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Wohngemeinschaft – ausscheiden aus gemeinschaftlichem Mietverhältnis

AG Hamburg – Az.: 48 C 481/19 – Urteil vom 29.04.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

Die Klägerin als ehemalige Vermieterin einer von den Beklagten bewohnten Wohnung begehrt nach Rückgabe der Wohnung und Abrechnung über die Kaution Zahlung von Schadensersatz.

Am 24. März 2017 schloss die Klägerin mit dem Beklagten zu 1. sowie den zwei weiteren Mitmietern E. und K. einen Wohnraummietvertrag zur Nutzung der im Hause … belegenen Wohnung und überließ diese am 31. März 2017 den Mietern zur gemeinschaftlichen Nutzung.

Im Vertragsdokument unter „§ 2 Mietzeit“ heißt es unter anderem:

„Die Kündigung ist jedoch für beide Parteien frühestens zum 31.03.2018 zulässig.“

Im Vertragsdokument unter „§ 4 Miete“ heißt es unter anderem:

„Der Mieter zahlt dem Vermieter monatlich als Nottomiete: € 1.250,00“

Im Vertragsdokument unter „§ 11 Zahlung der Miete“ ist als Kontoverbindung ein näher bezeichnetes Konto bei der …bank angegeben.

Im Vertragsdokument unter „§ 17 Instandhaltung der Mieträume“ heißt es unter anderem:

„Die Schönheitsreparaturen umfassen das Tapezieren oder Anstreichen der Wände und Decken, das Lackieren der Heizkörper einschließlich Heizrohre, offen liegender Versorgungsleitungen für Wasser und Gas, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von Innen und das Reinigen der Fußböden.“

Im Vertragsdokument unter „§ 30 Sonstige Vereinbarungen“ heißt es unter anderem:

„Die Wohnung ist mit frisch geschliffenen und lackierten Dielenböden seitens des Vermieters ausgestattet worden.“

Der Beklagte zu 1 und die zwei weiteren Mitmieter leisteten eine Kaution in Höhe von insgesamt € 3.750,00 und entrichteten eine „Bearbeitungsgebühr“ von € 150,00 sowie Kosten für Namensschilder in Höhe von € 30,00.

Dieser Mietvertrag wurde von allen drei Mietern gekündigt.

Am 06. Februar 2018 unterzeichneten die Klägerin als Vermieterin sowie die Beklagten zu 1 und 2 zusammen mit dem weiteren Mitmieter E. ein weiteres, mit „Mietvertrag für Wohnraum“ überschriebenes Dokument.

Im Vertragsdokument unter „§ 2 Mietzeit“ heißt es unter anderem:

„Das Mietverhältnis beginnt am 01.04.2018 oder nach Baufertigstellung. […] Die Kündigung ist jedoch für beide Parteien frühestens zum 31.03.2019 zulässig.“

Im Vertragsdokument unter „§ 4 Miete“ heißt es unter anderem:

„Der Mieter zahlt dem Vermieter monatlich als Nottomiete: € 1.270,00“

Im Vertragsdokument unter „§ 11 Zahlung der Miete“ ist als Kontoverbindung ein näher bezeichnetes Konto bei der … Sparkasse angegeben.

Im Vertragsdokument unter „§ 17 Instandhaltung der Mieträume“ heißt es unter anderem:

„Die Schönheitsreparaturen umfassen das Tapezieren oder Anstreichen der Wände und Decken, das Lackieren der Heizkörper einschließlich Heizrohre, offen liegender Versorgungsleitungen für Wasser und Gas, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von Innen und das Reinigen der Fußböden.“

Im Vertragsdokument unter „§ 30 Sonstige Vereinbarungen“ heißt es unter anderem:

„Die Wohnung ist mit frisch geschliffenen und lackierten Dielenböden seitens des Vermieters ausgestattet worden.“

Die Beklagten zu 1 und 2 sowie der Mitmieter E. entrichteten eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von € 150,00.

