Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Rechte und Pflichten bei Schönheitsreparaturen: Ein aktuelles Urteil analysiert
- Der Fall vor Gericht
- Schadensersatzklage wegen bunter Wandfarben scheitert an unrenovierter Übergabe
- Unrenovierte Übergabe schließt Rückgabepflicht in neutralen Farben aus
- Unwirksame Schönheitsreparaturklauseln belasten Vermieter
- Hohe Instandhaltungskosten übersteigen Schadensersatzanspruch
- Mietausfall nicht erstattungsfähig
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann sind Schönheitsreparaturklauseln im Mietvertrag unwirksam?
- Welche Pflichten hat der Vermieter bei der Wohnungsübergabe bezüglich des Renovierungszustands?
- Welche Renovierungsfristen sind nach aktueller Rechtsprechung zulässig?
- Wie berechnen sich die Instandhaltungskosten bei unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln?
- Was bedeutet die Pflicht zur Rückgabe in neutralen Farben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Hanau
- Datum: 29.11.2024
- Aktenzeichen: 32 C 265/23
- Verfahrensart: Zivilverfahren wegen Schadensersatz aus Mietrecht
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ehemaliger Vermieter, der Schadensersatz wegen angeblicher Beschädigungen der Mietwohnung fordert. Er argumentiert, dass die Mietsache bei Rückgabe beschädigt war und in unakzeptablen Farben gestrichen wurde, was eine Neuvermietung verhinderte. Der Kläger fordert die Kosten für Streicharbeiten und entgangene Miete.
- Beklagte: Ehemalige Mieter, die den Vorwurf bestreiten und behaupten, die Wohnung sei ihnen bereits in einem unfertigen Zustand mit farbigen Wänden übergeben worden. Sie erheben die Einrede der Verjährung und sehen keine Verantwortung für angebliche Beschädigungen.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger, als ehemaliger Vermieter, verlangt von den ehemaligen Mietern Schadensersatz für die Kosten eines Neuanstrichs der Wohnung sowie für entgangene Miete. Er behauptet, die bunt gestrichene Wohnung habe den Nachmieter zur Annahmeverweigerung bewegt.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob die Mieter die Wohnung vor Rückgabe in einem Zustand zu belassen haben, der eine Weitervermietung ermöglicht, und ob sie demnach für die entstandenen Kosten haften.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage des ehemaligen Vermieters wurde abgewiesen.
- Begründung: Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz, weil keine wirksame Schönheitsreparaturklausel existiert, die eine solche Verpflichtung der Mieter begründen könnte. Selbst wenn eine Pflicht zur Rückgabe in neutralen Farben bestanden hätte, müsste sich der Kläger die ersparten Instandhaltungskosten anrechnen lassen. Die geltend gemachten Kosten übersteigen die ersparten Aufwendungen nicht.
- Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten besteht nicht, und die Vorinstanz wurde bestätigt. Die Klage wurde aufgrund von unwirksamen Vertragspunkten und nicht nachzuweisenden Pflichten der Mieter abgewiesen.
Rechte und Pflichten bei Schönheitsreparaturen: Ein aktuelles Urteil analysiert
Im Mietrecht nehmen Schönheitsreparaturen einen zentralen Platz ein, da sie sowohl Mieter als auch Vermieter betreffen. Die rechtlichen Vorgaben zu Renovierungsfristen bestimmen, in welchem Umfang die Mieter zur Durchführung dieser Arbeiten verpflichtet sind. Klauseln im Mietvertrag, die Renovierungspflichten regeln, müssen klare Fristen und Bedingungen enthalten, um wirksam zu sein. Wenn diese Vorgaben nicht eingehalten werden, können die entsprechenden Klauseln als unwirksam angesehen werden, was für Mieter erhebliche mietrechtliche Ansprüche zur Folge haben kann.
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) beleuchtet die Gestaltungsspielräume dieser Klauseln und deren Auswirkungen auf die Instandhaltungspflicht der Mieter. In der folgenden Analyse wird dieser Fall näher betrachtet und die damit verbundenen rechtlichen Aspekte erläutert.
