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WEG – Vornahme bauliche Veränderung durch Treppenanbau

LG Berlin – Az.: 55 S 18/19 WEG – Urteil vom 03.12.2019

1. Die Berufung der Kläger gegen das am 20.12.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 72 C 77/18 WEG – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung haben die Kläger zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).

Sie bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Amtsgericht hat zu Recht davon abgesehen, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 30.05.2018 zu TOP 4 für ungültig zu erklären. Dieser ist aus den bereits vom Amtsgericht dargelegten Gründen weder nichtig noch widerspricht er den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG).

Nichtigkeitsgründe sind weder dargetan noch ersichtlich. So bewegt sich eine Eigentümergemeinschaft, die einen Beschluss zur Wiederherstellung eines – aus ihrer Sicht – ordnungsgemäßen Zustand des Gemeinschaftseigentums fasst, weder außerhalb ihrer Beschlusskompetenz, noch fehlt es dem angefochtenen Beschluss an einem vollziehbaren Inhalt. Die vorzunehmenden Arbeiten sind durch ihre Bezeichnung als „Rückbau der gartenseitigen Treppe“ der WE 1 sowie die Bezugnahme auf ein konkretes Kostenangebot so beschrieben, dass sie vom Verwalter ohne weiteres in Auftrag gegeben werden können.

Der angefochtene Beschluss widerspricht auch nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die streitgegenständliche Treppe am Balkon der klägerischen Wohnung unterfällt dem Begriff der baulichen Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, und zwar unabhängig davon, ob die Treppe leicht ausgehängt werden kann oder fest verankert ist. Denn sie stellt eine auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar, an dem eine neue Einrichtung in Form einer ursprünglich nicht vorhandenen Treppe geschaffen wurde (vgl. Bärmann-Merle, § 22 WEG Rn. 7). Sie ist auch mit einem für die übrigen Eigentümer wesentlichen Nachteil gemäß § 14 Nr. 1 WEG verbunden, da sie die äußere Gestalt des Gemeinschaftseigentums deutlich sichtbar verändert und zudem die Gefahr einer intensiveren Nutzung des über die Treppe leicht zugänglichen Gartens mit sich bringt.

Diese bauliche Veränderung ist nicht innerhalb der Beschlussfassung vom 31.01.2005 zu TOP 6 genehmigt worden. Dieser Beschluss ist auch bei großzügiger Auslegung inhaltsleer. Grundsätzlich sind Eigentümerbeschlüsse gemäß den §§ 133, 157 BGB auszulegen, wobei, nachdem sich ihre Wirkung gemäß § 10 Abs. 4 WEG auch ohne Eintragung auf den Sondernachfolger erstreckt, eine objektive und normative Auslegung vorzunehmen ist, bei der es auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten nicht ankommt. Maßgebend sind deshalb der Beschlusswortlaut sowie der sonstige Protokollinhalt (vgl. Bärmann-Merle, § 23 WEG Rn. 62). Vorliegend wurde ein Beschluss „über die Erweiterung/den Umbau des Balkons der Wohnung „…/…“ zur Terrasse“ angenommen, ohne zu bezeichnen, was im Einzelnen unter einer Erweiterung bzw. einem Umbau zur Terrasse zu verstehen sein soll. Anders als im Falle des hier angefochtenen Beschlusses vom 30.05.2018 wurde auch etwa nicht auf ein konkretes Kostenangebot Bezug genommen. Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch nicht nur eine einzige Möglichkeit denkbar, um einen Balkon zu erweitern oder zur Terrasse umzubauen. Ein entsprechender Umbau muss insbesondere nicht zwangsläufig eine Treppe zum Garten beinhalten. Wie dargelegt, kommt es auf die Vorstellungen der damals an der Beschlussfassung beteiligten Eigentümer, die möglicherweise an eine Treppe gedacht haben mögen, nicht an.

WEG – Vornahme bauliche Veränderung durch Treppenanbau
(Symbolfoto: Von Selma ARSLAN/Shutterstock.com)

Zutreffend hat das Amtsgericht weiter angenommen, dass ein vom störenden Wohnungseigentümer geschaffener Zustand auch nach Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB rechtswidrig ist und von den übrigen Wohnungseigentümern auf Kosten aller Eigentümer beseitigt werden kann(vgl. BGH NJW 2011, 1068, juris; Bärmann-Merle, § 22 WEG Rn. 327).

Der angefochtene Beschluss widerspricht zudem nicht im Hinblick auf § 242 BGB den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Es mag dahin stehen, ob § 242 BGB hier überhaupt anwendbar ist, da es nicht um den Beseitigungsanspruch eines einzelnen Eigentümers ist, der ggf. verwirkt sein könnte. Selbst wenn man § 242 BGB hier anwendet, ist ein treuwidriger Inhalt des Beschlusses aber nicht erkennbar. Selbst wenn man unterstellt, dass die Kläger ihre Wohnung im Hinblick auf die Treppe zum Garten gekauft haben, betrifft dies allein ihr Rechtsverhältnis zum Verkäufer, nicht zu den Beklagten. Eine Nutzung des Balkons wird den Klägerin durch den angefochtenen Beschluss im Übrigen nicht unmöglich, denn ein Balkon lässt sich auch ohne Treppe im Sinne seiner Bestimmung verwenden. Dass zu diesem Zweck möglicherweise die Balkonwand befestigt oder Arbeiten am Balkongeländer vorgenommen werden müssen, steht dem nicht entgegen.

Hinsichtlich der Frage, ob weitere Angebote hätten eingeholt werden müssen, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, denen letztlich nichts hinzuzufügen ist.

Soweit die Kläger sich nunmehr darauf stützen, dass der Beschluss in der Ladung zur Eigentümerversammlung nicht ausreichend angekündigt worden sei, sind sie mit dieser Rüge gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 WEG ausgeschlossen, da sie diese nicht innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist von zwei Monaten vorgebracht haben. Nachgeschobene Anfechtungsgründe können keine Berücksichtigung mehr finden (vgl. BGH NJW 2009, 999, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

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