wenn den Eigentümern unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann. Das Vertrauensverhältnis zwischen WEG und Verwalter muss so nachhaltig zerstört sein, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist.

Wichtige Gründe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen können, sind insbesondere:

Schwerwiegende Pflichtverletzungen des Verwalters, z.B. Veruntreuung von Geldern der WEG, Unterlassen der Jahresabrechnung und Wirtschaftsplanerstellung, Missachtung von Weisungen der Eigentümerversammlung

Straftaten des Verwalters zum Nachteil der Gemeinschaft

  • Verletzung von Treuepflichten, z.B. durch Vorteilsnahme, Provisionsvereinbarungen mit Handwerkern
  • Grobe Beleidigungen oder Verleumdungen der Eigentümer durch den Verwalter
  • Mehrfache leichtere Pflichtverletzungen, die in der Summe das Vertrauensverhältnis zerstören
  • Unfähigkeit des Verwalters zur ordnungsgemäßen Verwaltung, z.B. wegen Krankheit, Überlastung oder Organisationsmängeln

Verstößt der Verwalter erstmals gegen Pflichten in einer noch nicht schwerwiegenden Weise, ist zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Nur wenn er sein Fehlverhalten trotz Abmahnung fortsetzt, kann gekündigt werden. Die fristlose Kündigung muss durch Beschluss der Eigentümerversammlung erfolgen.

Der Verwalter kann die Berechtigung der Kündigung gerichtlich im Wege einer Feststellungsklage überprüfen lassen. Lag kein wichtiger Grund vor, macht er sich aber schadensersatzpflichtig, wenn er seinerseits fristlos kündigt.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 26 Abs. 3 S. 2 WEG: Erklärt, dass ein Vertrag mit dem Verwalter spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung endet, was nicht automatisch eine Vergütungspflicht für diesen Zeitraum impliziert. Im diskutierten Fall war die falsche Information der Klägerin an die Eigentümer, dass nach einer Abwahl die Verwaltungsgebühr für sechs Monate weitergezahlt werden muss, ein Grund für die unwirksame Berufung auf eine Vergütungspflicht.
  • § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG: Betrifft die Befugnisse des Verwalters und dessen Entscheidungskompetenzen in dringenden Angelegenheiten, zum Beispiel die Einlegung einer Berufung. Im konkreten Fall wurde kritisiert, dass die Klägerin die Berufung eigenmächtig und ohne Zustimmung der Eigentümergemeinschaft eingelegt hat.
  • § 814 BGB: Regelung zur ungerechtfertigten Bereicherung bzw. die Nichtforderung bereits geleisteter Zahlungen. Obwohl im Kontext dieses Falles seine Anwendung abgelehnt wurde, weil es um vertragliche Ansprüche ging, zeigt der Verweis auf diesen Paragraphen den komplexen Sachverhalt bezüglich der Rückforderung vorgezahlter Beträge.
  • § 280 BGB: Betrifft Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. Diese Regelung wurde in Betracht gezogen im Kontext der Nichtzahlung der Klägerin, wurde aber letztlich Verletzung der Informationspflicht der Klägerin als Grundlage gesehen.
  • § 286 BGB: Regelung zum Verzugszins und Voraussetzungen für den Eintritt des Verzugs. Im vorliegenden Fall war der rechtliche Hintergrund für die Bewertung, ob und wann die WEG in Verzug bezüglich der Verwaltervergütung war.
  • § 9b Abs. 2 WEG: Erklärt, wer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber Dritten, einschließlich der Verwaltung, rechtlich vertritt. Dies war relevant, da die Wirksamkeit der Kündigung des Verwaltervertrages angezweifelt wurde, da sie von der Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats ausgesprochen wurde.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben): Dient als Grundlage für die allgemeinen Grundsätze von Fairness und der Schaffung von Gerechtigkeit im Rechtsverkehr. Im Urteil wurde dieses Prinzip verwendet, um die Eigenmächtigkeit der Zahlung durch die Klägerin zu bewerten.

Diese Punkte zeigen die Vielschichtigkeit des Falles und betonen die Notwendigkeit, verschiedene Aspekte des WEG-Rechts und allgemeinen Zivilrechts zu berücksichtigen.