Der Fall vor Gericht
Schadensersatzklage wegen bunter Wandfarben scheitert an unrenovierter Übergabe
Das Amtsgericht Hanau hat die Klage eines Vermieters auf Schadensersatz in Höhe von 4.724,30 Euro für Malerarbeiten sowie 750 Euro Mietausfall gegen seine ehemaligen Mieter abgewiesen. Der Vermieter hatte die Kosten für das Überstreichen der in gelb, grün und rosa gestalteten Wände nach dem Ende des 13-jährigen Mietverhältnisses geltend gemacht, nachdem der Nachmieter die Annahme der Wohnung in diesem Zustand verweigert hatte.
Unrenovierte Übergabe schließt Rückgabepflicht in neutralen Farben aus
Zwar müssen Mieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Wohnung grundsätzlich in hellen, neutralen Farben zurückgeben, wenn sie diese auch so übernommen haben. Diese Pflicht besteht jedoch nicht, wenn die Wohnung Unrenoviert übergeben wurde. Im vorliegenden Fall war die 96 Quadratmeter große Wohnung ausweislich des Mietvertrags unrenoviert überlassen worden. Zudem enthielt der Vertrag die Verpflichtung der Mieter, die Räume bei Einzug selbst zu streichen.
Unwirksame Schönheitsreparaturklauseln belasten Vermieter
Das Gericht stellte mehrere unwirksame Klauseln im Mietvertrag fest. Die Einzugsrenovierungsklausel war ebenso unwirksam wie die Schönheitsreparaturklausel, die noch die alten Fristen von drei, fünf und sieben Jahren vorsah. Dies führte dazu, dass die Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen beim Vermieter verblieb.
Hohe Instandhaltungskosten übersteigen Schadensersatzanspruch
Selbst wenn ein Schadensersatzanspruch bestanden hätte, hätte sich der Vermieter die ersparten Instandhaltungskosten anrechnen lassen müssen. Diese beliefen sich nach der Berechnung des Gerichts auf insgesamt 13.497,50 Euro für den gesamten Mietzeitraum von 2010 bis 2023. Die vom Vermieter geltend gemachten Kosten für die Streicharbeiten in Höhe von 4.724,30 Euro wurden damit deutlich überstiegen.
Mietausfall nicht erstattungsfähig
Auch den geforderten Mietausfall von 750 Euro sprach das Gericht dem Vermieter nicht zu. Da er die Instandhaltungsarbeiten aufgrund der unwirksamen Klauseln ohnehin selbst durchführen musste, war der Zeitverzug bei der Neuvermietung durch die notwendigen Renovierungsarbeiten bedingt und nicht von den Mietern zu ersetzen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass Mieter nur dann zum Rückgängigmachen bunter Wandfarben verpflichtet sind, wenn sie die Wohnung ursprünglich in neutralen, hellen Farben übernommen haben. Die Pflicht zur neutralen Dekoration bei Auszug besteht aufgrund der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Vermieter, damit dieser die Wohnung ohne Schwierigkeiten weitervermieten kann. Diese Verpflichtung ersetzt die früher üblichen vertraglichen Renovierungsklauseln, hat aber den gleichen Inhalt.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Mieter müssen Sie bunte Wandfarben nur dann entfernen, wenn Sie die Wohnung zu Beginn in neutralen Farben übernommen haben – andernfalls können Sie die Wohnung im gleichen bunten Zustand zurückgeben. Als Vermieter sollten Sie den Zustand der Wände bei Mietbeginn genau dokumentieren, da Sie später nur dann Schadensersatz für das Überstreichen bunter Wände verlangen können, wenn die Wohnung ursprünglich neutral gestrichen war. Bei der Wohnungsübergabe ist es ratsam, den Zustand der Wände fotografisch festzuhalten und im Übergabeprotokoll zu vermerken.
Farbenstreit mit dem Vermieter?
