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WEG – Wasserschaden in Nachbarwohnung im Zusammenhang mit erlaubten Dachausbau

AG Charlottenburg – Az.: 72 C 66/19 – Urteil vom 24.02.2020

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 33.785,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 21.316,89 Euro seit dem 12. Juli 2018, von 10.936,51 Euro seit dem 13. Februar 2020 und von 1.531,90 Euro seit dem 1. August 2019 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren Schaden am Sondereigentum der Wohnung WE Nr. 12, eingetragen im Wohnungsgrundbuch …, zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund des Ausbaus der im Dachgeschoss gelegenen Teileigentumseinheiten TE 34, TE 35, TE 36 und TE 37, eingetragen im Teileigentumsgrundbuch von … entsteht.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Klägerin hat ½ der Gerichtskosten sowie alleine die vollständigen Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind, zu tragen; ferner die vollständigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) alleine. Die Beklagte zu 1) hat ½ der Gerichtskosten sowie ½ der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenausgleichung nicht statt.

5. Das Urteil ist für die Klägerin und die Beklagte zu 2) jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des Jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz.

Die Klägerin ist seit dem 7. September 2016 Eigentümerin der in der … gelegenen, 155,81 m2 großen Wohneinheit Nr. 12. Die Beklagte zu 1) ist Eigentümerin der unter anderem über dieser Einheit liegenden Teileigentumseinheiten Nr. 34, 35, 36 und 37 im Dachgeschoss des Gebäudes. Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft … ist die Beklagte zu 2). In § 8 Abs. 3 der der Gemeinschaft zugrunde liegenden Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung ist ein umfassendes Dach-Ausbau-Recht geregelt.

Vom Januar bis Mai 2016 wurde die Decke zwischen dem 4. Obergeschoss und dem Dachgeschoss schwammsaniert. Zuvor war im Jahr 2015 ein Gutachten (Anlage K3, Anlagenband) eingeholt worden, wonach – auch teils im Bereich der Einheit der Klägerin – Echter Hausschwamm und Nassfäulepilze festgestellt wurden.

Die Beklagte zu 1) baute ihre Einheiten seit dem Jahr 2017 zu Wohnungen aus, wofür der gesamte Dachaufbau im Vorderhaus, rechter und linker Seitenflügel abgetragen und neu aufgebaut wurde.

Am 16. Juni 2017 wurden Risse an den Decken der Wohnung der Klägerin, loser Putz und Wasserflecken in der Wohnung der Klägerin festgestellt, was der Beklagten zu 2) mit E-Mail vom Folgetag angezeigt wurde. Nach einem Unwetter am 29. Juni 2017 kam es zu einem Wassereintritt im Deckenbereich der Küche, des Berliner Zimmers und eines weiteren Zimmers. Mit E-Mail vom Folgetag forderte die Beklagte zu 2) die Beklagte zu 1) auf, für eine hinreichende Dacheindichtung zu sorgen und das Dach instand zu setzen, wozu sich die Beklagte zu 1) mit E-Mail von diesem Tage allerdings weigerte (Anlage K6, Anlagenband).

Mit E-Mail des Ehemannes der Klägerin vom 5. Juli 2017 wurde die Beklagte zu 2) aufgefordert, die Undichtigkeiten im Dach zu beheben und die Dacheindeckung sicherzustellen (Anlage K7, Anlagenband); die Beklagte zu 2) teilte am gleichen Tag mit, dass ein Dachdecker beauftragt worden sei. Mit E-Mail des Ehemannes vom 26. Juli 2017 wurde hieran erinnert und weitere Wasserschäden mitgeteilt (Anlage K8, Anlagenband); am Folgetag benannte die Beklagte zu 2) der Klägerin per E-Mail eine Telefonnummer eines Ansprechpartners der Beklagten zu 1).

Mit Schriftsatz der jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 18. August 2017 forderte die Klägerin die Beklagte zu 2) auf, Auskunft über die bisherige Tätigkeit zu erteilen und bis zum 1. September 2017 alle erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung und Nutzung des Wohnungseigentums zu treffen (Anlage K9, Anlagenband). Hierauf reagierte die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 4. September 2017 (Anlage B2-5, Anlagenband).

Ein von der Beklagten zu 2) beauftragter Dachdecker untersuchte im August 2017 das Dach.

