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WEG – Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des Gemeinschaftseigentums

AG Frankenthal – Az.: 3a C 82/22 – Urteil vom 13.07.2022

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Wanddurchbruch für die Küchendunstabzugshaube im Außenbereich ihres Sondereigentums Nr. 312 im Anwesen H. in … (Pfalz), 1. OG, Nordseite, im Bereich des Küchenbalkons zu beseitigen und den Wanddurchbruch fachgerecht zu verschließen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beklagte ist Teil- und Sondereigentümerin einer Eigentumswohnung mit der Nr. 312 im Anwesen H. (Pfalz). Im Bereich der Außenwand an der Nordseite an der sich der Küchenbalkon befindet, der im Sondereigentum der Beklagten steht, existiert ein Mauerdurchbruch für den Dunstabzug einer Küchenabzugshaube der Beklagten. Die Mauer selbst steht im Gemeinschaftseigentum. Ein Beschluss der WEG-Versammlung über die Genehmigung von Mauerdurchbrüchen zu dem streitgegenständlichen Zweck wurde zu keinem Zeitpunkt bestandskräftig gefasst. Mit Beschluss vom 02.10.2019 hat die Eigentümerversammlung unangefochten mehrheitlich beschlossen, das ungenehmigte Wanddurchbrüche zum Rückbau durchgesetzt werden sollen. Die Verwalterin des Wohnungseigentums hat daraufhin die Beklagte erfolglos zur Umsetzung des Beschlusses aufgefordert.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, aufgrund des Wunsches der Eigentümergemeinschaft hinsichtlich eines einheitlichen Fassadenbildes nach Sanierung sei die Beklagte verpflichtet die bauliche Veränderung im Gemeinschaftseigentum fachgerecht zurückzubauen.

Die Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage sei hierzu auch gemäß § 9a BGB zur Durchsetzung berechtigt und die Gemeinschaft der Eigentümer nach § 9a BGB aktiv legitimiert.

Der Anspruch auf Rückbau folge schon aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 18 WEG, daneben aus § 1004 BGB.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, den Wanddurchbruch für die Küchendunstabzugshaube im Außenbereich seines Sondereigentums Nr. 312 im Anwesen H., 1. OG, Nordseite, im Bereich des Küchenbalkons zu beseitigen und den Wanddurchbruch fachgerecht zu schließen.

2. Hilfsweise, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Verschließung des Wanddurchbruchs für die Entlüftung des Küchenabzuges an der Außenwand Nordseite im Bereich des Küchenbalkons, Einheit 308 im Anwesen H., 1. OG, zu dulden, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 50.000,00 Euro, ersatzweise oder wahlweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und behauptet, es bestünde keine Pflicht der Beklagten zur Beseitigung des Mauerdurchbruchs, der selbst einen geringfügigen Eingriff beinhalte und im übrigen sich im Bereich des Küchenbalkons, mithin des Sondereigentums der Beklagten befindet. Der im Jahre 2008 erfolgte Durchbruch sei nie beanstandet worden. Die Existenz eines Beschlusses vom 02.10.2019 werde mit Nichtwissen bestritten. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages begründet, soweit der Hilfsantrag auf Duldung rechtshängig ist, so steht dieser Hilfsantrag unter der innerprozessualen Bedingung der Erfolglosigkeit des Antrages zu Ziffer 1.

Beide Anträge können im Wege der objektiven Klagehäufung, § 260 ZPO, geltend gemacht werden.

Die Anträge selbst sind auch zulässig, § 253 Abs. 2 ZPO.

Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) ist gemäß § 43 Nr. 2 WEG örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, da die WEG im Amtsgerichtsbezirk belegen ist.

Die Klage ist auch begründet.

Der Klägerin steht ein Beseitigungsanspruch gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG in Verbindung mit dem Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.10.2019, der mehrheitlich beschlossen und unangefochten geblieben ist, zu.

