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Wirksamkeit der Mieterhöhungserklärung durch Hausverwaltung ohne Vollmachtsbeifügung

AG Köpenick – Az.: 17 C 407/10 – Urteil vom 25.08.2011

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihr gemietete Wohnung in … B., S.-Straße …, Vorderhaus, Dachgeschoss links, von 194,04 EUR um 26,20 EUR auf 220,24 EUR mit Wirkung ab dem 1. November 2010 zuzustimmen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger ein Drittel und die Beklagte zwei Drittel zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung, und zwar für den Kläger in Höhe von 56,- EUR und für die Beklagte in Höhe von 185,- EUR abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beklagte ist nach dem schriftlichen Mietvertrag der Parteien, insofern wegen der Einzelheiten auf Blatt fünf bis 16 der Akten Bezug genommen wird, Mieterin der mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestatteten, 48,51 qm großen Wohnung im Dachgeschoss links des bis 1918 errichteten Wohnhauses S.-Straße …, … B.; der Kläger ist ihr Vermieter. Die monatlich im Voraus bis zum spätestens dritten Werktag eines Monats zahlbare Nettokaltmiete betrug 194,04 EUR und ist seit dem Jahr 1994 unverändert.

Mit der Beklagten jedenfalls noch im August 2010 zugegangenem Schreiben der für den Kläger tätigen Hausverwalterin vom 30. Juli 2010, insofern wegen der Einzelheiten auf Blatt 17 bis 22 der Akten Bezug genommen wird, ließ er die Beklagte unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel 2009 vergeblich auffordern, einer Erhöhung der Nettokaltmiete um 38,80 EUR auf monatlich 232,84 EUR zum 1. November 2010 zuzustimmen.

Seinerzeit befanden sich der Hof mit den Außenanlagen und das Treppenhaus des Wohnhauses noch in der zum einen seit November 2010 und zum anderen Januar 2011 abgeschlossenen Sanierung. Seit Januar 2011 zahlt die Beklagte allmonatlich den Betrag der erhöhten Miete.

Vorliegend nimmt der Kläger die Beklagte mit der ihr am 27. Januar 2011 zugestellten Klage vom 23. Dezember 2010 auf Zustimmung zur Mieterhöhung in Anspruch.

Der Kläger trägt vor, ausgehend von dem Mietspiegelfeld »D 2« seien wegen der – inzwischen unstreitigen – Schallschutzfenster der Wohnung, eines geräumigen Balkons, auf dem – unstreitig – auf jeden Fall drei Personen gleichzeitig an einem Tisch frühstücken könnten, wegen eines (von der Beklagten in Abrede gestellt) rückkanalfähigen Breitbandkabels und wegen der unter Putz verlegten Heizungsrohre die Wohnung und, nachdem nun gerade die Fassade, das Dach, der Treppenaufgang, der zudem beleuchtete Hof und das begrünte, seit April 2011 nicht offen zugängliche Müllstandshäuschen saniert seien, auch das Gebäude positiv zu bewerten, so dass trotz des negativ anzusehenden Wohnumfelds ein Überschreiten des Mittelwert um 0,30 EUR berechtigt sei. Das ergebe rechnerisch 234,79 EUR und damit angesichts der Kappungsgrenze eine neue Nettokaltmiete von 232,84 EUR. Die Wohnung der Beklagten verfüge zudem nach Ansicht des Klägers über ein modernes Bad (Beweis und gegenbeweislich: Inaugenscheinnahme, Sachverständigengutachten). Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der Netto-Kaltmiete für die von ihr gemietete Wohnung in … B., S.-Straße …, Vorderhaus im Dachgeschoss links, von 194,04 € um 38,80 € auf 232,84 € ab dem 01.11.2010 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie sieht ein zusätzliches negatives Merkmal in der von ihr – unstreitig – vertraglich vereinbart selbst beschafften Küchenausstattung und hatte vorgetragen, die Wohnräume seien nicht höher als 2,40 m (Beweis: Sachverständiger, gegenbeweislich: Inaugenscheinnahme).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im übrigen ist sie unbegründet.

1. Mit Recht nimmt der Kläger die Beklagte aus der Erklärung vom 30. Juli 2010 auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete in Anspruch, §§ 558 Abs. 1 Satz 1, 558a, 558b Abs. 2, 535 BGB. Die Beklagte war zur Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete auf 4,54 EUR/qm, das sind insgesamt 220,24 EUR, mit Wirkung ab November 2010 verpflichtet. Eine Mieterhöhung auf eine Miete zum Betrag des Mittelwerts im Mietspiegelfeld »D 2« des »Berliner Mietspiegels 2009« ist gerechtfertigt. Die weitergehende Klage ist folgerichtig unbegründet.

a) Die Erklärung des Klägers vom 30. Juli 2010 mit der Aufforderung, die Beklagte möge der Erhöhung der Miete zustimmen, ist formell einwandfrei.

aa) Die Hausverwaltung des Klägers hat mit der Anzeige, von dem Kläger entsprechend bevollmächtigt zu sein, der Beklagten das Erhöhungsverlangen im Schreiben vom 30. Juli 2010 zugesandt.

