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WEG – Wirkung eines Entlastungsbeschlusses bezüglich der Jahresabrechnungen

AG Hamburg-Blankenese, Az.: 539 C 44/14, Urteil vom 17.06.2015

1. Der Beschluss zu TOP 3 vom 01.12.2014 betreffend die Genehmigung der Gesamthausgeldabrechnung 2013 wird hinsichtlich der Reparaturkosten für ungültig erklärt.

2. Der Beschluss vom 01.12.2014 zu TOP 3 betreffend die Einzelhausgeldabrechnungen 2013 wird hinsichtlich der Kostenarten „Anwaltskosten und Reparaturen“ für ungültig erklärt.

3. Der Beschluss vom 01.12.2014 zu TOP 3 betreffend die Entlastung der Verwaltung wird für ungültig erklärt.

4. Der Beschluss vom 01.12.2014 zur TOP 4 betreffend die Entlastung des Verwaltungsbeirats wird für ungültig erklärt.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. In Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner 25 Prozent an die Beklagten 75 Prozent.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des beizutreibenden Betrages wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

8. Der Streitwert wird festgesetzt auf Euro 10.188,82

Tatbestand

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … in Sülldorf, die von der Beigeladenen verwaltet wird.

WEG - Wirkung eines Entlastungsbeschlusses bezüglich der Jahresabrechnungen
Symbolfoto: Von Daniel Krason / Shutterstock.com

Mit Schreiben vom 13.11.2014 lud die Verwaltung zur 1. ordentlichen Eigentümerversammlung auf den 01.12.2014 ein. In der Einladung ist ausdrücklich das Hausverbot für den Kläger zu 2) außer Kraft gesetzt, da die Versammlung in den Räumen der Beigeladenen/Verwaltung stattfand.

Wegen des Inhalts der gefassten Beschlüsse wird auf das als Anlage K2 vorgelegte Protokoll der Verwalterin verwiesen (Blatt 17 f. der Akte).

Wegen des Inhalts der Jahresabrechnung sowie in der Darstellung der Instandhaltungsrücklage wird verwiesen auf die als Anlage K3 und K4 vorgelegten Urkunden (Blatt 22/23 der Akte).

In der Einzelabrechnung wurden Anwaltskosten in Höhe von 5.837,63 Euro (vgl. Anlage K5 Blatt 24 der Akte) nach Quadratmetern auf alle Wohnungseigentümer verteilt. Der Anteil der Kläger belief sich auf Euro 967,23.

Insoweit handelt es sich um Anwaltskosten die am 08.01. beziehungsweise 17.12.2013 bezahlt wurden, und zwar für Prozesse der Wohnungseigentümer untereinander.

Nach Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen wurden Verwaltung und Beirat per Beschluss entlastet (TOP 3 und 4).

TOP 10 wurde der Antrag auf Rückbau/Beseitigung der in zweidreizehn vorgenommenen Bepflanzung jeweils links und rechts der Zuwegung zwischen Gehweg und Treppe vor dem Hauseingang bei 1 positiv und 6 negativ Stimmen abgelehnt.

Zu TOP 11 wurde ein Beschluss über die Kosten der vorgenannten Rückbau- und Beseitigungsmaßnahme mit selber Stimmenmehrheit abgelehnt.

Zu TOP 12 wurde mehrheitlich beschlossen, die Kläger nochmals durch die Verwaltung zum Rückbau aufzufordern in Bezug auf die von ihnen installierten Blumenkästen. insoweit wird zu den örtlichen Gegebenheiten auf die Fotos, Anlagenkonvolut K8 (Blatt 27/28 der Akte) verwiesen.

Wegen der Kosten des Vorprozesses wird verwiesen auf den Kostenfestsetzungsbeschluss für die I. und II. Instanz zum Aktenzeichen: 539 C 17/11 = LG Hamburg 318 S 12/12.

Auf einer weiteren Eigentümerversammlung vom 21.05.2015 wurde zu TOP 3 zur gärtnerischen Gestaltung mit 5 Ja- und 2 Nein-Stimmen beschlossen, dass der Zustand vor dem Eingangsbereich der Hauseingangstür einschließlich der Gestaltung der Hecke links und rechts vom Weg in dem zurzeit vorhandenen Zustand verbleiben soll.