➜ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Hamburg-St. Georg

AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980a C 19/23 WEG – Urteil vom 10.11.2023

In dem Rechtsstreit erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 980a – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2023 für Recht:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten über restliche Vergütung der Klägerin als Verwalterin der Beklagten zu 2).

Die Klägerin war seit dem 01.01.2020 für die Dauer von vier Jahren (bis 31.12.2024) bestellte Verwalterin der aus zwölf Einheiten bestehenden Beklagten zu 2); es galt der Verwaltervertrag (im Folgenden: Vertrag) vom 25.04.2019 (Anlage K2). Die monatliche Vergütung der Klägerin betrug 278,46 Euro. Nach Ziffer I.2 des Vertrages ist „eine vorzeitige Abberufung des Verwalters durch die Eigentümergemeinschaft nur aus wichtigem Grund möglich“. Nach Ziffer II.1 wird „der Verwaltervertrag (…) fest auf die Dauer der Bestellung des Verwalters (…) abgeschlossen.“ Gemäß Ziffer II.2. kann „der Verwaltervertrag (…) für die Zeit der Bestellung des Verwalters von der Eigentümergemeinschaft und vom Verwalter nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.“ In der Eigentümerversammlung vom 08.09.2022 (s. dazu Anlage K3) wurde u.a. folgendes beschlossen:

„Zu Tagesordnungspunkt 21

Abwahl der bestehenden Hausverwaltung [Klägerin] zum 30.09.2022 spätestens zum 31.10.2022

Hinweis der Verwaltung: Die vorgenannte Vorgehensweise entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Verwaltung teilt den Eigentümern mit, dass laut WEMoG bei einer Abwahl, die Verwaltungsgebühr für 6 Monate weitergezahlt werden muss.

Antrag:

Die Eigentümer beschließen, die Abwahl der bestehenden Hausverwaltung [Klägerin] zum 31.10.2022. Die Verwaltungsgebühr ist ab dem 01.11.2022 für noch 6 Monate an die [Klägerin] weiterzuzahlen.

Abstimmungsergebnis:

5 Ja-Stimmen

4 Nein-Stimmen

2 Enthaltungen

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

Der Antrag ist mit Mehrheit beschlossen

Zu Tagesordnungspunkt 22

Neuwahl einer Hausverwaltung zum 01.10.2022 spätestens zum 01.11.2022

Wortlaut von Frau S.: Neuwahl einer Hausverwaltung zum 01.10.2022 spätestens zum 01.11.2022. Vorschlag gemäß der Eigentümer P., M., Sa., B.): „[Beklagte zu 1]“. Ein Vertragsentwurf kann bei Frau S. abgefordert und vor der Versammlung eingesehen werden. Antrag B., P.

Hinweis der Verwaltung: Die vorgenannte Vorgehensweise entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Bewerbungsunterlagen stehen der Verwaltung bis heute, zur Einsichtsnahme der übrigen Wohnungseigentümer, nicht zur Verfügung. Die Bewerbungsunterlagen hätten jedoch allen Eigentümern vor der Versammlung zur Verfügung gestellt werden müssen.

Antrag:

Die Eigentümer beschließen, dem Vorschlag der Eigentümer P., M., S., B. zu folgen und die [Beklagte zu 1] als Verwalter zum 01.11.2022 zu bestellen.

Ein Vertragsentwurf konnte bei Frau S. abgefordert oder eingesehen werden.

Abstimmungsergebnis:

6 Ja-Stimmen

5 Nein-Stimmen

0 Enthaltungen

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

Der Antrag ist mit Mehrheit beschlossen

Da die Verwaltertätigkeit der [Klägerin] zum 31.10.2022 endet, hält es [die Geschäftsführerin der Klägerin] für ratsam, dass alle weiteren Tagesordnungspunkt mit dem neuen WEG-Verwalter direkt besprochen und beschlossen werden. Dies ergibt sich schon allein aus der verbliebenden – kurzen – Zeit als WEG-Verwalter der [Klägerin]. Aus diesem Grund schließt [die Geschäftsführerin der Klägerin] (Versammlungsleiter) um 19:28 Uhr die Versammlung.“

Zugunsten der Klägerin wurde am 06.10.2020 vom Konto der Beklagten zu 2) ein Betrag in Höhe von 1.670,76 Euro – gemäß einer Rechnung der Klägerin vom 09.09.2022 (Anlage K8) – abgebucht.

