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Wirksamkeitsvoraussetzungen für ein Mieterhöhungsverlangen – Mietspiegel mit Mietpreisspannen

LG Nürnberg-Fürth – Az.: 7 S 3431/14 – Urteil vom 16.09.2014

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgericht Nürnberg vom 15.04.2014, Az.: 29 C 9637/13, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Amtsgerichts Nürnberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 402,84 € festgesetzt.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Nürnberg wies die Klage der Klägerin auf Zustimmung zur Anhebung der Nettokaltmiete von 369,59 € monatlich um 33,57 € monatlich auf 403,16 € monatlich für die von der Beklagten von der Klägerin angemietete Wohnung im Haus … Nürnberg ab.

Auf das angefochtene Urteil wird Bezug genommen und insbesondere auf die mit Schreiben vom 25.07.2013 an die Beklagte gerichtete Aufforderung zur Zustimmung zur Anhebung der Miete. Dieser Erklärung wurde der Mietenspiegel der Stadt Nürnberg aus dem Jahr 2012 nicht beigefügt.

Jedoch wurde auf diesen Bezug genommen und mitgeteilt, dass dieser beim Amt für Wohnen und Stadterneuerung der Stadt Nürnberg erhältlich sei. Die neue Grundmiete entspreche einem monatlichen Quadratmeterpreis von rund 5,48 €. Auf Seite 2 des Schreibens ist die ortsübliche Vergleichsmiete berechnet mit Einstufung in das Baualter und die Größenklasse sowie dem Tabellenwert laut Mietspiegel sowie der Angabe prozentualer Zu- und Abschläge. In dem Schreiben ist schließlich die ortsübliche Vergleichsmiete für die 73,61 m² große Wohnung mit 6,12 €/m² Wohnfläche monatlich angegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten des Mieterhöhungsschreibens wird auf Blatt 4 bis 7 der Akte Bezug genommen.

Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen. Es führt im Wesentlichen in den Urteilsgründen aus, dass das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam sei, da es den Form- und Begründungserfordernissen des § 558a BGB im konkreten Fall nicht entspreche. Zwar sei eine Bezugnahme auf einen Mietspiegel grundsätzlich möglich, auch wenn dieser Spannen enthalte, wenn nur die verlangte Miete innerhalb der Spanne liege. In dem Fall, in dem der Vermieter aber den Mietspiegel seinem Erhöhungsverlangen nicht beifüge, müssten sich umso mehr sämtliche Tatsachen aus dem Erhöhungsverlangen selbst ergeben, die der Mieter benötige, um die Berechtigung des Zustimmungsverlangens überprüfen zu können. Da im vorliegenden Fall aber in dem Mieterhöhungsverlangen nicht einmal mitgeteilt wurde, dass der Mietspiegel 2012 der Stadt Nürnberg eine Spanne beinhaltet und sich daraus die ortsübliche Vergleichsmiete entnehmen lässt, wäre es dem Mieter nicht lediglich durch Einsichtnahme in den Mietspiegel möglich, die richtige Übertragung der relevanten Daten zu überprüfen, sondern er bedürfte eines Taschenrechners vor Ort, um die maßgebliche Mietpreisspanne selbst zu errechnen. Das Mieterhöhungsverlangen im vorliegenden konkreten Fall stellte daher keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Entscheidung des Mieters dar, ob ein wirksamer Mieterhöhungsanspruch des Vermieters bestehe.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 23.04.2014 zugestellte Urteil legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.05.2014, eingegangen bei Gericht am 13.05.2014, Berufung ein, die mit Schriftsatz vom 22.05.2014, eingegangen bei Gericht an demselben Tag, begründet wurde.

Die Kammer nimmt hinsichtlich des Berufungsvorbringens und der gestellten Berufungsanträge Bezug auf die Schriftsätze der Klagepartei vom 12.05. und 22.05.2014, und der Beklagtenpartei vom 30.06.2014, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.08.2014.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht einlegt. Die Klagepartei ist in Höhe von 1.409,94 € beschwert (BGH, zuletzt Beschluss vom 08.04.2014, VIII ZB 30/13).