Insoweit wird auf das als Anlage B1 vorlegte vorläufige Protokoll (Blatt 74 der Akte) verwiesen.

Die Kläger rügen u. a.

In dem Abrechnungsjahr 2013 seien die entstandenen Anwaltskosten (Anlage K5, Blatt 24 der Akte) entgegen der Entscheidung im Rechtsstreit AG Blankenese 539 C 17/11 = LG Hamburg 318 S 12/12 anteilig auch auf die Kläger umgelegt worden.

Lediglich die Jahresgesamtabrechnung sei insoweit zutreffend. Diese Anwaltskosten belaufen sich auf Euro 5.635,33; weitere Anwaltskosten in Höhe von Euro 202,30 betreffend das Hausverbot gegen den Kläger zu 2), könnten gar nicht angesetzt werden.

Bei den Reparaturkosten seien nicht nur Euro 1.009,10 sondern weitere Euro 5.530,95 tatsächlich bezahlt worden. Unter der Rubrik Reparaturkosten findet sich dieser Betrag nicht, auch unter der Darstellung der Instandhaltungsrücklage wird die entsprechende Position nicht als Reparatur bezeichnet.

Die Entlastung der Verwaltung und des Beirats entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Abrechnung fehlerhaft sei.

Ende 2013 habe im Auftrag des Verwalters ein Unternehmen links und rechts des gepflasterten Wegs bis zum Hauseingang eine Hecke gepflanzt. Diese versperre nun den freien Zugang zu den Gemeinschaftsflächen (Rasen).

Die Aktion sein ohne vorangehende Beschlussfassung der Eigentümer erfolgt und erst jetzt nach genehmigt worden.

Deshalb bestünde ein Schadensersatzanspruch gegen die WEG-Verwaltung.

Soweit beschlossen worden sei, zu TOP 12 gegen die Kläger wegen der Blumenkästen vorzugehen, entspreche dies nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Kästen seien ausreichend abgesichert (Haken mit Halterung) die jedoch nicht fest mit dem Gemeinschaftseigentum verbunden seien. Zudem befänden sich die Blumenkästen bereits seit 1980 dort. Eine unzulässige bauliche Veränderung stellten sie nicht dar.

Ergänzend wird verwiesen auf den Schriftsatz vom 26.03.2015. Die Kläger sind der Auffassung, dass Gericht müsse nach Ungültigerklärung der Negativbeschlüsse zu TOP 10 und 11 gerichtliche Ersetzungsbeschlüsse fassen.

Die Kläger beantragen:

I.

Die Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft …, 22589 Hamburg aus der Versammlung vom 01.12.2014 unter

TOP 3 Genehmigung der Jahresabrechnung 2013 (Gesamt-/Einzelabrechnung), beschränkt auf die Kostenarten Anwaltskosten und Reparaturen sowie die Entlastung der Verwaltung

TOP 4 Entlastung des Verwaltungsbeirats

TOP 10 Rückbau/Beseitigung der im Jahr 2013 vorgenommenen Bepflanzung jeweils links und rechts der Zuwegung Gehweg und der Treppe vor dem Hauseingang

TOP 11 die Kosten für die unter TOP 10 erfolgende Maßnahme Rückbau/Beseitigung (werden zunächst über das laufende Hausgeldkonto getragen und nachfolgend als Schadensersatz gegenüber der Verwaltung, notfalls auch im Rahmen eines gerichtlichen Klagverfahrens, geltend gemacht und durchgesetzt.

TOP 12 Vorgehensweise gegen die Eigentümer Herrn und Frau … betreffend ihres Verstoßes gegen die Teilungserklärung und der installierten Blumenkästen.

II.