Das Urteil zeigt, wie wichtig eine eindeutige Regelung und Dokumentation des Zustands der Wohnung bei Übergabe ist – sowohl für Mieter als auch für Vermieter. Unklare Vereinbarungen können zu langwierigen und kostspieligen Auseinandersetzungen führen. Gerade bei der Gestaltung der Wohnung lohnt es sich, die rechtlichen Rahmenbedingungen von Anfang an zu kennen, um spätere Konflikte zu vermeiden. Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihre Rechte und Pflichten als Mieter oder Vermieter zu verstehen und setzen uns für Ihre Interessen ein.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann sind Schönheitsreparaturklauseln im Mietvertrag unwirksam?
Schönheitsreparaturklauseln in Mietverträgen sind in mehreren Fällen unwirksam:
Starre Fristenregelungen
Klauseln mit starren Fristen zur Durchführung von Schönheitsreparaturen sind unwirksam. Wenn Ihr Mietvertrag beispielsweise vorschreibt, dass Sie „alle drei Jahre das Bad und alle fünf Jahre die übrigen Räume renovieren müssen“, ist diese Klausel ungültig. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass solche starren Fristen den Mieter unangemessen benachteiligen.
Unrenoviert übergebene Wohnung
Eine Schönheitsreparaturklausel ist unwirksam, wenn die Wohnung Ihnen unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergeben wurde, ohne dass Sie dafür einen angemessenen Ausgleich erhalten haben. Dies gilt unabhängig von der konkreten Formulierung der Klausel. Wenn Sie also in eine Wohnung mit deutlichen Gebrauchsspuren eingezogen sind, ohne dass der Vermieter Ihnen einen Ausgleich (z.B. Mietminderung oder Übernahme von Renovierungskosten) angeboten hat, können Sie sich auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen.
Unzulässige Ausführungsbestimmungen
Klauseln, die Ihnen als Mieter zu weitreichende Verpflichtungen auferlegen, sind ebenfalls unwirksam. Dazu gehören Bestimmungen wie:
- Die Verpflichtung zum Streichen von Türen und Fenstern von außen
- Die Wiederherstellung der Versiegelung von Parkettböden
- Die Vorgabe, nur bestimmte Farben oder Tapeten zu verwenden
Wenn Ihr Mietvertrag solche Klauseln enthält, ist die gesamte Schönheitsreparaturregelung unwirksam.
Quotenabgeltungsklauseln
Klauseln, die Sie als Mieter zur anteiligen Kostenübernahme für Schönheitsreparaturen verpflichten, wenn die Renovierungsfristen noch nicht abgelaufen sind (sogenannte Quotenabgeltungsklauseln), sind grundsätzlich unwirksam. Der BGH hat entschieden, dass solche Klauseln den Mieter unangemessen benachteiligen, da die Kosten für ihn nicht verlässlich kalkulierbar sind.
Summierungseffekt
Selbst wenn einzelne Teile der Schönheitsreparaturklausel für sich genommen wirksam wären, kann die Kombination mehrerer Bestimmungen zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel führen. Dies nennt man den Summierungseffekt. Wenn Sie also in Ihrem Mietvertrag mehrere der oben genannten problematischen Regelungen finden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die gesamte Klausel unwirksam ist.
Wenn Sie unsicher sind, ob die Schönheitsreparaturklausel in Ihrem Mietvertrag wirksam ist, lohnt es sich, den Vertrag genau zu prüfen. Besonders bei älteren Mietverträgen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Klauseln nach aktueller Rechtsprechung unwirksam sind. In diesem Fall wären Sie als Mieter nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet.
Welche Pflichten hat der Vermieter bei der Wohnungsübergabe bezüglich des Renovierungszustands?
Nach § 535 Abs. 1 BGB ist der Vermieter grundsätzlich verpflichtet, die Wohnung in einem gebrauchsfertigen Zustand zu übergeben und diesen während der Mietzeit zu erhalten. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Wohnung renoviert übergeben werden muss.
