Berliner Gericht verurteilt Mieter zu Mietpreiserhöhung
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Ein Berliner Gericht hat in einem Rechtsstreit zwischen einer Vermieterin und ihrem Mieter entschieden, dass der Mieter einer Mietpreiserhöhung zustimmen muss. Die Klägerin hatte eine Mieterhöhung von 24,82 € auf 356,85 € auf Grundlage des Berliner Mietspiegels 2019 verlangt. Der Beklagte, der Mieter, stimmte der Erhöhung jedoch nicht zu und argumentierte unter anderem damit, dass die Wohnung nicht den ortsüblichen Standards entspräche und dass das Gebäude in einem schlechten Zustand sei.
Das Gericht gab der Klägerin teilweise Recht und verurteilte den Beklagten, der Erhöhung von 0,81 € auf 332,84 € ab dem 01.09.2020 zuzustimmen. Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin formell wirksam und materiell zum Teil begründet war. Die Zustimmung zur Erhöhung wurde vom Gericht als angemessen und im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete betrachtet.
Das Gericht berücksichtigte bei seiner Entscheidung den Zustand der Wohnung, der sich im mittleren Bereich bewegte, sowie die Tatsache, dass der Beklagte eine Einbauküche eingebaut hatte und den vom Vermieter gestellten Teppichboden durch Laminatboden ersetzt hatte. Der Fahrradkeller des Gebäudes wurde als ausreichend dimensioniert angesehen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Beklagten auferlegt.
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Das vorliegende Urteil
AG Berlin-Mitte – Az.: 21 C 280/20 – Urteil vom 10.02.2022
1. Der Beklagte wird verurteilt, einer Erhöhung der von ihm gezahlten Nettokaltmiete für die im ersten OG links des Objekts …, gelegenen Wohnung, von 332,03 € um 0,81 € auf 332,84 € ab dem 01.09.2020 zuzustimmen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf bis 500 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete auf Grundlage des Berliner Mietspiegels 2019.
Die Klägerin ist Eigentümerin der im ersten OG links des Objekts … Berlin gelegenen Wohnung. Der Beklagte mietet diese im Eigentum der Klägerin stehende Wohnung mit einer Wohnfläche von 40,69 m2 (im Folgenden: Wohnung). Der Beklagte schuldete eine Miete von 332,03 € und die letzte Mieterhöhung war vor dem vor Juni 2019. Die Baualtersklasse des Hauses ist 1997. Die Wohnlage gilt als „mittel“.
Die Wohnung verfügt über eine Sammelheizung sowie ein innenliegendes Badezimmer ohne Fenster. Das WC ist wandhängend. Die Entlüftung erfolgt über einen elektrischen Lüfter, der an den Lichtschalter gekoppelt ist. Im Badezimmer befindet sich eine Badewanne, in der es eine Haltestange und einen Brausekopf gibt.
Die Küche der Wohnung ist zum Wohnzimmer hin geöffnet; sie befindet sich in einem Teilbereich des Wohnzimmers. Im Teilbereich ist kein Fenster, eine große Fensterfront befinden sich allerdings im Wohnzimmer. Der Beklagte hat eine Einbauküche eingebaut.
Das Wohnzimmer ist ein Durchgangszimmer zur Küche und zum Badezimmer. Der von der Klägerin gestellte Teppichboden in der Wohnung wurde durch den Beklagten durch Laminatboden ersetzt.
Die Haustür war im Jahr 2019 defekt und nicht zuschließbar, bis sie repariert wurde. Sie ist seitdem abschließbar, aber wird regelmäßig aufgebrochen. Am Geländer im Treppenhaus gibt es Farbabplatzungen und die Fliesen im Erdgeschoss sind zum Teil beschädigt. Die Leuchte im Treppenhaus des 2. OG „flackert“ seit einigen Jahren. Wegen der Einzelheiten des Zustands des Hauses wird auf die eingereichten Lichtbilder verwiesen (Anlage B2, Bl. 27 ff., Bl. 60 ff. und Bl. 80 ff. der Akte).