Mit E-Mail vom 11. Oktober 2017 zeigte der Ehemann der Beklagten zu 2) weitere Schäden in der Wohnung an und forderte diese zu einer umgehenden Tätigkeit auf (Anlage K11, Anlagenband). Hierauf reagierte die Beklagte zu 2) mit E-Mail vom 13. Oktober 2017 (Anlage B2-7, Anlagenband).

Mit E-Mail vom 15. Oktober 2017 teilte die Beklagte zu 1) der Beklagten zu 1) mit, dass die Firma … die Schadstellen an der Dachrinne beseitigt habe; diese werde die gesamte Arbeiten am Dachstuhl nebst Abdichtungen durchführen (Blatt 109, 110 der Gerichtsakte).

Mit Schreiben vom 9. November 2017 lehnte die Beklagte zu 2) die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung ab (Anlage K13, Anlagenband).

Ein von der Beklagten zu 2) für den Verband beauftragter Architekt Josef Herz teilte mit Schreiben vom 20. November 2017 mit, dass die Risse und Wasserschäden im Zusammenhang mit den Dachgeschossarbeiten der Beklagten zu 1) stünden; es seien provisorische Sicherungsmalinahmen vorzunehmen, um weitere Schäden von der Baukonstruktion abzuwenden (Anlage K14, Anlagenband und Riss-Kartierung Anlage K12, Anlagenband).

Mit E-Mail vom 22. Dezember 2017 teilte die Beklagte zu 2) dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass die für den Wassereintritt ursächliche Regenrinne instand gesetzt und die Beklagte zu 1) zur Beseitigung der Schäden in der Wohnung aufgefordert worden sei.

In der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 19. Februar 2018 wurde unter dem TOP 1 beschlossen, die Beklagte zu 1) durch den Verband wegen der Mängel und Schäden am Gemeinschaftseigentum in Anspruch zu nehmen; unter dem TOP 3 wurde beschlossen, einen Sachverständigen mit der Feststellung der Schäden am Gemeinschaftseigentum deren Ursachen und Beseitigungskosten zu beauftragen.

In der Folgezeit erstellten die beauftragten Sachverständigen Gutachten vom 27. März 2018 (Anlage K17, Anlagenband) und 24. April 2018 sowie ergänzend vom 24. Mai 2018 (Anlagen K18 und K19, Anlagenband), wonach die Schäden auf die Ausbauarbeiten des Dachgeschosses durch die Beklagte zu 1) zurückzuführen seien.

Mit Schriftsatz ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 2018 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) zur Zahlung eines Schadensersatzes und zur Erklärung der Einstandspflicht für weitere Schäden bis zum 11. Juli 2018 auf.

Die Klägerin beauftragte die Firma … der Beseitigung der Schäden in ihrer Einheit, was bis zum 13. Juli 2018 erfolgte.

Ab 1. August 2018 vermietete die Klägerin die Wohnung.

Am 13. November 2018 kam es zu einem erneuten Wassereinbruch in der Wohnung der Klägerin, der von einem Sachverständigen begutachtet wurde (Anlage K22, Anlagenband). Es wurden Trocknungsgeräte für die Dauer eines Monats aufgestellt, die täglich 10 bis 12 Stunden im Betrieb waren.

Mit Schriftsatz des jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 19. November 2018 forderte die Klägerin nunmehr die Beklagte zu 2) zur Zahlung eines Schadensersatzes und zur Erklärung der Einstandspflicht für weitere Schäden bis zum 7. Dezember 2018 auf, was die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 26. November 2018 zurückwies. In der Folgezeit wurden die Schäden nicht der Gebäudeversicherung angezeigt. Mit Schriftsatz des jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 7. Dezember 2018 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) erneut zur Zahlung eines Schadensersatzes und zur Erklärung der Einstandspflicht für weitere Schäden bis zum 21. Dezember 2018 auf.

Die Klägerin macht folgende Schadenspositionen geltend:

– Nutzungs- und Ertragsausfall der Wohnung im Zeitraum 30. Juni 2017 bis 31. Juli 2018 zu 13,- Euro/m2;

– Nutzlos aufgewandte Hausgeldzahlungen in Höhe von 6.155,04 Euro;

– Kosten der Schadensbeseitigung der Firma … in Höhe von 4.906,55 Euro;

– Kosten der Schadensbeseitigung der Firma … bezüglich der Schäden vom 13. November 2018, 20. Mai und 30. Juli 2019 in Höhe von 7.877,95 Euro

– Mietausfallschaden aufgrund Minderung um 1.012,77 Euro (Schaden vom 13. November 2018);

– Mietausfallschaden aufgrund Minderung um 1.012,77 Euro (Schaden vom 20. Mai 2019);

– Mietausfallschaden aufgrund Minderung um 1.033,02 Euro (Schaden vom 30. Juli 2019);

– Vorgerichtliche Anwaltskosten bei einem Gegenstandswert von 50.000,- Euro und einer Gebühr nach Nr. 2300 VVRVG von 2,0 in Höhe von 2.791,74 Euro.