Unter dem 12. März 2018 wurde auf dem Übergabeprotokoll vom 31. März 2017 handschriftlich vermerkt und vom Beklagten zu 2 unterschrieben:

„Als neuer Mieter H. [Beklagter zu 2] trete ich mit allen Rechten und Pflichten ins Übergabeprotokoll ein:“

Am 03. Juli 2018 unterzeichneten die Parteien sowie E. ein mit „Nachtrag zum Mietvertrag vom 06. Februar 2018“ überschriebenes Dokument.

Darin heißt es unter anderem:

„An Stelle des ausziehenden Mieters tritt mit allen Rechten und Pflichten L. [Beklagter zu 3] […] voll umfänglich in den Mietvertrag vom 06.02.2017 ein. Insbesondere wird auch auf das Übergabeprotokoll vom 31.03.2017 hingewiesen. […] Anlagen dieses Mietvertragnachtrags sind – der bestehende Mietvertrag vom 06.02.2018 sowie das – Übergabeprotokoll vom 31.03.2017.

Unter dem 03. Juli 2018 wurde unter Bezugnahme auf das Übergabeprotokoll vom 31. März 2017 handschriftlich vermerkt und vom Beklagten zu 3 unterschrieben:

„Als neuer Mieter trete ich, L., mit allen Rechten und Pflichten ins Übergabeprotokoll ein:“

Nachdem die Beklagten das Mietverhältnis jeweils fristgemäß gekündigt hatten, wurde eine Einigung dahingehend erzielt, dass die Wohnung ab dem 01. Mai 2019 Nachmietern übergeben und die Beklagten mit Rückgabe der Wohnung am 30. April 2019 aus dem Mietvertrag entlassen werden sollten.

Am 09. April 2019 fand eine Vorabnahme statt. Auf den Inhalt des Vorabnahmeprotokolls, welches von den Beklagten unterschrieben wurde, wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 04. Mai 2019 forderte die Klägerin die Beklagten zur Beseitigung diverser, im Einzelnen aufgelisteter Mängel unter Fristsetzung auf.

Die Klägerin rechnete die von ihr geltend gemachten Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt € 11.646,22 gegen die von den Beklagten von den jeweiligen Vormietern abgelöste Kaution in Höhe von € 3.750,00 auf. Der Restbetrag von € 7.896,22 ist im Wege dieser Klage gelten gemacht worden.

Die Klägerin behauptet, der in den Wohnräumen befindliche Dielenfußboden sei bei Übergabe der Wohnung am 31. März 2017 frisch abgeschliffen und lackiert gewesen. Bei Rückgabe der Wohnung habe der Bodenbelag an verschiedenen Stellen Schäden an der Substanz in Form von teils tiefen, teils langen Kratzern aufgewiesen.

Die Tür und die Zarge der Zimmertür zum Zimmer mit Balkon zur Straße seien bei Rückgabe beschädigt gewesen. In diesem Zimmer seien diverse Schrauben in den Kunststoffrahmen der Fenster eingeführt gewesen. Die Kante der Balkontürzarge sei abgebrochen und in der Laibung der Fenster seien diverse Löcher gewesen.

Die Fensterrahmen in allen Zimmern seien schmutzig und zum Teil mit Farbe übermalt gewesen. Die Steckdosen und Lichtschalter seien verschmutzt und teilweise übermalt gewesen.

Die Zimmertür zum Zimmer zum Hinterhof sei im Bereich des Türblatts und der Zarge beschädigt gewesen.

Das Türblatt der Tür zum Badezimmer sei beschädigt gewesen.

Im Badezimmer seien die Wände im Bereich der Badewanne stark verkalkt gewesen. Das WC sei verdreckt gewesen. Die Armaturen seien verkalkt und verdreckt gewesen.

Im Bereich der Küche sei die Gummidichtung unter der Balkontür durch Risse beschädigt gewesen. Die Küche sei durch Fettablagerungen verschmutzt gewesen.

Die Wohnungseingangstür sei verschmutzt gewesen.

Für ausgeführte Tischlerarbeiten seien netto € 555,60 angefallen. Für erforderliche Malerarbeiten sei ein Aufwand von netto € 6.804,62 erforderlich. Für die Behebung von Schäden an der Balkontür und einem Fenster sei ein Aufwand von netto € 1.506,00 erforderlich.