Gemäß § 9a Abs. 2 WEG kann die Wohnungseigentümergemeinschaft diesen Anspruch geltend machen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann in Ausübung des auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Anspruchs verlangen, dass der ursprüngliche Zustand des Gemeinschaftseigentums wiederhergestellt wird. Das sind zwei verschiedene Ansprüche, die zwar inhaltlich zusammenhängen und ähnliche Zielsetzungen haben, aber formal doch getrennt betrachtet werden müssen. Das bedeutet, dass keine Gläubigermehrheit in Form der Mitgläubigerschaft gem. § 432 BGB mangels gemeinschaftlicher Empfangszuständigkeit vorliegt. Bei parallelen Zuständigkeiten kann Koordinierungsbedarf entstehen, da das neue Recht nur noch feste Zuordnungen kennt, die nicht durch Beschlüsse zur Vergemeinschaftung – wie früher nach § 10 VI 3 WEG aF – modifiziert werden können. Die Beschlussfassung auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Gemeinschaftseigentums selbst konnte auch mehrheitlich gemäß § 20 Abs. 1 WEG durch die Versammlung der Wohnungseigentümer erfolgen, denn die mit dem Durchbruch in der im Gemeinschaftseigentum stehenden Außenmauer einhergehende Störung des Eigentums der Klägerin geht vom Sondereigentum der Beklagten aus. Die Einwendungen der Beklagten sind dem gegenüber unerheblich. Der Beseitigungsanspruch selbst ist nicht gemäß § 214 BGB verjährt. Soweit der Beseitigungsanspruch, gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 Variante 3 WEG, der in der aktuellen Verfasstheit der WEG als Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung ein immer wiederkehrender ist, bei dem offen bleiben kann, ob eine Verjährung dieses Anspruchs der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer auf Einhaltung der gesetzlichen Pflichten, die gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft bestehen, nach § 14 WEG in seit 01.12.2021 geltenden Fassung überhaupt gegeben ist hinsichtlich dem der Gemeinschaft zustehenden Abwehransprüche; denn selbst wenn diese der regelmäßigen Verjährung unterliegen sollten, was bei einer weit zu verstehenden Aufgabe der ordnungsgemäßen Verwaltung dogmatisch mehr als zweifelhaft ist, ist jedenfalls vorliegend mangels Zeitablaufes, gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, eine Verjährung des Beseitigungsanspruchs der Gemeinschaft noch nicht eingetreten, da insoweit die Klägerin substantiiert vorgetragen hat, dass die Mauerdurchbrüche erstmals im Rahmen der Fassadensanierung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bekannt geworden und daher der Beschluss vom 02.10.2019 mehrheitlich gefasst worden ist, mithin bei Rechtshängigkeit der Klage die Verjährung des Abwehranspruchs und damit auf Beseitigung noch nicht eingetreten ist. Ob in diesem Zusammenhang ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits verjährt sein könnte, kann daneben offen bleiben, denn die Ansprüche gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 2, 9a Abs. 1 und Abs. 2 WEG und der Beseitigungsanspruch aus dem Eigentum der WEG, § 903 BGB, bestehen parallel (vergleiche BGH, Urteil vom 5.7.2019 – V ZR 149/18 zu der bis 01.12.2021 geltenden Fassung des WEG; BGH, Urt. v. 7.5.2021 – V ZR 299/19 (LG Mannheim); BGH, Urt. v. 11.6.2021 – V ZR 41/19 (LG Hamburg); Dötsch/Schultzky/Zschieschack WEG-Recht 2021Kapitel 4 27 – 29; Dr. M. J. Schmid, ZMR 2009, 585, wonach der Anspruch auf Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes nicht der Verjährung unterliegt). Dass die prozessuale Durchsetzung der Ansprüche gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, oder gar gegen das Schikaneverbot, § 226 BGB, als alleinige Schranken verstößt, ist weder hinreichend substantiiert dargetan, noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat hinsichtlich der Kosten ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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