Die Beklagte zu 1) hat am 30. August 2019 eine Zahlung in Höhe von 10.000,- Euro geleistet.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte zu 2) pflichtwidrig gehandelt bzw. erforderliche Tätigkeiten unterlassen habe, was sich auch in weiteren Wassereintritten im Mai und Juli 2019 zeige, weshalb sie den vorbezeichneten Schaden, der entstanden sei, zu ersetzen habe. Sie behauptet, dass die der Beklagten zu 2) angezeigten und festgestellten Schäden auf die Ausbauarbeiten im Dachgeschoss durch die Beklagte zu 1) zurückzuführen seien. Seit dem 1. Juli 2016 sei sie Inhaberin der Wohnung; der Nutzen- und Lastenwechsel sei erfolgt. Im Mai 2017 habe sie umfangreiche Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten in der Einheit durchgeführt.

Die Kläger haben zunächst Klage vor dem Landgericht Berlin erhoben, die den Beklagten jeweils am 31. Juli 2019 zugestellt wurde. Antragsgemäß hat das Landgericht Berlin den Rechtsstreit durch Beschluss vom 1. Oktober 2019 – 88 O 99/19 – zum Amtsgericht Charlottenburg verwiesen. Die Klägerin hat zunächst sinngemäß unter anderem die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Betrages von 35.367,95 Euro beantragt. Die Klage hat sie sodann mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. Februar 2020 erweitert. Sie beantragt nunmehr sinngemäß,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 46.304,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 35.367,95 Euro seit dem 1. Juli 2017 und aus einem Betrag von 10.936,51 Euro seit dem 13. Februar 2020 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr jeden weiteren Schaden am Sondereigentum der Wohnung WE Nr. 12, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von …, zu ersetzen, der ihr aufgrund des Ausbaus der im Dachgeschoss gelegenen Teileigentumseinheiten TE 34, TE 35, TE 36 und TE 37, eingetragen im Teileigentumsgrundbuch von … entsteht;

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.791,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2019 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist hinsichtlich der Beklagten zu 2) unbegründet; hinsichtlich der Beklagten zu 1) im austenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet und abzuweisen.

I.

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um einen Rechtsstreit im Sinne des § 43 Nr. 3 WEG, über den das Amtsgericht Charlottenburg als Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ausschließlich zu entscheiden hat. Selbst wenn die Beklagte zu 2) zwischenzeitlich nicht mehr Verwalterin wäre, würde nichts daran ändern, dass Grundlage der Auseinandersetzung die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist (vgl. auch BGH Beschl. v. 10. Mai 2012 – V ZR 228/11 = BeckRS 2012, 14185).

Die Feststellungsklage ist zulässig, insbesondere das erforderliche Rechtsschutzinteresse nach Auffassung des Gerichts zu bejahen – ein entsprechendes streitiges Rechtsverhältnis liegt hier in der Frage der Einstandspflicht der Beklagten. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass neben dem bereits entstandenen Schaden (und den geltend gemachten Leistungsansprüchen) noch weitere versteckte Schäden aufgrund des Feuchtigkeitseintritts entstanden sind.

II.

1.

Die Klage ist hinsichtlich der Beklagten zu 2) unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des pflichtwidrigen Unterlassens erforderlicher Tätigkeiten zu. Der Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 280 Abs. 1 BGB iVm dem Verwaltervertrag und § 14 Nr. 1 WEG. Ob es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter, dieser eine Schutzwirkung zugunsten der Klägerin in derartigen Fallkonstellationen entfaltet oder der Vertrag nicht sogar generell zwischen den Eigentümern und dem Verwalter geschlossen wird, muss nicht entschieden werden (vgl. insgesamt zu dieser Frage nur Heinemann in Jennißen, WEG, 3. Aufl. 2012, § 27 Rn. 117 und Merle/Becker in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Aufl. 2015, § 27 Rn. 345 ff., jeweils m.w.N.).

