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Wirksames Zustandekommen Wohnraummietvertrag

LG Berlin – Az.: 65 S 15/21 – Urteil vom 06.07.2021

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 16. Dezember 2020 – 2 C 132/20 – wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Beklagten gegen das Ergänzungsurteil vom 21. Januar 2021 – 2 C 132/20 – wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat der Beklagte zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil des Amtsgerichts vom 16. Dezember 2020 sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich der Räumung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000 € abwenden, im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe bzw. in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Wirksames Zustandekommen eines Wohnraummietvertrages
(Symbolfoto: timyee/Shutterstock.com)

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Räumung eines in ihrem Eigentum stehenden Grundstücks nebst Gebäuden. Der Beklagte macht gegen die Klägerin hilfsweise widerklagend die Erstattung eines Baukostenzuschusses (Bl. I/99 d. A.) nebst Zinsen in Höhe von 105.333,33 € geltend.

Das Amtsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 16. Dezember 2020, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, zur Räumung verurteilt und die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht (unter anderem) ausgeführt, dass das Mietverhältnis bei einem tatsächlich bestehenden Vertrag durch die auf § 573a BGB gestützte Kündigung beendet worden und der Beklagte nach § 546 BGB herausgabepflichtig ist. Auf den bewusst fälschlich auf den 01.04.2017 datierten Vertrag könne der Beklagte sich bereits mangels Einhaltung des Formerfordernisses des § 550 BGB nicht berufen. Auf die Verzichtserklärung des Beklagten komme es daher nicht mehr an. Einen Anspruch auf Zahlung von 100.000 € zuzüglich Zinsen habe der Beklagte jedenfalls in der geltend gemachten Höhe nicht ansatzweise schlüssig dargelegt. Eine klare und hinreichende Absprache zur Frage der Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen, die vor Erbringung derselben hätte getroffen werden müssen, habe es nicht gegeben. Die Verzichtserklärung des Beklagten spreche im Übrigen dafür, dass nicht einvernehmlich ein Anspruch auf Zahlung eines erheblichen Geldbetrages mit dem Scheinvertrag begründet werden sollte.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit Ergänzungsurteil vom 28. Januar 2021 hat das Amtsgericht den Tenor zu 4) um den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Verurteilung des Beklagten zur Räumung ergänzt.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 29. Dezember 2020 zugestellte Urteil vom 7. Januar 2021 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung vor Ablauf der verlängerten Frist am 31. März 2021 begründet.

Gegen das ihm am 8. Februar 2021 zugestellte Ergänzungsurteil hat der Beklagte am 9. März 2021 Berufung eingelegt und diese begründet.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass die Parteien am 1. März 2017 den vorgelegten Mietvertrag geschlossen haben; zu diesem Termin sei er dann in das Haus der Beklagten eingezogen. An den Voraussetzungen des § 573a BGB fehle es schon deshalb, weil die Klägerin am 27.09.2019 (gemeint wohl: 29.07.2019) bereits nicht mehr in dem Haus gewohnt habe, sondern unter der im Rubrum der Klageschrift angegebenen Anschrift. Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung des Amtsgerichts, der Zusatzvertrag vom 01.04.2017, unterzeichnet am 07.11.2018 sei wegen Verstoßes gegen § 550 BGB formnichtig. Er meint, die Vorschrift regele das Schriftformerfordernis für Mietverträge mit einer Bindungsfrist von mehr als einem Jahr. Auf welche „jahrzehntelange Rechtsprechung“ sich das Amtsgericht in seiner verquasten Formulierung beziehen wolle, um daraus die Unwirksamkeit des Vertrages zu folgern, erschließe sich nicht. Folge eines Verstoßes gegen § 550 BGB wäre ohnehin nur die ordentliche Kündbarkeit, die das Amtsgericht nicht ansatzweise geprüft habe. Das Amtsgericht hätte nicht ohne Beweisaufnahme von einem Verzicht, bzw. einem wirksamen Verzicht ausgehen dürfen. Die Klägerin habe zu einer nach § 397 BGB erforderlichen kongruenten Annahmeerklärung nichts vorgetragen. Die handschriftliche Erklärung stünde mithin auch nicht den mit der Hilfswiderklage geltend gemachten Ansprüchen des Beklagten entgegen. Es sei rechtlich nicht haltbar, dass die Parteien keine Vereinbarung zur Erstattung der vom Beklagten getätigten Aufwendungen getroffen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beanstandungen des erstinstanzlichen Urteils vom 16. Dezember 2020 wird auf die Berufungsbegründung vom 30. März 2021 (Bl. II/71ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 16. Dezember 2020 – 2 C 132/20 abzuändern und die Klage abzuweisen; hilfsweise, die Klägerin zu verurteilen, an ihn 105.333,33 € nebst 4 % Zinsen aus 100.000 € seit dem 1. August 2020 zu zahlen; das Ergänzungsurteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 28. Januar 2021 – 2 C 132/20 – dahin abzuändern, dass der Tenor zu 4) des Urteils vom 16. Dezember 2020 wie folgt lautet: Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 € vorläufig vollstreckbar; hilfsweise, dahin abzuändern: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wegen der Kosten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages. Der Beklagte kann die Vollstreckung aus dem in Ziffer 1) titulierten Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines Betrages von 500 € abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe in Höhe von 15.000 € leistet.