Die Berufung war allerdings zurückzuweisen, da das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen im konkreten Fall nicht den Form- und Begründungserfordernissen des § 558a BGB entspricht.

Nach dieser Vorschrift ist dem Mieter in Textform das Mieterhöhungsverlangen zu erklären und zu begründen.

1.

Im vorliegenden Fall wurde das Mieterhöhungsverlangen dem Mieter in Textform erklärt. Es enthält auch sowohl eine Vergleichsmietenberechnung nach dem in Bezug genommenen qualifizierten Mietspiegel der Stadt Nürnberg aus dem Jahr 2012 sowie die Darlegung prozentualer Zu- und Abschläge.

Grundsätzlich ist die Bezugnahme auf den qualifizierten Mietspiegel unter Hinweis auf die Einsichtnahmemöglichkeit beim Amt für Wohnen und Stadterneuerung der Stadt Nürnberg nicht zu beanstanden. Einer Beifügung des Mietspiegels bedurfte es insoweit nicht. Dies ist bereits mit Urteil des 8. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs vom 11.03.2009, Az.: VIII ZR 74/08, entschieden. Unschädlich ist im vorliegenden Fall auch, dass das Amt der Stadt Nürnberg, bei dem der Mietspiegel eingesehen werden kann, zum damaligen Zeitpunkt nicht Amt für Wohnen und Stadterneuerung sondern Amt für Wohnen und Stadtentwicklung hieß. Diese Falschbezeichnung ist nach Ansicht der Kammer insoweit ohne Auswirkung, da es dem Mieter dennoch ohne weiteres möglich ist, das richtige Amt zur Einsichtnahme des Mietspiegels der Stadt Nürnberg aufzusuchen. Ein anderes, ähnlich bezeichnetes Amt der Stadt Nürnberg existiert nicht. Es ist auch ausreichend, dass dies nur zu den Öffnungszeiten des Amtes möglich ist.

2.

Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens war vorliegend aber formal nicht ausreichend, insbesondere deshalb, da im konkreten Fall der  Mietspiegel dem Schreiben nicht beigefügt war.

Zwar ist in § 585a Abs. 4 BGB geregelt, dass bei der Bezugnahme auf einen Mietspiegel, der Spannen enthält, es ausreichend ist, wenn die verlangte Miete innerhalb der Spanne liegt.

Mit der Begründung des Mieterhöhungsverlangens sollen dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung jedoch die Tatsachen mitgeteilt werden, die er zur Prüfung einer vom Vermieter gemäß § 558 BGB begehrten Mieterhöhung benötigt, also etwa die Angabe der ortsüblichen Vergleichsmiete und bei Bezugnahme auf einen Mietspiegel die Einordnung der Wohnung in die betreffende Kategorie des Mietspiegels (BGH aaO.).

Zwar dürfen dabei nach der Rechtsprechung des 8. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes an die Begründung keine überhöhten Anforderung gestellt werden und es genügt grundsätzlich die Angabe des nach Auffassung des Vermieters einschlägigen Mietspiegelfeldes (BGH aaO, sowie BGH, 8. Zivilsenat, Urteil vom 11.03.2009, Az.: VIII ZR 316/07). Die Angabe des einschlägigen Mietspiegelfeldes ist deshalb ausreichend, da der Mieter damit ohne Weiteres prüfen kann, ob die vom Vermieter vorgenommene Einordnung der Wohnung in dieses Mietspiegelfeld zutrifft und ob die für die Wohnung geforderte Miete innerhalb der Spanne liegt. Die Frage, ob der Vermieter das richtige Mietspiegelfeld gewählt hat, ist hingegen nicht Frage der formellen Wirksamkeit sondern der materiellen Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens (BGH, Urteil vom 11.03.2009, Az.: VIII ZR 316/07).