Jedenfalls mangelt es an einer erforderlichen Pflichtverletzung der Beklagten zu 2). Denn die Beklagte zu 2) hat die erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Aus Sicht des Gerichts durfte sie keineswegs eigenständige Maßnahmen in den Einheiten der Beklagten zu 1) ergreifen, etwa die eigenmächtige Schließung des Daches oder die Beendigung der Arbeiten der Beklagten zu 1). Hierzu wäre schon ein Betreten der Einheiten der Beklagten zu 1) erforderlich, was nicht ohne weiteres möglich erscheint. Zudem hat die Beklagte zu 2) aus Sicht des Gerichts ausreichende Mühen entfaltet. Unabhängig davon, dass zunächst nicht die Klägerin, sondern deren Ehemann entsprechende Schadensmitteilungen machte, hat die Beklagte zu 2) hierauf aber im adäquaten, zumutbaren Rahmen reagiert. So hat sie einen Dachdecker beauftragt, entsprechende Sachverständige, Ortstermine durchgeführt und auch die Beklagte zu 1) zur Entfaltung erforderlicher Maßnahmen aufgefordert. Schließlich wurde relativ zeitnah eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen.

Darüber hinaus ist eine Kausalität nicht erkennbar. Selbst wenn man eine Pflichtverletzung annehmen würde, so würde diese nichts am Eintritt der behaupteten Schäden ändern.

Insofern bleibt auch die Feststellungsklage ohne Erfolg.

2.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von insgesamt 32.253,40 Euro und zwar entweder aus § 280 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG) oder aus § 906 Abs. 2 BGB analog, so dass dahinstehen kann, ob darüber hinaus auch ein deliktischer Anspruch in dieser Höhe besteht.

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die in der Einheit der Beklagten zu 1) ausgeführten Arbeiten ausschließlich das Gemeinschaftseigentums betrafen, bestünde ein Anspruch aus § 280 BGB, da insoweit eine Treuepflichtverletzung vorliegt. Denn es besteht auch die Pflicht jedes einzelnen Eigentümers, das Gemeinschaftseigentum nicht zu verletzen (so dass andere Wohnungseigentümer Schäden an ihrem Sondereigentum erleiden).

Soweit man wegen des in der Teilungserklärung vorgesehenen Ausbaurechts eine rechtswidrige Beeinträchtigung ablehnen würde, so würde aus der Teilungserklärung jedenfalls ein Anspruch bestehen; soweit dieser nicht als eigenständige Anspruchsgrundlage bewertet werden sollte zumindest in Verbindung mit § 906 Abs. 2 BGB analog.

WEG - Wasserschaden in Nachbarwohnung im Zusammenhang mit erlaubten Dachausbau
(Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Unstreitig hat die Beklagte zu 1) das Dachgeschoss insbesondere in dem maßgeblichen Zeitraum – jedenfalls im Jahr 2017, der genaue Zeitpunkt ist streitig – begonnen auszubauen. Sofern sie eine andere Ursache für die Schäden behauptet, bedarf es zumindest des substantiierten Vortrags, weshalb dahinstehen kann, ob der – unstreitige – Dachgeschossausbau nicht sogar die Vermutung des Ursachenzusammenhangs zwischen den Ausbauarbeiten und den Schäden begründet. Dass Ursache der Feuchtigkeitseintritte die mangelnde Abdichtung der Bauteilsöffnungen bzw. der nicht fachgerechte Verschluss sein kann, ist nach der Lebenswahrscheinlichkeit nahe liegend. Eine anderweitige mögliche Schadensursache trägt die Beklagte zu 1) nicht nachvollziehbar vor; eine solche kann dem Parteivortrag insgesamt nicht entnommen werden. Die Schäden werden anschaulich auf den von der Klägerin zur Akten gereichten Unterlagen dokumentiert. Die Beklagte zu 1) bestreitet zwar offenbar die Ursächlichkeit. Indes liegt diese angesichts der Umstände sowie die Art der Schäden – Wasserflecken etc. – unter Berücksichtigung der Lage der Einheiten zunächst einmal auf der Hand. Insoweit hätte es schon eines weitergehenden Vortrags der Beklagten zu 1) bedurft.