Die Klägerin beantragt, beide Berufungen zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Die Kammer hat die Berufungsverfahren 65 S 15/21 und 65 S 51/21 verbunden; das Verfahren 65 S 15/21 führt.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 16. Dezember 2020 ist unbegründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.

1. Klage

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Räumung der von diesem inne gehaltenen Räumlichkeiten und Grundstücksteile aus §§ 546 Abs. 1, 985 BGB.

Das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehende Mietverhältnis ist durch die Kündigung vom 29. Juli 2019 nach § 573a Abs. 1 BGB beendet worden. Der Beklagte hat mit Ablauf der Kündigungsfrist zum 31. Januar 2019 kein Recht zum Besitz iSd § 986 Abs. 1 BGB (mehr).

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt dem Beklagten nicht bereits von Anfang an ein Recht zum Besitz, weil der Mietvertrag vom 1. März 2017 als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig wäre (Bl. I/67).

aa) Zwischen den Parteien ist mit Vertrag vom 1. März 2017 ein Mietverhältnis wirksam zustande gekommen.

Der Vertrag genügt den Anforderungen der §§ 145, 147, 535 BGB; er enthält insbesondere die für die Begründung eines schriftlichen Mietvertrages erforderlichen Essentialia, zu denen die Benennung der Vertragsparteien, des Mietgegenstandes, des Mietzinses und der Dauer des Mietverhältnisses gehören (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.2015 – XII ZR 114/14, juris Rn. 12; Urt. v. 30.04.2014 – XII 146/12, juris Rn. 23). Der Vertrag ist von beiden Parteien gegengezeichnet.

bb) Der Mietvertrag ist nicht nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig.

(1) Ob ein Rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum Schein geschlossen wird, hängt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung davon ab, ob die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen jedoch nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachten (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.2006 – IX ZR 226/03, Rn. 11, mwN).

Wollen die Parteien übereinstimmend nur den äußeren Anschein eines Rechtsgeschäfts erzeugen, dessen Rechtswirkungen aber nicht eintreten sollen, sind die von ihnen abgegebenen Erklärungen wirkungslos. Setzt der von den Parteien angestrebte Zweck dagegen die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraus, spricht dies umgekehrt gegen eine bloße Simulation. So kann beispielsweise eine bestimmte vertragliche Regelung nicht gleichzeitig steuerlich gewollt, zivilrechtlich aber nicht gewollt sein, wenn der Eintritt des Gewollten gerade ein gültiges, ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 18.11.1976 – VII ZR 150/75, nach juris Rn. 24ff.; Urt. v. 05.07.1993 – II ZR 114/92, nach juris Rn. 7; Urt. v. 20.07.2006 – IX ZR 226/03, nach juris Rn. 11; MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2018, BGB § 117 Rn. 15; Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl. 2019, § 117 Rn. 4).

Anderes gilt etwa dann, wenn die Parteien eine Steuerhinterziehung begehen wollten; denn zur Täuschung der zuständigen Finanzbehörden reicht der äußere Anschein eines Rechtsgeschäfts aus (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.2006 – IX ZR 226/03, nach juris Rn. 11, mwN).

(2) Zum Hintergrund des Vertrages vom 1. März 2017, dessen Original die Klägerin auf Auflage des Amtsgerichts zu den Akten gereicht hat (Bl. I/136ff d. A.), geben beide Parteien weitgehend übereinstimmend an, dass es des Abschlusses des Mietvertrages bedurfte, damit der Beklagte (weiterhin) erfolgreich ALG-II-Leistungen beim JobCenter beantragen kann, ferner, um sich abzusichern (Bl. I/67; I/138 d.A.).

Dieses Ansinnen konnte – auch nach dem Verständnis der Klägerin (Bl. I/67 d.A.) – jedoch nur dann erfolgreich verfolgt werden, wenn – entsprechend den im Vertrag vom 1. März 2017 festgehaltenen Erklärungen der Parteien – ein Mietverhältnis wirksam begründet wird.

Den Eintritt dieser Rechtsfolge haben die Parteien – nach ihrem Vortrag – übereinstimmend gewollt.

Soweit der Beklagte die empfangenen Leistungen für Unterkunft und Heizung entgegen etwaigen Darstellungen gegenüber dem JobCenter im Einvernehmen mit der Klägerin nicht an diese weitergeleitet haben sollte, so wäre dennoch der wirtschaftliche Erfolg eingetreten, der nur aufgrund der gewollten Rechtsfolge der Wirksamkeit des Vertrages (nach außen) eintreten konnte. Er muss von der Klägerin gebilligt worden sein, denn alle maßgeblichen Umstände waren ihr – dem eigenen Vortrag zufolge – bekannt. Sie selbst will den Mietvertrag auf Wunsch des Beklagten unter anderem deshalb unterschrieben haben, weil der Beklagte einen solchen beim JobCenter vorlegen musste. Eine Pflicht zur Vorlage besteht nur dann und insoweit, als aus dem jeweiligen Dokument Leistungsansprüche verfolgt werden, was als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann, § 291 ZPO.

