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WEG-Verwalterwahl –  Anfechtbarkeit wegen Unterschreitung der Ladungsfrist

AG Hamburg-Altona –  Az.: 303a C 3/13 –  Urteil vom 06.12.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

Nachdem Parteien ursprünglich über die Gültigkeit eines Beschlusses hinsichtlich der Verwalterbestellung gestritten haben, streiten sie nunmehr um die Erledigung der Hauptsache.

Die Parteien sind- bzw. waren (die Beklagten zu 4) und 5) haben ihr Sondereigentum mittlerweile veräußert)- Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … .

Wegen der Einzelheiten der Teilungserklärung gemäß Urkunde Nr. … der Urkundenrolle Jahrgang … vom … des Notars Dr. … wird auf die Anlage B1, Blatt 84ff der Akte verwiesen.,

Mit E-Mail vom 20.11.2012 (vergleiche Anlage K4, Blatt 22 der Akte) teilte die Geschäftsführerin der damaligen Verwaltung, der … den einzelnen Eigentümern unter anderem Folgendes mit:

„Im letzten Halbjahr mussten einige der von uns verwalteten Objekte merklich bei der Betreuung zurückstecken, zu meinem großen Bedauern auch die ….

Mir ist es leider nicht gelungen, zeitnah qualifizierte Mitarbeiter für diesen erhöhten Arbeitsanfall zu finden, daher sind leider auch so banale Arbeitsabläufe wieder Protokollversand versäumt worden. Zwischenzeitlich haben wir unseren Mitarbeiterstamm erheblich erweitern können, insofern dürfen Sie zukünftig wieder einen reibungslosen Verwaltungsbetrieb erwarten. Da wir Ihren (und unseren) Ansprüchen an die WEG Verwaltung in diesem Jahr nicht in allen Teilen gerecht werden konnten, werden wir Ihnen für 2012 die Verwaltergebühr für einen Monat erlassen“.

Mit Schreiben vom 08.12.2012 (vergleiche Anlage K1, Blatt 14f der Akte) lud die Verwalterin zur außerordentlichen Eigentümerversammlung am 18.12.2012 ein.

Die Einladung ging dem Kläger am 11.12.2012 zu.

In der außerordentlichen Eigentümerversammlung- an der laut Protokoll (vergleiche Anlage K2, Blatt 16f der Akte) 38 von 39 Stimmrechten teilgenommen haben, die 9953 von 10000 Miteigentumsanteilen repräsentierten- fassten die Miteigentümer zu TOP 2 folgenden Beschluss mit 25 Ja-Stimmen, 7-Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen:

„Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Verwalterbestellung für die … für ein weiteres Jahr- d.h. bis 31.12.2013- unter Zugrundelegung des Vertragsentwurfes aus dem Jahr 2007 fortzuführen.“

Der Kläger hat mit Klagschrift vom 14.01.2013, eingegangen bei Gericht am 15.01.2013, Anfechtungsklage betreffend den zu TOP 2 getroffenen Beschluss eingereicht.

Am 23.05.2013 fand eine weitere außerordentliche Eigentümerversammlung statt, in der zu TOP 14 (Beratung und Beschlussfassung zur vorzeitigen Beendigung der Verwaltungsbestellung der … zum 31.05.2013) folgendes zur Entscheidung gestellt wurde:

„a) die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, das Aufhebungsangebot … unter der Voraussetzung, dass das laufende Beschlussanfechtungsverfahren seine Erledigung findet und sämtliche gegenseitigen Ansprüche abgegolten sind, zum 31.5.2013 anzunehmen, …

c) die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, der … die ordentliche Aufhebung der Verwalterbestellung zum 30.06.2013 unter der Voraussetzung, dass das laufende Beschlussanfechtungsverfahren seine Erledigung findet, anzubieten.“

Der TOP 14 a) wurde mehrheitlich abgelehnt, während der TOP 14 c) mehrheitlich angenommen wurde.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 23.05.2013 (vergleiche Anlage K5 Blatt 128ff der Akte) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 11.06.2013 (vergleiche Anlage K6, Blatt 135 der Akte) stimmte die Verwaltung der Aufhebung der Verwalterbestellung zum 30.06.2013 zu.