In einem Schreiben vom 17.10.2022 (Anlage K5) an die Klägerin – überschrieben mit „WEG S., c/o J. O., S. Weg …, 22… Hamburg“ – heißt es:

„Fristlose Kündigung des Verwaltervertrages

zwischen der [Beklagten zu 2] und

der [Klägerin]

Sehr geehrte Frau N###,

wie auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 10.10.2022 mit Mehrheit beschlossen, möchten wir mit diesem Schreiben den mit Ihnen geschlossenen Verwaltervertrag fristlos kündigen.

Im Einzelnen aufgeführt lauten die Gründe.

1. Abbruch der ordentlichen Eigentümerversammlung am 08.09.2022 ohne Angabe von Gründen (auch keine Angaben auf Nachfrage einzelner Eigentümer)

2. Weigerung bei dieser Eigentümerversammlung Auskunft zu geben über das laufende Berufungsverfahren der WEG (auch nicht auf explizite Nachfrage einzelner Eigentümer)

3. Das genannte Berufungsverfahren wurde ohne Mehrheitsbeschluss durch Sie eingeleitet. Somit haben Sie ohne Einverständnis der WEG über deren Gelder in nicht geringem Maße verfügt (siehe beigefügte Anlage mit dazugehörigem Urteil aus 2018),

4. Beschlüsse haben zur Versammlung durch die Verwaltung so vorgelegt zu werden, dass sie grundsätzlich nicht anfechtbar sind. Dies ist nicht erfolgt, ganz im Gegenteil, es wurde sogar nach Verkündung der Beschlussfassung zur Neuwahl einer Verwaltung durch die Verwaltung darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Beschluss jetzt anfechtbar sei, da keine weiteren Angebote vorliegen.

(siehe: Haftung des Wohnungseigentumsverwalters für die Kosten eines Beschlussanfechtungsprozesses bei pflichtwidriger Herbeiführung eines anfechtbaren Versammlungsbeschlusses/ Urteil LG Berlin v. 02.02.2018 Az. 85 S 98/16).

Wir bitten Sie um schriftliche Bestätigung des Erhalts dieser fristlosen Kündigung.“

Das Schreiben ist unterschrieben von der Miteigentümerin J. O., Vorsitzende des Beirats.

Bereits mit Schreiben „diverser Eigentümer“ vom 15.09.2022 (Anlage K4) an die Klägerin war die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages ausgesprochen und Gründe dafür genannt worden.

Zwischen einem Miteigentümer und der Beklagten zu 2) war zum Az. 980a C 20/21 WEG eine Anfechtungsklage betreffend einen Beschluss der Eigentümerversammlung vom 18.05.2021 rechtshängig, die mit Urteil vom 28.01.2022 – veröffentlicht in ZMR 2022, 417 – beschieden wurde.

Mit E-Mail vom 03.11.2022 (Anlage K6) wies die Beklagte zu 1) die Klägerin darauf hin, dass der o.g. Betrag von 1.670,76 Euro „eigenmächtig und widerrechtlich“ vom Konto der Beklagten zu 2) abgebucht worden sei; sie forderte die Klägerin zur Rückzahlung bis zum 08.11.2022 auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.11.2022 (vgl. Anlage K7) meldete sich die Klägerin bei den Beklagten, wies die fristlose Kündigung vom 17.10.2022 zurück und kündigte – was sodann auch geschah – die Rückzahlung des o.g. Betrages „unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ an.

Die Klägerin macht geltend, dass ihr für den Zeitraum von sechs Monaten nach ihrer Abwahl ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) auf Zahlung von Verwalterhonorar zustehe, gekürzt um ersparte Aufwendungen in Höhe von 20% (entspr. 6x 0,8x 278,46 Euro), also in Höhe von 1.336,60 Euro.