Die oben dargestellten, vom BGH entwickelten Maßstäbe zugrunde gelegt, kann das, was – hier – sozialrechtlich gewollt war, zivilrechtlich nicht (ohne Weiteres) nicht gewollt gewesen sein, es sei denn die Parteien wollten gemeinsam einen Betrug begehen; (auch) zur Täuschung der Sozialbehörden reicht der äußere Anschein eines Rechtsgeschäfts aus. Bei Kenntnis des JobCenters von etwaigen geheimen Absprachen der Parteien wären Sozialleistungen an den Beklagten nicht erbracht worden, was – gegebenenfalls – nicht nur der Beklagte wusste, sondern auch die Klägerin wissen musste.

Das trägt so selbst die Klägerin nicht vor, so dass die Kammer dem nicht weiter nachgeht; dies von Amts wegen zu überprüfen, behält die Kammer den dafür zuständigen Behörden vor. Soweit der Beklagte in der unmittelbar vor dem Termin vorgelegten Erwiderung auf die Berufungserwiderung weitere Gesichtspunkte vorträgt, die – den Maßstäben des BGH zufolge – gegen eine bloße Simulation des Vertragsschlusses sprechen (vgl. Bl. II/171 d.A.), kommt es – jedenfalls für die Entscheidung der Kammer – darauf nicht (mehr) maßgeblich an, so dass die Kammer davon abgesehen hat, die Klägerin dazu anzuhören bzw. ihr die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme zu geben.

cc) Der (schuldrechtlichen) Wirksamkeit des Mietvertrages steht im Verhältnis der Klägerin (Vermieterin) zu dem Beklagten (Mieter) nicht entgegen, dass dieser ohne Zustimmung des Miteigentümers Kock geschlossen wurde; dieser hatte keine Kenntnis vom Mietvertrag. Es verhält sich vielmehr so, dass die Klägerin im Teilungsversteigerungsverfahren ihrerseits angegeben hat, die Immobilie sei nicht vermietet (Bl. I/152).

Zwar stellt die Vermietung des gemeinschaftlichen Eigentums eine Verwaltungsaufgabe dar, die den Miteigentümern gemeinschaftlich zusteht, § 744 Abs. 1 BGB. Vermietet ein Miteigentümer die Immobilie allein, ohne dass ihn die anderen hierzu ermächtigt haben oder dem Vertrag nachträglich zustimmen, so ist der Vertrag zwischen den anderen Miteigentümern und dem Mieter rechtlich ohne Bedeutung, schuldrechtlich aber wirksam (OLG Karlsruhe, REMiets v. 10.02.1981 – 3 REMiet 1/81, nach juris Rn. 11).

b) Das Mietverhältnis ist durch die Kündigung der Klägerin vom 29. Juli 2019 nach §§ 573a Abs. 1, 2, 573c Abs. 1 BGB zum 31. Januar 2019 beendet worden.

Nach § 573a Abs. 1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 bedarf; die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate. Nach § 573a Abs. 2 BGB gilt Absatz 1 entsprechend für Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB (ohnehin) vom Mieterschutz ausgenommen ist. Nach Absatz 3 der Regelung ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben, dass die Kündigung auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2 gestützt wird.

aa) Die materiellen Voraussetzungen des § 573a Abs. 1, 2 BGB liegen vor.

(1) Vermietet wurde ausweislich des Mietvertrages vom 1. März 2017 ein im Erdgeschoss des Einfamilienhauses gelegenes Zimmer zur alleinigen Nutzung sowie Küche, Diele, IWC, Bad/WC, Kellerraum, Garten, Garage zur Mitnutzung. Die Wohn-/Nutzfläche beträgt laut Mietvertrag ca. 50 qm (Grundriss Bl. I/74 d.A.). Das dem Beklagten überlassene Zimmer hat unstreitig eine Fläche von ca. 20 qm.

Es handelt sich nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien nicht um eine abgeschlossene Wohnung, auch wenn das Zimmer im Mietvertrag als Wohnung bezeichnet ist.

Das Zimmer und die zur Mitnutzung überlassenen Räumlichkeiten befinden sich in einem Einfamilienhaus, das die Klägerin unstreitig bereits bewohnte, als der Beklagte aus der von der Klägerin an ihn vermieteten Wohnung in der Stubenrauchstraße zum März 2017 in das Haus (mit) einzog (Bl. I/66f., I/91).

Dass die Klägerin verpflichtet war, auch das dem Beklagten zum Alleingebrauch überlassene Zimmer überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten, § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB, lässt sich weder dem Mietvortrag noch sonst dem Vortrag der Parteien entnehmen.

(2) Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Klägerin sei aus dem (unstreitig ab März 2017 gemeinsam bewohnten) Haus ausgezogen und wohne unter der im Rubrum der Klageschrift vom 13. September 2019 angegebenen Anschrift.