Die Beschlüsse zu TOP 10 und 11 gerichtlich zu ersetzen:

TOP 10 Rückbau/Beseitigung der im Jahr 2013 vorgenommenen Bepflanzung jeweils links und rechts der Zuwegung Gehweg und der Treppe vor dem Hauseingang

TOP 11 die Kosten für die unter TOP 10 erfolgende Maßnahme Rückbau/Beseitigung (werden zunächst über das laufende Hausgeldkonto getragen und nachfolgend als Schadensersatz gegenüber der Verwaltung, notfalls auch im Rahmen eines gerichtlichen Klagverfahrens, geltend gemacht und durchgesetzt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen unter anderem vor: hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten soll auf einer künftigen Versammlung neu beschlossen werden.

Rechnung wegen der Kosten für das Hausverbot …: Hier seien Gelder tatsächlich in 2/13 gezahlt worden.

Deshalb habe die Position – egal ob berechtigt oder nicht – in der Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung aufgeführt werden müssen.

Die Darstellung der Reparaturkosten unter Hinzuziehung der Darstellung der Instandhaltungsrücklage sein „vollkommen transparent für die Eigentümer“.

Die Entlastungsbeschlüsse für Verwaltung und Beirat seien nicht zu beanstanden.

 

Die Bepflanzungen entsprechen dem Ermessen der Eigentümergemeinschaft, wenn die Umgestaltung gar nicht beschlossen worden sei.

Die Aufforderung (TOP 12) über den Klägern sei berechtigt, denn im November 2011 sei es zu einem folgenschweren Vorfall gekommen. Einer der Balkonkästen stürzte von der Brüstung auf den Balkon der Miteigentümerin … .

Der Schaden am dortigen Marmortisch wurde von der Versicherung des Klägers zu 2) reguliert.

Auch die nachträgliche Erhebung der Verjährungseinrede würde den Beschluss nicht rückwirkend unwirksam machen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Anfechtungsklage ist form- und fristgerecht unter sofortiger Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses am 30.12.2014 bei Gericht eingegangen und fristgerecht am Montag, dem 02.02.2015 detailliert begründet worden.

Im Einzelnen:

I.

Genehmigung der Gesamthausgeldabrechnung 2013

Der Beschluss ist insoweit für ungültig zu erklären, als unter der Position „Reparaturen“ lediglich insgesamt 1.009,10 Euro nach Miteigentumsanteilen auf die Wohnungseigentümer verteilt worden sind.

Aus der Gesamtabrechnung ist nicht ansatzweise zu erkennen, dass die „Rücklagenentnahme Euro 5.530,95 – samt anteilig für die Kläger Euro 916,42 – die restlichen Reparaturkosten darstellen. Die Abrechnung ist insoweit sowohl für Insider als auch für außenstehende Dritte intransparent.

Die Abrechnung krankt noch an erheblich mehr Mängeln, die klägerseits allerdings nicht gerügt worden sind.

Die kombinierte Gesamt- und Einzelabrechnung erwähnt etwa Wohngeldzahlungen der Kläger, womit suggeriert wird, dass es auf die tatsächlichen Zahlungen ankommt. Dies ist grundfalsch. In der Jahresabrechnung ist auf Sollvorauszahlungsbasis abzurechnen und eine echte Abrechnungsspitze auszuweisen. Bereits der Vergleich zwischen der von DDIV/VNWI empfohlenen in der Fachpresse auch akzeptierten Musterabrechnung sieht das hiesige Abrechnungswerk schon eher dürftig aus. Auf die ausführlich erläuterte Musterabrechnung für Wohnungseigentümergemeinschaften von Casser/Schultheis in ZMR 2011 Seite 85 bis 95 wird verwiesen.

In der Musterabrechnung befindet sich auch eine Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrückstellung und des Sollvermögens (ZMR 2011, 95). Dort ist zum Beispiel erwähnt „Entnahme aus der Instandhaltungsrückstellung für Fassadenrenovierung“ d.h. der jeweilige Verwendungszweck ergibt sich bereits aus der Darstellung der Rücklage.

In der Einzelabrechnung (ZMR 2011, 93) findet sich unter III Instandhaltungsrückstellung (Zuweisung- und Entnahmen) jeweils gesondert aufgeführt, in welcher Höhe insgesamt und quotal bezogen auf die einzelnen Eigentumswohnungen Entnahmen stattfanden.