Die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages vom 17.10.2022 sei unwirksam. Dieser sei keine Abmahnung vorausgegangen. Das Schreiben vom 17.10.2022 stamme lediglich von der Miteigentümerin O., sei aber nicht im Namen der Beklagten zu 2) verfasst worden. Die in der Kündigung aufgeführten Gründe lägen nicht vor: Der Abbruch der Versammlung vom 08.09.2022 sei im Interesse der Eigentümer erfolgt, um der neuen Verwaltung Gelegenheit zu geben, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefassten Beschlüsse vorzubereiten. Die Behauptung, dass sie – die Klägerin – sich geweigert habe, Auskünfte über das laufende Berufungsverfahren zu erteilen, sei unzutreffend.

Jedem Eigentümer stehe das Recht zu, in die Verwaltungsunterlagen zu schauen und somit habe auch die Möglichkeit bestanden, sich ein aktuelles Bild vom laufenden Berufungsverfahren zu bilden. Dass die Verwaltung zur Einleitung eines fristgebundenen Berufungsverfahrens nicht verpflichtet sei, vorab eine und unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Ladungsfrist außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen, sei gerichtsbekannt; die Einlegung einer Berufung entspreche gemäß § 27 Abs. 1 Ziffer 2 WEG ordnungsmäßiger Verwaltung. Ihr Verhalten auf der Versammlung sei auch nicht zu beanstanden: sie habe vor der hiesigen Beschlussfassung (zu TOP 21 und 22) darauf hingewiesen, dass die schließlich erfolgte Bestellung einer neuen Verwaltung nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, da die Miteigentümerin S. – als Inhaberin der Beklagten zu 1) – ihre Bewerbungsunterlagen ihr, der Klägerin, als aktueller Verwalterin nicht zur Verfügung gestellt habe, sondern diese vielmehr bei Frau S. selbst abgefordert werden sollten. Es entspreche gerade ordnungsmäßiger Verwaltung, dass die Eigentümer auf derartige Mängel der Beschlussfassungen hingewiesen werden, bevor diese einen anfechtbaren Beschluss fassen und die Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen eines sich hieran ggfs. anschließenden Anfechtungsverfahrens mit Kosten belastet würden. Der Beschluss zu TOP 22 sei nichtig, da diesem weder zu entnehmen sei, für welchen Zeitraum die Bestellung der neuen Verwaltung erfolge, noch bekannt sei, zu welche Konditionen, insbesondere welchen wirtschaftlichen Konditionen in Form der Höhe der Verwaltungsgebühr die Bestellung erfolgt sei. Daher dürfte die Beklagte zu 1) nicht wirksam nur neuen Verwalterin bestellt worden sein. Aufgrund des bestehenden Zahlungsanspruchs sei die Beklagte zu 2) verpflichtet, ihr die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (185,10 Euro) zu erstatten.

Mit ihrer gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Klage vom 27.04.2023 hat die Klägerin angekündigt zu beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.336,60 Euro nebst Zinsen sowie weitere 185,10 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 12.07.2023 hat die Klägerin ihre Klage auf die Beklagte zu 2) erweitert und angekündigt zu beantragen, die Beklagten entsprechend der bisherigen Anträge „als Gesamtschuldner“ zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 23.08.2023 hat die Klägerin ihre gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage zurückgenommen; diese hat Kostenantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 1.336,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 185,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, dass die im Protokoll zu TOP 21 festgehaltene „Belehrung“ der Klägerin fehlerhaft gewesen sei. Nur weil nach § 26 Abs. 3 WEG ein Vertrag spätestens nach sechs Monaten ende, heiße dies keineswegs, dass stets und unter allen Voraussetzungen die Verwaltergebühr für sechs Monate weitergezahlt werden müsse. Einer Abmahnung der Klägerin habe es wegen der schwerwiegenden Gründe nicht bedurft. Ein Abbruch der Versammlung sei nicht im Interesse der Eigentümer gewesen; dazu hätte es eines Beschlusses bedurft. Die Klägerin habe – was unstreitig ist – Berufung gegen ein Urteil eingelegt, ohne die Eigentümer darüber zu informieren und einen entsprechenden Beschluss dazu herbeizuführen.