Übergabezustand und Renovierungspflicht
Der Vermieter kann die Wohnung auch unrenoviert oder teilrenoviert übergeben. In diesem Fall ergeben sich wichtige Konsequenzen für die späteren Renovierungspflichten:
Wenn Sie eine unrenovierte Wohnung übernehmen, kann der Vermieter die Schönheitsreparaturen nur dann wirksam auf Sie als Mieter übertragen, wenn er Ihnen einen angemessenen Ausgleich gewährt. Dies kann beispielsweise durch einen Mietnachlass oder eine Einmalzahlung erfolgen.
Dokumentation des Übergabezustands
Bei der Wohnungsübergabe sollten Sie den Renovierungszustand genau dokumentieren. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 30.01.2024 klargestellt, dass die Beweislast für einen unrenovierten Zustand bei Ihnen als Mieter liegt. Achten Sie deshalb darauf, dass der Zustand im Übergabeprotokoll detailliert festgehalten wird.
Unwirksame Renovierungsklauseln
Starre Renovierungsfristen in Mietverträgen sind grundsätzlich unwirksam. Beispielsweise sind Klauseln wie „Der Mieter hat Schönheitsreparaturen in Küche, Bad und WC alle drei Jahre durchzuführen“ nicht durchsetzbar. Ebenso sind Farbwahlklauseln, die bestimmte Farbtöne bei der Renovierung vorschreiben, ungültig.
Der Vermieter muss bei der Wohnungsübergabe auch beachten, dass normale Gebrauchsspuren keine Mängel darstellen. Kratzer im Boden oder Verfärbungen auf Fliesen müssen nicht beseitigt werden, solange sie den vertragsgemäßen Gebrauch nicht beeinträchtigen.
Welche Renovierungsfristen sind nach aktueller Rechtsprechung zulässig?
Nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung sind starre Renovierungsfristen grundsätzlich unwirksam. Stattdessen müssen Renovierungsklauseln flexibel gestaltet sein und den tatsächlichen Renovierungsbedarf der Wohnung berücksichtigen.
Flexible Fristenregelungen
Wirksam sind Formulierungen, die Renovierungsfristen als Orientierung vorsehen, etwa wenn sie mit Begriffen wie „im Allgemeinen“, „in der Regel“ oder „üblicherweise“ verbunden sind. Der tatsächliche Renovierungsbedarf muss dabei immer im Vordergrund stehen.
Angemessene Zeiträume
Für Mietverträge, die nach dem 01.04.2008 geschlossen wurden, gelten folgende Orientierungsfristen als angemessen:
Räume | Intervall |
---|---|
Küchen, Bäder und Duschen | alle 5 Jahre |
Wohn- und Schlafräume | alle 8 Jahre |
Nebenräume | alle 10 Jahre |
Besonderheiten bei der Fristenberechnung
Die Renovierungsfristen beginnen grundsätzlich mit dem Beginn des Mietverhältnisses. Wenn Sie in eine unrenovierte Wohnung einziehen, sind Renovierungsklauseln ohne angemessenen Ausgleich unwirksam. Der BGH hat klargestellt, dass der Mieter nur zu den auf seine Vertragszeit entfallenden Renovierungsleistungen verpflichtet werden darf.
Nachweis des Renovierungsbedarfs
Bei Streitigkeiten über den Renovierungsbedarf trotz abgelaufener Fristen müssen Sie als Mieter beweisen, dass die Räume aufgrund besonders schonender Nutzung oder hochwertiger Materialien noch keine Renovierung benötigen. Die Fälligkeit der Schönheitsreparaturen richtet sich nach dem objektiven, tatsächlichen Renovierungsbedarf der Wohnung.
Wie berechnen sich die Instandhaltungskosten bei unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln?
Bei unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln fallen die Kosten für die Instandhaltung vollständig dem Vermieter zu. Die Berechnung dieser Kosten orientiert sich am tatsächlichen Renovierungsbedarf und nicht an starren Fristen.
