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WEG-Verwaltervertrag als Vertrag mit Schutzwirkung für Wohnungseigentümer?

AG Wiesbaden – Az.: 91 C 650/22 – Urteil vom 16.08.2022

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger und seine Ehefrau sind Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft K.str. in F. Der Miteigentumsanteil beträgt 253/10.000. Die Beklagte ist die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft K.str. in F. In der Eigentümerversammlung vom 18.06.2020 trafen die Wohnungseigentümer einen Beschluss mit folgendem Wortlaut:

„Die Versammlung beschließt, die Hauseingangstüren gemäß Grundangebot der Firma D. vom 22.10.20219 austauschen zu lassen.

Die Farbe wird mehrheitlich auf grau/anthrazit mit satiniertem Glas festgelegt.

Die finale Detailabstimmung erfolgt mit dem Verwaltungsbereit.

Es werden neue Zylinder der aktuellen Schließanlage eingebaut.“

Das Angebot der Firma D. vom 22.10.2019 weist Kosten einschließlich Mehrwertsteuer von 40.460,00 Euro bzgl. der beschlossenen Maßnahme aus. Die Beklagte vergab einen Auftrag für den Austausch der Hauseingangstüren zu einem Bruttopreis von 50.019,20 Euro.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte in Höhe der Preissteigerung von 9.559,20 Euro der WEG einen Schaden zugefügt habe. Der Kläger hatte zunächst irrtümlich seinen Miteigentumsanteil mit 670,29/10.000 angegeben und klageweise entsprechend des Miteigentumsanteils aus dem Betrag von 9.559,20 Euro einen Schaden von 502,72 Euro geltend gemacht.

Nachdem die Beklagte vorgetragen hatte, dass der Miteigentumsanteil des Klägers 253/10.000tel beträgt und weiteren Hinweisen des Gerichts beantragt der Kläger nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an ihn und Frau M. als Bruchteilgemeinschaft 241,48 Euro zu zahlen.

Im Übrigen hat der Kläger die Klage zurückgenommen.

Der Beklagtenvertreter beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie nicht passivlegitimiert ist. Sie ist der Auffassung, dass es keine Direktansprüche zwischen den Wohnungseigentümern und dem Verwalter gebe im Zusammenhang mit der Verwaltung stehen. Sie ist der Auffassung, dass selbst wenn man, wie Teile der Literatur es tun, auch nach Änderung des WEG an Konzept des Verwaltervertrages mit Schutzwirkung zugunsten der Eigentümer festhält, es erforderlich sei, dass der Schaden durch das Verwalterverhalten unmittelbar im Vermögen des Wohnungseigentümers eingetreten sein müsse. Die Beklagte behauptet, dass dem Kläger kein Schaden entstanden sei, da höherwertige Türen als die, die dem Beschluss vom 18.06.2020 zugrunde lagen, eingebaut worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger stehen keine Ansprüche gegen die Beklagte zu.

Ob den Eigentümern nach der WEG Reform 2020 unmittelbar gegenüber dem Verwalter noch Ansprüche zustehen ist eine der umstrittensten Fragen des Reformprozesses, die bislang höchstrichterlich nicht entschieden ist.

Eine Meinung in der Literatur, die hauptsächlich von Elzer vertreten wird, steht auf dem Standpunkt, dass die Reform nichts daran geändert habe, dass die Voraussetzungen für einen Vertrag mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer mit dem Verwaltervertrag weiterhin vorliegen (Elzer in Beck OGK, WEG, Stand 1.7.2022, § 26 Rd.-Nr. 207).

Überwiegend wird vertreten, dass aufgrund der Gesetzessystematik der WEG Reform 2020 dem Verwaltervertrag keine Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer zukomme (vergleiche Lehmann-Richter/Wobst, WEG Reform 2020, Rd.-Nr. 57; Wicke in Grüneberg BGB 81. Aufl. 2022, § 27 WEG, Rd.-Nr. 3; Greiner in Beck OGK Stand 1.6.2022, WEG § 26 Rd.-Nr. 345).

Eine vermittelnde Auffassung will zwar am Konzept des Verwaltervertrages als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Eigentümer festhalten, aber lediglich solche Schäden der Schutzwirkung unterfallen lassen, die unmittelbar beim Eigentümer anfallen (Brücher/Schultzky in NK-BGB, Band III Sachenrecht, 5. Aufl. 2022, § 27 WEG Rd.-Nr. 29 f; Zschieschack in Jennißen, WEG 7. Aufl. § 27 Rd.-Nr. 277; Dötsch/Schultzky/Zschieschack WEGRecht 2021, Kapitel 11 Rd.-Nr. 96).

Das Gericht kann der Auffassung nicht folgen, wonach durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes sich keine Änderung in der Qualifizierung des Verwaltervertrages als Vertrag mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer ergäbe. Diese Auffassung berücksichtigt nicht hinreichend, dass dem einzelnen Wohnungseigentümer ein Anspruch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wegen Verletzung ihrer Verpflichtung auf ordnungsgemäße Verwaltung § 18 Abs. 2 WEG zusteht. Das Verhalten des Verwalters ist der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer analog § 31 BGB zuzurechnen, so dass in einer Pflichtverletzung des Verwalters zugleich eine Pflichtverletzung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer liegt. Gegen sie hat ein geschädigter Wohnungseigentümer einen Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB. Insofern hat sich an der Schutzbedürftigkeit des einzelnen Wohnungseigentümers gegenüber dem alten Recht etwas geändert. Ob die Schutzbedürftigkeit des einzelnen Wohnungseigentümers insgesamt entfallen ist oder nur noch für solche Schäden gegeben ist, die sich unmittelbar im Vermögen des einzelnen Wohnungseigentümers realisieren kann dahingestellt bleiben, denn vorliegend ist der behauptete Schaden durch das Verwalterhandeln nicht unmittelbar im Vermögen des geschädigten Wohnungseigentümers eingetreten, sondern nur mittelbar über die Umlage der Kosten erfolgt. Insofern besteht weder nach der Ansicht, die die Anwendbarkeit des Rechtsinstituts des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auf den Verwaltervertrag ablehnt, noch nach der Auffassung, dass das Institut zwar grundsätzlich anwendbar ist, sich allerdings auf unmittelbar im Vermögen des geschädigten Wohnungseigentümers eintretende Schäden beschränkt, ein Anspruch des Klägers.

Ein Anspruch des Klägers aus Deliktsrecht gemäß § 823 Abs. 2 i. V. m. § 266 StGB besteht nicht, da die Vermögensbetreuungspflicht des WEG-Verwalters gegenüber der WEG besteht, nicht aber gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Zulassung der Berufung gründet sich auf § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

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