Für die Monate Mai und Juni 2019 seien wegen der Weigerung der Beklagten, Renovierungsarbeiten vorzunehmen, und der von ihnen verursachten Schäden Mietausfälle in Höhe von € 2.780,00 entstanden. Die angedachten Nachmieter seien nicht bereit gewesen, die Wohnung in ihrem damaligen Zustand zu übernehmen, und hätten zu Recht eine Aufhebung des Folgemietvertrages gefordert.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin EUR 7.896,22 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten erheben den Einwand der Verjährung hinsichtlich etwaiger Forderungen aus dem Mietverhältnis vom 24. März 2017.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

Ansprüche ergeben sich weder aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 546 Abs. 1 BGB noch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB noch aus § 823 BGB noch aus vertraglicher Haftungsübernahme noch aus sonstigen Rechtsgrundlagen.

Soweit die Klägerin gegen die Beklagten zu 2 und 3 wegen Beschädigung der Mietsache Ansprüche richtet, ist bereits unter Zugrundelegung ihres eigenen Vortrags nicht ausgeschlossen, dass die behaupteten Beschädigungen bereits bei Beginn des am 06. Februar 2018 begründeten, am 01. April 2018 begonnenen Mietverhältnisses (im Folgenden: „zweites Mietverhältnis“) vorhanden waren. Denn nach dem Vortrag der Klägerin wurden die behaupteten Beschädigungen am Dielenboden, an den Türen, Zargen, Fenstern, Rahmen, Laibungen etc. der Wohnung möglicherweise schon während des am 24. März 2017 begründeten Mietverhältnisses (im Folgenden: „erstes Mietverhältnis“) verursacht.

Soweit die Klägerin Ansprüche gegen den Beklagten zu 1 wegen Beschädigung der Mietsache geltend macht, sind solche jedenfalls verjährt.

Soweit die Klägerin Ansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und Reinigungsmaßnahmen wie das Streichen bzw. Reinigen der Wände, Decken, Böden, Fenster und Türen samt Rahmen, Steckdosen, Einrichtungen des Badezimmers und der Küche herzuleiten sucht, ergibt sich aus ihrem eigenen Vortrag weder eine Verletzung vertraglich übernommener noch gesetzlich bestehender Pflichten.

Eine Haftungsbegründung der Beklagten durch vertragliche Übernahme von bereits im Rahmen des ersten Mietverhältnisses bestehenden oder entstandenen Pflichten und/oder Ansprüchen durch die Beklagten ergibt sich aus dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin ebenfalls nicht.

Schließlich besteht ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Mietzinses nicht, weil bereits unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin eine Pflichtverletzung durch die Beklagten nicht zu erkennen ist.

1. Bei dem ersten Mietverhältnis und dem zweiten Mietverhältnis handelt es sich um jeweils eigenständige Verträge, welche rechtlich voneinander getrennt zu beurteilen sind. Es handelt sich insoweit nicht um ein einheitliches Rechtsverhältnis mit fortgesetzten Rechten und Pflichten, bei welchem es lediglich zum Wechsel von einzelnen Vertragsparteien gekommen wäre.

Scheiden aus einem gemeinschaftlichen Mietverhältnis, welches als Wohngemeinschaft angelegt ist, auf Mieterseite Parteien aus und/oder treten neue hinzu, so kommt es für die Frage, ob es aus diesem Anlass zu einer Beendigung des ursprünglichen Mietvertrages und einer Begründung eines neuen, rechtlich eigenständigen Mietverhältnisses gekommen ist, auf die Umstände des Einzelfalles an.

Bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung spricht für die Neubegründung eines rechtlich eigenständigen Mietverhältnisses, wenn die Parteien eine eigenständige Vertragsurkunde errichten, welche sich in wesentlichen Punkten von den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages unterscheidet, und dem Abschluss des neuen Vertrages eine Kündigung des ursprünglichen Mietvertrages vorangegangen ist.

Das zweite Mietverhältnis nahm seinen rechtlich eigenständigen Anfang mit Begründung desselben durch Unterzeichnung des entsprechenden Vertragsdokuments am 06. Februar 2018.