Ein großer Teil des Innenhofs wird durch eine Kita genutzt. Es gibt einen Fahrradraum, welcher abschließbar ist und zu welchem jeder Mieter des Objekts Zugang mit den vorhandenen Schlüsseln hat. Der Fahrradraum ist ca. 30 m2groß. Dem Beklagten wurde im Jahr 2020 ein Fahrrad aus diesem Keller gestohlen.
Mit Schreiben vom 24.06.2020 verlangte die Klägerin eine Erhöhung der Miete von derzeit 332,03 € um 24,82 € auf 356,85 €. Sie legte ihr Mieterhöhungsverlangen den Berliner Mietspiegel 2019 zugrunde.
Die Klägerin behauptet, dass das Wohngebäude über einen ausreichend dimensionierten Fahrradkeller verfüge. Zudem könne der Innenhof zum Teil genutzt werden.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der von ihm gezahlten Nettokaltmiete für die im ersten OG links des Objekts … Berlin, gelegenen Wohnung, von 332,03 € auf 356,85 € ab dem 01.09.2020 zuzustimmen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Beklagte behauptet, das Badezimmer verfüge über keine Duschmöglichkeit. Die Küche habe weder Fenster, noch eine ausreichende Lüftungsmöglichkeit. Auch habe sie bei Einzug keinen Herd und keine Spüle gehabt. Der Beklagte behauptet weiter unter Vorlage mehrerer Fotos (Blatt 29-48 und Blatt 80-99 der Akte), dass sich das Gebäude insgesamt in einem schlechten Instandsetzungszustand befinde und dass insbesondere das Treppenhaus und der Eingangsbereich in einem überwiegend schlechten Zustand seien. Von den Kellermauern bis hin zum Erdgeschoss sei eine erhebliche dauernde Durchfeuchtung festzustellen. Die Hauseingangstür sei nicht abschließbar und es befinden sich keine Fahrradabstellmöglichkeiten auf dem Grundstück. Der Beklagte ist der Ansicht, dass Erhöhungsverlangen sei aufgrund fehlender Originalvollmachtsurkunde formell unwirksam.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2021 den Beklagten persönlich angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung Bezug genommen (Blatt 73 ff. der Akte).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung im tenorierten Umfang gemäß § 558 Abs. 1 BGB, denn die Beklagte schuldet eine ortsübliche Vergleichsmiete in dieser Höhe.
1. Das Mieterhöhungsverlangen vom 24.06.2020 ist formell wirksam erklärt, § 558a Abs. 1 BGB. Insbesondere ist die begehrte erhöhte Miete betragsmäßig ausgewiesen und zur Begründung auf den bei Ausspruch des Erhöhungsverlangens geltenden Mietspiegel 2019 unter Angabe eines Mietspiegelfeldes verwiesen. Ferner ist unschädlich, dass dem Mieterhöhungsverlangen keine Vollmacht beigefügt war. Denn ein Rechtsgeschäft ist gem. § 174 BGB mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde nur unwirksam, wenn der andere das Geschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung in der Klageerwiderung vom 03.03.2021 erfolgte nicht mehr ohne schuldhaftes Zögern und damit nicht mehr unverzüglich, § 121 Abs. 1 BGB. Ferner hat die Klägerin die Klagefrist des § 558 b Abs. 2 BGB eingehalten. Das Mieterhöhungsverlangen ging dem Beklagten am 29.06.2020 zu, sodass die Überlegungsfrist am 31.08.2020 endete. Die am 25.11.2020 eingereichte und am 16.01.2021 zugestellte Klage wurde noch innerhalb der Drei-Monats-Frist erhoben. Die Zustellung der Klage wirkt gem. § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung zurück, da sie demnächst erfolgte. Der am 01.12.2020 angeforderte Gerichtskostenvorschuss ging am 16.12.2020 bei Gericht ein. Die Verzögerung hält sich in einem hinnehmbaren Rahmen (vgl. BGH, Urteil vom 30.03.2012 – BGH Aktenzeichen V ZR 148/11).
