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WEG – Wirtschaftsplan – keine Vorschüsse die auf falschem Verteilerschlüssel beruhen

LG Frankfurt/Main – Az.: 2-13 T 1/23 – Beschluss vom 06.02.2023

In der Beschwerdesache hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 6.2.2023 beschlossen:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer wird die Kostenentscheidung im Beschluss des AG Groß-Gerau vom 24.11.2022 abgeändert. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Zusammenfassung

Keine Vorschüsse auf falschem Verteilerschlüssel in Wirtschaftsplan.
(Symbolfoto: JIMBO EKAPAT/Shutterstock.com)

In dieser Auseinandersetzung geht es darum, dass ein falscher Verteilerschlüssel im Wirtschaftsplan einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht dazu führen darf, dass zu viel oder zu wenig Vorschüsse von den Eigentümern verlangt werden. Der Wirtschaftsplan regelt die Einnahmen und Ausgaben der WEG für ein Geschäftsjahr und basiert auf einem Verteilerschlüssel, der die Kosten auf die Eigentümer aufteilt.

Ein Gerichtsurteil hat nun festgestellt, dass ein Wirtschaftsplan unwirksam ist, wenn er auf einem falschen Verteilerschlüssel beruht. Das bedeutet, dass die WEG keine Vorschüsse von den Eigentümern verlangen darf, die auf diesem falschen Schlüssel basieren.

Eigentümer können also gegen eine Forderung von Vorschüssen vorgehen, wenn der Wirtschaftsplan der WEG auf einem falschen Verteilerschlüssel beruht. Wichtig ist es, frühzeitig zu handeln und sich an einen Anwalt zu wenden, um rechtzeitig gegen eine ungerechtfertigte Forderung vorzugehen.

GRÜNDE

I.

Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft, die neben ihnen nur aus einem weiteren Eigentümer besteht. Die Teilungserklärung sieht eine Kostentragung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile vor. Nachdem die Gemeinschaft einen Verwalter bekam, legte dieser erstmals einen Wirtschaftsplan vor. Die Kosten wurden dort nach einem Verteilerschlüssel von 50 % zu 50 % umgelegt. Auf der Versammlung beschlossen die Eigentümer „den vorliegenden Wirtschaftsplan“ und dessen Fortgeltung bis zur Verabschiedung eines neuen Wirtschaftsplans. Hiergegen richtete sich die Anfechtungsklage der Kläger, mit der diese sich gegen den Verteilerschlüssel wandten. Zugleich begehrten sie eine Beschlussersetzung dahingehend, dass Vorschusspflichten gemäß eines Wirtschaftsplans mit den in der Teilungserklärung festgelegten Verteilerschlüssel beschlossen werden. Nachdem die Eigentümer zwischenzeitlich Beschlüsse zur Änderung des Verteilerschlüssels fassten, wurde der Wirtschaftsplan erneut beschlossen, hieraufhin wurde der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Amtsgericht hat die Kosten den Klägern auferlegt, da es an einem erledigenden Ereignis fehle, denn durch die Beschlüsse der späteren Eigentümerversammlung sei letztlich genau das beschlossen worden, was die Kläger angefochten hätten. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a, 569 ZPO statthaft und zulässig. Sie hat Erfolg.