Für eine solche Betrachtung spricht zuallererst, dass am 06. Februar 2018 eine eigenständige Vertragsurkunde errichtet wurde. Der Vertragstext ist in sich geschlossen und enthält keinen Hinweis, der darauf hindeuten würde, dass lediglich eine Fortsetzung des ersten Mietverhältnisses beabsichtigt wäre.

Vielmehr ist bei verständiger Würdigung unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und den Grundsätzen von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB) der Vertrag vom 06. Februar 2018 dahingehend zu verstehen, dass mit ihm nach Beendigung des ersten Mietverhältnisses durch Kündigung aller Mieter ein neues Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1 und zu 2 sowie dem Mitmieter E. begründet werden sollte.

Das Erfordernis der Neubegründung eines Mietverhältnisses ergab sich schon daraus, dass nach Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2021 das erste Mietverhältnis seinerzeit von allen drei Mietern gekündigt worden war. Der förmliche Ausspruch von Kündigungen bedeutet, dass zwischen den beiden Mietverhältnissen eine – auch rechtlich relevante – Zäsur beabsichtigt war. Ein etwaiges fortzusetzendes Mietverhältnis bestand damit schon im Ausgangspunkt nicht mehr – weder rechtlich noch nach Vorstellung der Parteien.

Zudem enthielt der Mietvertrag vom 06. Februar 2018 in entscheidenden Punkten Abweichungen vom ersten Mietverhältnis. Der Mietzins sowie die Zahlungsmodalitäten unterscheiden sich. Auch die Ausschlussfrist für Kündigungen ist eine andere.

Gewichtige Indizien stützen diese Auslegung. So nimmt Anlage K3 ausdrücklich Bezug auf einen „MIETVERTRAG vom 06.02.2018“, was den Rückschluss zulässt, dass die Parteien der Nachtragsvereinbarung übereinstimmend davon ausgingen, dass am 06. Februar 2018 ein neues Mietverhältnis begründet worden war. Des Weiteren zeigt die praktische Handhabung des Eintritts des Beklagten zu 3 im Wege einer Nachtragsvereinbarung, dass den Parteien die unterschiedlichen bei Wechsel auf Seiten der Mieterpartei zur Verfügung stehenden Gestaltungsoptionen durchweg bekannt waren. Hätten die Parteien des Mietvertrages vom 06. Februar 2018 einen bloßen Mieterwechsel bei Aufrechterhaltung des einheitlichen Vertragsverhältnisses im Übrigen gewollt, so hätten sie damals schon eine Nachtragsvereinbarung schließen können. Dass sie stattdessen einen gänzlich neuen Vertrag aufsetzten, zeigt, dass gerade kein Nachtrag zum ersten Mietverhältnis gewollt war.

Weiter indiziert der Umstand, dass anlässlich der Begründung des zweiten Mietverhältnisses nochmals eine Bearbeitungsgebühr erhoben wurde, entscheidend für die Neubegründung eines eigenständigen Mietverhältnisses, einhergehend mit der Neubegründung sämtlicher damit verbundener Rechte und Pflichten.

Auch daraus, dass der Beklagte zu 2 einen Eintritt in das Übergabeprotokoll vom 31. März 2017 unterschrieb, stellt ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die Vertragsparteien gerade nicht von einer Fortsetzung des ersten Mietverhältnisses ausgingen. Denn sonst wäre ein – wie auch immer zu verstehender – Eintritt in das Übergabeprotokoll obsolet gewesen.

Hingegen spricht der Umstand, dass mit der Klägerin sowie dem Beklagten zu 1 und dem Mitmieter E. eine teilweise Übereinstimmung der Vertragsparteien gegeben ist, keineswegs gegen eine solche Auslegung. Denn es ist den Parteien eines bestehenden Vertragsverhältnisses unbenommen, weitere, eigenständige Verträge abzuschließen. Dies ist auch keineswegs ungewöhnlich, weshalb nach der Verkehrsauffassung auch nicht etwa anzunehmen ist, dass bei (Teil-) Identität der Vertragsparteien regelmäßig eine Modifizierung des bestehenden Vertragsverhältnisses gewollt sei.