2. Das Mieterhöhungsverlangen ist auch materiell zum Teil begründet.
Unter Anwendung des Berliner Mietspielgels 2019 und Berücksichtigung der Kappungsgrenze von 15% gem. § 558 Abs. 3 BGB i.V.m. Kappungsgrenzenverordnung Berlin beträgt die ortsübliche und auch von dem Beklagten geschuldete Vergleichsmiete 8,18/m2 (332,84 €/ Monat). Die von der Beklagten momentan geschuldeten 8,16 €/m2 liegen knapp unter der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Im Einzelnen:
a) Zum Zeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens war die Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung seit 15 Monaten nicht erhöht (§ 558 Abs. 1 BGB).
b) Auch die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB i.V.m. Kappungsgrenzenverordnung Berlin ist eingehalten. Die begehrte Mieterhöhung liegt zum Zeitpunkt des ersten Fälligkeitsdatums nicht um mehr als 15 % über der niedrigsten Miete der vergangenen drei Jahre.
c) Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zieht das Gericht im Rahmen seines Schätzungsermessens nach § 287 ZPO den Berliner Mietspiegel 2019 heran.
Ob der Mietspiegel den (erhöhten) Anforderungen an einen qualifizierten Mietspiegel nach § 558d Abs. 1 BGB genügt, kann offen bleiben. Nach gesicherter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich die Abteilung anschließt, darf ein Mietspiegel als einfacher Mietspiegel im Sinne des § 558c Abs. 1 BGB in die Überzeugungsbildung des Gerichts über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete einfließen (§ 286 ZPO). Einem einfachen Mietspiegel kommt zwar nicht die dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene Vermutungswirkung (§ 558d Abs. 3 BGB) zu; er stellt aber ein Indiz dafür dar, dass die angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben; wie weit die Indizwirkung reicht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, welche Einwendungen gegen den Erkenntniswert der Angaben des Mietspiegels erhoben werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2010, – VIII ZR 99/09). Voraussetzung für die Berücksichtigung des Mietspiegels als Indiz im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung ist, dass er die Tatbestandsmerkmale des § 558c Abs. 1 BGB erfüllt (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2012, juris Rn. 17).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Nach § 558c Abs. 1 BGB ist ein (einfacher) Mietspiegel eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spricht in einem Fall wie dem hier gegebenen – der Beteiligung der örtlichen Interessenvertreter sowie der Mieter- und Vermieterseite an der Erstellung – schon die Lebenserfahrung dafür, dass der Mietspiegel die örtliche Mietsituation nicht einseitig, sondern objektiv zutreffend abbildet (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2010, – VIII ZR 99/09, juris Rn. 14).
d) Die Wohnung befindet sich in mittlerer Wohnlage und ist im Berliner Mietspiegel 2019 in das Rasterfeld E7 einzuordnen. Dies sieht eine Spanne für die ortsübliche Vergleichsmiete von 7,43 € / m2 – 9,17 € / m2 bei einem Mittelwert von 8,18 € / m2 vor.
In Bezug auf die Merkmalgruppen der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel 2019 liegt dem Urteil folgendes Ergebnis zu Grunde:
- Merkmalgruppe 1 (Bad): neutral
- Merkmalgruppe 2 (Küche): negativ (20 % Abzug)
- Merkmalgruppe 3 (Wohnung): neutral
- Merkmalgruppe 4 (Gebäude): positiv (20 % Aufschlag)
- Merkmalgruppe 5 (Umfeld): neutral
Dies ergibt eine neutrale Bewertung und den Spannenmittelwert, mithin grundsätzlich eine ortsübliche Vergleichsmiete von 8,18 € / m2.
Im Einzelnen:
(1) Die Merkmalgruppe 1 (Bad/WC) ist neutral zu bewerten.
Unstreitig wohnwerterhöhend ist dabei das wandhängende WC zu berücksichtigen, wohnwertmindernd das fehlende Fenster.