Das Sonderkündigungsrecht nach § 573a Abs. 1, 2 BGB setzt zwar voraus, dass der Vermieter das Gebäude bzw. die Wohnung tatsächlich selbst bewohnt.

Maßgeblich für die Beurteilung ist – wie auch sonst – der Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 573a Rn. 18), hier der 29. Juli 2019.

Unstreitig hatte die Klägerin bereits vor dem Einzug des Beklagten im März 2017 ihren Wohnsitz in dem Einfamilienhaus. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie diesen mit dem Willen aufgehoben hat, diesen aufzugeben, § 7 Abs. 3 BGB, dies zudem zeitnah zum erfolgreichen Erwerb der (kompletten) Immobilie im Wege der Zwangsversteigerung am 8. November 2018, für den sie – so der Beklagte – ein Bankdarlehen aufnehmen musste, während der Beklagte andererseits keine Mietzahlungen an sie leistete bzw. weiterleitete.

Selbst wenn es der Beklagte – anders als die Klägerin, die sich in einer neuen Beziehung befand und befindet – subjektiv als wenig störend empfand, nach der (unstreitigen) Trennung der Parteien mit der Klägerin weiter das Einfamilienhaus unter gemeinsamer Nutzung von Bad und Küche, ohne räumliche Abgeschlossenheit der jeweils allein genutzten Räume zu bewohnen, so entspricht es indes der Lebenserfahrung, dass Paare nach dem Scheitern der Beziehung gerade auch die räumliche Trennung voneinander anstreben. Das Familienrecht etwa trägt dem Rechnung durch Vorschriften wie die in §§ 1361b, 1568a BGB.

Selbst nach dem Vortrag des Beklagten spricht auch nichts dafür, dass die Klägerin die Immobilie für ihn erwerben wollte, dies zu einer Zeit, als die Parteien – unstreitig – bereits unmittelbar vor der endgültigen Trennung standen (Bl. I/69, I/91 d. A.).

Nach Überzeugung der Kammer, § 286 ZPO, waren es die unstreitigen, zunehmend eskalierenden Spannungen, die dazu führten, dass die Klägerin bei ihrem Partner, dem Zeugen Rück einzog, ohne ihren vor Einzug des Beklagten bereits bestehenden Wohnsitz in dem Einfamilienhaus mit dem Willen aufzugeben, diesen aufzuheben. Auch nach dem Vortrag des Beklagten hielt die Klägerin sich weiterhin – nach seinem Vortrag „sporadisch“ – auf dem Grundstück auf und übernachtete dort auch.

Dem (lediglich) in den Einzelheiten, insbesondere bezüglich ihrer jeweiligen Konfliktbeiträge abweichenden Vortrag der Parteien lässt sich in jedem Fall zweifelsfrei entnehmen, dass es erhebliche Auseinandersetzungen gab.

Die von der Klägerin behaupteten massiven Übergriffe und (auch) sexuellen Belästigungen, Bedrohungen, Beleidigungen sowie Tätlichkeiten sollen – so der Beklagte – nicht den Tatsachen entsprechen. Aber auch er trägt beispielsweise vor, dass er ihr – zur Vermeidung des Aufeinandertreffens – Zeiten genannt hat, an denen er nicht anwesend ist, damit die Klägerin in eben diesen Zeiten Arbeiten am Bungalow-Dach ausführen kann (Bl. I/92). Unstreitig sind die zahlreichen Streitereien und Polizeieinsätze; zumindest ein Strafbefehl gegen den Beklagten ist nach Rücknahme des Einspruchs durch ihn – ebenfalls unstreitig – rechtskräftig geworden.

Vor diesem Hintergrund davon auszugehen, die Klägerin habe ihren Wohnsitz in dem Einfamilienhaus willentlich (ganz) aufgeben wollen, ist nach Überzeugung der Kammer mangels Plausibilität nicht nur fernliegend, sondern abwegig.

Für die Anwendung des § 573a Abs. 2 BGB reicht es jedoch bereits aus, dass der Vermieter sich in seiner Wohnung nur zeitweise aufhält (MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl. 2020, § 573a Rn. 5), auch eine Nutzung als Zweitwohnung kann – wie im Anwendungsbereich des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB – genügen. Wohnsitze können – wie auch bei vielen Mietern – gleichzeitig an mehreren Orten bestehen, § 7 Abs. 2 BGB.

Entscheidend ist nach dem Normzweck eine Nutzungsintensität, die die Gefahr erhöhter Spannungen möglich erscheinen lässt; dafür ist es nicht erforderlich, dass die Wohnung den Lebensmittelpunkt des Vermieters bildet (MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl. 2020, § 573a Rn.5; BeckOK Mietrecht/Siegmund, 24. Ed., Stand 01.05.2021, § 573a Rn. 11).