Auch der Umstand, dass die im Rahmen des ersten Mietverhältnisses geleistete Kaution für das zweite Mietverhältnis übernommen wurde, gebietet keine andere Betrachtung. Denn die Übernahme der Kaution betraf allein das Verhältnis zwischen den bisherigen und den neuen Mietern, wohingegen der Vertragsschluss sich zwischen Vermieterpartei und Mietern vollzog. Für die Vermieterpartei stellte das Vorgehen lediglich einen vereinfachten Vertragsvollzug dar.

2. Soweit etwaige Ansprüche aus dem ersten Mietverhältnis herzuleiten wären, sind diese gemäß §§ 214 Abs. 1, 548 Abs. 1 BGB verjährt.

Zwar erfordert § 548 Abs. 1 S. 2 BGB für den Beginn der Verjährung grundsätzlich den Zurückerhalt der Mietsache durch den Vermieter im Sinne eines tatsächlichen Besitzwechsels.

Es ist indes nicht stets auf das Erfordernis der Besitzerlangung durch den Vermieter abzustellen.

Begibt sich der Vermieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses freiwillig der Möglichkeit, nach Vertragsende die unmittelbare Sachherrschaft an der Mietsache zu erlangen, so muss der Vermieter sich so behandeln lassen, als ob er die Mietsache zurückerhalten und damit die Verjährung zu laufen begonnen hätte (fingierter Rückerhalt).

Der Vermieter kann den Beginn der Verjährung nicht dadurch hinauszögern, dass er auf eine Besitzerlangung und Überprüfung der Wohnung verzichtet (BGH, Urteil vom 02. Oktober 1968 – VIII ZR 197/66; BeckOGK BGB, Stand: 01.01.2022, § 548 Rn. 28.4; Staudinger/V Emmerich (2021) BGB § 548 Rn. 31).

Allerdings gehen Teile der Rechtsprechung in dem Fall, dass der modifizierende Neuabschluss eines Mietvertrages zwischen denselben Mietvertragsparteien vereinbart wird, grundsätzlich nicht, beziehungsweise nur dann von einem den Verjährungsbeginn auslösenden fingierten Rückerhalt aus, wenn die Parteien anlässlich des Neuabschlusses ausdrücklich vereinbaren, dass ein Rückgriff auf den früheren Vertrag ausgeschlossen sein soll (KG Berlin, Urteil vom 31. Mai 1999 – 8 U 3844/97 –, juris Rn. 28; Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 01. Juli 2004 – 8 U 30/02 –, juris Rn. 30).

Zu beachten ist indes, dass sich diese Rechtsprechung auf die Konstellation gleichbleibender Mietvertragsparteien bezieht, also auf einen Neuabschluss zwischen bisherigem Vermieter und Mieter.

Anders liegt der Fall hier, weil bei Begründung des zweiten Mietverhältnisses auf Mieterseite eine der drei bisherigen Mieterparteien ausgeschieden und stattdessen eine neue hinzugetreten ist.

Die Grundsätze fingierten Rückerhalts mit dadurch ausgelöstem Verjährungsbeginn sind auch dann anzuwenden, wenn bei Neubegründung eines Mietverhältnisses auf der Seite der Mietergemeinschaft (Wohngemeinschaft) nur einzelne Parteien ausscheiden und neu hinzutreten.

Dafür spricht der Schutzzweck des § 548 Abs. 1 BGB.

Es handelte sich hier sowohl bei dem ersten als auch dem zweiten Mietverhältnis jeweils um einheitliche Mietverhältnisse für die gesamte Wohnung mit entsprechend einheitlicher, gesamtschuldnerischer Haftung aller drei jeweiligen Mitmieter für potenzielle Ersatzansprüche des Vermieters hinsichtlich der gesamten Wohnung. Die Verantwortlichkeit der einzelnen Mitmieter war vertraglich nicht etwa auf jeweils abgrenzbare Teile der Wohnung beschränkt.

