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Widerspruch gegen Mietvertragsverlängerung vor Ablauf der Kündigungsfrist

Hamburger Gericht stärkt Mieterrechte: Vermieter scheitert mit Eigenbedarfskündigung, da er Widerspruch gegen stillschweigende Vertragsverlängerung verpasst. Überraschende Wendung im Mietrechtsstreit – trotz fristgerechter Kündigung wohnt der Mieter weiter, da der Vermieter einen entscheidenden Fehler beging.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Gericht lehnt die Klage des Vermieters auf Räumung der Wohnung ab.
  • Der Mietvertrag wurde nicht durch die Kündigung im Jahr 2018 beendet, da er sich stillschweigend verlängerte.
  • Der Vermieter äußerte nicht fristgerecht und ausdrücklich seinen Willen, die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verhindern.
  • Ein bloßes Bitten um Räumung oder Versuche, einen früheren Auszugstermin zu vereinbaren, reichen nicht aus.
  • Die Kündigungserklärung in der Klageschrift erfüllte nicht die erforderlichen Formvorschriften, weshalb der Hilfsantrag unbegründet ist.
  • Für künftige Räumungsanträge fehlten die rechtlichen Voraussetzungen, da die Widerspruchsfrist des Mieters noch nicht abgelaufen war.
  • Der Mieter hat das Recht, sich ausreichend zu entscheiden, ob er Widerspruch gegen die Kündigung einlegt, ohne durch eine vorzeitige Klage eingeschränkt zu werden.
  • Der Vermieter hat kein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen gerichtlichen Entscheidung in solch einem Fall.

Mietvertrag verlängert: Gericht entscheidet über Rechte von Mieter und Vermieter

Der Mietvertrag – ein Dokument, das für viele Menschen ein Zuhause sichert, aber auch immer wieder für Unsicherheiten und Fragen sorgt. Besonders dann, wenn es um die Verlängerung des Mietverhältnisses geht. Nicht selten kommt es zu Unstimmigkeiten zwischen Mieter und Vermieter, wenn es um die Bedingungen einer Vertragsverlängerung geht. Was passiert, wenn der Mieter einer Verlängerung widerspricht, obwohl die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist? Welche Rechte haben Mieter und Vermieter in solch einem Fall?

Das Mietrecht bietet für solche Situationen einen klaren rechtlichen Rahmen. Doch die Regelungen sind oft komplex und für Laien schwer zu durchschauen. Umso wichtiger ist es, sich über die eigenen Rechte und Pflichten im Klaren zu sein.

Ein aktueller Fall zeigt, wie schnell es zu Konflikten kommen kann, wenn Mieter und Vermieter unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft des Mietverhältnisses haben. Ein Mieter widersprach der Verlängerung seines Mietvertrags, obwohl die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen war. Der Vermieter bestand jedoch auf der Verlängerung. Wie das Gericht in diesem Fall entschieden hat und welche wichtigen Erkenntnisse sich daraus für Mieter und Vermieter ableiten lassen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

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Der Fall vor Gericht


Mietvertrag verlängert sich stillschweigend trotz Kündigung

Das Amtsgericht Hamburg hat in einem Urteil vom 25.11.2021 (Az. 48 C 113/21) eine wichtige Entscheidung zum Thema Mietvertragsverlängerung getroffen. In dem Fall ging es um einen Vermieter, der die Wohnung seines langjährigen Mieters wegen Eigenbedarfs gekündigt hatte. Trotz der ausgesprochenen Kündigung verlängerte sich der Mietvertrag jedoch stillschweigend, da der Vermieter nicht rechtzeitig und eindeutig seinen Widerspruch gegen die Fortsetzung erklärt hatte.

Der Vermieter hatte dem Mieter am 29.08.2018 zum 31.08.2019 gekündigt und ihn gebeten, die Wohnung bis zum 01.09.2019 zu räumen. In der Folgezeit versuchte er mehrfach, mit dem Mieter einen früheren Auszugstermin zu vereinbaren. Der Mieter wohnte jedoch auch nach Ablauf der Kündigungsfrist weiter in der Wohnung, ohne dass der Vermieter innerhalb von zwei Wochen nach dem 01.09.2019 ausdrücklich einer stillschweigenden Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprach.

Hohe Anforderungen an Widerspruch des Vermieters

Das Gericht stellte in seinem Urteil hohe Anforderungen an einen wirksamen Widerspruch des Vermieters gegen die stillschweigende Vertragsverlängerung. Es reiche nicht aus, wenn der Vermieter den Mieter lediglich um Räumung zum Ablauf der Frist bitte oder wiederholt versuche, einen Übergabetermin abzustimmen.