In der Gesamtdarstellung Einnahmen und Ausgaben (ZMR 2011, 92) sind dann unter II Ausgaben wiederum die Kosten für die Fassadensanierung „aus Instandhaltungsrückstellung“ aufgeführt, doch zurecht nicht als „verteilungsrelevante Beträge, Bestandteil der Einzelabrechnung“ erläutert. Ergänzend wird auf das für die Darstellung der Instandhaltungsrücklage maßgebliche Urteil des BGH vom 04.12.2009 (ZMR 2010, 300) verwiesen.

In der als „Einzelabrechnung“ bezeichneten rechten Spalte der Anlage K3 (Blatt 22 der Akte) finden sich zu unrecht Anwaltskosten in Höhe von Euro 967,23 zu Lasten der Beklagten.

Selbst wenn man unterstellt, dass die Euro 202,30 an Frau Rechtsanwältin tatsächlich geflossen sind und die Kläger hieran (vorerst) quotal mit Euro 33,52 zu beteiligen sind ist der auf die Kläger abgewälzte Betrag nahezu in voller Höhe unberechtigt. Die Kläger sind natürlich nicht verpflichtet entgegen der gerichtlichen Kostenentscheidung anteilig die Kosten ihrer eigenen Anwälte zu bezahlen. Auf den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.11.2012 zum Aktenzeichen 539 C 17/11, (nicht wie vom Klägerseite angegeben 539 C 17/12) wird verwiesen (Blatt 66 der Akte).

Soweit in der Einzelabrechnung Reparaturen lediglich in Höhe von Euro 1.009,10 nach Quadratmetern mit Euro 167,20 auf die Kläger verteilt wurden ist dies der Folgefehler aus der unzutreffenden Angabe der Gesamtreparaturkosten in der Jahresabrechnung. Die Darstellung der Reparaturen ist hier deshalb intransparent, weil bei der Entnahme aus der Rücklage gerade nicht darauf hingewiesen wurde, dass es sich insoweit um die vorne in der Gesamtabrechnung fehlenden Reparaturkosten handelte. Wenn man die Abrechnungen der Beigeladenen ansieht, fühlt man sich unweigerlich in das vom Amtsgericht Dortmund als „Heizkostenquiz“ bezeichnete Abrechnungswerk erinnert (vgl. AG Dortmund ZMR 2004, 589). Dies ist mit dem Wesen einer Abrechnung schlicht unvereinbar.

II.

Die Entlastung des Verwalters ist schon auf Grund der vorstehend geschilderten elementaren Abrechnungsmängel, die noch nicht mal vollzählig klägerseits gerügt wurden, verfrüht und der entsprechende Beschluss deswegen für ungültig zu erklären. Im Übrigen hat hier offenbar die Verwaltung keinen vertraglichen Anspruch auf die Entlastung.

Selbst die Rechtsprechung, die zu unrecht eine Entlastung bei nicht erkennbaren Fehlern des Verwalters als tatsächliche Vertrauensgrundgabe für zulässig erachtet, kommt hier nicht zum Tragen, da bei Gesamt- und Einzelabrechnungen Fehler festgestellt und zum Teil auch von den Beklagten eingeräumt wurden.

Im Übrigen ist gar nicht nachzuvollziehen, warum – da verfrüht – einem Verwalter Entlastung erteilt werden sollte. Damit tut man im Regelfall nicht dem Verwalter einen Gefallen, sondern der dahinter stehenden Versicherung, falls sich doch erkennbare Mängel z.B. der Abrechnung heraus stellen sollten. Zur herrschenden Meinung vgl. etwa Abramenko in Riecke/Schmid WEG 4. Auflage 2015 § 28 Randnummer 111 f.).

III.