Dementsprechend kann auch die Verjährung nur für alle Mitmieter des ersten Mietverhältnisses einheitlich beginnen, weil sonst das Regelungsanliegen des § 548 Abs. 1 BGB, die Haftungszuordnung nach Beendigung eines Mietverhältnisses beschleunigt abzugrenzen (Bundestagsdrucksache 14/4553, S. 45; BGH, Urteil vom 04. Mai 2011 − VIII ZR 195/10; BGH, Urteil vom 21. März 1997 – V ZR 217/95), konterkariert würde.

Wäre dies nämlich anders und begänne die Verjährung von Ersatzansprüchen des Vermieters für die einzelnen Mitmieter jeweils gesondert, also nur für die ausscheidende Mieterpartei mit nahtloser Überlassung an die hinzutretende Mieterpartei, so liefe der Zweck des § 548 Abs. 1 BGB hinsichtlich der am zweiten Mietverhältnis nicht mehr beteiligten, ausscheidenden Mieterpartei leer.

Denn die ausscheidende Mieterpartei würde dann auch geraume Zeit nach Ablauf der nur für sie nach § 548 Abs. 1 BGB laufenden Verjährungsfrist noch im Wege des Innenregresses zwischen den Gesamtschuldnern für etwaige Veränderungen und Verschlechterungen der Wohnung haften müssen. Im Außenverhältnis entfaltet die Verjährung der Forderung nach § 425 BGB lediglich Einzelwirkung. Auf das Innenverhältnis hat die Verjährung der Ansprüche des Gläubigers indessen keine Rückwirkungen (BeckOGK BGB, Stand: 01.12.2021, § 425 Rn. 47). Die Regressansprüche zwischen den Gesamtschuldnern unterliegen vielmehr gesonderter Verjährung. Der Ausgleichsanspruch eines in Anspruch genommenen Gesamtschuldners wird grundsätzlich nicht davon berührt, dass der Anspruch des Gläubigers gegen den anderen Gesamtschuldner verjährt ist (BGH, Urteil vom 09. Juli 2009 – VII ZR 109/08).

Demnach handelt es sich im hier zu entscheidenden Fall keineswegs um einen nahtlosen Neuabschluss zwischen denselben Vertragsparteien, sondern vielmehr um einen Fall nahtlosen Neuabschlusses mit Mieterwechsel, bei dem der freiwillige Verzicht des Vermieters auf den Rückerhalt der Mietsache zwecks an sich gebotener Prüfung nach oben beschriebenen Grundsätzen zu einem fingierten Rückerhalt führt.

Im Falle eines fingierten Rückerhalts ist als Beginn der Verjährung der Zeitpunkt anzusehen, zu dem es dem Vermieter zum Zwecke der Haftungsabgrenzung zwischen den Mietverhältnissen oblegen hätte und es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, die Mietsache auf etwaige Mängel zu untersuchen (BGH, Urteil vom 02. Oktober 1968 – VIII ZR 197/66; OLG Karlsruhe, Urteil vom 09. Juli 1992 – 9 U 292/90).

Dies war hier jedenfalls bei Begründung des zweiten Mietverhältnisses am 06. Februar 2018 der Fall. Die Klägerin wäre zu diesem Zeitpunkt, nachdem das erste Mietverhältnis durch Kündigung beendet worden war, ohne Weiteres in der Lage gewesen, die Begründung des neuen Mietverhältnisses von einer kurzfristigen Rückgabe zwecks deren Untersuchung abhängig zu machen (vgl. Staudinger/V Emmerich (2021) BGB § 548 Rn. 31). Der Verzicht auf Zurückerhalt und Prüfung der Mietsache stellt insofern unter Berücksichtigung des Zwecks der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB, die mit der Beendigung eines Gebrauchsüberlassungsverhältnisses verbundenen Ansprüche einer beschleunigten Klarstellung zuzuführen (Bundestagsdrucksache 14/4553, S. 45; BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 − VIII ZR 195/10; BGH, Urteil vom 21. März 1997 – V ZR 217/95) und dem damit verfolgten übergeordneten Ziels des Rechtsfriedens, eine Obliegenheitsverletzung des Vermieters dar, welche sich nicht zu Lasten der Mieterpartei auswirken kann.