Die Pflichtverletzung ist verschuldet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB; die Beklagte zu 1) hat diese Vermutung nicht in ausreichender Weise ausgeräumt. Kraft der Ermächtigung zum Dachausbau durfte die Beklagte zu 1) vorübergehend in das gemeinschaftliche Eigentum eingreifen. Sie hatte sowohl dafür zu sorgen, dass das Gemeinschaftseigentum wieder instandgesetzt wird, wie auch, dass in der Zwischenzeit keine Folgeschäden bei den anderen Wohnungseigentümern eintreten. Bei einer teilweisen Dachöffnung etwa über einem bewohnten Gebäude oder Einbau von Dachbalken und Zwischenwänden ist dem Bauherrn jede Maßnahme zumutbar, die Schäden für Dritte sicher ausschließt. Wer aus wirtschaftlichen Gründen eine geringere Sicherheitsstufe beim Ausbau wählt, hat das damit erhöhte Schadensrisiko zu tragen bzw. rechtzeitig Versicherungsschutz zu gewährleisten. Wer sich die Genehmigung zu einem gefahrgeneigten Tun geben lässt und damit Duldungspflichten schafft, ist auch sonst regelmäßig gehalten, für die etwa eintretenden Schäden verschuldensunabhängig einzustehen (vgl. etwa Kammergericht, Beschl. v. 30. Nov. 1992 – 24 W 4734/92, WuM 1993, 209; zum privatrechtlichen Aufopferungsanspruch: BGH, Urt. v. 8. März 1990 – III ZR 141/88, NJW 1990, 3195). Das Verschulden etwaig beauftragter Arbeiter wird gemäß § 278 BGB zugerechnet.

Im Rahmen des Anspruchs aus § 906 Abs. 2 BGB bedarf es im Übrigen nicht des Verschuldens, so dass letztlich auf diese Frage (und die nach der Pflichtverletzung) nicht eingegangen werden muss. Daher ist der bloße Hinweis darauf, die Dachausbauarbeiten hätten erst Ende 2017 stattgefunden, unerheblich, noch dazu der Vortrag ohnehin vage und unsubstantiiert ist. Es wird zunächst einmal vermutet, dass die Schadensursache von der Beklagten zu 1) bzw. deren Einheit ausging. Dass – vor Beginn der eigentlichen Dachausbauarbeiten – nicht alleine die Regenrinne Ursache des Wassereintritts war, ist mit der Vorlage der Gutachten zunächst einmal nachvollziehbar und substantiiert dargetan. Gehen die Beeinträchtigungen aber von der Einheit der Beklagten zu 1) aus, so besteht zunächst einmal die Haftung aus § 906 ZPO analog. Die mit der Klageerweiterung geltend gemachten Schäden beruhen demgegenüber unstreitig auf den Ausbauarbeiten, so dass der diesbezügliche Anspruch dem Grunde nach sowohl aus § 280 BGB als auch aus § 906 BGB folgt. Dementsprechend hat die Beklagte zu 1) bereits eine Zahlung in Höhe von 10.000,- Euro geleistet.

Insofern schuldet die Beklagte zu 1) Schadensersatz:

a.

Es besteht ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des Mietausfallschadens von insgesamt 20.255,30 Euro.

Es liegt auf der Hand, dass die mit den Dachgeschossarbeiten einhergehenden erheblichen Beeinträchtigungen den Wohnwert erheblich mindern. Alleine mit den Arbeiten gehen bereits zwangsläufig Lärm, Erschütterungen, Schmutz, eine Beeinträchtigung der Erholungsmöglichkeit und Ruhe einher. Allerdings war die Wohnung sogar unbewohnbar. Aus den Gutachten nebst Lichtbildern ergeben sich großflächige Risse und Wassereinbrüche, die eine umfassende Sanierung erforderlich machte. Aufgrund der ungenügenden Abdichtung kam es zu mehreren Wassereinbrüchen über einen längeren Zeitraum.

Den Mietausfallschaden beziffert das Gericht allerdings auf den vorbezeichneten Betrag, § 287 ZPO. Unter Berücksichtigung des maßgeblich erscheinenden Mietspiegelfeldes K1 des Berliner Mietspiegels 2017 schätzt das Gericht die Nettokaltmiete der Neuvermietung einer derart großen Wohnung auf maximal 10,- Euro/m2, was in etwa der oberen Spanne (10,18 Euro/m2) des Feldes K1 entspricht. Hinsichtlich eines höheren Schadens mangelt es an einem nachvollziehbaren Vortrag. Ausgehend von einer monatlichen Nettokaltmiete von 1.581,30 Euro beträgt der Schaden für 13 Monate insgesamt 20.255,30 Euro. Die weiter gehende Klage ist unbegründet und abzuweisen.

b.

