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Wohnflächenabgabe in Inserat/Exposé – Haftung des Maklers

LG München I, Az: 31 S 23070/14, Urteil vom 21.01.2016

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 05.11.2014, Az. 472 C 31122/12, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 12.360,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Wohnflächenabgabe in Inserat/Exposé – Haftung des MaklersDie Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Miete für die Monate September bis November 2012 aus dem zwischen den Parteien am 27.08.2012 geschlossenen Mietvertrag geltend, abzüglich eines Gegenanspruchs des Beklagten in Höhe von 1.500,00 € für eine Einbauküche. Der Beklagte kündigte diesen Mietvertrag am 31.08.2012 und focht ihn zudem mit Schreiben vom 07.09.2012 wegen Täuschung über die tatsächliche Wohnfläche an. Widerklagend macht der Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe, hilfsweise Duldung der Wegnahme der besagten Einbauküche, hilfsweise Zahlung von 6.000,00 € für die Küche geltend.

Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts München vom 05.11.2014, Az. 472 C 31122/12, verwiesen.

Das Amtsgericht gab der Klage statt und führte zur Begründung an, dass das eingeholte Sachverständigengutachten ergeben habe, dass die Wohnfläche tatsächlich den vorvertraglichen Angaben der Klägerin entsprach. Die Widerklage wies das Amtsgericht mit der Begründung ab, der allein in Betracht kommende Wegnahmeanspruch sei verjährt. Zudem sei die Widerklage unbegründet, da die Klägerin nicht mehr im Besitz der Küche sei und ein Zahlungsanspruch in Höhe von 6.000,00 € nicht bestehe, da die Küche lediglich 1.500,00 € wert sei.

Hinsichtlich der weiteren Gründe wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung und verfolgt den Klageabweisungsantrag sowie die Widerklage weiter. Er behauptet, die Maklerin habe ihm vor Vertragsschluss auf ausdrückliche Nachfrage telefonisch versichert, dass allein die oberirdische Wohnfläche der streitgegenständlichen Wohnung mehr als 150 m² betrage. Dies sei ausweislich des Sachverständigengutachtens falsch. Der Beklagte meint, die Klägerin müsse sich diese Aussage der Maklerin gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Hinsichtlich der Widerklage meint der Beklagte, in der vor der Verjährung erhobenen Widerklage auf Herausgabe der Küche sei der Anspruch auf Wegnahme inkludiert. Das Amtsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass nur ein Wegnahmerecht gem. § 539 Abs. 2 BGB in Betracht kommt und den Herausgabeantrag des Beklagten entsprechend auslegen muss. Hinsichtlich des Wertes der Küche hätte das Amtsgericht ein Sachverständigengutachten einholen müssen.

Der Beklagte beantragt,

1. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 05.11.2014 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin und Berufungswiderbeklagte wird verurteilt, dem Kläger und Berufungsführer die Wegnahme der weißen Einbauküche im Erdgeschoss des Anwesens G. Straße … in 8… München, bestehend aus zwei Oberschränken, zwei Eckunterschränken, fünf Unterschränken, einer schwarzen Arbeitsplatte, nebst Geschirrspülmaschine, Einbauherd, sowie einer Einbauspüle, gemäß dem in Anlage beigefügten Lichtbild, zu gestatten.

3. Hilfsweise, für den Fall der Unmöglichkeit der Wegnahme, die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen an den Kläger 6.000,00 € nebst Zinsen, hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung.

Die Klägerin meint, der Beklagte könne seine Anfechtung nicht auf die angebliche telefonische Zusicherung der Maklerin stützen, da er sich in seiner ursprünglichen Anfechtungserklärung lediglich auf deren Angaben im Exposé gestützt habe und nach Ablauf der Frist aus § 121 Abs. 1 BGB keine Anfechtungsgründe nachschieben könne. Die Behauptung sei zudem unsubstantiiert. Hinsichtlich der Widerklage meint die Klägerin, das Amtsgericht habe den Wert der Küche in nicht zu beanstandender Weise geschätzt. Der Anspruch auf Duldung der Wegnahme stelle gegenüber dem Herausgabeanspruch ein aliud dar, weshalb eine Umdeutung gem. § 308 ZPO nicht zulässig sei.