Auch zu dem Inhalt des Verfahrens habe die Klägerin bzw. ihre Geschäftsführerin in der Versammlung nichts Sinnvolles vortragen können. Ein Zahlungsanspruch sei nach § 814 BGB ohnehin ausgeschlossen, weil die Klägerin den Betrag erst selbst an sich überwiesen habe, dann an sie, die Beklagte, zurücküberweisen habe, und jetzt den Betrag nochmals einfordere. Es sei ohnehin dreist – und wäre von strafrechtlicher Relevanz gewesen -, dass sich die Klägerin etwaige Ansprüche im Voraus selbst ausgezahlt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Soweit die Klägerin ihre Klage gegen die Beklagte zu 1) wieder zurückgenommen hat, ist nach Maßgabe von § 269 Abs. 3 ZPO nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.

Die Klage ist nicht deswegen unzulässig, weil die Beklagte zu 2) im Rechtsstreit nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Durchgreifende Zweifel an der Vertretung durch die Beklagte 1) bzw. durch ihren Prozessbevollmächtigten bestehenden im Hinblick auf den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 08.09.2022 zu TOP 22 – mit dem die Beklagte zu 1) nur neuen Verwalterin der Beklagten zu 2) ab dem 01.11.2022 bestellt wurde und den die Klägerin wegen seiner Unbestimmtheit für nichtig hält – nicht. Abseits des Umstandes, dass dieser Beschluss nicht nichtig ist (vgl. zu den engen Voraussetzungen einer Beschlussnichtigkeit wegen Unbestimmtheit etwa nur Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 23, Rn. 144 f. m.w.N.), ist die Beklagte zu 1) jedenfalls faktische Verwalterin der Beklagten zu 2) und damit auch zu deren Vertretung nach außen befugt.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2) kein Anspruch auf Zahlung von 1.336,60 Euro im Zusammenhang mit ihrer Abberufung als Verwalterin der Beklagten zum 31.10.2022 aufgrund des Beschlusses der Eigentümerversammlung v. 08.09.2022 (TOP 21) i.V.m. § 26 Abs. 3 S. 2 WEG zu.

Unstreitig ist die Klägerin nicht mehr bestellte Verwalterin der Beklagten zu 2); dieses Amt hat sie infolge des vorgenannten Beschlusses verloren und – was unstreitig ist – ihre entsprechende Tätigkeit im Anschluss nicht weiter fortgesetzt.

Im Streit zwischen den Parteien steht auch nicht die wirksame Abberufung der Klägerin, sondern die Pflicht der Beklagten zu 2) zur Fortzahlung ihrer Vergütung für einen Zeitraum von sechs Monaten (November 2022 bis April 2023). Ein darauf gerichteter Anspruch der Klägerin folgt aber weder aus § 26 Abs. 3 S. 2 WEG noch aus dem zwischen den Parteien vormals bestehenden, ab dem 01.01.2020 geltenden Verwaltervertrag. Die dort enthaltenen Regelungen, wonach „der Verwaltervertrag (…) für die Zeit der Bestellung des Verwalters von der Eigentümergemeinschaft und vom Verwalter nur aus wichtigem Grund gekündigt werden“ kann und „der Verwaltervertrag (…) fest auf die Dauer der Bestellung des Verwalters (…) abgeschlossen“ worden ist, ist im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. dazu etwa LG Frankfurt/Main, Urteil vom 07.09.2023 – 2-13 S 6/23) und vor dem Hintergrund der (erst) zum 01.12.2020 in Kraft getretenen Regelung in § 26 Abs. 3 S. 2 WEG dahin zu verstehen, dass der Vertrag (und damit die Vergütungspflicht für die Beklagte zu 2) nicht – im Sinne einer „Kopplungsklausel“ – automatisch mit der Abberufung der Klägerin enden sollte, sondern nur dann, wenn die Voraussetzungen für eine Kündigung „aus wichtigem Grund“ gegeben gewesen sind. Dieses (Rechts-)Verständnis berücksichtigt einerseits den – ohne gesetzliche Übergangs- oder Stichtagsregelung – geschaffenen Eingriff in das bestehende Vertragsverhältnis sowie die Möglichkeit einer voraussetzungslosen Abberufung der Verwaltung nach § 26 Abs. 3 S. 1 WEG und auch andererseits das Bedürfnis der beklagten Gemeinschaft, sich aus „wichtigem Grund“ auch fristlos (und ohne das Fortbestehen von Vergütungsansprüchen) von der Verwaltung zu können.

Im Streitfall hat die Beklagte zu 2) den Verwaltervertrag mit der Klägerin wirksam gekündigt.