Insbesondere wenn der Vermieter zuvor an den Mieter herangetreten sei, um eine Vorverlegung des Auszugstermins zu erreichen, ohne zuvor klargestellt zu haben, dass zum Vertragsende keine stillschweigende Fortsetzung gewollt sei, treffe ihn die Obliegenheit, innerhalb der zweiwöchigen Frist nach § 545 BGB ausdrücklich klarzustellen, dass der Auszugstermin nicht zur Disposition stehe.

Schutz des Mieters bei ordentlicher Kündigung

Das Gericht begründete die strengen Anforderungen mit dem gesteigerten Schutzbedürfnis des Mieters, der mit einer ordentlichen Kündigung konfrontiert ist, ohne dass ihn daran ein Verschulden trifft. Bei der Bewertung von Erklärungen des Vermieters müsse für den Mieter der eindeutige Wille erkennbar sein, dass eine Fortsetzung nicht gewünscht ist. Am mangelnden Fortsetzungswillen des Vermieters dürften keine Zweifel bestehen.

Formvorschriften für erneute Kündigung nicht eingehalten

Der Vermieter hatte in der Klageschrift erneut eine ordentliche Kündigung zum 31.12.2021 erklärt. Diese Kündigung war jedoch unwirksam, da sie nicht den Formvorschriften der §§ 568, 126 Abs. 1 BGB entsprach. Weder dem Mieter noch seinem Anwalt war ein elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur der Vermieterseite zugegangen. Zudem stand die vertraglich vereinbarte Jahresfrist für eine Kündigung einer Beendigung zum 01.01.2022 entgegen.

Auch eine weitere Kündigung zum 30.09.2022, die der Vermieter dem Mieter in der mündlichen Verhandlung überreichte, konnte keine vorzeitige Räumung begründen. Das Gericht wies darauf hin, dass bei einer Beendigung zu diesem Zeitpunkt die Widerspruchsfrist des Mieters nach § 574b Abs. 2 BGB noch nicht abgelaufen wäre. Eine Besorgnis nicht rechtzeitiger Räumung sei nicht gerechtfertigt, solange sich der Mieter noch nicht zur Erhebung eines möglichen Widerspruchs verhalten habe.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen an einen wirksamen Widerspruch des Vermieters gegen die stillschweigende Mietvertragsverlängerung nach § 545 BGB. Trotz ausgesprochener Kündigung muss der Vermieter innerhalb von zwei Wochen nach Vertragsende eindeutig klarstellen, dass keine Fortsetzung gewollt ist. Bloße Räumungsaufforderungen oder Terminabstimmungen genügen nicht. Dies stärkt den Schutz des Mieters bei ordentlichen Kündigungen und erfordert vom Vermieter besondere Sorgfalt.



FAQ – Häufige Fragen

Die Verlängerung Ihres Mietvertrags trotz Kündigung wirft viele Fragen auf. Wir haben die Antworten! Hier finden Sie klare und verständliche Informationen zu Ihren Rechten und Pflichten als Mieter, wenn es um die ungewollte Verlängerung Ihres Mietverhältnisses geht.


Welche Fristen müssen Mieter und Vermieter bei einer Kündigung und einem Widerspruch beachten?

Bei Kündigungen und Widersprüchen im Mietrecht gelten unterschiedliche Fristen für Mieter und Vermieter. Mieter müssen bei einer ordentlichen Kündigung grundsätzlich eine Frist von drei Monaten einhalten. Diese Frist gilt unabhängig von der bisherigen Mietdauer. Die Kündigung muss dem Vermieter spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zugehen, damit sie zum Ablauf des übernächsten Monats wirksam wird.

Für Vermieter gelten längere Kündigungsfristen, die von der Mietdauer abhängen. Bei einer Mietdauer von bis zu fünf Jahren beträgt die Kündigungsfrist drei Monate. Hat das Mietverhältnis länger als fünf Jahre bestanden, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Nach acht Jahren Mietdauer gilt eine neunmonatige Kündigungsfrist. Auch für Vermieter muss die Kündigung bis zum dritten Werktag eines Monats zugehen.

Bei einer Sonderkündigung durch den Mieter können kürzere Fristen gelten. Kündigt der Vermieter beispielsweise eine umfassende Modernisierung an, kann der Mieter mit einer verkürzten Frist zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Gleiches gilt bei einer Mieterhöhung.

Für den Widerspruch gegen eine stillschweigende Verlängerung des Mietvertrages nach § 545 BGB gilt eine zweiwöchige Frist. Diese beginnt für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs der Mietsache nach Ablauf der Mietzeit. Für den Vermieter startet die Frist, sobald er von der Fortsetzung des Gebrauchs Kenntnis erlangt.

Der Widerspruch kann auch vorsorglich erklärt werden. Es ist nicht erforderlich, dass zwischen dem Widerspruch und dem Ende des Mietvertrages ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Ein Vermieter kann den Widerspruch gegen eine mögliche Vertragsverlängerung daher bereits im Kündigungsschreiben erklären, auch wenn das Mietverhältnis erst Monate später endet.

