AG Ebersberg – Az.: 7 C 1/20 – Beschluss vom 27.01.2020
Tatbestand
Die Antragstellerinnen begehren im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Verpflichtung ihres Vermieters auf Anbringung eines Briefkastens.
Der Antragsgegner ist ein eingetragener Verein zur Unterstützung Strafentlassener und anderweitig sozial belasteter Menschen.
Die Antragstellerin zu 1) schloss am 01.06.2019, die Antragstellerin zu 2) am 04.10.2018 einen Mietvertrag mit dem Antragsgegner, die Antragstellerin zu 1) nach eigener Angabe aufgrund richterlicher Anordnung, jeweils für eine monatlichen Miete von 105,- € zzgl. Nebenkosten. Die Verträge enthielt wortgleich u.a. folgende Vereinbarung:
„… Aufnahme in die T.-Wohngemeinschaft …
1. Ziel der Wohngemeinschaft ist es, Haftentlassenen oder anderweitig sozial belasteten Personen ein Zusammenleben mit nicht Vorbestraften zu ermöglichen. Das Leitungsteam führt ein vom kath. Glauben geprägtes Gemeinschaftsleben. Die übrigen BewohnerInnen sind eingeladen, sich am gottesdienstlichen Leben im Haus zu beteiligen. Eine Pflicht hierzu besteht nicht.“
Der Antragstellerin zu 1) wurde aufgrund dieses Vertrages das Zimmer Nr. …, der Antragstellerin zu 2) das Zimmer Nr. … zur Verfügung gestellt. Weitere Räume, insb. Sanitärräume, Fernsehraum, Tagesraum, Küche, Waschmaschinenraum sowie Vorratsräume standen zur Mitbenutzung mit den anderen Wohngemeinschaft-Bewohnern zur Verfügung.
Für die Bewohner der Wohngemeinschaft bestand ein einheitlicher Briefkasten unter dem Namen des Antragsgegners und unter der Nennung der Namen der Mitbewohner der Wohngemeinschaft, insgesamt 16 Personen. Der Antragsgegner leerte den Briefkasten jeweils und verteilte die Post an die Bewohner.
Der Antragsgegner sicherte den Antragstellerinnen zu einem späteren Zeitpunkt zu, dass ein eigener Briefkasten für diese angebracht werde, sobald die Antragstellerinnen einen solchen anschaffen. Die Antragstellerinnen schafften einen solchen in der Folge nicht an. In einem Fall fing ein Bewohner eine Postsendung an eine der Antragstellerinnen dadurch ab, dass er sich unmittelbar an den Briefträger wandte, noch bevor dieser die Post eingeworfen hatte und so von diesem die Sendung ausgehändigt bekam.
Die Antragstellerinnen begehren von dem Antragsgegner die Anschaffung und Anbringung eines eigenen Briefkastens. Sie befürchten eine verspätete Kenntnis von an sie gerichteter Post – oder dass diese ihnen vorenthalten wird. Sie geben weiter an, dass sie eine gerichtliche Entscheidung wünschen, um „im Rahmen arglistiger Zugangsvereitelung … Amtshaftungsansprüche zu begründen und durchzusetzen“.
Entscheidungsgründe
[…]
Nach dem Vortrag der Antragstellerinnen liegen weder ein Verfügungsgrund noch ein Verfügungsanspruch vor.