In Folge der übereinstimmenden Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO) war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Voranzustellen ist, dass es nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. nur BGH NJW-RR 2009, 422).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist nur eine Kostenauferlegung auf die Beklagte sachgerecht. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes ist bei einer übereinstimmenden Erledigung für die Kostenentscheidung nicht zu prüfen, ob eine Erledigung tatsächlich eingetreten ist, ebenfalls ist dieses für die Kostenentscheidung unerheblich (OLG Dresden MDR 2018, 1215). Allerdings liegt im Streitfall ein erledigendes Ereignis vor, denn ohne die späteren Beschlüsse wäre die Klage zulässig und begründet gewesen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Anfechtungsklage gegen den Beschluss bezüglich des Wirtschaftsplans bereits deshalb – vollumfänglich – Erfolg gehabt hätte, weil die Eigentümer nicht über die Vorschüsse iSv § 28 Abs. 1 WEG beschlossen haben, sondern über den Wirtschaftsplan insgesamt (so AG Mettmann ZMR 2021, 687, AG Hamburg-St. Georg ZWE 2022, 333; ZMR 2022, 833; ebenso BeckOK BGB/Hügel, 63. Ed. 1.8.2022, WEG § 28 Rn. 2; MüKoBGB/Skauradszun § 28 Rn. 65; aA LG Berlin GE 2022, 1011). Eine Beschlusskompetenz auch das Zahlenwerk zu beschließen, besteht seit der WEG-Reform 2020 nicht mehr. Welche Folgen ein gleichwohl gefasster Beschluss zeitigt, kann hier jedoch dahinstehen, denn auch die Vorschüsse, betreffend derer eine Beschlusskompetenz nach altem und neuen Recht bestand (für Teilnichtigkeit soweit nicht die Vorschüsse betroffen sind daher Kammer ZWE 2022, 287 Rn. 7), entsprechen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Insoweit sieht die Teilungserklärung einen Kostenverteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen vor, tatsächlich wurden die Kosten hälftig verteilt. Zutreffend ist zwar, dass die Wohnungseigentümer bei der Festlegung des Wirtschaftsplans einen weiten Ermessensspielraum haben, sie können insbesondere die Vorschüsse knapp oder großzügig bemessen, der Ermessenspielraum ist insoweit nur dann überschritten, wenn die getroffene Prognoseentscheidung nicht mehr vertretbar ist. Dieses Ermessen betrifft allerdings nur die Höhe der Kosten, die vorliegend nicht im Streit steht. Die von den Anfechtungsklägern gerügte Frage der Verteilerschlüssel ist keine Frage, die einer Ermessensentscheidung unterliegt. Auch bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans sind die gültigen Verteilerschlüssel anzuwenden (LG Berlin GE 2022, 1163; Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 79). Dies ist hier nicht geschehen, denn der Verteilerschlüssel von 50 zu 50 in dem Beschluss entspricht nicht dem vereinbarten Schlüssel des Miteigentumsanteils, von 1/5 zu 4/5. Ob in Fällen, in denen der fehlerhafte Verteilerschlüssel nur zu einer geringfügigen Mehrbelastung führt, zur Sicherstellung der Finanzierung der Gemeinschaft, der Wirtschaftsplan gleichwohl nicht für ungültig zu erklären ist, wenn die Höhe der Vorschüsse für einzelne Wohnungseigentümer wegen des Ansatzes eines fehlerhaften Verteilungsschlüssels geringfügig höher oder niedriger ausfällt als bei Ansatz eines zutreffenden Verteilungsschlüssels (so LG Berlin ZMR 2022, 988), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, denn die Abweichung liegt bei über 50 % und ist damit erheblich.

Zutreffend ist zwar der Einwand der Beklagten, dass nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG die Eigentümer durch einen Beschluss auch einen von einer Vereinbarung abweichenden Kostenverteilungsschlüssel beschließen können. Dies bedurfte allerdings schon im alten Recht einer gesonderten Beschlussfassung und konnte nicht etwa konkludent im Rahmen der Beschlussfassung über ein Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung erfolgen. Dem widersprach bereits der Transparenzgedanke (BGH NZM 2018, 905 Rn. 18; NJW 2012, 603 Rn. 12). Im neuen Recht gibt es keine Veranlassung, hiervon abzuweichen (näher Bärmann/Becker § 28 Rn. 152). Im Gegenteil ist für die Annahme, einer konkludenten Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels innerhalb eines Beschlusses über die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan schon deshalb kein Raum, weil das Zahlenwerk, aus welchem sich der Verteilerschlüssel überhaupt nur ergeben kann, nicht mehr Gegenstand der Beschlussfassung ist und damit auch nicht an der Bestandskraft teilnehmen kann.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist für den vorliegenden Beschluss ohne Relevanz, das auf einer späteren Versammlung auf dem nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG vorgesehenen Weg eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels bestandskräftig erfolgt ist. Bis zu einem derartigen Beschluss war die Anwendung eines von der Teilungserklärung abweichenden Kostenverteilerschlüssels fehlerhaft.

Da demzufolge die Anfechtungsklage Erfolg gehabt hätte und die Gemeinschaft Finanzbedarf hatte, wäre ebenfalls die Beschlussersetzungsklage, mit welcher die Kläger einem Beschluss über Vorschusszahlungen unter Zugrundelegung der zutreffenden Verteilerschlüssel begehrten, begründet gewesen.

Nach alledem entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.

Nach alledem auf die Beschwerde die angegriffene Kostenentscheidung abzuändern. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Gründe die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestehen nicht, zumal in Verfahren nach § 91a ZPO die Rechtsbeschwerde nicht zur Klärung von materiellen Fragen zugelassen werden darf.

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