Ein komplexer Fall um Sondernutzungsrechte und Zuständigkeiten
Ein komplizierter Rechtsstreit beschäftigt das Oberlandesgericht Hamburg: Im Kern geht es um Sondernutzungsrechte und Wohnungseigentum. Die Klägerin und der Beklagte sind Wohnungseigentümer in einer WEG und streiten um die Eintragung eines vermeintlichen Sondernutzungsrechts im Grundbuch. Das fragliche Recht war zunächst zugunsten der Klägerin eingetragen, wurde aber später zugunsten des Beklagten verzeichnet. Im Rahmen der Auseinandersetzung kommt es zu Streitigkeiten über die Zuständigkeit der beteiligten Gerichte, was letzten Endes zur Entscheidung des Oberlandesgerichts führt.
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Übersicht
Bestimmung des zuständigen Gerichts
Die Komplexität dieses Falles spiegelt sich in der Frage der Gerichtsstandsbestimmung wider. Grundsätzlich ist das Hanseatische Oberlandesgericht nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für die Bestimmung des Gerichtsstands zuständig; hier jedoch erklären sich Gerichte verschiedener Instanzen für unzuständig. Das Amtsgericht Hamburg hatte sich für unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landgericht Hamburg verwiesen. Das Landgericht verwies wiederum das Verfahren zurück an das Amtsgericht.
Der Beschluss des OLG Hamburg vom 13.12.2021 (Az: 11 AR 14/21) stellt schließlich die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg fest. Dies begründet sich durch die Bindungswirkung aus dem Verweisungsbeschluss des Landgerichts (§ 281 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Die WEG-Sache und ihre Folgen
Das OLG Hamburg merkt an, dass es sich hierbei um eine WEG-Sache (Wohnungseigentumsgesetz) gemäß §§ 23 Nr. 2 c) GVG, 43 Abs. 2 WEG handelt. Das Amtsgericht hatte fälschlicherweise angenommen, dass es sich um das Widerspruchsverfahren handele. Tatsächlich handelt es sich – aus der Klageschrift vom 28. Juli 2021 ersichtlich – um die nach §§ 936, 926 ZPO eingeleitete Hauptsacheklage.
Die Aufhebung des Sondernutzungsrechts (Widerspruchseinlegung) durch den Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits ändert nichts an der grundsätzlichen rechtlichen Frage und dürfte lediglich eine Rolle für das weiterhin prozessual eigenständige einstweilige Verfügungsverfahren spielen.
Durch die Entscheidung des OLG Hamburg und die Bestätigung der Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg steht nun der weiteren Klärung des Sachverhalts und letztlich der Eintragung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch nichts mehr im Wege.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 11 AR 14/21 – Beschluss vom 13.12.2021
Das Amtsgericht Hamburg wird als das für den Rechtsstreit zuständige Gericht bestimmt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten nach vorangegangenem Verfügungsverfahren – gerichtet auf Eintragung eines Widerspruchs in das Grundbuch – in der Hauptsache auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs in Anspruchs. Beide Parteien sind Wohnungseigentümer in einer WEG. Der Klägerin geht es um die Eintragung eines vermeintlich zu ihren Gunsten bestehenden Sondernutzungsrechts in das Grundbuch, wo es derzeit (nach zwischenzeitlicher Löschung des zunächst für die Klägerin eingetragenen Rechts) zugunsten des Beklagten verzeichnet ist.
Mit seiner Klagerwiderung hat der Beklagte erklärt, Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung einzulegen, und hat Widerklage erhoben.
II.
1. Das Hanseatische Oberlandesgericht ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für die Gerichtsstandsbestimmung zuständig, da sich Spruchkörper verschiedener Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
Zwar hat das Amtsgericht Hamburg sich im Tenor des Beschlusses vom 24. November 2021 lediglich für unzuständig erklärt und das Verfahren nicht ausdrücklich gemäß § 281 ZPO an das seiner Auffassung nach zuständige Landgericht Hamburg zurückverwiesen. Diese Intention lässt sich aber den Gründen des Beschlusses in ausreichender Weise entnehmen, sodass nicht von einer – ggf. für eine Gerichtsstandsbestimmung nicht ausreichenden – bloßen Ablehnung der Übernahme des Verfahrens auszugehen ist.
Beide Beschlüsse sind unanfechtbar, § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO.
2. Als zuständiges Gericht war das Amtsgericht Hamburg zu bestimmen.
Das Amtsgericht ist schon wegen der aus dem Verweisungsbeschluss des Landgerichts folgenden Bindungswirkung als sachlich zuständig anzusehen, § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO.
Im Übrigen handelt es sich bei dem vorliegenden Verfahren um eine WEG-Sache i.S.v. §§ 23 Nr. 2 c) GVG, 43 Abs. 2 WEG (vgl. i.Ü. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2010 – V ZB 220/09 zu § 43 WEG a.F.; Kissel/Mayer/Mayer, GVG, 10. Auf., § 23 Rn 34), wie auch der die eigene Zuständigkeit ablehnende Beschluss des Amtsgerichts nicht in Frage stellt. Das vorlegende Amtsgericht geht lediglich irrtümlich davon aus, dass es sich um das „Widerspruchsverfahren“ handele und folglich zunächst über den Widerspruch zu entscheiden sei. Tatsächlich ist das vorliegende Verfahren, wie sich aus der Klageschrift vom 28. Juli 2021 ergibt, die nach §§ 936, 926 ZPO eingeleitete Hauptsacheklage. Dass der Beklagte im hiesigen Verfahren zugleich Widerspruch erhoben hat (Bl. 45 d.A.), ändert daran nichts, sondern dürfte lediglich (dem erlassenden Landgericht) Anlass geben, neben der Hauptsacheklage auch noch das prozessual eigenständige einstweilige Verfügungsverfahren weiter zu fördern.