Durch das Fehlen einer separaten Dusche ist das wohnwertmindernde Merkmal „keine Duschmöglichkeit“ nicht erfüllt. Der Beklagte macht zwar geltend, ohne Duschwand oder einer sonstigen vergleichbaren Ausstattung nur die Möglichkeit zu haben, im Sitzen zu duschen. Allerdings kann das Duschen in der Badewanne, auch wenn im Sitzen, nicht mit dem Fehlen einer Duschmöglichkeit gleichgesetzt werden. Denn die Badewanne ist mit einer Haltestange und einem Brausekopf ausgestattet. Das Duschen ist in dieser Form möglich. Auch aus der Systematik zu dem weiteren Negativ-Merkmal „Bad ohne separate Dusche (…)“ ergibt sich, dass das Fehlen einer separaten Dusche nicht mit einer fehlenden Duschmöglichkeit gelichgesetzt werden kann (LG Berlin, Urteil vom 10. Juni 2020 – 65 S 55/20 -, juris). Auch ist es nicht erforderlich, dass zusätzlich eine Duschwand oder ein Spritzschutz besteht, denn es ist ausreichend, dass der Vermieter eine Badewanne mit Duscharmatur zur Verfügung stellt (LG Berlin, Entscheidung vom 27. August 2018 – 64 S 71/18 -, juris).
Zudem liegt das wohnwertmindernde Merkmal „WC ohne Lüftungsmöglichkeit und Entlüftung“ nicht vor. Zwar hat das Bad kein Fenster, jedoch verfügt es unstreitig über eine elektrische Lüftungsanlage, die an einen Lichtschalter gekoppelt ist.
Dadurch, dass es sich unstreitig nicht um einen modernen sensorgesteuerten Feuchtigkeitsregulierer handelt, ist auch nicht etwa das wohnwerterhöhende Merkmal „Innen liegenden Bad mit moderner, gesteuerter Entlüftung (z.B. mittels Feuchtigkeitssensor)“ erfüllt. Die Steuerung mittels Lichtschalter ist eine manuelle Entlüftungssteuerung, die keinen modernen Standards mehr entspricht.
(2) Die Merkmalgruppe 2 (Küche) ist insgesamt als negativ zu bewerten.
Als wohnwertmindernd berücksichtigt das Gericht die fehlende Kochmöglichkeit und Spüle. Die auf eigene Kosten des Mieters angeschaffte Einrichtung bleibt grundsätzlich und auf Dauer unberücksichtigt (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 52/18). Der Vortrag des Beklagten, die Küche habe bei seinem Einzug nicht über eine Einbauküche inklusive Küchengeräte wie Herd und Spüle verfügt, gilt nach § 138 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO als zugestanden, da das Bestreiten der Klägerin in diesem Punkt unbeachtlich ist (vgl. ebenso LG Berlin, Urteil vom 13.03.2019 – 66 S 153/18).
Der Beklagte hat substantiiert vorgetragen, dass die Küche bei seinem Einzug leer gewesen sei. So sei im Mietvertrag auch nicht erwähnt, dass Herd oder Spüle vermieterseits gestellt werden. Auch trug der Beklagte vor, dass es keine Zusatzdokumente zum Mietvertrag gebe, aus denen sich ergebe, dass der Mieter auf Grund einer Übergabevereinbarung o.Ä. einen mietvertraglichen Anspruch auf Bereitstellung dieser Gegenstände hatte (so in LG Berlin, Urteil vom 15. Oktober 2010 – 63 S 110/10 -, juris). Diesem substantiierten Vortrag ist die Klägerin lediglich mit einfachem Bestreiten der Behauptung, Herd und Spüle stünden im Eigentum des Beklagten, entgegengetreten. Einfaches Bestreiten ist jedoch aufgrund des substantiierten Vorbringens des Beklagten unter Bezugnahme auf den Mietvertrag nicht ausreichend (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 – IV ZR 34/14 -, juris). Dadurch, dass die Klägerin ihrer gesteigerten Darlegungslast nicht nachgekommen ist, greift die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO. Es reicht nicht aus, als Vermieter lediglich darauf zu verweisen, es lägen keine Unterlagen vor, aus denen sich das Fehlen einer Spüle und eines Herdes ergeben (vgl. LG Berlin, Urteil vom 13.03.2019 – 66 S 153/18). Dies stellt ein nach § 138 Absatz 4 ZPO unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen dar, denn die Wohnung und die in ihr vorhandene und an die Mieter überlassene Ausrüstung sind Gegenstände der eigenen Wahrnehmung der Klägerin (LG Berlin, Urteil vom 13.03.2019 – 66 S 153/18). Gegenüber der von dem Beklagten schlüssig dargestellten negativen Tatsache wäre daher substantiierter Vortrag (nebst Beweisantritt) von Seiten der Klägerin erforderlich gewesen, die dafür leicht durch entsprechende Protokolle oder Vermerke in ihren Unterlagen Vorsorge treffen kann.