Hier ist es nicht die Möglichkeit von Spannungen, die die tatsächliche Nutzung durch den Vermieter – die Klägerin – (künftig) einschränken könnte; die Spannungen infolge der Trennung der Parteien haben vielmehr dazu geführt, dass die Klägerin ihre bereits vor Einzug des Beklagten realisierte Nutzung gezwungenermaßen einschränken musste, mit der Kündigung den Zustand vor Einzug des Beklagten in die von ihr bewohnte Wohnung wiederherstellen möchte.

Ob die von der Klägerin dargestellten Vorfälle so stattgefunden haben, wie sie es behauptet, musste die Kammer vor diesem Hintergrund nicht weitergehend aufklären.

bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB nicht wirksam ausgeschlossen worden.

Das auf den 1. April 2017 datierte, unstreitig am 7. November 2018 auf Betreiben des Beklagten unterschriebene Schriftstück ist – soweit das Sonderkündigungsrecht des Vermieters (der Klägerin oder eines Rechtsnachfolgers) für mehr als ein Jahr ausgeschlossen wird – unwirksam, denn sie genügt nicht den Schriftformanforderungen der §§ 550, 126 BGB, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat. Rechtsfolge der Unwirksamkeit des Kündigungsausschlusses ist – entgegen der unzutreffenden Rechtsauffassung des Beklagten – nicht, dass das Mietverhältnis (nur) ordentlich kündbar wäre; den Ausschluss der ordentlichen Kündigung nach § 573 BGB sieht das rückdatierte Schriftstück nicht einmal vor; es wird daher von einem Schriftformverstoß gar nicht berührt.

Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf der Ausschluss – auch nur – einzelner Kündigungsgründe für mehr als ein Jahr der Schriftform (BGH, Urt. v. 04.04.2007 – VIII ZR 223/06, WuM 2007, 272, nach juris Rn. 15ff.).

Das Schriftformerfordernis nach § 550 BGB verfolgt neben der Warn- und Beweisfunktion den Zweck, es dem Grundstückserwerber, der in einen bestehenden Mietvertrag eintritt, zu erleichtern, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten.

Das hat zur Folge, dass, wenn die Parteien – wie hier – wesentliche Bestandteile des Mietvertrages – dazu gehört jede Kündigungsbeschränkung bzw. ihr -ausschluss – nicht in der Vertragsurkunde selbst regeln, sondern in andere Schriftstücke auslagern, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser „verstreuten“ Bestimmungen ergibt, zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit der Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich gemacht werden muss (BGH, v. 04.04.2007 – VIII ZR 223/06, WuM 2007, 272, nach juris Rn. 20; Urt. v. 15.11.2006 – XII ZR 92/04, juris). Das kann durch eine Verbindung mit dem Mietvertrag geschehen oder eine Unterzeichnung und zweifelsfreie Bezugnahme auf den Hauptvertrag (BGH, Urt. v. 04.04.2007 – VIII ZR 223/06, WuM 2007, 272, nach juris Rn. 20).

Das unstreitig rückdatierte Dokument ist nicht mit dem Mietvertrag vom 1. März 2017 verbunden. Eine konkrete Bezugnahme auf den Mietvertrag vom 1. März 2017 lässt sich dem Schriftstück ebenfalls nicht einmal andeutungsweise entnehmen.

Da das Schriftstück als „Mietvertrag“ überschrieben ist, ist es aus der maßgeblichen Perspektive eines Dritten noch nicht einmal naheliegend, dass es zwischen den im Rubrum genannten Personen, ein bereits bestehendes Mietverhältnis gibt; der Mietvertrag vom 1. März 2017 wird – anders als der Beklagte es darstellt – auch nicht abgeändert oder ergänzt; nichts in dem Schriftstück deutet darauf hin. Es soll vielmehr aufgrund eines Urteils des BGH vom 31.01.2003 durch einen Baukostenzuschuss des Mieters in Höhe von 100.000 € zu einem nicht näher bezeichneten Zeitpunkt ein Mietvertrag zustande gekommen sein; nähere Einzelheiten enthält das Schriftstück nicht.

Nach dem weiteren Inhalt des Schriftstücks weist der Mieter einen möglichen neuen Eigentümer in einem gesondert abgehobenen Ansatz (unter anderem) darauf hin, dass „§§ 570 und 573a BGB (…) ausdrücklich ausgeschlossen“ werden. Dass dieser Kündigungsausschluss auch für die aktuelle Miteigentümerin, die Klägerin gelten soll, ergibt sich danach nicht.

Gerade dieser Absatz in dem Schriftstück bestätigt die Bedeutung der Einhaltung der Schriftform für einen etwaigen Erwerber, hier im Wege der Zwangsversteigerung, dies unabhängig davon, dass die vom Beklagten beabsichtigte Regelung auch mangels Zustimmung bzw. Wissen des Miteigentümers Kock im Verhältnis zu einem Dritten unwirksam wäre.