Wegen des weiteren Parteivorbringens in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2015 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§ 511 Abs. 1, 2 Nr. 1 ZPO) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 517, 519 ZPO) und begründet (§ 520 ZPO).

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Amtsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 6.360,00 € aus § 535 Abs. 2 BGB. Der Anspruch ist nicht infolge einer Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB erloschen.Der Beklagte hatte keinen Anfechtungsgrund. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der klägerseits bestrittenen und für verspätet gehaltenen Behauptung des Beklagten, die Maklerin habe ihm telefonisch eine bestimmte Wohnfläche genannt.

1.1 Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag enthält keine Angaben zur Größe der angemieteten Wohnung. Eine konkludente Vereinbarung einer bestimmten Wohnflächengröße kommt zwar dennoch in Betracht, wenn die Parteien den schriftlichen Mietvertrag in der beiderseitigen, dem jeweiligen Vertragspartner erkennbaren Vorstellung schließen, die Wohnung weise die entsprechende Wohnfläche auf (vgl. BGH, Urt. v. 23.06.2010, VIII ZR 256/09). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

a) Die alleinige Angabe der Wohnfläche in einem Inserat bzw. einem Exposé genügt zur Annahme einer konkludenten Wohnflächenvereinbarung nicht. Vielmehr handelt es sich dabei um eine bloße Beschreibung der Mietsache (vgl. AG Frankfurt Urt. v. 19.09.2012, 33 C 3082/12, LG Mannheim Urt. v. 08.11.2012, 4 S 96/06; AG München, Urt. v. 16.12.2013, 424 C 10773/13).

b) Aber auch wenn man als wahr unterstellt, dass die Maklerin dem Beklagten auf dessen Nachfrage telefonisch mitgeteilt hat, dass allein die oberirdische Wohnfläche über 150 m² umfasst, folgt daraus noch keine konkludente Wohnflächenvereinbarung zwischen dem Beklagten und der Klägerin. Die Klägerin muss sich die Angaben der Maklerin nicht automatisch gem. § 278 BGB zurechnen lassen.Beschränkt sich die Tätigkeit eines Maklers auf das Anbieten reiner Maklerdienste ohne Einbindung in die Erfüllung von Haupt- oder Nebenpflichten einer Vertragspartei, kommt eine Zurechnung nicht in Betracht (BGH, Urt. v. 24.11.1995, V ZR 40/94). Als Erfüllungsgehilfe einer Vertragspartei ist nur anzusehen, wer nach den tatsächlichen Umständen mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Durch seine Vermittlungstätigkeit erbringt der Makler indes eine eigene Leistung gegenüber dem Auftraggeber, die nicht ohne weiteres zugleich die Verpflichtung des Auftraggebers gegenüber dem späteren Vertragspartner erfüllt (BGH aaO).Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die Maklerin bei der Erteilung der Auskunft über die Wohnungsgröße im Pflichtenkreis der Klägerin tätig war. Die Erteilung von Auskünften über die Beschaffenheit der Wohnung unterfällt grundsätzlich der maklerspezifischen Vermittlungstätigkeit. Es ist nicht erkennbar, dass die Maklerin vorliegend darüber hinaus eine vermieterspezifische Tätigkeit ausübte, indem beispielsweise die Flächenangabe im Rahmen einer für die Klägerin getätigten Verhandlungsführung oder unter vergleichbaren Umständen gemacht wurde. Es fehlt daher an Anhaltspunkten dafür, dass aufgrund der fallspezifischen Einzelumstände eine etwaige telefonische Wohnflächenangabe der Maklerin der Klägerin zuzurechnen ist.