Hingegen ist das wohnwertmindernde Merkmal „Küche ohne Fenster und ohne ausreichende Entlüftung“ nicht erfüllt. Die Küche ist als sog. offene Küche im Wohnbereich ein Teilbereich des Wohnzimmers. Das Wohnzimmer verfügt über eine große Fensterfront. Ob die Küche dadurch als mit einem Fenster ausgestattet zu betrachten ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls verfügt die Küche über eine ausreichende Entlüftungsmöglichkeit. Denn abgesehen davon, dass die Fläche der gesamten Wohnung lediglich 40 m2 beträgt, ist auch auf den eingereichten Fotos zu erkennen, dass die Wohnküche flächenmäßig nicht derart groß ist, dass eine ausreichende Lüftung durch die auf der anderen Seite des Raumes befindliche Fensterfront nicht möglich ist, auch wenn, wie der Beklagte angibt, lediglich 1/3 der Fensterfront geöffnet werden kann.
(3) Die Merkmalgruppe 3 (Wohnung) ist neutral zu bewerten.
Das Negativmerkmal schlechter Schnitt liegt entgegen der Auffassung des Beklagten mit Rücksicht auf die Lage der Küche, welche sich durch das Wohnzimmer betreten lässt, nicht vor (AG Berlin-Lichtenberg, Urteil vom 13.03.2019 – 15 C 270/18). Wenn der Mietspiegel von einem Gefangenenraum oder einem Durchgangsraum spricht, ist damit nicht eine ans Wohnzimmer angegliederte gegebenenfalls auch mit einer Durchreiche ausgestattete Küche gemeint. Gemeint sind vielmehr Altbauwohnungen, in denen sich einzelne Zimmer nicht über den Flur, sondern nur über andere Zimmer erreichen lassen, wodurch die Nutzungsmöglichkeit des Durchgangszimmers beispielsweise als Wohnbereich, der Privatsphäre bieten soll, herabgesetzt wird. Diese Überlegung greift hier nicht, weil die Lage der Küche die Nutzungsmöglichkeiten des Wohnzimmers nicht herabsetzt. Die Küche und das Wohnzimmer sind als sogenannte Wohnküche als Einheit zu betrachten und können sogar die Nutzungsmöglichkeiten des Durchgangszimmers erhöhen, in dem das Wohnzimmer als Essbereich genutzt wird (AG Berlin-Lichtenberg, Urteil vom 13.03.2019 – 15 C 270/18). Wohnküchen sind daher auch bei modernen Grundrissgestaltungen wieder anzutreffen.
(4) Die Merkmalgruppe 4 (Gebäude) ist insgesamt als positiv zu bewerten.
Als wohnwerterhöhend berücksichtigt das Gericht den vorhandenen Fahrradabstellraum, da er abschließbar, leicht zugänglich und ausreichend dimensioniert ist. Denn die Klägerin hat vorgetragen, dass der Fahrradabstellraum mit einer zentralen Schließanlage ausgestattet ist und alle Mieter einen dafür erforderlichen Schlüssel zur Verfügung haben. Das Vorbringen des Beklagten, dass der Fahrradkeller nicht ordentlich gesichert sei, da sein Fahrrad gestohlen worden sei, ändern nichts an dem Merkmal „abschließbar“. Es wurde nicht vorgetragen, dass das Schloss zum Fahrradraum derart einfach ausgestaltet ist, dass es sehr einfach und schnell aufzubrechen sei. Somit hat die Klägerin durch die Schlossvorrichtung und Aushändigung von Schlüsseln ihren Sorgfaltspflichten hinreichend Rechnung getragen. Ein Diebstahl auch durch Mitmieter oder durch das zweckentfremdende Offenlassen des Schlosses stellt ein übliches Risiko dar. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist dieser Raum auch ausreichend dimensioniert. Die Klägerin hat vorgetragen, dass der Raum 30 m2 groß ist. Die eingereichten Fotos zeigen, dass viele Fahrräder dort untergebracht werden können. Soweit die Beklagte das Kriterium „ausreichend dimensioniert“ in Abrede stellt, ohne Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die – unstreitig vorhandenen – vielen Fahrradplätze den Bedarf nicht decken könnten, reicht das nicht aus. Der Vermieter muss nicht proportional zur Anzahl der Bewohner/Mietparteien und unabhängig vom konkreten (wenngleich durchaus Veränderungen unterliegenden) Bedarf eine bestimmte Zahl von Fahrradabstellplätzen vorhalten (LG Berlin, Urteil vom 10. Juni 2020 – 65 S 55/20 -, juris).
