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WEG – Wohngeldklage – Jahresabrechnung als Anspruchsgrundlage für rückständige Hausgelder

LG Frankfurt – Az.: 2-13 T 9/20 – Beschluss vom 12.02.2020

1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des AG Idstein vom 10.01.2020 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mit der Klage hat die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft ausdrücklich als solche bezeichnete „rückständige Abrechnungsspitzen“ geltend gemacht und insoweit die Jahresabrechnungen aus 2016 und 2017 vorgelegt. In den Jahresabrechnungen sind jeweils die tatsächlichen Ausgaben den „Zahlungen“ gegenübergestellt, wobei am Ende der so bezeichneten „Zahlungsvorgänge“ sich die Zeile findet „Summe ihrer Zahlungen“ und ein Betrag für „Nachzahlungen“ ausgewiesen ist.

Der Beklagte hat nach Klagezustellung den Betrag der Klageforderung gezahlt und sich darauf berufen, dass sich aus der Jahresabrechnung die Nachzahlungsbeträge nicht ergeben, hierauf hatte das Amtsgericht bereits zuvor hingewiesen und aufgezeigt, dass sich aus den Jahresabrechnungen lediglich eine geringfügige Abrechnungsspitze ergebe. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2019 hat die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt, mit einem späteren Schriftsatz hat sie sich darauf berufen, dass die Klageforderung, sich überwiegend aus den Wirtschaftsplänen ergebe.

Das Amtsgericht Idstein hat nach übereinstimmender Erledigungserklärung die Kosten des Rechtsstreites der Klägerin auferlegt und zur Begründung sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Klage ursprünglich bis auf einen geringfügigen Betrag unschlüssig gewesen sei, da sich aus den Jahresabrechnungen insoweit die geltend gemachten Forderungen nicht ergäben und Vortrag zu den Wirtschaftsplänen erst nach der Zahlung gehalten sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a Abs. 2, 569 ZPO statthaft und zulässig. Sie hat keinen Erfolg.

Voranzustellen ist, dass es nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. nur BGH NJW-RR 2009, 422).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist die amtsgerichtliche Entscheidung zutreffend. Insoweit wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Beschluss und die Nichtabhilfeentscheidung Bezug genommen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klage, wie das Amtsgericht meint, nur überwiegend oder nicht, wofür vieles spricht, zum Zeitpunkt der Zahlung und der Erledigungserklärung durch die Klägerin vollständig unschlüssig war. Der insoweit von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch konnte nämlich nicht auf die von ihr zur Begründung des Anspruches vorgetragenen Jahresabrechnungen gestützt werden. Durch die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur hinsichtlich der Abrechnungsspitze eine neue Schuld begründet (vgl. nur BGH NJW 2012, 2797 Rn. 20 = ZWE 2012, 373; st. Rspr.).

Die von der Klägerin geltend gemachten Rückstände beruhen jedoch nur zu einem geringen Teil auf den Abrechnungsspitzen, hingegen – wie die Klägerin im Verlaufe des Rechtsstreites auch eingeräumt hat – zum überwiegenden Teil auf rückständigen Forderungen aus den Wirtschaftsplänen. Insoweit haben die Wohnungseigentümer jedoch keine Beschlusskompetenz durch einen Beschluss über die Jahresabrechnung eine neue Anspruchsgrundlage hinsichtlich etwaiger Hausgeldrückstände zu begründen (BGH NJW 2012, 260796 f.; ZWE 2014, 261). Im vorliegenden Fall spricht allerdings vieles dafür, dass dies die Wohnungseigentümer getan haben, als sie in der Abrechnung die Ausgaben den tatsächlichen Zahlungen, die ausdrücklich auch als solche bezeichnet waren, gegenüberstellten und somit eine „Nachzahlung“ als Ergebnis der Abrechnung ausgewiesen haben. Bei der gebotenen objektiv-normativen Beschlussauslegung dürfte damit eindeutig der dort ausgewiesene Betrag als beschlossen anzusehen sein. Dass dies gewollt war, zeigt auch die Klagebegründung.

Da für eine derartige Beschlussfassung jedoch keine Kompetenz besteht, dürfte der Beschluss bereits nichtig sein (vgl. Kammer ZWE 2019, 142; mwN). In jedem Falle hätte die Klage soweit sie auf die Jahresabrechnungen gestützt war, überwiegend keinen Erfolg gehabt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen, dass zu einem späteren Zeitpunkt die Klageforderung auf die Wirtschaftspläne gestützt wurde und insoweit erhebliche Rückstände des Beklagten bis zur Zahlung tatsächlich bestanden haben. Bei Forderungen aus Abrechnungsspitzen und aus Wirtschaftsplänen handelt es sich um unterschiedliche Ansprüche, die ihre Rechtsgrundlage in verschiedenen Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft haben, die unterschiedlichen Verjährungsfristen unterliegen und auch bei Eigentümerwechsel unterschiedliche Schuldner betreffen können. Bei natürlicher Betrachtungsweise stellen Forderungen aus Jahresabrechnungen und Wirtschaftsplänen daher völlig unterschiedliche Lebenssachverhalte dar, die zu verschiedenen Tatsachenkomplexen gehören, so dass es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handelt (vgl. BGH NJW 2013, 540 Rn. 14 mwN). Dass der Klageantrag sich insoweit auf eine gleiche Zahlung bezieht, ändert insoweit nichts, denn nach der herrschenden Auffassung, die auch vom Bundesgerichtshof geteilt wird, setzt sich der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, zusammen (grdl. BGHZ 117, 1-7, Rn. 14).

Insoweit daher eine zunächst auf eine Jahresabrechnung gestützte Klageforderung im Verlaufe des Rechtsstreites auf einen Anspruch aus einem Wirtschaftsplan gestützt wird, liegt eine Klageänderung vor, die nach den Voraussetzungen des §§ 263 ff. ZPO zu beurteilen ist und dazu führt, dass der Klagegenstand durch einen anderen ersetzt wird. Da insoweit der Lebenssachverhalt, also der Klagegrund, vollständig ausgetauscht wird, liegt insbesondere kein Fall des § 264 ZPO vor, so dass es auf die Frage, ob die Norm entgegen ihrer Überschrift einen Fall der zulässigen Klageänderung regelt (vgl. zutreffend Thomas/Putzo/Reichhold § 264 Rn. 1), nicht ankommt.

Da vorliegend sowohl die Zahlung des Beklagten, als auch die Erledigungserklärung der Klägerin zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die geänderte Klage weder erhoben noch zugestellt war, entspricht es billigem Ermessen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreites insgesamt aufzuerlegen. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Klage mit dem geltend gemachten Anspruch abzuweisen. Es liegt daher – anders als die Beschwerde meint – auch kein Fall vor, in dem der Beklagte die Klageforderung freiwillig erfüllt hat und damit ihm aus diesem Grund die Kosten auferlegt werden könnten. Hieran fehlt es bereits deshalb, weil der Beklagte ausdrücklich nicht auf die Klageforderung gezahlt hat, sondern in der Klageerwiderung explizit darauf verwiesen hat, dass sich aus den Jahresabrechnungen ein Anspruch der Klägerin nicht ergibt.

Demnach erweist sich die angefochtene Kostenentscheidung als zutreffend.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 97 ZPO.

Gründe die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestehen nicht, zumal in Verfahren nach § 91a ZPO die Rechtsbeschwerde nicht zur Klärung von Fragen zugelassen werden darf, die nicht die Erledigung als solche betreffen.

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