Aus den selben Gründen ist auch der Beschluss über die Entlastung des Beirats (TOP 4) für ungültig zu erklären. Auch ein Beirat hätte auf den ersten Blick erkennen können und müssen – nach Einsicht in die Belege – das hier besondere Anwaltskosten völlig falsch verteilt worden und Reparaturkosten bei den Gesamtkosten nicht in voller Höhe genannt waren. Auch die Entlastung des Beirats ist entgegen der überwiegenden Rechtsauffassung generell nicht Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung anzusehen, wenn – wie hier – eine Beiratsversicherung besteht. Durch den Entlastungsbeschluss werden dann nicht die Beiräte sondern die Versicherung wirtschaftlich geschützt.

Auch dies kann im vorliegenden Fall jedoch dahin gestellt bleiben die oben genannten Fehler auch für einen Beirat/Wohnungseigentümer sofort ins Auge sprangen.

IV.

Soweit die Kläger auch die Negativbeschlüsse zu TOR 10 und 11 angegriffen haben ist dies nach BGH Rechtsprechung sogar bei isolierter Anfechtung möglich. Diese Auffassung überzeugt allerdings nicht, da nach zutreffender Auffassung Negativbeschlüsse keinerlei Sperrwirkung haben. Ein Negativbeschluss ist im Ergebnis sogar von Vorteil für den betroffenen Wohnungseigentümer, da der Weg zum Verpflichtungsantrag durch ihn frei gemacht wird und die Beklagten nicht mehr die fehlende Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit der Beschlussthematik einwenden können, vgl. AG Hamburg-Blankenese ZMR 2014, 244.

V.

Die Anfechtung des Beschlusses zu TOP 12 bleibt erfolglos, da die bloße Aufforderung an die Kläger durch die Verwaltung folgenlos ist und zum Anderen diesen einfach negiert werden kann; d. h. ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschlussanfechtung ist hier ebenfalls nicht erkennbar.

Im Übrigen ist im Rahmen der Beschlussanfechtung zu TOP 12 gar nicht zu prüfen, ob ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch gegen die Kläger besteht. Um das Kriterium der ordnungsmäßigen Verwaltung zu erfüllen, genügt es vielmehr, dass die Eigentümerversammlung das Bestehen eines solchen Anspruchs für plausibel halten durfte, vgl. OLG München ZMR 2010, 469.

Im vorliegenden Fall ist lediglich die Verwaltung mandatiert worden ein Aufforderungsschreiben zu verfassen. Rechtliche Schritte d.h. die Beauftragung eines Anwalts mit der Prüfung der Rechtslage oder gar den Gang zum Gericht hat sich die Gemeinschaft nur vorbehalten. Genau dies entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung bei zweifelhaften Ansprüchen.

Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Fachanwalt für Miet- und WEG Recht mit der Prüfung der Rechtslage beauftragen will, mag sie dies zukünftig tun.

Da im Zeitpunkt der Beschlussfassung die Verjährungseinrede von Seiten der Kläger noch nicht erhoben war und die Verjährung nicht von Amtswegen zu berücksichtigen wäre, entsprach die damalige Aufforderung ordnungsmäßiger Verwaltung.

Bei der Beurteilung des Beschlusses der Eigentümerversammlung kommt es immer auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung und nicht auf spätere Ereignisse an.

Im Hinblick auf den letzten Absatz im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 18.02.2015 (Blatt 38 der Akte) können die Beklagten sich schon ausrechnen, wie eine derartige anwaltliche Beratung aussehen wird.

VI.

Die Verpflichtungsanträge zu den angefochtenen Negativbeschlüssen sind unbegründet.

Beide Verpflichtungsanträge sind in der Formulierung zu unbestimmt und insoweit kommt es auf die Nachgenehmigung wie sie sich aus dem vorläufigen Protokoll der Eigentümerversammlung vom 21.05.2015 ergibt (Anlage B1 Blatt 74 der Akte) keine Bedeutung zu.

Denn nur wenn die Beschlüsse dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen würden, wäre das hiesige/ ältere Verfahren auszusetzen bis hin zur Bestandskraft des Nachgenehmigungsbeschlusses. Insoweit wird verwiesen auf Drabek ZMR 2014, 20 f. zu der indiskutablen Entscheidung des LG Stuttgart ZMR 2013, 564.