3. Die unter § 17 der Mietverträge enthaltene Klausel mit dem Wortlaut „Die Schönheitsreparaturen umfassen das Tapezieren oder Anstreichen der Wände und Decken, das Lackieren der Heizkörper einschließlich Heizrohre, offen liegender Versorgungsleitungen für Wasser und Gas, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von Innen und das Reinigen der Fußböden.“ ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Es wird insoweit zunächst Bezug genommen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 13. Januar 2010 – VIII ZR 48/09 –, juris Rn. 11), welcher sich das Gericht anschließt:

„Der Begriff der Schönheitsreparaturen bestimmt sich nach allgemeiner Auffassung auch bei preisfreiem Wohnraum anhand der bei Vertragsschluss in § 28 Abs. 4 Satz 5 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) enthaltenen, mit der heutigen Fassung des § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV übereinstimmenden Definition, wonach als Schönheitsreparaturen das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von innen anzusehen sind (vgl. Senatsurteil vom 18. Februar 2009 – VIII ZR 210/08, WuM 2009, 286, Tz. 10; BGH, Urteil vom 8. Oktober 2008 – XII ZR 15/07, NZM 2009, 126, Tz. 19; jeweils m.w.N.). Die gegenständliche Beschränkung des Begriffs der Schönheitsreparaturen auf die in dieser Bestimmung aufgeführten Arbeiten bildet zugleich den Maßstab der Klauselkontrolle und markiert auf diese Weise die Grenze dafür, welche Arbeiten dem Mieter in einer Klausel über dessen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt werden dürfen. Dementsprechend ist eine formularvertragliche Erweiterung dieser Arbeiten über den in § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV beschriebenen Inhalt hinaus – zumindest bei Fehlen einer angemessenen Kompensationsregelung – wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (vgl. Senatsurteil vom 18. Februar 2009, aaO, Tz. 11 m.w.N.).“

Die vereinbarte Klausel stellt indes nicht hinreichend transparent (§ 305c Abs. 2 BGB) klar, dass das Streichen der Fenster nur von innen geschuldet ist, und geht damit bei verwendungsgegnerfreundlichem Verständnis über das nach oben zitierter Rechtsprechung Zulässige hinaus. Es wird insoweit Bezug genommen auf die Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg, Beschluss vom 30. November 2020 – 316 T 44/20 –, juris Rn. 7, welcher sich das Gericht anschließt (so auch AG Hamburg, Urteil vom 15. Mai 2020 – 49 C 493/19; AG Hamburg, Urteil vom 17. April 2020 – 46 C 321/15):

„Die Schönheitsreparaturklausel ist, wie das Amtsgericht zu Recht angenommen hat, unwirksam. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich nicht hinreichend deutlich, dass die Fenster nur von innen zu streichen sind. In § 17 des Mietvertrags heißt es: „Zu den Schönheitsreparaturen gehören: …, das Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen …“. Dem Wortlaut nach bezieht sich die Formulierung „von innen“ nicht zweifelsfrei auch auf die Fenster.“

Allerdings lag der landgerichtlichen Entscheidung eine Klausel zugrunde, welche nicht „sowie der Fenster und der Außentüren von innen“ lautete. Anstelle eines „sowie“ befand sich ein Komma. Der Entscheidung lässt sich aber auch nicht entnehmen, dass es gerade auf die Formulierung ohne „sowie“ angekommen wäre. Die Zweifel, worauf sich das „innen“ bezieht, bestehen auch bei der hier verwendeten Klausel mit „sowie“.

Es ist zudem auch hier anzumerken, dass die von der Klägerin verwendete Klausel keineswegs mit der Formulierung von § 28 Abs. 4 der Zweiten Berechnungsverordnung exakt übereinstimmt. Denn während es dort heißt: „… der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen“, heißt es in der hier verwendeten Klausel: „… der Innentüren sowie der Fenster und der Außentüren von Innen“, also mit einem zusätzlichen „der“.