c) Darüber hinaus reicht auch eine solche telefonische Angabe nicht aus, um die Wohnfläche zum konkludenten Bestandteil des Mietvertrages zu machen.Der BGH hat das konkludente Zustandekommen einer Wohnflächenvereinbarung in einem Fall angenommen, in welchem dem Mieter vor Vertragsschluss Grundrisse und detaillierte Flächenberechnungen zur Verfügung gestellt worden waren, die eine falsche Flächenberechnung aufwiesen. Bei dieser Ausgangslage spricht nach Ansicht des BGH nichts für die Annahme, das Fehlen einer Wohnflächenangabe im Mietvertrag indiziere, dass der Vermieter sich nicht hat binden wollen und der Mieter letztlich keinen Wert auf die Aufnahme in den Mietvertrag gelegt hat. Vielmehr ebenso nahe liege der Schluss, dass beide Parteien die Wohnflächenfrage als geklärt ansahen, nachdem dem Mieter im Vorfeld die konkreten Maße durch den überlassenen Grundriss und die detaillierte Wohnflächenberechnung angegeben worden waren (BGH, Urt. v. 23.06.2010, VIII ZR 256/09).So liegt der Fall hier indes nicht. Allein aufgrund der behaupteten telefonischen Auskunft der Maklerin ist nicht davon auszugehen, dass das Thema Wohnfläche für beide Parteien geklärt war. Während die Übergabe detaillierter Wohnflächenberechnungen und eines Grundrisses für den Mieter eine vergleichbare Sicherheit bzw. Dokumentation darstellt wie eine Flächenangabe im schriftlichen Mietvertrag, gilt dies für eine lediglich telefonische Auskunft durch die Maklerin nicht in gleichem Maße. Es ist daher aus Vermietersicht anzunehmen, dass der Mieter, wenn ihm die Wohnfläche wichtig ist, auf eine Aufnahme in den Mietvertrag besteht oder entsprechende detaillierte schriftliche Angaben im Vorfeld verlangt. Beides hat der Beklagte jedoch nicht getan. Vielmehr hat er seinem erstinstanzlichen Vortrag zufolge sogar von seinem ursprünglichen Wunsch, vor Vertragsschluss den Grundriss zu bekommen, abgesehen, nachdem die Klägerin ihn bei Vertragsschluss mit ihren familiären Problemen behelligt hat.Von einer stillschweigenden Wohnflächenvereinbarung kann daher selbst bei Zugrundelegung des streitigen Beklagtenvortrags zu den telefonischen Angaben der Maklerin nicht ausgegangen werden.

1.2 Das Amtsgericht hat auch zu Recht die Widerklage abgewiesen.

a) Das Amtsgericht hatte den beklagtenseits geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe der Küche nicht gem. § 308 ZPO in einen Anspruch auf Wegnahme gem. § 539 Abs. 2 BGB umzudeuten, so dass die Annahme des Erstgerichts, der Wegnahmeanspruch sei verjährt, nicht zu beanstanden ist. Wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, stellt das Wegnahmerecht gegenüber dem Herausgabeanspruch kein Minus sondern ein eigenständiges Recht dar (OLG Düsseldorf NZM 1999, 668). Den Wegnahmeanspruch hat der Beklagte aber erst nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht.Eine Hinweispflicht des Amtsgerichts aus § 139 ZPO bestand dabei nicht. Diese Vorschrift normiert keine Pflicht des Gerichts, eine Partei auf einen bislang nicht rechtshängig gemachten Anspruch und gar dessen imminente Verjährung hinzuweisen.

b) Das Amtsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Wert der Küche abgesehen und diesen gem. § 287 ZPO geschätzt. Diese Norm ermöglicht dem Gericht, die Schadenshöhe unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu bestimmen. Das Amtsgericht hat die dem Parteivorbringen entnommenen Grundlagen der Schätzung offengelegt und das Ergebnis schlüssig und nachvollziehbar begründet. Eine besondere, dem Sachverständigen vorbehaltene Sachkunde war hierzu nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 708 Nr. 10 ZPO.

Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO, § 47 GKG festgesetzt.

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