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15.07.2013 den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger meint, der Rechtstreit habe sich in der Hauptsache erledigt.

Die Anfechtungsklage sei zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen, da der Beschluss vom 18.12.2012 ungültig, hilfsweise nichtig gewesen sei.

Der Kläger meint, die Ladungsfrist zu der außerordentlichen Eigentümerversammlung sei nicht eingehalten worden, worauf er unstreitig bereits zu Beginn der außerordentlichen Eigentümerversammlung hingewiesen habe.

Er meint, angesichts der hier vorliegenden besonderen Konstellation, dass die Verwaltung nicht ordnungsgemäß gearbeitet habe, hätte es vor der Beschlussfassung der Einholung von Alternativangeboten bedurft.

Er behauptet, ein erheblicher Teil der Wohnungseigentümer sei mit der Arbeit der bisherigen Verwalterin bereits vor der Wiederwahl nicht zufrieden gewesen und die Verwalterin sei auf der Versammlung nur gewählt worden, da die Eigentümer keinen verwaltungslosen Zustand der Wohnungseigentumsanlage gewollt hätten.

Die Ausführungen in dem Schreiben der Verwalterin würden bestritten werden und von einer zwischenzeitlichen Abhilfe der Mängel sei nichts zu merken.

Nachdem der Kläger ursprünglich beantragt hat, den Beschluss zu TOP 2 vom 18.12.2012 für ungültig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss nichtig sei, beantragt er nunmehr, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie meinen, es liege prozessual gesehen keine Erledigung der Hauptsache vor.

Der angefochtene Beschluss sei wirksam, da die Nichteinhaltung der Ladungsfrist keine Auswirkung auf die gefassten Beschlüsse habe.

Hinsichtlich der Wiederbestellung der Verwaltung stehe den Wohnungseigentümern ein Beurteilungsspielraum zu, der erst dann überschritten sei, wenn die Wiederbestellung aus objektiver Sicht nicht vertretbar erscheine.

Die Beklagten zu 3), 4) und 5) räumen in diesem Zusammenhang aber auch ein, dass auch auf ihrer Seite Unzufriedenheit mit der Verwaltung bestanden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage auf Feststellung, dass sich der Rechtstreit in der Hauptsache erledigt hat, ist unbegründet.

1. Nach Auffassung des Gerichts liegt kein erledigendes Ereignis im prozessualen Sinne darin, dass auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung am 23.05.2013 mehrheitlich zu TOP 14 c) beschlossen worden ist, der Hausverwaltung die ordentliche Aufhebung der Verwalterbestellung zum 30.06.2013 anzubieten und dieses Angebot durch die Verwaltung mittlerweile angenommen worden ist.

Zwar ist das Interesse des Klägers an der Anfechtung des Beschlusses zu TOP 2 vom 18.12.2012 faktisch dadurch entfallen, dass seit dem 30.6.2013 nunmehr die Verwalterbestellung aufgehoben worden ist.

Damit hat der Kläger sein Ziel letztlich auf einem anderen Weg als der Anfechtung des TOP 2 erreicht.

Rein inhaltlich betrachtet handelt es sich bei dem Beschluss auf der Eigentümerversammlung vom 23.05.2013 aber um etwas anderes, als was mit der Anfechtung des TOP 2 verfolgt worden ist, da die Verwalterbestellung -abweichend von der begehrten Ungültigkeitserklärung zu TOP 2- noch ein weiteres halbes Jahr bis zum 30.06.2013 angedauert hat.

2. Die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage war zwar gemäß § 43 Nr. 4 WEG zulässig, aber unbegründet.

Der Beschluss zu TOP 2 ist nicht fehlerhaft, da er nicht nichtig.

Eine formelle Nichtigkeit ist nicht gegeben.

Formelle Nichtigkeitsgründe sind zum Beispiel die bewusste Nichtladung eines Wohnungseigentümers oder der vorsätzliche, rechtswidrige Ausschluss eines stimmenberechtigten Wohnungseigentümers von der Versammlung.

Nichtig ist ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift oder gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB oder gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB verstößt.