Grundlagen der Kostenberechnung
Die Instandhaltungskosten werden nach dem tatsächlichen Renovierungsbedarf ermittelt. Wenn Sie eine unrenovierte oder renovierungsbedürftige Wohnung übernommen haben, ist die Schönheitsreparaturklausel grundsätzlich unwirksam. In diesem Fall müssen die Kosten für die notwendigen Renovierungsarbeiten vom Vermieter getragen werden.
Berechnungsrelevante Faktoren
Der Umfang der Instandhaltungskosten richtet sich nach mehreren Faktoren:
- Tatsächlicher Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt der Renovierung
- Art und Umfang der erforderlichen Arbeiten
- Normale Abnutzung während der Mietdauer
Kostenerstattung bei bereits durchgeführten Arbeiten
Wenn Sie als Mieter bereits Schönheitsreparaturen durchgeführt haben, obwohl die Klausel unwirksam war, können Sie einen Aufwendungsersatz vom Vermieter verlangen. Der Erstattungsanspruch umfasst:
- Die Kosten für beauftragte Handwerker
- Materialkosten bei Eigenleistung
Beachten Sie die Verjährungsfrist von sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses für die Geltendmachung dieser Ansprüche.
Was bedeutet die Pflicht zur Rückgabe in neutralen Farben?
Die Pflicht zur Rückgabe in neutralen Farben bedeutet, dass Sie eine Wohnung, die Sie in neutralen Farben übernommen haben, beim Auszug auch wieder in neutralen, hellen Farbtönen zurückgeben müssen. Diese Verpflichtung besteht selbst dann, wenn der Mietvertrag keine ausdrückliche Regelung dazu enthält.
Gestaltungsfreiheit während der Mietzeit
Während der Mietdauer können Sie die Wände nach Ihren persönlichen Vorlieben gestalten. Ob Neongelb, Scharlachrot oder Petrol – in dieser Zeit steht Ihnen die farbliche Gestaltung völlig frei. Diese Gestaltungsfreiheit endet jedoch mit dem Auszug.
Anforderungen an die Neutralität
Zulässige Farben bei der Rückgabe sind:
- Helle Beige- oder Grautöne
- Dezente, neutrale Farbtöne
- Weiß (ist aber nicht zwingend erforderlich)
Nicht akzeptabel sind hingegen:
- Kräftige Farben wie Rot oder Blau
- Grelle Gelbtöne
- Selbst hellblau oder zartes Lindgrün gelten als nicht neutral
Rechtliche Grundlagen
Die Rückgabepflicht in neutralen Farben basiert auf der Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB. Der Vermieter hat ein schutzwürdiges Interesse daran, die Wohnung in einem Zustand zurückzuerhalten, der von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird.
Wenn Sie dieser Pflicht nicht nachkommen, müssen Sie dem Vermieter die Kosten für einen neutralen Neuanstrich ersetzen. Dies gilt allerdings nur, wenn Sie die Wohnung ursprünglich in neutralen Farben übernommen haben.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Schönheitsreparaturen
Darunter versteht man alle malermäßigen Renovierungsarbeiten wie das Streichen oder Tapezieren von Wänden, Decken, Türen und anderen Holzteilen in einer Mietwohnung. Die gesetzliche Grundpflicht zur Durchführung liegt beim Vermieter (§ 535 Abs. 1 BGB), kann aber durch wirksame Klauseln im Mietvertrag auf den Mieter übertragen werden. Ein typisches Beispiel ist die vertragliche Verpflichtung, die Wände alle 3-5 Jahre zu streichen. Wichtig: Solche Klauseln müssen bestimmte rechtliche Anforderungen erfüllen, sonst sind sie unwirksam.
Einzugsrenovierungsklausel
Eine Vertragsklausel, die den Mieter verpflichtet, die Wohnung bei Einzug zu renovieren. Nach der Rechtsprechung des BGH (Az. VIII ZR 185/14) ist eine solche Klausel regelmäßig unwirksam, wenn die Wohnung unrenoviert übergeben wird. Der Grund: Es wäre unangemessen, wenn der Mieter eine unrenovierte Wohnung auf eigene Kosten erst in einen ordnungsgemäßen Zustand bringen müsste. Dies ist Aufgabe des Vermieters.