Unter bestimmten Umständen kann ein Widerspruch auch konkludent erfolgen. Erhebt der Vermieter beispielsweise eine Räumungsklage, liegt darin zugleich ein konkludenter Widerspruch gegen die Fortsetzung des Mietverhältnisses. Gleiches gilt, wenn der Vermieter die Räumung verlangt, ohne Klage zu erheben.

Bei einer Mehrheit von Mietern oder Vermietern genügt der Widerspruch einer Partei. Sind mehrere Personen Mieter oder Vermieter, reicht es aus, wenn eine dieser Personen den Widerspruch gegen die Vertragsverlängerung erklärt.

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Unter welchen Umständen kann sich ein Mietvertrag stillschweigend verlängern?

Eine stillschweigende Verlängerung des Mietvertrags kann unter bestimmten Umständen eintreten, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fortsetzt. Dies ist in § 545 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt.

Der Mietvertrag verlängert sich automatisch auf unbestimmte Zeit, wenn der Mieter nach dem vereinbarten Mietende oder nach Ablauf der Kündigungsfrist weiterhin in der Wohnung wohnt. Dies gilt allerdings nur, wenn weder Vermieter noch Mieter innerhalb von zwei Wochen ihren entgegenstehenden Willen erklären. Die zweiwöchige Frist beginnt für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs und für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, an dem er von der Fortsetzung Kenntnis erlangt.

Für den Vermieter ist es daher wichtig, nach Ablauf der Mietzeit oder Kündigungsfrist zeitnah zu überprüfen, ob der Mieter ausgezogen ist. Stellt er fest, dass der Mieter noch in der Wohnung wohnt, muss er innerhalb von zwei Wochen schriftlich widersprechen, um eine ungewollte Vertragsverlängerung zu verhindern.

Der Mieter sollte sich ebenfalls bewusst sein, dass ein Verbleiben in der Wohnung über das Mietende hinaus zu einer Vertragsverlängerung führen kann. Will er dies vermeiden, muss auch er innerhalb der Frist widersprechen.

Die stillschweigende Verlängerung tritt unabhängig vom Willen der Parteien ein. Sie gilt selbst dann, wenn der Vermieter wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt hat. Auch bei befristeten Mietverträgen kann eine stillschweigende Verlängerung eintreten, wenn der Mieter nach Vertragsende weiter in der Wohnung wohnt.

Um eine unbeabsichtigte Vertragsverlängerung zu vermeiden, können Vermieter bereits im Kündigungsschreiben vorsorglich der Fortsetzung des Mietverhältnisses widersprechen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig.

Bei einer Mehrheit von Mietern genügt es, wenn einer der Mieter den Gebrauch fortsetzt. Der Vermieter muss dann allen Mietern widersprechen. Umgekehrt reicht es bei mehreren Vermietern aus, wenn einer von ihnen der Vertragsfortsetzung widerspricht.

Die bloße Vorenthaltung der Mietsache reicht für eine Gebrauchsfortsetzung nicht aus. Wenn der Mieter ausgezogen ist, aber noch nicht vollständig geräumt hat, tritt keine Vertragsverlängerung ein. Gleiches gilt, wenn der Mieter nach Vertragsende nur noch Schönheitsreparaturen oder Schadensbeseitigungen durchführt.

Vermieter und Mieter sollten sich der Regelung des § 545 BGB bewusst sein, um ungewollte Vertragsverlängerungen zu vermeiden. Im Zweifelsfall ist es ratsam, rechtzeitig schriftlich zu widersprechen, auch wenn man sich nicht sicher ist, ob der andere Teil den Gebrauch tatsächlich fortsetzt.

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Was muss ein Vermieter tun, um einer stillschweigenden Vertragsverlängerung wirksam zu widersprechen?

Um einer stillschweigenden Vertragsverlängerung wirksam zu widersprechen, muss ein Vermieter bestimmte rechtliche Anforderungen erfüllen. Der Widerspruch gegen die Fortsetzung des Mietverhältnisses sollte schriftlich erfolgen, um Beweissicherheit zu gewährleisten. Es ist ratsam, diesen Widerspruch per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, um den Zugang beim Mieter nachweisen zu können.

Der Vermieter muss den Widerspruch rechtzeitig erklären. Dies bedeutet, dass er innerhalb von zwei Wochen nach dem Ende der Mietzeit erfolgen muss. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Mietverhältnis enden soll. Es ist wichtig zu beachten, dass der Widerspruch dem Mieter innerhalb dieser Frist zugehen muss.

Inhaltlich sollte der Widerspruch eindeutig und unmissverständlich formuliert sein. Der Vermieter muss klar zum Ausdruck bringen, dass er mit der Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht einverstanden ist. Eine bloße Aufforderung zur Räumung der Wohnung reicht hierfür nicht aus. Der Widerspruch sollte explizit auf § 545 BGB Bezug nehmen und die Absicht des Vermieters, das Mietverhältnis zu beenden, deutlich machen.