Nichtig ist auch ein Beschluss, der wegen inhaltlicher Unbestimmtheit keine durchführbare Regelung enthält oder wenn den Eigentümern die Beschlusskompetenz fehlt (vergleiche zu allem Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Auflage, § 23 Rn. 75ff).

Diese Voraussetzungen liegen hier unzweifelhaft nicht vor.

Der Beschluss ist auch nicht ungültig, da er ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Zwar wurde- unstreitig- die sich aus der Teilungserklärung ergebene die 20-tägige Ladungsfrist nicht eingehalten.

Nach Auffassung des Gerichts fehlt es auch an dem Ausnahmefall der besonderen Dringlichkeit gemäß § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG, da der Verwaltung unstreitig schon seit August 2012 bekannt war, dass über ihre Weiterbestellung beschlossen werden müsste.

Hier führt die Überschreitung der vorgesehenen Ladungsfrist aber nicht zur Anfechtbarkeit des gefassten Beschlusses, da der Kläger schon nach seinem eigenen Vortrag nicht gehindert war, sich auf die Versammlung vorzubereiten und an der Versammlung teilzunehmen.

Der Ladungsmangel war nicht für die Beschlussfassung kausal, was sich auch daraus ergibt, dass 38 von 39 Stimmrechten an der Versammlung teilgenommen haben.

Der Beschluss betreffend die Weiterbestellung der ehemaligen Verwaltung könnte durch das Gericht gemäß § 23 Abs. 4 WEG nur dann für ungültig erklärt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegen würde, der gegen die Bestellung dieses Verwalters gesprochen hätte.

Ein solcher Grund ist ebenso wie bei der Abberufung aus wichtigem Grund zu bejahen, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Zusammenarbeit mit dem gewählten Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von vornherein nicht zu erwarten ist.

Dieses kann der Fall sein, wenn Umstände vorliegen, die den Gewählten als unfähig oder ungeeignet für das Amt erscheinen lassen.

Ebenso wie das Vorliegen eines wichtigen Grundes die Wohnungseigentümer noch nicht ohne weiteres dazu verpflichtet, den Verwalter abzuberufen, haben die Wohnungseigentümer aber auch bei der Bestellung des Verwalters, bei der sie eine Prognose darüber anstellen müssen, ob er das ihm anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben wird, einen entsprechenden Beurteilungsspielraum.

Die Bestellung des Verwalters widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung deshalb erst, wenn die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, wenn es also objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände zu bestellen.

Das Gericht ist nicht gehalten, ohne zwingende Notwendigkeit in die Mehrheitsentscheidung der Wohnungseigentümer einzugreifen (vergleiche zu allem Niedenführ aaO § 26 Rn. 18 m. w. N.).

Auch wenn offenbar in der Zeit vor der Beschlussfassung zu TOP 2 Unzufriedenheit mit der Verwaltung bestanden hat, was die Verwaltung in ihrer E-Mail vom 20.11.2012 an die Eigentümer quasi zugestanden hat, rechtfertigt dies keinen Eingriff durch das Gericht, da sich die Gemeinschaft per Mehrheitsbeschluss in Kenntnis dieser Umstände für die Weiterbestellung der Verwaltung entschieden hat.

Der Eigentümergemeinschaft wird hierbei ein weites Verzeihungsermessen eingeräumt.

Aus Sicht des Gerichts hat es auch keine Bedeutung, worin die einzelnen Motive der Eigentümer gelegen haben mögen, sich für eine Weiterbestellung auszusprechen.

Selbst wenn sich einzelne Miteigentümer, wie zum Beispiel die Beklagten zu 3), 4) und 5), nur deshalb für die Weiterbestellung ausgesprochen haben sollten, da sie eine verwaltungslose Zeit fürchteten, ändert dies nichts an der bewussten und getragenen Willensentscheidung der Eigentümer, welche zu einer deutlichen Mehrheitsentscheidung- nämlich 25 Ja-Stimmen gegenüber 7 Nein-Stimmen (des Klägers) und einer Enthaltung (der Beklagte zu 3))- geführt hat.

Da eine Erledigung in der Hauptsache nicht eingetreten ist, war die Feststellungsklage mit der Kostenfolge aus § 91 Abs.1 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

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