Ein Verfügungsgrund für die begehrte Leistungsverfügung, Anbringung von Briefkästen durch den Antragsgegner, liegt nicht vor. Die begehrte Maßnahme würde bereits zur Befriedigung der Antragstellerinnen führen. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kann eine solche Befriedigung im Wege der Leistungsverfügung gem. §§ 935, 940 ZPO nur dann erfolgen, wenn den Antragstellerinnen ohne die einstweilige Verfügung ein nicht wiedergutzumachender, existenzgefährdender Schaden droht (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.06.1995 – U 15/95). Ein solcher kann u.a. vorliegen bei unmittelbar zur Deckung des Lebensbedarfes erforderlichem Unterhalt (mittlerweile wegen § 246 FamFG obsolet) oder bei der Herausgabe existentiell notwendiger Sachen, sowie im Fall verbotener Eigenmacht. Eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel, den Antragsgegner zur Vornahme einer Handlung zu verpflichten – außer in gesetzlich vorgesehenen Fällen (z.B. § 885 BGB) – ist daher nur in extremen Ausnahmesituationen möglich. Hierzu gehören z.B. die Belieferung mit Gas, Wasser und Strom (vgl. Huber in Musielak / Voit, ZPO, 16. Aufl., § 940, Rn. 11). Ein derart existentielles Bedürfnis der Antragstellerinnen ist weder ersichtlich noch vorgebracht – wie von den Antragstellerinnen eingeräumt, geht es ihnen letztlich auch nur darum, dass sie Amtshaftungsansprüche, die sie in Verkennung der Rechtslage imaginieren, geltend machen wollen, entweder wegen des Mietvertrages in einer Übergangs-Wohneinrichtung, der entsprechenden strafgerichtlichen Entscheidung im Bewährungsverfahren oder des gegenwärtigen Beschlusses. Die Antragstellerinnen haben auf Hinweis des Gerichtes weiter mitgeteilt, dass sie einen eigenen Briefkasten nach Vereinbarung mit dem Antragsgegner anbringen könnten. Sie sind aber nicht bereit, die hierfür vom Antragsgegner angeführte Bedingung, nämlich die Anschaffung des Briefkastens durch sie, zu erfüllen. Hierdurch wird deutlich, dass sich das Begehr der Antragstellerinnen darauf beschränkt, nicht in Vorleistung gehen zu müssen, eine existentielle Not ist damit nicht dargetan oder ersichtlich.
Es liegt daher auch keine Ausnahmesituation im Hinblick auf eine etwaige Betroffenheit von Grundrechten der Antragstellerinnen aus Art. 10 Abs. 1 GG vor. Sofern eine solche angenommen würde, wird diese von den Antragstellerinnen selbst aufrechterhalten, da sie die Anschaffung des Briefkastens verweigern.
Ein Verfügungsanspruch auf Zurverfügungstellung eines eigenen Briefkastens steht den Antragstellerinnen nicht zu.
Aus den Mietverträgen ergibt sich jeweils ein Anspruch der Antragstellerinnen auf einen eigenen Briefkasten nicht, § 535 Abs. 1 BGB.
Briefkästen oder der Umgang mit Briefsendungen sind in den Mietverträgen nicht geregelt.
Eine Pflicht zur Anbringung eines eigenen Briefkastens ergibt sich auch nicht aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Vermieter verpflichtet ist, die Mietsache in einem zum üblichen vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen.
Die geschuldete Ausstattung einer Mietsache ist zunächst nicht nach abstrakten Gesichtspunkten, sondern nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien und einer insoweit geschlossenen ausdrücklichen oder konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung zu bestimmen (vgl. Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 535, Rn. 290). Soweit einen solche Vereinbarung nicht vorliegt oder erkennbar, weil sie den vertraglichen Zweck verfehlt, unbeachtlich ist (vgl. Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 535, Rn. 291), bestimmt sich die geschuldete Ausstattung nach dem Vertragszweck, den erkennbaren Parteiinteressen und der Verkehrssitte (vgl. Häublein in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 535, Rn. 85; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 535, Rn. 290 stellt wesentlich auf die Verkehrssitte ab). Was unter dem Begriff des zum üblichen vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand konkret zu verstehen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei kann ein Mieter nur erwarten, dass eine Wohnung entsprechend der allgemeinen Verkehrsanschauung den Standard aufweist, der der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Wohnungen entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 26.7.2004 – VIII ZR 281/03), mithin muss er seine Erwartungen am konkreten Mietobjekt ausrichten und diese in Relation zum Mietpreis setzen (vgl. Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 535, Rn. 295).
Während daher in einem gewöhnlichen Mietverhältnis betreffend eine gesonderte, abgeschlossene Wohneinheit ein Anspruch des Mieters auf einen eigenen, gebrauchsfähigen und verschließbaren Briefkasten besteht (vgl. LG Frankfurt(Oder), Urteil vom 28.5.2010 – 6a S 126/09; AG Mainz, Urteil vom 6.5.1996 – 8 C 98/96; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 536, Rn. 37; Lehr in Hannemann / Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Aufl., § 54, Rn. 126; Friedrich Klein-Blenkers in Dauern-Lieb / Langen, BGB – Schuldrecht, 3. Aufl., § 535, Rn. 68; Selk in Selk, Mietmängel und Mängelrechte, 2. Aufl., § 535, Rn. 31), und sich der Mieter auch nicht auf Gemeinschaftsbriefkästen verweisen lassen muss (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 535, Rn. 316), entspricht dies dem Mietverhältnis zwischen den Parteien nicht.