Die Beklagte zu 2) hat, vertreten durch die Beiratsvorsitzende, die Kündigung mit Schreiben vom 17.10.2022 gemäß Anlage K5 – der Klägerin unstreitig zugegangen – ausgesprochen. Entgegen der Meinung der Klägerin handelte es sich dabei nicht um den Ausspruch einer Kündigung im eigenen Namen der Miteigentümerin O., sondern in fremdem bzw. im Namen der Beklagten zu 2). Das Schreiben ist überschrieben mit „WEG S. … Weg …, c/o J. O., S. … Weg …, 22… Hamburg“ und in der „Wir“-Form verfasst, weswegen diese Erklärung aus der verobjektivierten Sicht der Klägerin nur als Kündigung im Namen der Beklagten zu 1) verstehen dürfte. Im Streitfall kommt noch hinzu, dass die Klägerin ausweislich ihres – erst mit Schriftsatz vom 06.10.2023 als Anlage K11 zur Akte gereichten – Schreibens vom 26.09.2022 die Kündigung gemäß Schreiben vom 15.09.2022 „diverser Eigentümer“ gemäß Anlage K4 u.a. mit folgender Begründung zurückgewiesen hat:

„Gemäß § 9b Abs. 2 WEG vertritt die Vorsitzende des Verwaltungsbeirates, also Frau O. oder ein durch Beschluss dazu ermächtigter Wohnungseigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber der Verwaltung.

Da ein entsprechender Beschluss nicht gefasst worden ist, hätte die fristlose Kündigung somit ausschließlich von Frau O., als Vorsitzende des Verwaltungsbeirates, geschrieben und vor allen Dingen unterschrieben werden müssen, um zumindest den formalen Anforderungen an eine Kündigung zu genügen.“

In diesem Lichte kann sich die Klägerin nicht mehr mit Erfolg darauf berufen, dass es an einer Kündigungserklärung seitens der Beklagten zu 2) fehlt, wenn im Nachgang zu ihrem Schreiben vom 26.09.2022 ein diesen Anforderungen entsprechendes Kündigungsschreiben der Vorsitzenden des Beirates – mit den o.g. Formulierungen – bei ihr eingeht.

Die Beklagte zu 2) kann mit Erfolg einen „wichtigen Grund“, der zur fristlosen Beendigung des Verwaltervertrages – ohne vorherige Abmahnung der Klägerin – geführt hat, geltend machen. Die Klägerin hat ihre Pflichten als WEG-Verwalterin in erheblicher Weise verletzt, weswegen es der Beklagten zu 2) bei Abwägung der wechselseitigen Interessen und bei einer Gesamtschau aller tatsächlichen Umstände nicht mehr zumutbar gewesen ist, das Vertragsverhältnis mit ihr fortzusetzen. Dies gilt zunächst für die unterlassene Information der Wohnungseigentümer auf der Versammlung vom 08.09.2022 (und zuvor) über das laufende Berufungsverfahren in der Sache 980a C 20/21 WEG sowie die eigenmächtige Einlegung der Berufung gegen das Urteil vom 28.01.2022. Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, welche Informationen sie bzw. ihre Geschäftsführerin auf der Versammlung dazu kundgetan hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem mit Schriftsatz vom 06.10.2023 als Anlage K10 zur Akte gereichten Schreiben vom 18.02.2022 an die Miteigentümerin G., das exemplarisch zeigen soll, dass die Klägerin über den geführten Rechtsstreit bzw. die Einlegung der Berufung informiert habe, weswegen insoweit auch keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten war. Ausweislich des immerhin von sechs Eigentümern unterzeichneten Kündigungsschreibens vom 15.09.2022 (Anlage K4) sowie des Schreibens der Beiratsvorsitzenden vom 17.10.2022 (Anlage K4) ist der Klägerin vorgehalten worden, diese Informationen bis zur und auf der Versammlung nicht erteilt zu haben. Selbst wenn als eine Miteigentümerin das Schreiben vom 18.02.2022 (Anlage K10) erhalten haben sollte, ergibt sich daraus nichts dafür, dass die Klägerin seinerzeit sämtliche Wohnungseigentümer über den Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens, die Einlegung der Berufung im Namen der Beklagten zu 2) und den Stand des Berufungsverfahrens vor dem Landgericht informiert hat, und erst Recht nicht in Bezug auf den Zeitpunkt der Versammlung am 08.09.2022.