Worauf sich der wechselseitige Verzicht auf „mögliche zustehende Kündigungsrechte“ beziehen soll, bleibt schon dem Wortlaut des Schriftstücks nach unklar, abgesehen davon, dass es an der Einhaltung der §§ 550, 126 BGB fehlt. Der Beklagte hat – wie er einräumt (Bl. I/90f) – selbst handschriftlich zugleich erklärt, dass er „aus dem Mietvertrag vom 1.04.2017 keine Rechte gegen Frau Andrea Martin geltend“ machen werde. Soweit er einschränkend mündliche Nebenabsprachen behauptet, betreffen diese – seinen (widersprüchlichen) Vortrag zugrunde gelegt – jedenfalls nicht den Verzicht auf Kündigungsrechte in Spalte 2 Absatz 3 des „Mietvertrages vom 01.04.2017“, auf den der Beklagte sich im Übrigen auch nicht beruft (Bl. I/20; I/90).

Soweit der Beklagte zweitinstanzlich meint, der Annahme eines wirksamen Verzichts stünde entgegen, dass die Klägerin diesen nicht angenommen habe, übersieht er, dass dies – wie auch sonst – konkludent geschehen sein kann. Da der Beklagte die Erklärung unstreitig auf Verlangen der Klägerin abgab (Bl. I/68; I/90f. d.A.), sind entgegen seiner Auffassung die Voraussetzungen des § 397 BGB vorgetragen.

Das als „Mietvertrag“ überschriebene Schriftstück kann auch nicht als eigenständiger, neuer Mietvertrag angesehen werden, weil sich dem Vertrag keine Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile entnehmen lässt (BGH, Urt. v. 25.11.2015 – XII ZR 114/14, juris Rn. 12; v. 30.04.2014 – XII 146/12, juris Rn. 239). In dem „Vertrag“ wäre zwar schriftlich ein Kündigungsausschluss geregelt, nicht aber andere wesentliche Bestandteile wie der Mietgegenstand, der Mietzins und die Dauer des Mietverhältnisses, wobei hinzutritt, dass die Parteien den Vertrag rückdatiert haben, um sich – im Zwangsversteigerungsverfahren – jeweils einen eigenen Vorteil gegenüber einem Bieter zu sichern, den die Schriftform wie ausgeführt gerade schützen soll.

cc) Die formellen Voraussetzungen des § 573a Abs. 3 BGB werden in dem Kündigungsschreiben eingehalten, es wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Kündigung auf § 573a BGB gestützt wird; auch auf die verlängerte Kündigungsfrist wird hingewiesen.

dd) In dem Kündigungsschreiben fehlt zwar der Hinweis auf §§ 574 – 574b BGB, vgl. § 568 Abs. 2 BGB. Fehlt er, gilt § 574b Abs. 2 S. 2: Der Mieter kann den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären, was nicht geschehen ist.

2. Widerklage

Mit der Verurteilung des Beklagten zur Räumung tritt die innerprozessuale Bedingung ein, unter die der Beklagte die Widerklage gestellt hat. Sie ist zulässig (vgl. näher Schultzky in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 33 Rn. 33).

Zu Recht hat das Amtsgericht die Widerklage abgewiesen. Ein Zahlungsanspruch des Beklagten in der geltend gemachten Höhe ist nicht schlüssig vorgetragen, wie das Amtsgericht zutreffend feststellt. Entgegen der Darstellung des Beklagten im Termin hat die Klägerin Leistungen des Beklagten bestritten (Bl. I/109ff. d. A.) und beanstandet, dass der Beklagte zu behaupteten Wertverbesserungen im Wert von 100.000 € auch nichts vorträgt.

Mangels Vortrags zu behaupteten Aufwendungen auf die Mietsache ist auch eine Schätzung nach § 287 ZPO ausgeschlossen.

Der Beklagte stützt den mit der Widerklage verfolgten Anspruch ausdrücklich darauf, dass er in Höhe von mindestens 100.000 € einen Baukostenzuschuss geleistet habe.

a) Hat ein Mieter oder für ihn ein Dritter dem Vermieter mit Rücksicht auf die Vermietung einer Wohnung auf Grund vertraglicher Verpflichtung einen verlorenen Zuschuss, insbesondere einen verlorenen Baukostenzuschuss, geleistet, und wird das Mietverhältnis nach dem 31. Oktober 1965 beendigt, so hat der Vermieter die Leistung, soweit sie nicht durch die Dauer des Mietverhältnisses als getilgt anzusehen ist, nach § 1 des Gesetzes zur Änderung des II. WoBauG, anderer wohnungsrechtlicher Vorschriften und über die Erstattung von Baukostenzuschüssen (nachfolgend: BauKZuschG) nach Maßgabe des § 347 BGB zurückzuerstatten.

Die Anwendung der Vorschrift setzt (zwar) nicht zwingend einen gesonderten Vertrag voraus, so dass auch im Mietvertrag eine entsprechende Regelung mit Rücksicht auf die Vermietung geschlossen werden kann (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 539 Rn. 25). Der Zuschuss muss auch nicht zwingend in Geld erbracht werden, sondern kann auch in Arbeitsleistungen bestehen. Erforderlich ist auch nicht, dass er als solcher – etwa im Mietvertrag – bezeichnet wird; er kann sich in der Benennung von Baumaßnahmen erschöpfen, wobei die Gegenleistung des Vermieters in der Regel in der Gebrauchsüberlassung besteht (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 539 Rn. 26).