Ebenso wie Beschlüsse nach Grundbuchregeln objektiv – normativ auszulegen sind, so muss auch ein beantragter gerichtlicher Ersetzungsbeschluss für einen künftigen Erwerber und außenstehenden Dritten klar machen, was genau Beschlussgegenstand sein soll. Dies ist hinsichtlich des Verpflichtungsantrags zu TOP 10 zu verneinen, womit automatisch der davon abhängige Folgeverpflichtungsantrag zu TOP 11 ebenfalls entfällt.

Selbst eine für außenstehende Dritte nicht erkennbare „Falschbezeichnung“ kann – anders als bei 2-seitigen Verträgen – nicht durch Auslegung beseitigt werden.

Parallelen zum Gesellschaftsrecht (vgl. AG München ZMR 2014, 406 zur Relevanztheorie) hat die jüngere Rechtsprechung immer wieder eine Absage erteilt (LG München I vom 29.01.2015, 36 S 2567/14 ZMR 2015 Heft 6). Den Ausführungen von Carsten Schäfer NZG 2014, 1401 „Der Bestimmtheitsgrundsatz ist – wirklich – Rechtsgeschichte“ kann für das Wohnungseigentumsrecht gerade nicht gefolgt werden.

Die Kläger haben jedenfalls keinen Anspruch auf eine gerichtliche Beschlussersetzung, sofern ein entsprechender Beschluss sofort wegen Unbestimmtheit aufgrund einer Beschlussanfechtungsklage eines Eigentümers wieder für ungültig erklärt werden müsste.

Nachträgliche Erläuterungen Präzisierungen sowie Sonderwissen von Verwalter und Eigentümern können nämlich auch zur Rettung eines gerichtlich ersetzten Beschlusses nicht erfolgreich ins Feld geführt werden.

Aus der Formulierung des Verpflichtungsantrags zu TOP 10 muss sich präzise ergeben, welche Bepflanzung im Jahr 2013 vorgenommen wurde. Hier wäre es möglich gewesen, durch ausdrücklich Bezugnahme auf ergänzende Unterlagen wie Handwerkerrechnungen etc. sowie Fotos und Skizzen dem Bestimmtheitserfordernis zu genügen, ansonsten handelt es sich um eine Blankett-Regelung (vgl. AG Hamburg-Blankenese ZMR 2004, 783).

Nach Auffassung des OLG Düsseldorf (WuM 2009, 63) müssen Regelungen so klar und eindeutig gefasst sein, dass ihr Inhalt nicht erst im Wege der Auslegung festzustellen ist.

Anderes gilt für die Genehmigung bereits geschaffener und nicht zu beseitigender baulicher Maßnahmen (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2005, 143).

 

Die Wohnungseigentümer wären bei Erlass des beantragten Ersetzungsbeschlusses auch gar nicht befugt, eine verbindliche Auslegung qua Beschluss festzulegen (vgl. LG München I ZMR 2012, 582).

Das LG Hamburg (ZMR 2012, 654) hat ferner festgestellt, dass Anträge einen durchführungsfähigen Inhalt haben müssen, damit sie in die Praxis umgesetzt werden können.

VII.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 709 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes auf EUR 10,188,82 wird wie folgt begründet:

Beschluss

Festgesetzt wird der Streitwert auf EUR 10.188,82

Gründe:

1. Teilanfechtung TOP 3

a) Anwaltskosten 5.837,63 x 50 % = EUR 2.918,82 (< 967,23 x 5 = 4.836,15)

b) Reparaturkosten 1.009,10 + 5.530,95 = 6.540,05 x 50 % = EUR 3.270,00 (< 916,42 + 167,20 = 1.083,62 x 5 = 5.418,10)

c) Verwalterentlastung EUR 1.000,00 (vgl. LG Frankfurt/ O. ZMR 2014, 652)

2. Entlastung des Beirats EUR 500,00

3. Anfechtung der Negativbeschlüsse und Verpflichtungsanträge zu TOP 10 und TOP 11: EUR 2.000,00

4. Anfechtung zu TOP 12 EUR 500,00

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