Unrenoviert
Eine Wohnung gilt als unrenoviert, wenn sie bei der Übergabe an den Mieter Gebrauchsspuren des Vormieters aufweist und keine malermäßige Aufarbeitung erfolgt ist. Nach BGH-Rechtsprechung (Az. VIII ZR 185/14) ist dabei der optische Gesamteindruck maßgeblich. Typische Merkmale sind abgenutzte oder verfärbte Wände, deutlich sichtbare Bohrlöcher oder unterschiedliche Wandfarben. Dies hat wichtige rechtliche Konsequenzen für die Renovierungspflichten.
Instandhaltungskosten
Diese umfassen alle Aufwendungen, die notwendig sind, um die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten oder wiederherzustellen (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dazu gehören beispielsweise Reparaturen, Wartungsarbeiten und eben auch Schönheitsreparaturen. Die Kosten werden üblicherweise nach einem bestimmten Schlüssel pro Quadratmeter und Jahr berechnet und müssen grundsätzlich vom Vermieter getragen werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 538 BGB (Abnutzung der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch): Dieser Paragraph stellt klar, dass der Mieter für die durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entstandene Abnutzung nicht haftet. Im vorliegenden Fall beruft sich das Gericht darauf, dass die farbliche Gestaltung der Wände durch die Mieter, auch wenn sie als „bunt“ beschrieben wird, keine Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs darstellt, da keine zusätzlichen Schäden oder Substanzverletzungen geltend gemacht wurden.
- § 241 Abs. 2 BGB (Nebenpflichten im Schuldverhältnis): Dieser Paragraph verpflichtet die Parteien eines Vertrags, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei Rücksicht zu nehmen. Das Gericht verweist darauf, dass Mieter bei Rückgabe der Mietsache grundsätzlich verpflichtet sind, diese in einem Zustand zurückzugeben, der eine Weitervermietung ermöglicht. Eine Verletzung dieser Pflicht setzt jedoch voraus, dass die Mietsache in einem entsprechenden Zustand übergeben wurde, was im vorliegenden Fall nicht nachweisbar war.
- § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (Inhaltskontrolle bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen): Diese Vorschrift erklärt unwirksame Vertragsklauseln für nicht bindend, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Im Mietvertrag des Falls wurden mehrere Klauseln, die Verpflichtungen zur Renovierung enthielten, als unwirksam bewertet, da sie den Mieter unangemessen belasteten. Diese Bewertung hatte wesentlichen Einfluss darauf, dass dem Kläger keine Ansprüche zustanden.
- BGH-Rechtsprechung (Rückgabepflicht in neutralen Farben, Urteil vom 6.11.2013 – VIII ZR 416/12): Die höchstrichterliche Rechtsprechung fordert, dass die Mietsache bei Rückgabe in einem Zustand sein muss, der einer Weitervermietung nicht entgegensteht. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Mietsache auch in einem solchen Zustand übergeben wurde. Im vorliegenden Fall war dies nicht der Fall, weshalb die Anwendung der Rechtsprechung ausgeschlossen wurde.
- § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB (Pflichten des Vermieters zur Instandhaltung): Diese Vorschrift verpflichtet den Vermieter zur Instandhaltung der Mietsache. Da die Schönheitsreparaturenklausel im Mietvertrag unwirksam war, fiel die Pflicht zur Durchführung von Renovierungsarbeiten auf den Vermieter zurück. Die vom Kläger geltend gemachten Renovierungskosten konnten daher nicht auf die Beklagten übertragen werden, da sie eine originäre Instandhaltungspflicht des Klägers darstellen.
Das vorliegende Urteil
AG Hanau – Az.: 32 C 265/23 – Urteil vom 29.11.2024
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