Soweit die Beklagte im Rechtsstreit zunächst in Zweifel gezogen hat, der Kläger sei Eigentümer des Grundstücks und damit Vermieter der Beklagten geworden, hat die Beklagte im weiteren Verlauf diesen Vortrag ersichtlich fallen gelassen. Der Kläger hat mit der Vorlage der Eintragungsnachricht des Grundbuchamts – und im übrigen – sein Eigentum nachgewiesen. Die Beklagte ist dem Vortrag des Klägers, von seiner Eigentümerstellung spätestens im Zusammenhang mit der Regulierung eines Wasserschadens schon vor dem Schreiben vom 30. Juli 2010 erfahren zu haben, nicht entgegen getreten.

Dass dem Schreiben vom 30. Juli 2010 entgegen der dortigen Ankündigung tatsächlich keine Vollmacht der Hausverwaltung, zur Aufforderung zur Zustimmung der Mieterhöhung gegen- über dem Mieter von dem Kläger bevollmächtigt zu sein, beigefügt war, ist unerheblich. Die Beklagte hat schon nicht unverzüglich die Aufforderung zur Zustimmung zur Mieterhöhung unter Hinweis auf die mangelnde Vorlage der Vollmacht zurück gewiesen, § 174 Satz 1 BGB. Die Bevollmächtigung der seinerzeitigen Hausverwaltung, eine entsprechende Aufforderung namens und in Vollmacht des Kläger abzugeben, hat der Kläger alsdann im Rechtsstreit nachgewiesen. Er hat den Hausverwaltervertrag vorgelegt. Dort findet sich die Bevollmächtigung in Teil B I. h).

Mit Recht gehen die Parteien ersichtlich einig, dass jenes Schreiben für den Kläger mit seinem Begehren zu einer Zustimmung der Beklagten zu einer Mieterhöhung mit Wirkung ab November 2010 hinreichend klar formuliert, berechnet und – gestützt auf den anerkannten »Berliner Mietspiegel 2009« – erläutert ist, § 558a Abs. 1 BGB.

bb) Die von dem Kläger begehrte Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete mit Wirkung ab November 2010 ging der Beklagten fristgerecht zu. Stimmt der Mieter der Mieterhöhung zu, schuldet er die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Monats nach dem Zugang des Erhöhungsverlangens, § 558b Abs. 1 BGB. Die Aufforderung des Klägers, der Mieterhöhung zuzustimmen, war der Beklagten Anfang August 2010 zugegangen. Der dritte Monat ist der November des gleichen Jahrs.

Zugestimmt hat die Beklagte indes nicht.

Der Kläger hat schließlich auch binnen der weiteren Frist von drei Monaten, § 558b Abs. 2 Satz 2 BGB, damit rechtzeitig, die Klage auf Zustimmung erhoben. Die am 24. Dezember 2010 bei Gericht eingegangene Klage ist der Beklagten am 27. Januar 2010 zugestellt worden.

b) Der Kläger kann indes eine Zustimmung zur Mieterhöhung nur auf einen Betrag von 4,54 EUR/qm, also auf eine Nettokaltmiete von 220,24 EUR monatlich verlangen.

Mit Recht gehen die Parteien einig, dass der qualifizierte, § 558d Abs. 1 BGB, »Berliner Mietspiegel 2009« und hier das Feld »D 2« der Bestimmung der Vergleichsmiete, § 558d Abs. 3 BGB, zugrunde zu legen sind.

Der Mittelwert dieses Mietspiegelfeldes weist 4,54 EUR/qm Wohnfläche aus. Ein Über- oder Unterschreiten dieses Mittelwerts zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist hier nicht gerechtfertigt.

aa) Die Ausstattung des Bads in der Wohnung der Beklagten ist gegenüber dem Mittelwert weder positiv noch negativ besetzt.

Insbesondere handelt es sich nicht um ein »modernes Bad« im Sinne der »Sondermerkmale« des Mietspiegels. Die Dachschräge über der Badewanne ist nicht gefliest und damit erheblich spritzwassergefährdet. Davon konnten sich die Parteien und das Gericht bei der informatorischen Ortsbegehung der Wohnung selbst überzeugen. Die zum Kopfteil der Badewanne abfallende Dachschräge vermittelt dort leicht das Gefühl der Enge. Die Toilette ist zu nah an die Badewanne gerückt, so dass ein unbefangenes, bestimmungsgemäßes Sitzen zumindest eingeschränkt, wenn nicht behindert ist. Die über der Badewanne angebrachte Duscharmatur erlaubt ein Duschen im Stehen angesichts der geringen Raumhöhe an dieser Stelle nicht. Ein umgreifender Duschvorhang lässt sich wegen der anschließenden Dachschräge nicht anbringen. Spritzwasser gerät dann mit Sicherheit an die nicht geflieste Dachschräge.