Das Mietverhältnis der Antragstellerinnen bezieht sich bereits nur auf ein Wohn-/Schlaf-Einzelzimmer mit Nutzungsrecht für andere Räume, darunter Bad, WC, Küche und Aufenthaltsräume, jeweils gemeinsam mit anderen Mitbewohnern in der Wohngemeinschaft. Eigene Briefkästen für jeden Wohngemeinschaft-Mitbewohner sind aber gerade nicht Standard (z. B. in Studenten-WGs). Vielmehr ist üblicher Standard, dass je abgeschlossener Wohngemeinschaft nur ein Briefkasten für sämtliche Wohngemeinschafts-Mitbewohner zur Verfügung steht. Entscheiden sich mehrere Personen zum Zusammenleben als Wohngemeinschaft, haben sie mehrere Räume und Einrichtungen der Mietsache zu teilen, hierzu gehört auch der Briefkasten. Die Antragstellerinnen könnten aufgrund des Mietvertrages im Hinblick auf § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB auch nicht verlangen, dass der Antragsgegner ihnen jeweils eine eigene Küche oder ein eigenes Bad zur Verfügung stellt. In diesem Fall fände – unschwer erkennbar – eine Lösung der Parteien von dem vertraglich vereinbarten Mietverhältnis zu Gunsten der Verpflichtung des Vermieters, eine gänzlich anders geartete Wohnung zur Verfügung zu stellen, statt. Nichts anderes gilt für die begehrte Anbringung eines Briefkastens.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass es sich auch nicht um ein gewöhnliches (Wohngemeinschafts-) Mietverhältnis handelt. Vielmehr besteht eine Nutzungsvereinbarung zwischen den Antragstellerinnen als Mieterinnen und dem Antragsgegner als Vermieter in einer speziellen Wohngemeinschaft für Haftentlassene oder anderweitig sozial belastete Personen. Ausweislich der vorgelegten Nutzungsvereinbarung steht ein soziales, auf christlichen Grundwerten basierendes Konzept des Vermieters zur Wiedereingliederung der Mieter bei der Vermietung im Vordergrund, dieses ist auch durch eine Hausordnung, die zu einem Gemeinschaftsleben aufruft, weiter ausgestaltet. In einer therapeutischen Wohngruppe wären eigene Briefkasten noch ungewöhnlicher als in einer üblichen, ohne einen solchen sozialen Anspruch ausgestalteten (Zweck-) Wohngemeinschaft. In entsprechenden Einrichtungen ist es vielmehr üblich, dass eine von den Einwohnern oder einer Einrichtung organisierte Postverteilung stattfindet. Dies entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers. § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nennt die Ersatzzustellung durch Zustellung an den Leiter einer Gemeinschaftseinrichtung oder einen dazu ermächtigten Vertreter als gleichrangig mit der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten, wobei eine Zusammenschau der §§ 178 Abs. 1, 180, 181 Abs. 1 ZPO ergibt, dass der Gesetzgeber offensichtlich selbst davon ausgeht, dass der Bewohner einer Gemeinschaftseinrichtung, dazu gehören u.a. auch Alten-, Lehrlings- und Arbeiterwohnheime, Krankenhäuser, Justizvollzugsanstalten, Kasernen, etc. – unabhängig von der Organisationsform (vgl. Häublein in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 178, Rn. 25) – keinen eigenen Briefkasten hat.
