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Wirksamkeit Mieterhöhungsverlangen bei Verstoß gegen Wirtschaftlichkeitsgebot

LG Berlin – Az.: 67 S 342/18 – Beschluss vom 06.08.2019

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung bei einem Streitwert von bis zu 4.000,00 EUR als offensichtlich unbegründet im Beschlusswege zurückzuweisen.

Gründe

I.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.

Der Klägerin steht kein über den vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag hinausgehender Anspruch auf Erhöhung der Miete zu.

1. Aus der Mieterhöhungserklärung vom 29. April 2016 ergibt sich kein weiterer Anspruch auf Mieterhöhung.

Wie die Kammer bereits in einem Parallelverfahren 67 S 267/17 in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2018 ausgeführt hat, ist die gesamte Erhöhungserklärung vom 26. April 2016 wegen Sittenwidrigkeit gemäß §§ 138, 242 BGB unwirksam, da die Klägerin beabsichtigt hat, den Beklagten mit überhöhten Preisen zu übervorteilen. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen. Die Erklärung ist insgesamt unwirksam, weil die von der Klägerin zugrunde gelegte Berechnung der Gesamtkosten entgegen der Rechtsgedanken der §§ 138, 242 BGB darauf abzielt, dem Beklagten Kosten aufzuerlegen, die in einem eklatanten Missverhältnis zur Leistung stehen und dieser vorsätzliche Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot auf die personelle und unternehmerischen Verflechtungen der auf Seiten der Klägerin beteiligten Gesellschaften zur eigenen Gewinnmaximierung zurückzuführen ist. § 138 BGB ist auch auf einseitige Rechtsgeschäfte anwendbar (vgl. BAG, Urt. v. 23. Juni 1994 – 2 AZR 617/93, BAGE 77, 128-137, juris Tz. 18f.; Staudinger/Sack/Seibl (2017) BGB § 134, Rz. 15; Staudinger/Sack/Fischinger (2017) BGB § 138, Rz. 591; Ellenberger, in: Palandt, 76. Aufl. 2017, § 138 Rz. 11).

Zwar ist der Berufung zuzugeben, dass die Erklärung grundsätzlich bei einem Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht insgesamt unwirksam ist, wovon auch das Amtsgericht ausgeht. Jedoch ist vorliegend maßgeblich auf die darüber hinaus unstreitig vorliegende enge Verflechtung zwischen den beteiligten Unternehmen abzustellen, die hinreichend auf ein bewusstes und gewolltes auffälliges Missverhältnis bei den Abrechnungen zu Lasten der in das Dauerschuldverhältnis des Mietvertrages eingebundenen Mieter hinweist. Nach dem unstreitigen Tatbestand ist der Geschäftsführer der Klägerin zugleich Geschäftsführer der X-GmbH, die ein im Sinne des Steuerrechts einheitliches Unternehmen mit ihr bildet, sowie Geschäftsführer der Y-GmbH, deren Honorar Bestandteil der Berechnung ist. Dieser Umstand reicht für den Fall der festgestellten eklatanten Abweichungen von den vom Sachverständigen angesetzten angemessenen Kosten zu den Positionen Elektroinstallation, Wärmedämmung und Fenster aus, um ein kollusives Verhalten der Klägerin und ihrer Firmen aus verwerflicher Gesinnung zum Zwecke der Gewinnmaximierung unter Ausnutzung der besonderen Situation des Mieters, der ein schützenswertes Interesse an der Erhaltung seiner Wohnung hat, zu bejahen. Dies auch dann, wenn man zwar entgegen dem Amtsgericht bei der Einschaltung eigener Unternehmen nicht von einem Vertrauen auf eine Preisgestaltung unterhalb des Mittelwertes, sondern eine diesen jedenfalls nicht überschreitenden ausgeht.

Die Klägerin hat keine die Preisbildung entlastenden Umstände geltend gemacht. Der erstmalig mit der Berufung vorgetragene pauschale Einwand des von dem Sachverständigen nicht berücksichtigten Generalunternehmerzuschlags zwischen 10-15 % greift nicht. Denn dabei handelt es sich um ein gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3 ZPO unzulässiges neues Verteidigungsmittel. Außerdem sind auch unter Berücksichtigung dieses Zuschlags die Preise weiterhin eklatant überhöht.