Das Treppenhaus und der Eingangsbereich des Gebäudes sind nicht in überwiegend schlechtem Zustand. Da es sich hierbei um ein gebäudebezogenes Merkmal handelt und behebbare Mängel im Rahmen der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete außer Ansatz bleiben, sind typische Gebrauchsspuren eines Treppenhaues – wie abgestoßene Stellen am Treppengeländer oder an Wohnungstüren – nicht ausreichend, wenn sie noch nicht einen Grad erreicht haben, der das Gebäude prägt und als ihm für eine gewisse Dauer anhaftender Zustand anzusehen ist (LG Berlin, Urteil vom 30. Juli 2020 – 65 S 69/20 -, Rn. 32, juris). So ist es aber hier. Die von dem Beklagten monierten Mängel – wie etwa eine defekte Lampe, Putz- und Lackabplatzungen, Flecken auf und Beschädigungen an den Fliesen, fehlender Drucktaster beim Liftschalter sowie Verschmutzungen der Wand – gehen auch aus den von der Beklagtenseite zur Akte gereichten Fotografien hervor. Der Zustand des Eingangsbereichs und des Treppenhauses ist anhand der in der Akte befindlichen, großformatigen und qualitativ hochwertigen Farbfotos gut zu erkennen. Insbesondere bei den durch den Beklagten zuletzt zur Akte gereichten Bildern des Treppenhauses sowie auch dem vierten Bild der Anlage B2 wird – anders als dies bei den Detailaufnahmen einzelner bemängelter Stellen der Fall ist – ersichtlich, dass die einzelnen Mängel den Gesamteindruck des Treppenhauses und des Eingangsbereichs nicht derart prägen, dass der Zustand insgesamt als „schlecht“ bezeichnet werden kann. Dies belegen auch die klägerseits eingereichten Bilder (Bl. 60 ff. der Akte). Die von der Klägerin eingereichten Fotos wurden jeweils aus einer weiteren Entfernung aufgenommen. Zwar erkennt das Gericht an, dass dadurch kleinere Makel und Abnutzungen weniger sichtbar werden, allerdings vermittelt diese Perspektive einen guten Gesamteindruck des betreffenden Bereichs. Es gibt einige Bereiche, in denen die bemängelten Stellen nicht ins Auge stechen. Die Detailaufnahmen der Beschädigungen und Mängel sind zwar an vielen Stellen Ausdruck eines intensiven Gebrauchs und vereinzelt abgenutzt und erneuerungsbedürftig. Die Mängel haben aber noch nicht den Grad erreicht, der das Gebäude prägt. Durch die Bilder des Treppenhauses wird ersichtlich, dass die von dem Beklagten eingereichten Detailaufnahmen der Abnutzungen nicht den Gesamtzustand des Treppenhauses wiederspiegeln. Das Gericht ordnet den Zustand keineswegs als positiv ein. Es handelt es sich aber insgesamt um einen durchschnittlichen Zustand, wobei der überwiegende Teil der Beschädigungen bzw. Gebrauchsspuren, etwa die kleinflächigeren Abplatzungen an Treppengeländer und Fahrstuhltüren sowie die Verschmutzungen an den Wänden, Spuren des alltäglichen Gebrauchs darstellen, welche sich auch in frisch sanierten Gebäuden schnell einstellen und nicht zu einem mangelhaften Gesamteindruck führen.