Die von der Klägerin verwendete Formulierung lässt – nicht zuletzt wegen der Einfügung des „der“ – im Zweifel ein dahingehendes Verständnis zu, dass die Streicharbeiten einerseits „der Außentüren von Innen“ und andererseits „der Fenster“, dieser also auch von außen, geschuldet seien.

Im Übrigen würde den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst die wortwörtliche Übernahme der Formulierung von § 28 Abs. 4 der Zweiten Berechnungsverordnung nicht in jedem Fall entlasten.

Es besteht keine allgemeine Vermutung dahingehend, dass die wortwörtliche Übernahme der Formulierung von § 28 Abs. 4 der Zweiten Berechnungsverordnung AGB-rechtlich nicht zu beanstanden wäre.

Jedenfalls und unabhängig davon kann sich die Klägerin nicht auf die Schönheitsreparaturklausel des zweiten Mietverhältnisses berufen, weil die Wohnung zu Beginn des zweiten Mietverhältnisses unrenoviert übergeben worden ist, ohne dass hierfür ein angemessener Ausgleich gewährt worden wäre (BGH, Urteil vom 18. März 2015 – VIII ZR 185/14).

4. Eine vertragliche Haftungsübernahme der Beklagten ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht.

Dem handschriftlichen Vermerk vom 12. März 2018 (sowie auch dem Vermerk vom 03. Juli 2018 in Bezug auf den Beklagten zu 3) ist allein der Erklärungswert beizumessen, dass die Unterzeichnenden den für den 31. März 2017 dokumentierten Zustand der Wohnung als zum damaligen Zeitpunkt gegeben anerkennen, etwa hinsichtlich der rein tatsächlich vorhandenen Ausstattung.

Im Übrigen ist den Vermerken kein Erklärungswert beizumessen. Insbesondere ist den Erklärungen nicht die Übernahme sämtlicher im Rahmen des ersten Mietverhältnisses auf Mieterseite begründeter Pflichten anzunehmen. Eine derart weitgehende Haftungsübernahme, welche aufgrund ihrer potenziellen Risiken eine eindeutige Erklärung verlangen würde, gibt schon der Wortlaut der jeweiligen Vermerke nicht her. Es bestand des Weiteren für die Beklagten zu 2 und 3 auch keinerlei Veranlassung, eine derartige globale Haftungsübernahme zu erklären, zumal sie selbst ein neues, eigenständiges Mietverhältnis begründet bzw. in das zweite Mietverhältnis eingetreten waren.

Den handschriftlichen Vermerken ist schließlich auch kein Erklärungswert im Sinne einer Tatsachenbekundung dahingehend zu entnehmen, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Unterzeichnung der Zustand der Wohnung unverändert wie am 31. März 2017 dokumentiert war. Denn dies war offensichtlich nicht der Fall. Beispielsweise konnte der Dielenboden am 12. März 2018 und am 03. Juli 2018 nicht „frisch geschliffen und lackiert“ sein, da die Wohnung zu diesen Zeitpunkten seit geraumer Zeit in Benutzung gewesen war. Auch die dokumentierten Zählerstände konnten nicht unverändert sein.

Auch dem Vorabnahmeprotokoll vom 09. April 2019 lässt sich eine solche Haftungsübernahme nicht entnehmen. Zwar ist darin die Erklärung enthalten, für alle Mängel haftbar zu sein und diese auf eigene Kosten zu beheben. Welche Mängel konkret bestehen, ist jedoch in dem Protokoll nicht aufgeführt.

Soweit in dem Protokoll für die jeweiligen Räume Ankreuzungen vorgenommen wurden, lässt sich diesen gerade nicht der Erklärungsgehalt entnehmen, dass insoweit Beschädigungen festgestellt oder anerkannt worden seien. Denn es wurden ersichtlich sämtliche Kästen angekreuzt. Zudem sind die vorformulierten Textabschnitte sämtlich mit „eventuell“ oder „falls erforderlich“ oder ähnlichen Voranstellungen relativiert. Demnach ist mit den Ankreuzungen gerade keine Feststellung von hinreichend konkretisierten Beschädigungen oder Mängeln erfolgt, für die die Beklagten eine Haftungsübernahme hätten erklären können.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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