Im vorliegenden Fall der Stadt Nürnberg handelt es sich bei dem Mietspiegel 2012 aber um einen Mietspiegel, der eine Mietpreisspanne dergestalt enthält, dass um einen anhand der maßgeblichen Wohnwertmerkmale der Wohnung zu ermittelnden Tabellenwert eine Spanne von -21 % bzw. +21 % gebildet wird, die die ortsübliche Vergleichsmiete darstellt.

Bei bloßer Bezugnahme auf den Mietspiegel 2012 der Stadt Nürnberg, ohne Mitteilung der darin enthaltenen Spanne, ist daher zur Berechnung der Spanne somit nahezu immer die Zuhilfenahme eines Taschenrechners nötig, um die sich um den Tabellenwert ergebende Spanne von jeweils 21 % zu errechnen. Im konkreten vorliegenden Fall war dem Mieterhöhungsverlangen weder ein Mietspiegel beigefügt, noch war offen gelegt, dass sich überhaupt eine Mietpreisspanne aus dem Mietspiegel ergibt oder wie diese sich errechnet.

Damit sind die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Maßstäbe an ein Mieterhöhungsverlangen, nämlich, dass dem Mieter ohne weiteres eine Prüfung der richtigen Einordnung der Wohnung möglich ist, aber nicht erfüllt. Aus dem Mieterhöhungsverlangen ergeben sich lediglich die Einordnung der Wohnung nach Baualtersklasse und Größenklasse und der daraus folgende Tabellenwert für die ortsübliche Vergleichsmiete von 6,24 €/m². Nach Abzug der maßgeblichen Wohnwertkriterien ergibt sich nach dem Erhöhungsverlangen eine punktgenaue Vergleichsmiete in Höhe von 6,12 €/m². Das Mieterhöhungsverlangen selbst fordert im streitgegenständlichen Fall eine Grundmiete von 5,48 €. Der Mieter kann allein durch das Mieterhöhungsverlangen nicht wissen, dass eine Mietpreisspanne existiert und die ortsübliche Vergleichsmiete hiernach durchaus 21 % unterhalb des angegeben Tabellenwerts liegen kann. Ihm ist daher aus Sicht der Kammer keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für seine Entscheidung, ob ein wirksamer Mieterhöhungsanspruch des Vermieters besteht, übermittelt.

Bei der Frage, ob offengelegt werden muss, dass der Mietspiegel eine Mietpreisspanne in der Form vorsieht, dass eine Spanne von -21 % bzw. +21 % gebildet wird, handelt es sich auch nicht um eine Frage der materiellen Begründetheit des Erhöhungsverlangens, sondern um eine Information, die dem Mieter, insbesondere dann, wenn ein Mietenspiegel nicht beigefügt war, seitens des Vermieters im Erhöhungsverlangen mitzuteilen ist. Es handelt sich damit um eine Frage der formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens. Denn durch die Begründung sollen konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gegeben werden, damit der Mieter während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich entscheiden kann, ob er zustimmt oder nicht. Der Vermieter muss deshalb die Spanne angeben (Börstinghaus in Schmidt-Futterer Mietrecht, 11. Auflage, § 558 a, Rn. 43).

Diesen Anforderungen genügt das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen nicht. Danach kann die Berufung aber keinen Erfolg haben.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Der Streitwert ergibt sich aus § 41 Abs.5 Satz 1 GVG.

4. Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 zuzulassen, weil dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es handelt sich um eine klärungsbedürftige Frage, die das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Handhabung und Entwicklung des Rechts berührt (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Auflage 2014, § 543 ZPO Rn 11 m.w.N.). Die Frage, ob das Begründungserfordernis eines Mieterhöhungsverlangens, das auf einen qualifizierten Mietspiegel mit einer Mietpreisspanne wie im vorliegenden Fall gestützt wird und dem der Mietspiegel nicht beigefügt ist, soweit reicht, dass zwingend die in dem Mietspiegel verankerte Spanne mitzuteilen ist, ist noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt.

 

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