Ferner besteht ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung der nutzlos aufgewendeten monatlichen Hausgelder in Höhe von insgesamt 6.155,04 Euro (die weit überwiegend im Rahmen der Nebenkosten gegenüber dem Mieter hätten geltend gemacht werden können). Die Wohnung war aus den dargestellten Gründen während des Zeitraumes nicht nutzbar; die Aufwendungen nutzlos.

c.

Hinzu kommen die Mängelbeseitigungskosten von 4.906,55 Euro, die die Beklagte zu 1) der Klägerin zu erstatten hat.

d.

Darüber hinaus liegt ein weiterer Mietausfallschaden bezüglich der Wassereintritte im November 2018, Mai und Juli 2019 in Höhe von 1.012,77 Euro, 1.012,77 Euro und 1.033,02 Euro vor, d.h. in Höhe von insgesamt 3.058,56 Euro. Dass die Mieter die Miete zulässig in dieser Höhe gemindert haben, hat die Klägerin substantiiert vorgetragen.

e.

Hinzu kommen die weiteren Mängelbeseitigungskosten von 7.877,95 Euro aufgrund der Wassereintritte von November 2018 sowie Mai und Juli 2019, die die Beklagte zu 1) der Klägerin zu erstatten hat. Dass die Kosten entstanden sind, hat die Klägerin substantiiert vorgetragen.

f.

Aufgrund der Zahlung vom 30. August 2019 ist allerdings Erfüllung in Höhe von 10.000,- Euro eingetreten, § 362 BGB. Entweder hat die Beklagte zu 1) lediglich unter dem Vorbehalt des Fortbestehens des Anspruchs aus § 812 BGB geleistet (vgl. hierzu nur BGH, NJW 1982, 2302) oder aber hat die Klägerin mit der Annahme der Zahlung ihr Einverständnis mit einem Vorbehalt hinsichtlich der Beweislast des Anspruchs erteilt (vgl. BGH, NJW 1989, 162). In dieser Höhe ist die Klage unbegründet und abzuweisen.

g.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Zinsen waren erst aufgrund der Mahnung vom 28. Juni 2018 zu erstatten; erst hier bezifferte die Klägerin ihren Schaden und forderte die Beklagte zu 1) zur Zahlung und Abgabe der Einstandspflicht-Erklärung auf. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 BGB; der § 288 Abs. 2 BGB ist auf Rechtsgeschäfte anwendbar; hierunter fallen nicht Schadensersatzansprüche. Die weiter gehende Klage ist entsprechend unbegründet und abzuweisen.

3.

Ferner besteht ein Anspruch auf Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten zu 1) gegenüber der Klägerin für weitere Schäden am Sondereigentum der Wohnung WE Nr. 12 aufgrund des Ausbaus der im Dachgeschoss gelegenen Teileigentumseinheiten TE 34, TE 35; TE 36 und TE 37. Ein etwaiger zukünftiger Schaden ist nach den Feststellungen der Gutachter nicht ausgeschlossen.

4.

Die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die schon vom Schadensersatzanspruch nach §§ 280 BGB, 906 Abs. 2 erfasst sind, jedoch auch von §§ 280, 286 BGB bemisst das Gericht mit 1.531,90 Euro. Das Gericht geht dabei von einem Gegenstandswert von 50.000,- Euro aus, da neben dem Schadensersatzanspruch auch bereits die Einstandspflicht für zukünftige Schäden geltend gemacht wurde. Geltend gemacht werden kann die 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG sowie die Pauschale nach Nr. 7002 VVRVG. Sofern eine 2,0 Geschäftsgebühr veranschlagt wird, so ist der Vortrag unschlüssig. Alleine der Umstand, dass Normen auf dem Gebiet des WEG anzuwenden sind, rechtfertigt nicht die Geltendmachung einer derart erhöhten Gebühr. Die weiter gehende Klage ist unbegründet und abzuweisen.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der § 288 Abs. 2 BGB ist aus den dargestellten Gründen nicht anzuwenden. Die Klage ist auch insoweit unbegründet und abzuweisen.

5.

Ein weiter gehender Anspruch der Klägerin folgt nicht unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus §§ 823, 812 BGB.

Weitere Erklärungsfrist auf die jeweils gegnerischen Schriftsätze vom 21. Januar, 7. Februar und 12. Februar 2020 war nicht zu gewähren; es bestand ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 709 Satz 1 und 2 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 60.000,- Euro festgesetzt; insoweit folgt das Gericht der vorläufigen Festsetzung des Landgerichts Berlin unter Berücksichtigung der Klageerweiterung.

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