Es ist zu beachten, dass der Widerspruch nicht mit der Kündigung des Mietvertrages gleichzusetzen ist. Der Vermieter muss das Mietverhältnis separat und form- sowie fristgerecht kündigen. Der Widerspruch dient lediglich dazu, die automatische Verlängerung des Mietvertrages zu verhindern.

Der Vermieter sollte sicherstellen, dass er den Widerspruch an alle Mieter richtet, falls mehrere Personen den Mietvertrag unterzeichnet haben. Dies ist wichtig, um die Wirksamkeit des Widerspruchs gegenüber allen Mietparteien zu gewährleisten.

Es empfiehlt sich für den Vermieter, den Widerspruch frühzeitig zu erklären. Obwohl die gesetzliche Frist zwei Wochen nach Beendigung des Mietverhältnisses beträgt, kann eine frühere Erklärung des Widerspruchs Klarheit für beide Parteien schaffen und potenzielle Konflikte vermeiden.

Der Vermieter sollte bedenken, dass die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nur dann eintritt, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache nach Ablauf der Mietzeit fortsetzt. Wenn der Mieter die Wohnung bereits geräumt hat, ist ein Widerspruch nicht erforderlich.

Durch die Beachtung dieser rechtlichen Anforderungen kann ein Vermieter sicherstellen, dass er einer stillschweigenden Vertragsverlängerung wirksam widerspricht und somit ungewollte rechtliche Konsequenzen vermeidet.

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Welche Rechte hat ein Mieter nach einer ordentlichen Kündigung durch den Vermieter?

Nach einer ordentlichen Kündigung durch den Vermieter stehen dem Mieter verschiedene Rechte zu. Der Mieter kann zunächst die Wirksamkeit der Kündigung prüfen lassen. Eine ordentliche Kündigung erfordert ein berechtigtes Interesse des Vermieters, wie etwa Eigenbedarf oder erhebliche Vertragsverletzungen des Mieters. Liegt kein berechtigtes Interesse vor, ist die Kündigung unwirksam.

Ein wichtiges Recht des Mieters ist der Kündigungswiderspruch nach § 574 BGB. Dieser ermöglicht es dem Mieter, die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen, wenn die Beendigung eine unzumutbare Härte darstellen würde. Als Härtegründe kommen beispielsweise hohes Alter, schwere Krankheit oder eine bevorstehende Geburt in Betracht. Der Widerspruch muss schriftlich und spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Vermieter eingehen.

Bei einer wirksamen Kündigung hat der Mieter das Recht auf Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen. Diese betragen für den Vermieter mindestens drei Monate und verlängern sich nach fünf und acht Jahren Mietdauer um jeweils drei Monate. Der Mieter kann somit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in der Wohnung bleiben.

Auch nach Ablauf der Kündigungsfrist endet das Mietverhältnis nicht automatisch. Der Vermieter muss gegebenenfalls Räumungsklage erheben, wenn der Mieter nicht freiwillig auszieht. Während des Gerichtsverfahrens darf der Mieter in der Wohnung bleiben. Das Gericht prüft dann, ob die Kündigung berechtigt war und ob Härtegründe des Mieters überwiegen.

Der Mieter hat zudem das Recht auf Überprüfung einer möglichen Schonfristzahlung. Bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann der Mieter das Mietverhältnis durch Nachzahlung der ausstehenden Miete innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage retten.

Ein weiteres Recht des Mieters besteht darin, eine angemessene Frist zur Wohnungssuche zu erhalten. Findet der Mieter trotz ernsthafter Bemühungen keine neue Wohnung, kann dies als Härtegrund geltend gemacht werden. Der Vermieter muss dann unter Umständen eine Verlängerung der Kündigungsfrist akzeptieren.

Der Mieter hat außerdem das Recht auf Erteilung eines Mieterzeugnisses. Dieses Dokument bestätigt die ordnungsgemäße Erfüllung der mietvertraglichen Pflichten und kann bei der Suche nach einer neuen Wohnung hilfreich sein.

Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs steht dem Mieter das Recht zu, die Ernsthaftigkeit und Notwendigkeit des Eigenbedarfs zu hinterfragen. Ergibt sich, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben ist, kann die Kündigung unwirksam sein.

Der Mieter hat das Recht auf Einsicht in relevante Unterlagen, die die Kündigung begründen. Bei einer Kündigung wegen Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung kann der Mieter beispielsweise Einsicht in die Wirtschaftlichkeitsberechnung verlangen.