Sonst positive oder negative Merkmale im Sinne der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung des Mietspiegels sind nicht vorgetragen; sie sind auch nicht ersichtlich.

bb) In Rücksicht auf die Küche überwiegen die negativen Merkmale nach der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung des Mietspiegels. Nach den mietvertraglichen Abreden der Parteien hat die Beklagte die Küche selbst mit Spüle und Herd ausgestattet. Dass dies bei Abschluss des Mietvertrags auf ihren, der Beklagten, Wunsch vereinbart sein mochte, ist nebensächlich. Die negativen Merkmale überwiegen damit.

cc) In Rücksicht auf den vermieteten Zustand der Wohnung überwiegen jedenfalls die positiven Merkmale.

Dafür, dass die Wohnräume überwiegend niedriger als 2,40 m sind, spricht nach der Besichtigung der Örtlichkeiten nichts. Diesen Vortrag hält die Beklagte wohl auch nicht mehr aufrecht. Die Dachterrasse entspricht einem großen, geräumigen Balkon. Es können gleichzeitig drei Personen am Tisch auf dem Balkon sitzen und sich auf dem Balkon bewegen, ohne die Sitzenden zu behelligen. Das ist angesichts des Ortstermins besichtigt und besprochen worden. Das füllt das Merkmal eines großen, geräumigen Balkons nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts aus.

Die Heizungsrohre sind unter Putz verlegt. Da gehen die Parteien einig.

Hiernach kommt es auf die Frage, ob der Breitbandkabelanschluss rückkanalfähig ist, nicht mehr an. Den überwiegend positiven Merkmalen stehen negative nicht gegenüber.

dd) Der Zustand des Wohnhauses, des Gebäudes, mit der Wohnung der Beklagten im Dachgeschoss rechtfertigt die Feststellung des Überwiegens der positiven Merkmale nach der Orientierungshilfe des »Berliner Mietspiegels 2009«.

α) Soweit die Beklagte eingangs des Rechtsstreits vorgetragen hat, der Hof des Wohnhauses sei von der Straße offen gerade so zugänglich wie die Müllstandsfläche, der Hofbereich sei unbeleuchtet, zum Keller führe eine steile, ungesicherte Holzstiege, die Hauseingangstür sei unzumutbar schwergängig und nicht abschließbar, die Fußbodenfliesen im Treppenhaus hätten sich – unfallträchtig – gelöst, auf einem Treppenpodest sei ein Quadratmeter Putz abgestürzt, Risse befänden sich im Deckenstoß des vierten Obergeschosses und Putz sei dort heraus gebrochen, lose Kabel hingen im Treppenhaus des vierten Obergeschosses aus der Wand und von der Dachschräge und ein Brandschutzfenster sei ohne Funktion, so dass sich das Gebäude in einem außerordentlich schlechten Instandhaltungszustand befinde, kommt es darauf nicht (mehr) an.

Dieser von der Beklagten vorgetragene Zustand ist im wesentlichen inzwischen beseitigt. Das Mietshaus befand sich im Zeitpunkt der Erklärung der Mieterhöhung und dem des Wirksamwerdens der Mieterhöhung in der grundlegenden Sanierung.

ß) Eine Mieterhöhung ist auch schon im Zuge und im Verlauf von Sanierungsarbeiten am Miethaus, dem Grundstück oder der Mietwohnung gerechtfertigt, wenn die Arbeiten unterbrechungsfrei fortgeführt werden und ihr zeitnahes Ende absehbar ist. Die konkrete Miete im Verlauf dieser Arbeiten ist dann nach Maßgabe der mietrechtlichen Mängelgewähr zu bestimmen.

Gerade so verhält es sich hier. Die letzten Arbeiten waren mit Ablauf des März 2011 beendet. Die Fassade, das Dach und das Treppenhaus sind erneuert, saniert, frisch gestrichen, der inzwischen angelegte, beleuchtete und begrünte Hof ist von der Straße nur über eine geschlossene Pforte zugänglich, die Mülltonnen stehen in einem gesonderten kleinen, begrünten Müllstandshäuschen und der nicht auffällig feuchte Keller ist über eine neue, ordentliche Treppe zugänglich. Das Bordell in der Remise mit seinem gesonderten Zugang beeinträchtigt die Mieter im Wohnen nicht.

Soweit die jedenfalls inzwischen abschließbare Hauseingangstür noch schwergängig zu öffnen ist, rechtfertigt das allenfalls eine Mängelrüge, beeinträchtigt die Berechtigung zur Mieterhöhung indes nicht.

ee) In Rücksicht auf das Wohnumfeld gehen die Parteien einig, dass hier die negativen Merkmale der Orientierungshilfe des »Berliner Mietspiegels 2009« wegen der Lärmbelastung des Straßenverkehrs überwiegen.

ff) Hiernach ergibt sich ein ausgeglichenes Bild der wohnwerterhöhenden und -mindernden Merkmals, so dass es bei dem Mittelwert von 4,54 EUR/qm sein Bewenden hat.

Die Kappungsgrenze ist eingehalten.

Den Beweisangeboten der Parteien war nicht mehr nachzugehen, da sie zum einen unerheblich, zum anderen mit dem inzwischen unstreitigen Bild über die Wohnsituation der Beklagten erledigt sind.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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