Dem Mietvertrag vom 1. März 2017 lässt sich dahingehend nicht einmal andeutungsweise auch nur ein Hinweis entnehmen. Im Gegenteil: Der Vermieter verpflichtet sich für den Fall der Erforderlichkeit zur Ausführung von Restarbeiten; im Übrigen wird der Gebrauch der Mietsache im Zustand bei Übergabe gewährt. Laut Übergabeprotokoll wurden als Mängel die nicht vollständige bauliche Fertigstellung von Küche, Bad, Flur und Keller festgestellt, ohne vom Beklagten zu erbringende Leistungen zu formulieren und/oder seine Mietzahlungspflicht einzuschränken.

b) Das auf den 1. April 2017 rückdatierte Schriftstück vom 7. November 2018 begründet keine eigenständige Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages von mindestens 100.000 € mit der Folge, dass es jeglicher Darlegung vom Beklagten tatsächlich erbrachter Leistungen nicht bedürfte.

aa) Ein Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB liegt bereits nach dem Wortlaut des Schriftstückes nicht vor, so dass es auf den vom Beklagten eigenhändig geschriebenen Verzicht auf die Geltendmachung von Rechten aus dem Schriftstück nicht ankommt.

Nach § 780 BGB kann eine Leistung – unter den weiteren Voraussetzungen des § 780 BGB – in der Weise versprochen werden, dass das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll.

Der „Mietvertrag vom 1.04.2017“ formuliert kein Versprechen der Klägerin, an den Beklagten 100.000 € zu zahlen, wenn darin formuliert wird, dass „der Mieter (…) mit seinem Baukostenzuschuss von € 100.000 in den Jahren 2012 bis heute sich das Wohnrecht sichern“ wollte. Ebenso verhält es sich mit der Formulierung, dass der Mieter am 1.4.2017 das schriftliche Festhalten der Mietvorausentrichtung in Höhe von mindestens 100.000 € verlangte.

Auch sonst verpflichtet sich die Klägerin an keiner Stelle zur Zahlung eines – im Übrigen noch nicht einmal abschließend konkret – bezifferten Betrages.

bb) Auch ein Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB liegt nicht vor.

Ein konstitutives Schuldanerkenntnis kann schon aus den unter aa) genannten Gründen nicht angenommen werden.

Ein deklaratorisches („bestätigendes“) Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen wollen und sich dahingehend einigen. Die erforderliche Einigung kann nur angenommen werden, wenn sich ein entsprechendes Angebot sowie dessen Annahme feststellen lassen. (st Rspr., BGH, Urt. v. 11.01.2007 – VII ZR 165/05, nach juris Rn. 8, mwN).

Es ergibt sich nichts dafür, dass die Parteien am 7. November 2018 sich über die Höhe etwa erbrachter Aufwendungen des Beklagten auf die Mietsache in Form eines von ihm geleisteten Baukostenvorschusses stritten bzw. konkrete Vorstellungen über deren Höhe hatten und insoweit bestehende Meinungsverschiedenheiten mit dem auf den 1. April 2017 datierten Schriftstück künftig übereinstimmend dem Streit entziehen wollten.

Die unter aa) dargestellten vagen Formulierungen stehen auch der Annahme einer solchen Einigung entgegen.

Der Beklagte trägt dies als Ziel des auf sein Betreiben hin abgefassten Schriftstückes auch nicht vor. Er gibt als Begründung für seinen zeitgleich abgegebenen handschriftlichen Verzicht auf die Geltendmachung von Rechten aus dem auf den 1. April 2017 datierten Schriftstück an, dass die Klägerin besorgt war, dass der Beklagte sie auf Zahlung von 100.000 € in Anspruch nehmen könne. Einigkeit bestand nach dem Vortrag des Beklagten zumindest dahin, dass auf eine isolierte Geltendmachung der 100.000 € (nach dem Schriftstück „mindestens € 100.000“) verzichtet werden sollte, dies auch nur so lange, wie der der Beklagte in dem Haus wohnt, nicht aber auf alle Rechte des Beklagten „aus der/den Mietverträgen.“ (Bl. I/91).

Wird außerdem zugunsten des Beklagten sein neuer Vortrag im unmittelbar vor dem Termin vor der Kammer eingereichten Schriftsatzes mit der „Aufstellung der Dienstleistungen Sstraße 28, 13… Berlin“ berücksichtigt, so ergibt sich noch weniger, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgingen, dass der Beklagte Aufwendungen in Höhe von mindestens 100.000 € auf die Mietsache erbracht haben könnte, zumal der Beklagte auch keine (berufliche bzw. handwerkliche) Qualifikation vorträgt, die die Annahme von Stundensätzen rechtfertigten, die auch nur annähernd in den von ihm angenommenen Bereich von mindestens 100.000 € führte.