Abschließend sei erwähnt, dass der Mieter das Recht hat, sich bei Unklarheiten oder Zweifeln an die zuständigen Mieterschutzvereine oder einen Rechtsanwalt zu wenden, um seine Rechte umfassend prüfen und wahrnehmen zu können.

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Was passiert, wenn ein Vermieter die Formvorschriften für eine erneute Kündigung nicht einhält?

Bei Nichteinhaltung der Formvorschriften für eine erneute Kündigung durch den Vermieter ergeben sich weitreichende Konsequenzen. Eine formungültige Kündigung ist rechtlich unwirksam und entfaltet keinerlei Rechtswirkungen. Das Mietverhältnis besteht in diesem Fall unverändert fort, als wäre die Kündigung nie ausgesprochen worden.

Der Mieter muss eine formungültige Kündigung nicht akzeptieren. Er kann dem Vermieter mitteilen, dass die Kündigung aufgrund von Formfehlern unwirksam ist und er die Wohnung nicht räumen wird. Dabei sollte der Mieter die konkreten Formfehler benennen, etwa eine fehlende Unterschrift oder eine unzureichende Begründung der Kündigung.

Zu den zwingenden Formvorschriften für eine wirksame Kündigung gehört insbesondere die Schriftform. Eine mündliche oder per E-Mail ausgesprochene Kündigung ist stets unwirksam. Die Kündigung muss zudem eigenhändig vom Vermieter oder einem bevollmächtigten Vertreter unterschrieben sein. Bei mehreren Vermietern müssen alle unterschreiben. Fehlt auch nur eine erforderliche Unterschrift, ist die gesamte Kündigung unwirksam.

Inhaltlich muss eine ordentliche Kündigung durch den Vermieter einen gesetzlich anerkannten Kündigungsgrund enthalten und diesen konkret darlegen. Eine pauschale Begründung wie „Eigenbedarf“ ohne nähere Erläuterung genügt nicht. Der Vermieter muss detailliert ausführen, für wen und warum er die Wohnung benötigt.

Beachtet der Vermieter diese Formvorschriften nicht, kann der Mieter in der Wohnung bleiben. Er muss allerdings dem Vermieter zeitnah mitteilen, dass er die Kündigung für unwirksam hält. Schweigt der Mieter zu lange, könnte dies als stillschweigende Akzeptanz der Kündigung gewertet werden.

Der Vermieter hat bei einer formungültigen Kündigung die Möglichkeit, eine neue formgültige Kündigung auszusprechen. Die gesetzliche Kündigungsfrist beginnt dann erst mit Zugang der neuen wirksamen Kündigung zu laufen. Bis dahin bleibt das Mietverhältnis unverändert bestehen.