In der Folge ist auch das Negativmerkmal „schlechter Instandhaltungszustand“ angesichts der nur oberflächlichen Gebrauchsspuren nicht erfüllt. Auch im Übrigen ist es dem Beklagten nicht gelungen, einen schlechten Instandhaltungszustand des Gebäudes darzulegen. Eine schlechte Instandhaltung setzt Mängel an der Bausubstanz voraus, wie etwa große Putzschäden oder eine dauerhafte Durchfeuchtung des Mauerwerks. Der Beklagte hat zwar unter Bezugnahme auf seine eingereichten Fotos aufgezeigt, dass Putzschäden vorhanden sind. So zeigen Lichtbild 8 und 10 Putzschäden auf, die aufgrund einer Durchfeuchtung im Bereich des 1. Untergeschosses aufgetreten sein sollen. Ferner zeigen die Bilder (leichte) Putzschäden aufgrund des wilden Weins, welcher an den Innenhofwänden wächst (Lichtbild 11 und 12). Auf den eingereichten Bildern stellen sich die Putzschäden jedoch als nur punktuell dar. Selbst bei Wahrunterstellung eines Putzschadens im Keller – unklar bleibt auf dem Foto inwiefern es sich um schwarze Schmutzstreifen handelt – sind die Putzschäden nicht großflächig. Der Bereich, in dem wilder Wein wächst, beläuft er sich nur auf eine Ecke. Dass die Putzschäden groß sind, hat der Beklagte auch im Übrigen nicht vorgetragen. Ferner wurde eine dauernde Durchfeuchtung des Mauerwerks durch den Beklagten nicht dargelegt. Auf dem eingereichten Bild ist eine Wand zu sehen, die zum Teil mit dunklen Flecken versehen ist. Daraus ergibt sich keine Durchfeuchtung. Erhebliche Wasserschäden sind nicht zu erkennen. Auch hat die Beklagtenseite nicht substantiiert dargelegt, dass die Wasserschäden dauerhaft seien. Die Behauptung des Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung, dass es in seinem Kellerraum „seit letzter Woche einen Wasserschaden“ gebe und es „von der Decke tropfe“ ist nicht ausreichend, um das wohnwertmindernde Merkmal als erfüllt anzusehen. Eine Dauerhaftigkeit des Wasserschadens wurde durch die Angabe nicht bewiesen. Etwaige Fotos liegen dem Gericht auch dazu nicht vor. Zudem gab der Beklagte selbst an, dass der Wassereintritt aufgrund eines Starkregens erfolgte. Auch dies spricht gegen eine Dauerhaftigkeit.
Zudem liegt das wohnwerterhöhende Merkmal der nicht abschließbaren Haustür nicht vor. Denn der Beklagte hat zwar vorgetragen, dass die Hauseingangstür regelmäßig aufgebrochen werde und regelmäßig defekt sei. Die Klägerin hat jedoch substantiiert dargelegt, dass die Tür jeweils entsprechend instandgesetzt wurde. Dass die Tür regelmäßig aufgebrochen wird, ändert nichts daran, dass die Tür nicht grundsätzlich abschließbar ist. Der Beklagte hat außerdem im Rahmen seiner persönlichen Anhörung selbst bestätigt, dass die Tür grundsätzlich abschließbar sei.
(5) Die Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) ist als neutral zu bewerten.
Die Behauptung des Beklagten, dass keine Fahrradabstellmöglichkeit auf dem Grundstück bestehe und somit ein wertminderndes Merkmal vorliege, vermag nicht zu überzeugen. Es kann dahinstehen, ob aufgrund der Mitnutzung des Hofes durch die Kita noch ausreichend Platz für eine Fahrradabstellmöglichkeit auf dem Hof besteht. Denn durch den Fahrradkeller ist eine Fahrradabstellmöglichkeit auf dem Grundstück jedenfalls gegeben. Im Übrigen zählt der Bereich der Kita nicht als wohnwerterhöhendes Merkmal in Form eines aufwändig gestaltetes Wohnumfeld auf dem Grundstück. Auch wenn auf dem Kitagelände ein Spielplatz vorhanden sein sollte – was schon nicht vorgetragen wurde – so ist der Bereich der Kita abgesperrt und für die Mieter nicht nutzbar.
II.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 41 Abs. 5 GKG.