Ob die Antragstellerinnen das soziale Konzept des Antragsgegners anerkennen – woran auf Grund der von ihnen vorgelegten Korrespondenz Zweifel bestehen können – ist unerheblich. Es ist auf das Mietverhältnis abzustellen und davon abgeleitet den Vertragszweck, das erkennbare Parteiinteresse und die Verkehrsanschauung, aus der sich der zum üblichen vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ergibt (s.o.), und nicht auf die Wünsche der Antragstellerinnen nach einem gänzlich anderen Mietverhältnis. Den vertraglich erkennbaren Parteiinteressen entspricht aber gerade auch, dass ein Gemeinschaftsbriefkasten besteht. Dies wird deutlich anhand der zu Art. 10 GG angegebenen Überlegungen in anderen Entscheidungen, die in dem konkreten Mietverhältnis gerade nicht verfangen. Während bei einem gewöhnlichen Mietverhältnis der Mieter ein berechtigtes Interesse daran hat, dass den übrigen Mietern nicht bekannt wird, welche Art von Sendungen er von wem erhält (z.B. bestimmte Zeitungen, Nachrichten von Vereinen oder Parteien, aber auch Mahnschreiben oder Gerichts- und Anwaltspost), was durch einen eigenen Briefkasten zu gewährleisten ist (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 05.12.2017 – 1 S 28/17; LG Itzehoe, Urt. v. 12.4.2013 – 11 S 98/12 jeweils zu einem Duldungsanspruch in einer WEG), ist dies bei einem auf ein Gemeinschaftsleben ausgerichteten, sozialen Wohnkonzept anders. In diesem soll gerade das Gespräch und die Gemeinschaft – auch über diese Post – ermöglicht werden. Gerichtsbekannt bestehen viele Probleme u.a. für Haftentlassene aus dem unbedarften Umgang mit Postsendungen. So werden teilweise gerichtliche Aufforderungen, aber auch Mahnungen und vorgerichtliche Anwaltsschriftsätze ignoriert, ungelesen vernichtet oder versteckt. Im Rahmen eines Wiedereingliederungskonzeptes, wie im konkreten Mietverhältnis angelegt, ist es daher sinnvoll, wenn Dritte zumindest hinsichtlich des Bestehens von Sendungen Kenntnis erlangen und die Chance haben, weitergehende Unterstützung anzubieten.
Eine andere Würdigung der vertraglichen Verpflichtungen des Vermieters ergibt sich auch nicht im Hinblick auf Art. 10 Abs. 1 GG. Eine unmittelbare Wirkung entfaltet Art. 10 Abs. 1 GG zwischen den Parteien nicht. Grundrechte sind primär Abwehrrechte gegen den Staat, der Antragsgegner ist als privatrechtlicher Verein, dessen Mitglieder ebenfalls nicht Träger hoheitlicher Gewalt sind, nicht Adressat des Grundrechtes aus Art. 10 Abs. 1 GG. Soweit Art. 10 Abs. 1 GG im Rahmen verfassungskonformer Auslegung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB heranzuziehen ist, ergibt sich hieraus ebenfalls kein Anspruch der Antragstellerinnen. Auch bei dieser mittelbaren Wirkung von Grundrechten im Privatrecht ergibt sich kein zwingendes Bild, wie jedes Mietverhältnis und die Ausstattung der Mietsache – unabhängig vom Einzelfall – auszusehen hat (siehe auch kritische Würdigung zur Schutzpflichtwirkung des Art. 10 GG durch Pagenkopf in Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl., Art. 10, Rn. 21ff.). Insoweit ist ebenfalls in die Auslegung die grundrechtlich geschützte Privatautonomie (vgl. Di Fabio in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 88. EL, Art. 2, Rn. 101) einzustellen und eine Abwägung vorzunehmen. Dabei ist, was den Rekurs der Antragstellerinnen auf Art. 10 Abs. 1 GG i.E. als fehlerhaft erweist, insbesondere zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen berechtigt sind, zivilrechtliche Verträge zu schließen, in denen sich nicht alle ihre Grundrechtspositionen in einer Maximalposition verwirklichen können (wer z.B. neben einer Kirche Wohnung nimmt, wird Schwierigkeiten haben, seine negative Glaubensfreiheit vollumfänglich auszuleben, weil er das Glockengeläut hört; wer eine Werkwohnung bezieht, kann – will er diese Wohnung behalten – nicht mehr Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber suchen und ist damit in seiner Berufsfreiheit betroffen). Dies kann letztlich dahinstehen. Zwar gewährleistet das Briefgeheimnis nicht nur das Geheimnis des Briefinhaltes, sondern auch die äußeren Umstände des Briefverkehrs, also auch ob Briefe von wem an wen gesandt werden (vgl. Pagenkopf in Sachs, GG, 8. Aufl., Art. 10, Rn. 12). Die Antragstellerinnen haben sich aber freiwillig in eine Position begeben, in der sie die Einhaltung dieses Geheimnisses preisgeben. Dies ergibt sich einerseits aufgrund ihrer Entscheidung in einer Wohngemeinschaft zu leben, andererseits daraus, dass sie sich weigern, einen gesonderten Briefkasten anzuschaffen, obwohl ihnen der Antragsgegner die Anbringung eines solchen zugesichert hat. Ein entsprechendes Recht zur Vertragsanpassung, nur weil bei den Antragstellerinnen ein Sinneswandel dahingehend eingetreten ist, dass sie sich von den Beschränkungen einer Wohngemeinschaft lösen wollen, ohne dass sie das Vertragsverhältnis selbst beenden, besteht nicht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht auf dem von der Antragstellerin zu 1) behaupteten Umstand, dass sie bei dem Antragsgegner habe Wohnung nehmen müssen aufgrund gerichtlicher Anordnung. Der Mietvertrag wurde von den Antragstellerinnen mit dem Antragsgegner jeweils auf Grund einer freien Willensentschließung geschlossen. Dass hinter dem Willen der Antragstellerin zu 1) ggf. stehen mag, einer gerichtlichen Weisung im Rahmen der Bewährung gem. § 56c Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB nachzukommen, verpflichtet den Antragsgegner nicht dazu, den Antragsstellerinnen eine nicht-vertragsgemäße Ausstattung der Mietsache zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich um einen unbeachtlichen und außerhalb des Vertrages liegenden Beweggrund, der auch jedermann trifft, der z.B. aus finanziellen Gründen in eine Wohngemeinschaft eintreten muss, statt sich eine eigene Wohnung leisten zu können.