Für den Mieter empfiehlt es sich, bei Erhalt einer Kündigung stets anwaltlichen Rat einzuholen. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann die Formgültigkeit der Kündigung prüfen und den Mieter zu seinen Rechten beraten. Auch wenn die Kündigung formell korrekt ist, kann der Mieter unter Umständen der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Stillschweigende Verlängerung: Wenn der Mieter nach Vertragsende weiter in der Wohnung bleibt und der Vermieter nicht innerhalb von 2 Wochen widerspricht, verlängert sich der Mietvertrag automatisch auf unbestimmte Zeit. Dies gilt auch bei vorheriger Kündigung. Der Vermieter muss aktiv und eindeutig erklären, dass er keine Fortsetzung will. Bloße Räumungsaufforderungen reichen nicht aus. Die Regelung schützt Mieter vor plötzlicher Obdachlosigkeit. Vermieter müssen daher sehr sorgfältig vorgehen, um eine ungewollte Verlängerung zu vermeiden.
  • Widerspruchsrecht des Mieters: Bei einer ordentlichen Kündigung durch den Vermieter kann der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen der Kündigung widersprechen und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Gründe können besondere Härten wie hohes Alter, Krankheit oder fehlender Ersatzwohnraum sein. Der Widerspruch muss spätestens zwei Monate vor Vertragsende erklärt werden. Das Gericht wägt dann die Interessen beider Parteien ab. Das Widerspruchsrecht stärkt den Kündigungsschutz für Mieter erheblich.
  • Formvorschriften für Kündigungen: Kündigungen von Mietverträgen müssen zwingend in Schriftform erfolgen. Eine einfache E-Mail oder WhatsApp-Nachricht reicht nicht aus. Erforderlich ist ein vom Vermieter eigenhändig unterschriebenes Dokument im Original oder eine qualifizierte elektronische Signatur. Bei Verstößen gegen die Formvorschriften ist die Kündigung unwirksam. Dies schützt vor übereilten Kündigungen und gibt dem Mieter Rechtssicherheit. Vermieter müssen daher besonders sorgfältig auf die Einhaltung der Form achten.
  • Eigenbedarfskündigung: Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs liegt vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich, Familienangehörige oder Haushaltsangehörige zu Wohnzwecken benötigt. Der Eigenbedarf muss nachvollziehbar und vernünftig begründet sein. Vorgeschobener Eigenbedarf ist unzulässig. Bei Eigenbedarfskündigungen gelten besondere Kündigungsfristen. Der Mieter kann unter Umständen Härtegründe geltend machen. Gerichte prüfen Eigenbedarfskündigungen besonders streng, um Missbrauch zu verhindern.
  • Räumungsklage: Mit einer Räumungsklage kann der Vermieter gerichtlich die Herausgabe der Wohnung durch den Mieter erzwingen. Voraussetzung ist ein beendetes Mietverhältnis, z.B. durch wirksame Kündigung. Die Klage muss ausführlich begründet werden. Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für eine Räumung vorliegen. Bei Erfolg wird der Mieter zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Die Vollstreckung erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Räumungsklagen sind für Vermieter oft das letzte Mittel, um ihre Rechte durchzusetzen.
  • Kündigungsfristen: Je nach Vertragsdauer und Art der Kündigung gelten unterschiedliche gesetzliche Kündigungsfristen. Bei unbefristeten Mietverträgen beträgt die Frist für den Mieter generell 3 Monate. Für den Vermieter verlängert sie sich mit zunehmender Mietdauer auf bis zu 9 Monate. Bei Zeitmietverträgen oder außerordentlichen Kündigungen gelten Sonderregelungen. Die Fristen beginnen mit Zugang der Kündigung und enden zum Monatsende. Ihre Einhaltung ist zwingend für eine wirksame Kündigung. Kürzere vertragliche Fristen sind meist unwirksam.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 545 BGB (Stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses): Dieser Paragraph regelt, dass ein Mietverhältnis sich automatisch auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache mit Wissen des Vermieters fortsetzt und der Vermieter nicht innerhalb von zwei Wochen widerspricht. Im vorliegenden Fall hat der Vermieter diese Frist versäumt, wodurch sich der Mietvertrag stillschweigend verlängert hat.
  • § 574b BGB (Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung): Dieser Paragraph gibt dem Mieter unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, der Kündigung des Vermieters zu widersprechen. Im vorliegenden Fall ist dies relevant, da das Gericht eine Räumungsklage abgewiesen hat, weil die Widerspruchsfrist des Mieters noch nicht abgelaufen war.
  • § 568 BGB (Form der Kündigung): Dieser Paragraph schreibt vor, dass eine Kündigungserklärung schriftlich erfolgen muss. Im vorliegenden Fall wurde eine Kündigung für unwirksam erklärt, da sie nicht den Formvorschriften entsprach (fehlende qualifizierte elektronische Signatur).
  • § 126 BGB (Schriftform): Dieser Paragraph definiert die Anforderungen an die Schriftform, die für bestimmte Rechtsgeschäfte, wie z.B. Kündigungen, erforderlich ist. Im vorliegenden Fall war eine Kündigung unwirksam, da sie nicht den Anforderungen der Schriftform entsprach.
  • § 985 BGB (Herausgabeanspruch): Dieser Paragraph regelt den Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe einer Sache. Im vorliegenden Fall hat der Vermieter diesen Anspruch geltend gemacht, um die Wohnung vom Mieter zurückzuerhalten. Das Gericht hat die Klage jedoch abgewiesen, da der Mietvertrag nicht wirksam beendet worden war.

Das vorliegende Urteil

AG Hamburg – Az.: 48 C 113/21 – Urteil vom 25.11.2021

Lesen Sie hier das Urteil…

 

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.377,40 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die geräumte Herausgabe einer in seinem Eigentum stehenden Wohnung.

Die Parteien sind seit Erwerb der streitgegenständlichen Wohnung durch den Kläger zu Eigentum nach Maßgabe des vom Beklagten am 21.6.1988 geschlossenen Vertrages mietvertraglich verbunden. In dem Vertrag ist eine Kündigungsfrist von 12 Monaten vereinbart, wenn das Mietverhältnis seit mehr als 10 Jahren andauert.

Unter dem 29.8.2018 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die ordentliche Kündigung des Mietvertrages zum 31.8.2019 und begründete diese mit Eigenbedarf. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise: „Ich bitte darum, die Wohnung spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, folglich dem 01.09.2019 zu räumen.“ Zugleich bot er dem Beklagten für den Fall eines früheren Auszugs einen Geldbetrag in Höhe von 200 € pro Monat an. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K3 Bezug genommen.

In der Folgezeit versuchte der Kläger mehrfach, mit dem Beklagten in Kontakt zu treten und ggf. einen früheren als den im Kündigungsschreiben genannten Auszugstermin zu vereinbaren. Auch bis zum 1.9.2019 sowie innerhalb der darauf folgenden zwei Wochen widersprach der Kläger nicht ausdrücklich einer stillschweigenden Fortsetzung des Mietverhältnisses durch fortgesetzten Gebrauch der Mietsache. Der Beklagte wohnte auch nach Ablauf der genannten Frist mit Wissen des Klägers weiter in der Wohnung.