Hinzu kommt, dass die Klägerin – entgegen ihrem eigenen Selbstverständnis – auch nicht von sich aus berechtigt gewesen ist, im Namen der Beklagten zu 2) Berufung gegen das Urteil vom 28.01.2022, mit dem einer Anfechtungsklage stattgegeben worden ist, einzulegen. Eine entsprechende Kompetenz der Klägerin ergibt sich weder aus dem Verwaltervertrag noch aus dem Gesetz. Selbst wenn der Klägerin vertraglich für diverse Fälle die Befugnis bzw. das Recht eingeräumt worden ist, die Beklagte zu 2) gerichtlich zu vertreten, fehlt es an einer Regelung, die die Einlegung eines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung ohne vorherige Beschlussfassung der Eigentümerversammlung umfasst. Eine solche Befugnis folgte auch nicht aus dem Gesetz bzw. aus § 27 Abs. 1 WEG. Danach ist der Verwalter gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zwar berechtigt (und verpflichtet), die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen (Nr. 1) oder zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind (Nr. 2). Beides war im Streitfall aber nicht erfüllt. Die „Notkompetenz“ der Klägerin i.S.v. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG war hier nicht eröffnet. Die Berufungs(einlegungs-)frist beträgt einen Monat und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (§ 517 ZPO). In diesem Zeitraum wäre es der Klägerin ohne Weiteres möglich gewesen, eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit einem entsprechenden Tagesordnungspunkt einzuberufen, einen Beschluss im Umlaufverfahren herbeizuführen oder aber zumindest die Wohnungseigentümer über die beabsichtigte Einlegung des Rechtsmittels – vorab und nicht erst nachträglich – zu informieren (zumal sie in ihrem Schreiben vom 26.09.2022 auf die Nutzung einer „Cloud“ zu Informationszwecken verwiesen hat). Von diesen Möglichkeiten hat sie hier aber keinen Gebrauch gemacht.

Entgegen der Meinung der Klägerin bestand hier für sie auch keine originäre (Binnen-)Kompetenz nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG zur Einlegung der Berufung, auch wenn sie diese im Außenverhältnis nach § 9b Abs. 1 WEG für die Gemeinschaft prozessual wirksam einlegen konnte. Das Bestehen einer solchen Befugnis von Gesetzes wegen wird zwar durchaus bejaht (vgl. dazu etwa nur Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, 2021, Kap. 9, Rn. 127 m.w.N.; Greiner, in: BeckOGK-WEG, 1.9.2023, § 27, Rn. 64; Becker, in: Becker, WEG, 15. Aufl. 2023, § 27, Rn. 177; einschränkend für die Einlegung einer Revision etwa Zschieschack in: Jennißen, WEG, 8. Auflage 2024, § 27, Rn. 178). Allerdings war die Entscheidung, gegen das Urteil vom 28.01.2022 Berufung einzulegen, nicht per se im Interesse der Beklagten zu 2) (bzw. der Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Anfechtungsklägers) und von „untergeordneter Bedeutung“ i.S.v. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG, weil der seinerzeit angefochtene Beschluss deswegen für ungültig erklärt worden war, weil die Verwaltung die streitgegenständliche Beschlussfassung nicht ausreichend bzw. durch Vorlage einer genügenden Anzahl aktueller Vergleichsangebote vorbereitet hatte. In einem solchen Fall der Interessenkollision ist die Verwaltung gehalten, eine Entscheidung der Eigentümerversammlung über den Fortgang des Rechtsstreits einzuholen, weil sie anderenfalls – auf Kosten aller Eigentümer (§ 16 Abs. 2 S. 1 WEG) – ein eigenes Fehlverhalten zu retten versucht.

In die Gesamtbetrachtung ist ebenfalls – und mit Gewicht – einzubeziehen, dass die Klägerin die Wohnungseigentümer anlässlich der Beschlussfassung vom 08.09.2022 zu TOP 21 und 22 mit fehlerhaften Informationen versorgt und – im Fall von TOP 21 – eine fehlerhafte Beschlussfassung herbeigeführt hat.

