AG Tempelhof-Kreuzberg – Az.: 14 C 188/18 – Urteil vom 20.09.2018
1. Der Beklagte wird verurteilt, die ca. 54,44 m² große Wohnung S.-Straße (…) zu räumen und an die Klägerin geräumt herauszugeben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil in Bezug auf die Verurteilung zur Räumung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 EUR und im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung wegen der Räumung Sicherheit in Höhe von 3.000,00 EUR und im Übrigen in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Beklagte mietete mit schriftlichem Vertrag vom 29.4.2010 von C. und D. die im (…) befindliche 1-Zimmer-Wohnung mit Wirkung ab dem 1.5.2010 zu einer Miete von monatlich 285,00 EUR zuzüglich Vorauszahlungen auf die Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 50,00 EUR bzw. 40,00 EUR, insgesamt 375,00 EUR. Die Klägerin ist seit dem 2.3.2012 als Eigentümerin des Hausgrundstücks im Grundbuch eingetragen.
Der Beklagte zahlte die Mieten für die Monate Februar 2016 und Februar 2018 bis einschließlich April 2018 nicht.
Die Klägerin kündigte dem Beklagten mit Schreiben vom 20.4.2018 das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß, was sie mit einem Mietrückstand für diese Monate in Höhe von insgesamt 2.978,38 EUR begründete.
Das Jobcenter (…) sagte mit Schreiben vom 25.5.2018, gerichtet an den Beklagten, die darlehensweise Übernahme der Mietschulden unter direkter Auszahlung an den Gläubiger dem Grunde nach zu. Zugleich wurde der Darlehensbescheid davon abhängig gemacht, dass die Klägerin eine schriftliche Erklärung zum Fortbestand oder Nichtfortbestand des Mietvertragsverhältnisses abgibt und einer Ablichtung des Mietkontoauszuges übersendet.
Mit der am 27.4.2018 bei Gericht eingegangenen und dem Beklagten am 23.5.2018 zugestellten Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung in Anspruch und ist der Ansicht, dass das Schreiben des Jobcenters keine wirksame Verpflichtungserklärung im Sinne von § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB darstelle. Diese sei zudem nicht gegenüber der Klägerin als Vermieterin abgegeben worden.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die ca. 54,44 m² große Wohnung S.-Straße (…) zu räumen und an die Klägerin geräumt herauszugeben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, bei dem Schreiben des Jobcenters handele es sich um eine wirksame Verpflichtungserklärung, die der Klägerin als Vermieterin auch innerhalb der Schonfrist zugegangen sei. Die fristlose Kündigung vom 20.4.2018 sei daher gegenstandslos. Von der Heilung werde auch die zugleich erklärte fristgemäße Kündigung erfasst.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin kann von dem Beklagten Räumung und Herausgabe (§ 546 BGB) der von ihm innegehaltenen Wohnung verlangen, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch wirksame Kündigungen der Klägerin vom 20.4.2018 beendet ist.
Die fristlose Kündigung ist nicht durch eine Verpflichtungserklärung des Jobcenters (…) vom 25.5.2018 innerhalb der Schonfrist von zwei Monaten nach Klagezustellung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam geworden.
Bei dem Schreiben des Jobcenters handelt es sich bereits um keine wirksame Verpflichtungserklärung im Sinne von § 569 Abs. 3 Satz 2 BGB. Denn diese Erklärung erfolgte gegenüber dem Beklagten und nicht gegenüber der Klägerin als Vermieterin. Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB muss aber die Erklärung gegenüber dem Vermieter erklärt werden und diesem innerhalb der gesetzlichen Frist zugehen. Eine Erklärung gegenüber dem Mieter genügt nicht.
Das Schreiben des Jobcenters ist bereits nicht an die Klägerin als Vermieterin adressiert und kann daher keine Schuldmitübernahme auslösen. Durch das Schreiben, adressiert an den Beklagten als Mieter, konnte die Klägerin keinen eigenen Anspruch gegen das Jobcenter erwerben, den sie ggf. auch hätte gerichtlich geltend machen können. Darüber hinaus bestand auch insoweit keine Mitwirkungspflicht der Klägerin, etwa Auskunft über die Höhe der Mietrückstände zu erteilen. Der Mietrückstand ergab sich in eindeutiger Höhe aus dem Kündigungsschreiben der Klägerin vom 20.4.2018 sowie ebenfalls aus der Klageschrift. Weitere Angaben waren nicht erforderlich und auch von der Klägerin, insbesondere nicht gegenüber dem Jobcenter, geschuldet.
Zudem ist die Verpflichtungserklärung aus einem weiteren Grund nicht wirksam. Die Erklärung im Sinne von § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist bedingungsfeindlich. Aus der Erklärung des Jobcenters ergibt sich, dass die Mietschulden nur übernommen werden, wenn die Klägerin eine schriftliche Erklärung zum Fortbestand oder Nichtfortbestand des Mietvertragsverhältnisses abgibt. Dies stellt eine Bedingung dar, die zur Folge hat, dass die Verpflichtungserklärung bereits schon aus diesem Grunde unwirksam ist.
Letztendlich kann es dahin gestellt bleiben, da das Mietverhältnis durch die zugleich hilfsweise erklärte fristgemäße Kündigung beendet worden ist. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof nochmals in seiner Entscheidung vom 19.9.2018 – VIII ZR 261/17 – bestätigt.
Die fristgemäße Kündigung war hier von Anfang begründet, auch für den Fall eines Unwirksamwerdens der fristlosen Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Es bestand und besteht ein kündigungsrelevanter Rückstand im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB. Die Höhe des Rückstandes mit zwei aufeinanderfolgenden Raten jeweils in voller Höhe rechtfertigt gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ebenfalls eine fristlose Kündigung, so dass die darin liegende Pflichtverletzung erst recht als erheblich für eine ordentliche Kündigung anzusehen ist (vgl. BGH Urteil vom 11.1.2006 – VIII ZR 364/04). Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, denn es handelt sich angesichts der Höhe des Rückstands um eine erhebliche Pflichtverletzung. Bereits der Rückstand mit einer Monatsmiete genügt für eine ordentliche Kündigung. Die näheren Umstände, die hier zur Pflichtverletzung – also hier zum Zahlungsrückstand – geführt haben, sind weder ersichtlich noch von dem insoweit darlegungspflichtigen Beklagten dargetan. Auch erfolgte nach wie vor kein nachträglicher Ausgleich des Mietrückstandes, der ohnehin für sich genommen nicht ausgereicht hätte, um die Pflichtverletzung in einem „milderen Licht“ erscheinen zu lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 7, Nr. 11, 711 ZPO.
Dem Beklagten war gemäß § 721 ZPO keine Räumungsfrist zu gewähren, da hierfür besondere Umstände weder ersichtlich noch vorgetragen sind.