In seiner daraufhin bei Gericht über das besondere elektronische Anwaltspostfach seiner Prozessbevollmächtigten mit qualifizierter elektronischer Signatur eingereichten Klageschrift, die dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 11.5.2021 als Papierausdruck gegen Empfangsbekenntnis per Post zugestellt wurde, ließ der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte erneut eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2021 erklären. Das Schreiben erreichte weder den Beklagten noch seinen Prozessbevollmächtigten mit einer Originalunterschrift der Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.9.2021 überreichte die Klägervertreterin dem Beklagten ein eigenhändig unterschriebenes Schreiben mit ordentlicher Kündigung wegen Eigenbedarfs zum 30.9.2022.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die im Hause […]-Straße, 1. OG rechts, […] Hamburg belegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Flur, Bad, WC, zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben,

hilfsweise den Beklagten zur geräumten Herausgabe der von ihm inne gehaltenen Wohnung in der […]-Straße, 1. OG rechts, […] Hamburg, zum 01.01.2022 zu verurteilen,

hilfsweise den Beklagten zur geräumten Herausgabe der von ihm inne gehaltenen Wohnung in der […]-Straße, 1. OG rechts, […] Hamburg, zum 01.05.2022 zu verurteilen,

hilfsweise den Beklagten zur geräumten Herausgabe der von ihm inne gehaltenen Wohnung in der […]-Straße, 1. OG rechts, […] Hamburg, zum 01.10.2022 zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist, und stellt einen Antrag nach § 712 ZPO.

Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet.

Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf geräumte Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach §§ 546 Abs. 1, 985 BGB besteht zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht.

Der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag wurde nicht durch die ordentliche Kündigung vom 29.8.2018 beendet, weil sich das Mietverhältnis jedenfalls gem. § 545 BGB stillschweigend auf unbestimmte Zeit über den 1.9.2019 hinaus verlängert hat. Es bedarf daher keiner Entscheidung darüber, ob der Kläger diese Kündigung auf einen Kündigungsgrund stützen konnte.

Der Kläger hat seinen einer stillschweigenden Verlängerung entgegenstehenden Willen nicht fristgemäß gegenüber dem Beklagten erklärt.

Einen ausdrücklichen fristgemäßen Widerspruch innerhalb von zwei Wochen nach möglicher Beendigung des Mietvertrages hat der Kläger nicht vorgetragen.

Allerdings kann der Vermieter seinen Widerspruch auch schon vor Ablauf der Kündigungsfrist zum Ausdruck bringen. Insbesondere bei der Bewertung vorfristiger Erklärungen kommt es darauf an, dass nach den Gesamtumständen für den Mieter der eindeutige Wille des Vermieters erkennbar wird, dass eine Fortsetzung nicht gewünscht ist (BGH NJW 2010, 2124 Rn. 11). Nach der Rechtsprechung des BGH a.a.O. ist dies im Falle eines im Kündigungsschreiben enthaltenen ausdrücklichen Widerspruchs regelmäßig der Fall.

Ein solcher – ausdrücklicher – Widerspruch ist hier nicht erfolgt.

Im Übrigen hat der BGH a.a.O. offen gelassen, inwiefern die zeitliche Distanz des Vertragsendes für die rechtliche Einordnung eines Verhaltens als ggf. konkludente Widerspruchserklärung relevant ist. In jedem Falle dürfen am mangelnden Fortsetzungswillen keine Zweifel bestehen (BGH, a.a.O.).

Bei zwischen Kündigung und Vertragsbeendigung getätigten Erklärungen des Vermieters sind insoweit hohe Maßstäbe anzusetzen, insbesondere wenn es sich um keine fristlose Kündigung handelt, der Vermieter selbst das Datum des Auszugs zur Disposition gestellt und der Mieter seinen Willen, in der Wohnung zu verbleiben, zum Ausdruck gebracht hat. Eine solche Auslegung gebietet auch das gesteigerte Schutzbedürfnis des Mieters, der mit einer ordentlichen Kündigung konfrontiert ist, ohne dass ihn daran ein Verschulden trifft. Es reicht dann nicht aus, wenn der Vermieter den Mieter um Räumung zum Ablauf der Frist bittet oder wiederholt mit dem Mieter in Kontakt tritt, um einen Übergabetermin abzustimmen. Ist der Vermieter (mehrfach) an den Mieter mit dem Wunsch herangetreten, er begehre eine Vorverlegung des Auszugstermins, ohne zuvor ausdrücklich klargestellt zu haben, dass zum kalendermäßigen Vertragsende eine stillschweigende Fortsetzung nicht gewollt sei, so trifft den Vermieter jedenfalls dann, wenn der Mieter diesem Anliegen nicht näherzutreten vermochte, die Obliegenheit, innerhalb der Frist des § 545 BGB ausdrücklich klarzustellen, dass für ihn der Zeitpunkt des Auszugs unabhängig von einer etwaigen einvernehmlichen Vorverlegung jedenfalls zum kalendermäßigen Vertragsende nicht zur Disposition steht.