Soweit im Protokoll der folgende Hinweis (der Klägerin) enthalten ist: „Die vorgenannte Vorgehensweise entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Verwaltung teilt den Eigentümern mit, dass laut WEMoG bei einer Abwahl, die Verwaltungsgebühr für 6 Monate weitergezahlt werden muss.“, trifft diese rechtliche Einschätzung offenkundig nicht zu. Nach der Formulierung in § 26 Abs. 3 S. 2 WEG endet „ein Vertrag mit dem Verwalter (…) spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.“, woraus nicht abzuleiten ist, dass eine Vergütungspflicht in jedem Fall bestehen muss; Fälle wie hier, in denen keine fortgesetzte Vergütungspflicht aufgrund eines „wichtigen Grundes“ besteht, werden davon ebenfalls erfasst (endet „spätestens“). Gleichwohl haben die Eigentümer undifferenziert und „auf Antrag“ beschlossen, dass die Verwaltergebühr „für noch 6 Monate“ an die Klägerin weiterzuzahlen ist. Ferner hat sie betreffend den Beschluss zu TOP 22, mit dem die neue Verwaltung ab 01.11.2020 bestellt worden ist, von sich aus darauf hingewiesen, dass Anfechtungsgründe bestehen könnten. Die Beklagte zu 2) macht zu Recht geltend, dass sie damit pflichtwidrig die Einleitung eines kostenträchtigen Beschlussanfechtungsverfahrens „heraufbeschworen“ hat, obwohl dafür keinerlei Veranlassung für sie bestanden hat (vgl. zur risikobehafteten Herbeiführung einer Abstimmung über einen mangelhaft vorbereiteten Beschlussgegenstand durch die Verwaltung etwa LG Berlin, ZWE 2018, 325).

Dahinstehen kann danach, ob die Klägerin ihren Vergütungsanspruch ohnehin deswegen verwirkt hat, weil sie sich den Betrag von 1.670,76 Euro im Oktober 2022 vom Konto der Beklagten zu 2) eigenmächtig abgebucht hat. Ein möglicher Vergütungsanspruch der Klägerin war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig, nicht einmal der anteilige Betrag für November 2022, weswegen dadurch der Tatbestand des § 266 StGB verwirklicht worden ist (vgl. AG Köln, ZMR 2023, 832). Die Rückzahlung des Betrages auf Betreiben der Beklagten zu 2) bzw. der Beklagten zu 1) „zur Vermeidung der Einleitung unnötiger strafrechtlicher Weiterungen“ (vgl. Klageschrift, Seite 4) dürfte dem Ausschluss einer nachträglichen Geltendmachung dieser Forderung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen stehen, zumal daraus wiederum ein Kündigungsrecht abzuleiten ist. Auf die Regelung in § 814 BGB kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten aber nicht an, weil die Klägerin hier keinen bereicherungsrechtlichen, sondern einen vertraglichen Anspruch verfolgt.

Mangels Hauptforderung entfällt der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von (Verzugs-)Zinsen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) auch keinen Anspruch auf Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen. Die Voraussetzungen dafür nach §§ 280, 286 BGB liegen nicht vor. Zum Zeitpunkt der Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten, der sich sodann bereits am 07.11.2022 gegenüber der Beklagten legitimiert hat (vgl. Anlage K7), befand sich die Beklagte zu 2) nicht in Verzug.

Es bestand weder eine Hauptforderung (s.o.), noch war diese zu diesem Zeitpunkt schon in geltend gemachter Höhe fällig. Nach dem Inhalt des Verwaltervertrages war die (Grund-)Vergütung der Klägerin zwar „monatlich im Voraus“ fällig. Es war zu diesem Zeitpunkt aber weder ein Betrag von 1.336,60 Euro (Klageforderung) noch von 1.670,76 Euro zur Zahlung fällig, so dass die Beklagte wegen dieser Zuvielforderung nicht in Verzug gesetzt wurde; sie hätte die Zahlung des Entgelts allenfalls ratierlich geschuldet (vgl. nur LG Frankfurt/Main, a.a.O.).

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 269 Abs. 3 S. 2, 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Soweit die Klägerin ihre ursprünglich gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage wieder zurückgenommen hat, hat sie auch die damit verbundenen Kosten (anteilig) zu tragen.

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