Da er seinem Vortrag nach jedenfalls im Oktober 2014 ALG II-Leistungen bei JobCenter Tempelhof-Schöneberg beantragt hat, kann mangels Vortrags auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien übereinstimmend Sach- oder Geldleistungen des Beklagten in den von ihm angesetzten Betrag von 100.000 € mit der Folge einbezogen haben, dass die Klägerin diesen Betrag außer Streit stellen wollte und sich ohne jeden Nachweis zur Zahlung des (Mindest-?)Betrages verpflichtete, dies zudem, ohne die Einzelheiten der Rückführung des Betrages zu regeln. An einer Bezugnahme auf den Mietvertrag vom 1. März 2017 fehlt es – wie ausgeführt – vollständig.

c) Auf der Grundlage anderer – etwa bereicherungsrechtlicher – Rechtsgrundlagen kommt mangels schlüssigen Vortrags erbrachter Leistungen und/oder Aufwendungen eine antragsgemäße Verurteilung der Klägerin nicht in Betracht. Für eine Schätzung nach § 287 ZPO fehlt es an der Mitteilung geeigneter Grundlagen.

III.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung gegen das Ergänzungsurteil vom 28. Januar 2021 ist unzulässig und daher zu verwerfen.

Der Berufung fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, denn der Beklagte hat im Rahmen des Berufungsverfahrens über die Hauptsache die einfachere, schnellere und billigere vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit eines Antrags nach § 718 Abs. 1 ZPO (vgl. Herget in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 718 Rn. 1; OLG Koblenz Beschl. v. 09.01.2007 – 11 U 1392/06, juris Rn. 7ff.; OLG Frankfurt Beschl. v. 04.09.2007 – 9 U 46/07, juris Rn. 4; OLG Köln, Beschl. v. 31.03.2005 – 20 U 32/05, juris Rn. 7; OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.11.1988 – 8 U 3100/88, NJW 1989, 842, beck-online), außerhalb eines Berufungsverfahrens in der Hauptsache können die Parteien nach § 537 ZPO unter den dort genannten Voraussetzungen eine Korrektur erreichen. Einen Antrag nach § 718 Abs. 1 ZPO hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 16. März 2021 zwar hilfsweise gestellt, hatte jedoch – ohne die erforderliche Klarstellung – bereits mit Schriftsatz vom 5. März 2021 Berufung gegen das Ergänzungsurteil eingelegt.

Ein (weitergehendes) Bedürfnis für eine gesonderte Anfechtung der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bestand und besteht jedoch nicht, wofür nicht zuletzt auch der (beschränkende) Wortlaut des § 321 ZPO zum Erlass eines Ergänzungsurteils spricht.

IV.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

2. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage des Gesetzes und höchstrichterlich bereits entwickelter Maßstäbe. Die Auslegung von Vertragsbestimmungen ist Sache des Tatrichters und unterliegt daher nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht für eine über das Vertragsverhältnis hinausgehende Verwendung vergleichbarer Regelungen ist nichts vorgetragen oder ersichtlich (BGH, Urt. v. 21.1.2004 – VIII ZR 115/03, WuM 2004, 282, nach juris Rn. 21).

3. Die Voraussetzungen des § 721 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Gegen die Gewährung einer Räumungsfrist spricht, dass der Beklagte sich – seinen eigenen Einlassungen nach – zunächst gar nicht um Ersatzwohnraum bemüht hat, weil er das für überflüssig hält. Auf seine unzutreffende Rechtsauffassung hat die Kammer mit Verfügung vom 25. März 2021 hingewiesen. Konkrete, ernsthafte, fortlaufende Bemühungen um Ersatzwohnraum im gesamten Berliner Stadtgebiet bzw. darüber hinaus hat der Beklagte auch nach dem Hinweis der Kammer für den maßgeblichen Zeitraum spätestens seit Mitte Dezember 2020 nicht vorgetragen, sondern in Ansätzen beginnend ab Mitte März 2021. Seine Suche beschränkt sich von vornherein auf einen begrenzten Teil des Berliner Stadtgebietes, ohne dass dafür ein Grund ersichtlich oder vorgetragen ist. Dass es im hier maßgeblichen Zeitraum bei ernsthafter Bemühung nur möglich gewesen soll, zwei Wohnungsangebote im gesamten Berliner Stadtgebiet zu erhalten, überzeugt die Kammer vor dem Hintergrund ihrer Sonderzuständigkeit nicht. Auf eine Glaubhaftmachung oder die Vorlage geeigneter Belege für seine Behauptung verzichtet der Beklagte.

Soweit der Beklagte sich pauschal, ohne Mitteilung konkreter Hindernisse, auf die er im Zusammenhang mit ernsthaften Bemühungen um Ersatzwohnraum seit Mitte Dezember 2020 gestoßen ist, auf den angespannten Berliner Wohnungsmarkt beruft, reicht dies auch im Rahmen eines Antrags auf Verlängerung der Räumungsfrist nicht aus (vgl. zu § 574 BGB: BGH, Urt. v. 22.05.2019 – VIII ZR 180/18, nach juris Rn. 53). Dass er sich im Zusammenhang mit ernsthaften Bemühungen um Ersatzwohnraum erfolglos um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins außerhalb seiner Arbeitszeiten bemüht hätte, trägt er schon nicht vor.

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