Die sonstige hierzu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. OLG Brandenburg BeckRS 2011, 02106, OLGR München 1994, 63, OLG Hamburg NJW 2010, 2124) ist auf den hier zu entscheidenden Fall nicht oder nur eingeschränkt übertragbar, da es sich um Gewerbemiete bzw. eine fristlose Kündigung handelt.

2. Der Hilfsantrag, mit dem der Kläger eine Räumung zum 1.1.2022 begehrt, ist unbegründet.

Dies folgt schon daraus, dass die in der Klageschrift enthaltene Kündigungserklärung nicht in einer der Formvorschrift der §§ 568, 126 Abs. 1 BGB genügenden Weise dem Beklagten zugegangen ist. Auch die hier gemäß § 126 Abs. 3 BGB grundsätzlich anwendbare Formvorschrift des § 126a BGB ist nicht eingehalten, da weder dem Beklagten selbst noch seinem Prozessbevollmächtigten ein elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur der Klägervertreterin zugegangen ist.

Darüber hinaus steht die vertraglich vereinbarte Jahresfrist für eine Kündigung einer Beendigung zum 1.1.2022 entgegen.

3. Die Hilfsanträge, mit denen der Kläger Räumung zum 1.5.2022 bzw. zu späteren Terminen begehrt, sind unzulässig.

Die Voraussetzungen für die Titulierung einer künftigen Räumung liegen jeweils nicht vor.

Nach § 259 ZPO kann Klage auf künftige Leistung erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Eine Besorgnis nicht rechtzeitiger Räumung einer Wohnung durch den beklagten Mieter ist dann nicht gerechtfertigt, wenn schon nach Zugrundelegung des Klägervortrags die Widerspruchsfrist des § 574b Abs. 2 BGB nicht abgelaufen ist und sich der Mieter bislang nicht zur Erhebung eines möglichen Widerspruchs verhalten hat.

So liegt der Fall hier. Im Falle einer Beendigung des Mietverhältnisses zum 1.5.2022 oder zu einem späteren Zeitpunkt wäre die Widerspruchsfrist des Beklagten noch nicht abgelaufen. Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt konnte der Beklagte noch Widerspruch gegen die Kündigung nach § 574 BGB erheben. Er hat eine Entscheidung darüber, ob er einen Widerspruch nach dieser Vorschrift erheben will, bis zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht zum Ausdruck gebracht.

Insoweit ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass sich dem bloßen Vortrag des Mieters, mit dem er auf nachteilige Auswirkungen der Kündigung auf seine Lebenssituation oder seinen Wohnbedarf hinweist oder mit dem er den behaupteten Kündigungsgrund in Abrede stellt, noch keine Entscheidung darüber entnehmen lässt, ob der Mieter damit zugleich sein Widerspruchsrecht nach § 574 BGB geltend macht. Dies stellt vielmehr regelmäßig ein von der Ausübung des Widerspruchsrechts unabhängiges Verteidigungsvorbringen dar.

Sähe man dies anders und erkannte man in jeglichem Vorbringen des Mieters, mit dem dieser der ausgesprochenen Kündigung und ihren Folgen entgegenzutreten sucht, die Ausübung des Widerspruchsrechts, so würde einem vor Ablauf der Widerspruchsfrist mit einer Räumungsklage konfrontierten Mieter das in § 574 Abs. 1 S. 1 BGB ihm überlassene fristgebundene Wahlrecht (“kann“) gleichsam automatisch genommen, sobald er sich effektiv gegen die Klage verteidigt, weil dies stets als Widerspruch gegen die Kündigung zu werten wäre. Der Mieter ist indes nicht gezwungen, von einem etwaigen Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen. Es können für ihn vielfältige Gründe dafür sprechen, davon abzusehen.

Eine gerichtliche Entscheidung, die einer diesbezüglichen Äußerung über die Widerspruchsentscheidung zuvorkäme, würde dem Mieter die ihm von Gesetzes wegen zustehende Bedenk- und Entscheidungszeit verkürzen. Der Vermieter hingegen hat in einer Fallkonstellation wie der hiesigen kein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen gerichtlichen Entscheidung. Denn entscheidungserhebliche Einwendungen des Mieters stehen in tatsächlicher Hinsicht noch nicht fest.

Dies betrifft insbesondere auch die Kündigungserklärung zum 30.9.2022, die dem Beklagten anlässlich der mündlichen Verhandlung überreicht wurde.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 


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