Abschließend ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen im konkreten Mietobjekt und angesichts des Mietpreises nichts anderes erwarten können. Der Mietpreis liegt mit gerade 105,- € netto weit unterhalb der im Landkreis üblichen Mietpreise für ein Wohngemeinschafts-Zimmer.
Soweit die Antragstellerinnen angeben, der Antragsgegner wäre bereit, einen Briefkasten anzubringen, wenn die Antragstellerinnen einen solchen anschaffen, ergibt sich hieraus keine Verpflichtung zur Anschaffung des Briefkastens durch den Antragsgegner selbst.
Ein Anspruch der Antragstellerinnen auf Errichtung eines gemeinsamen Briefkastens, d. h. für beide Antragstellerrinnen gesondert ein gemeinsamer Briefkasten, besteht ebenfalls unter keinem Gesichtspunkt.
Soweit die Antragstellerinnen darauf abstellen, dass ein Mitbewohner der Wohngemeinschaft den Briefträger abfängt und von diesem Briefe, die an eine Antragstellerin gerichtet waren, herausverlangt hat, können sie damit nicht durchdringen. Dies betrifft bereits nicht das Briefgeheimnis, sondern das Postgeheimnis (vgl. Pagenkopf in Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl, Art. 10, Rn. 13 f.). Dieses ist für das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner unerheblich, vielmehr ist lediglich jenes zum Postzusteller betroffen. Auch bei einem eigenen Briefkasten kann es geschehen, dass ein Dritter vom Postboten Briefe herausverlangt. Unabhängig davon, ob die Antragstellerinnen einen eigenen Briefkasten erhalten oder nicht, bleibt auf Grund der Entscheidung der Antragstellerinnen für eine Wohngemeinschaft die Gefahr der Kenntnisnahme von Sendungen durch Mitbewohner bestehen. Gem. § 178 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 ZPO liegt in der Übergabe des Schreibens an einen anderen, erwachsenen ständigen Mitbewohner der Antragstellerinnen eine wirksame Ersatzzustellung vor. Diese ist auch vorrangig vor der Ersatzzustellung durch Einwurf in den Briefkasten, § 180 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO. Der Streitwert bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerinnen. Dieses nimmt das Gericht mit 96,- €, je begehrter Briefkasten mit 48,- €, an. Klagt der Mieter gegen den Vermieter auf Instandsetzung von Wohnraum bzw. auf Beseitigung von Mängeln, ist der Streitwert der Jahresbetrag der angemessenen Mietminderung (vgl. Rohn in Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., VI Streitwerte bei Miet-, Pacht- und ähnlichen Nutzungsverhältnissen und in WEG-Sachen, Rn. 36). Soweit in einem fehlenden Briefkasten ein Mangel der Mietsache erkannt wird, sind Minderungsquoten von 1 % bis 2 % anzusetzen (vgl. Selk in Selk, Mietmängel und Mängelrechte, 2. Aufl., § 536, Rn. 379; Börstinghaus in Börstinghaus Mietminderungstabelle, 4. Aufl. Teil 2, Tabelle 5 nennt Entscheidungen von 0,5 % bis 5 %). Das Gericht wählt hier 2 % der Bruttojahresmiete je Antragstellerin von 2.400,- € (=200,- € x 12).