Für den vorliegenden Sonderfall der kollusiv erhöhten Preise erscheint die Annahme einer Teilunwirksamkeit entgegen der Regelwirkung des § 139 BGB als unangemessen, da damit ein wirksamer Schutz des Mieters vor auf diese Art und Weise vorsätzlich weit überhöht abgerechneten Modernisierungszuschlägen unterlaufen werden würde.

Irrelevant ist vorliegend, dass von der Sittenwidrigkeit nicht alle Maßnahmen betroffen sind (so z.B. nicht die Balkone) bzw. die Angemessenheit und Ortsüblichkeit der Preise nicht hinsichtlich aller Maßnahmen (hier: neue Gas-Zentralheizung nebst zentraler Solar-Warmwasserbereitung) überprüft worden ist. Denn die Klägerin hätte sich von der durch die Sittenwidrigkeit des Vorgehens infizierten Erhöhungserklärung vollständig lösen und eine neue Erhöhungserklärung abgeben müssen. Dies hat sie jedoch nicht getan.

2. Zu Recht hat das Amtsgericht auch eine Berechtigung der Klägerin zur Mieterhöhung in Höhe von 40,08 EUR aufgrund der Mieterhöhungserklärung vom 21. Oktober 2016 verneint.

a) Bei Kosten für eine Ersatzunterkunft sowie für Kosten für Packmaterial und Packhelfer sowie Bewachungskosten handelt es sich nicht um Kosten, welche – wie in § 559 Abs. 1 BGB verlangt – für die Wohnung aufgewendet worden sind. Denn diese Kosten sind nicht infolge, sondern lediglich anlässlich der Baumaßnahme angefallen, weswegen eine Umlage im Rahmen der Modernisierungsmieterhöhung nicht in Betracht kommt (vgl. Hinz, NZM 2013, 209, 222).

Soweit der Vermieter im Einzelfall für die Kosten der Unterbringung der Mieter während der Bauphase gemäß § 555d Abs. 6, 555a Abs. 3 BGB aufzukommen hat, kommt es nicht zu einer „Rückbelastung“ der Mieter im Rahmen der Modernisierungsmieterhöhung (MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 559 Rn. 15).

b) Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht dargelegt hat, welche erforderlichen Aufwendungen tatsächlich entstanden sind. Sie hat zur Begründung ihres Mieterhöhungsverlangens lediglich ausgeführt, dem Beklagten einen Vorschuss in Höhe von 4.372,50 EUR gezahlt zu haben. Dabei ist aus den als Anlagen eingereichten Schreiben der Klägervertreter vom 13. Juli 2015 und vom 3. September 2015 zu ersehen, dass sich die Parteien nicht darüber einig waren, ob die vom Beklagten angesetzten Zeiten und Kosten angemessen und erforderlich waren. Auch im hiesigen Verfahren hat die Klägerin die Erforderlichkeit bestimmter Positionen, für welche ein Vorschuss gefordert und bezahlt worden war, bestritten, weswegen sie bereits selbst zum Teil bestreitet, dass diese Kosten – wenn man sie dem Grunde nach für ansatzfähig für eine Mieterhöhung hielte – tatsächlich für die Modernisierungsmaßnahmen erforderlich waren und damit nach § 559 BGB berücksichtigungsfähig wären.

c) Schließlich wären nur Aufwendungen – wie vom Amtsgericht ausgeführt – ansatzfähig, die ausschließlich durch Modernisierungsarbeiten verursacht wurden (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 13. Aufl. 2017, BGB § 559 Rn. 62). Das ist bei den vom Beklagten geltend gemachten Aufwendungen nicht der Fall. Zum einen sollte in der Wohnung die Rohinstallation Elektro als Erhaltungsmaßnahme und nicht als Modernisierungsmaßnahme neu verlegt werden (vgl. Vergleich vom 28. Oktober 2015, AG Mitte, 15 C 2/14, Bl. 111R Bd. I d.A.). Da in dieser Zeit kein Strom vorhanden war, war die Wohnung nicht bewohnbar und ein Auszug des Beklagten erforderlich. Ferner sind erhebliche Kosten dadurch entstanden, dass ein Stahlträger das Badezimmer des Beklagten beschädigt hatte.

II.

Die Berufungsklägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.

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